Weinen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Weinen sondern die Tränendrüsen der Augen verstärkt Tränenflüssigkeit ab. Bei Fremdkörpern im Auge ist das Weinen so ein körperlicher Schutzreflex. Emotionale Tränen unterscheiden sich von diesen Reflextränen in ihrer Zusammensetzung und dienen vermutlich der sozialen Interaktion.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Weinen?

Beim Weinen sondern die Tränendrüsen der Augen verstärkt Tränenflüssigkeit ab.

Weinen ist ein Körperreflex sowie eine emotionale Ausdrucksform. Beim Weinen produzieren die Tränendrüsen im Tränenapparat der Augen reflexartig übermäßig viel Tränenflüssigkeit. Das kann zum physiologischen Schutz passieren, wenn sich etwa ein Fremdkörper auf das Auge gelegt hat. So weinen Menschen beispielsweise, wenn ihnen eine Mücke ins Auge fliegt. Die Tränenflüssigkeit spült den Fremdkörper aus dem Auge, um Entzündungen vorzubeugen.

Andererseits weinen Menschen auch aus emotionalen Gründen. Übermäßige Freude, Rührung oder Wut, aber auch seelischer Schmerz können eine Person deshalb weinen lassen.

Die Tränenflüssigkeit der Tränendrüsen ist eine salzige Körperflüssigkeit. Ihre chemische Zusammensetzung kann sich mit dem Anlass der Tränen unterscheiden. Tränen aus emotionalem Anlass enthalten mehr Hormone und Eiweiße. Auch die Kalium- und Mangankonzentration ist in emotionalen Tränen höher als in Reflextränen.

Als archetypische Ausdrucksform können Menschen egal welcher Kultur oder geografischer Herkunft Tränen verstehen. Die Deutung des Anlasses findet in der Regel im Zusammenhang mit der begleitenden Mimik statt.

Funktion & Aufgabe

Die Tastsinneszellen auf der Bindehaut der Augen können Berührungsreize detektieren. So bemerkt der Mensch zum Beispiel Fremdkörper im Auge. Wenn die Sinneszellen einen Fremdkörper im Auge melden, übermitteln sie den aufgenommenen Reiz über biochemische Vorgänge an das Gehirn. Der Parasympathikus fordert die Tränendrüsen daraufhin zur vermehrten Produktion von Tränenflüssigkeit auf, sodass die Reflextränen Fremdkörper aus dem Auge ausspülen.

Abgesehen davon wehren sie mit dem Stoff Lysozym außerdem Erreger im Sehapparat ab. Diese Form des Weinens schützt das Auge vor Krankheiten und Entzündungen. Reflextränen dienen so letztlich dem Erhalt der Sehkraft und dem allgemeinen Schutz des Körpers.

Auch emotionalen Tränen sagten Ärzte wie William Frey bis in die 80er Jahre Schutzeffekte nach. Frey vertrat die Annahme, der Körper würde über die Tränenflüssigkeit schädliche Stoffe entgiften. So werden bei Trauer und Wut zum Beispiel ungesunde Eiweiße produziert. Laut Frey sollen die Tränen diese Stoffe abbauen und den Körper so vor oxidativem Stress bewahren.

Empirische Studien haben mittlerweile Eiweiße in emotionalen Tränen nachgewiesen. Die Konzentration dieser Eiweiße ist aber zu gering, als dass sich von einer Entgiftung sprechen ließe. Bis heute ist der Sinn von emotionalen Tränen daher umstritten. Anhänger der Schutzreaktionstheorie sehen mittlerweile den allgemeinen Stressabbau als Aufgabe emotionaler Tränen. So soll das Weinen einen sogenannten "Katharsis"-Effekt ermöglichen. Der Weinende lässt alles heraus, was ihn emotionalisiert hat und soll damit Anspannung und Stress abbauen können. Das soll die Psyche erleichtern und Entspannung eintreten lassen.

Allerdings steht dieser Theorie die Tatsache entgegen, dass Weinen selbst dem Körper großen Stress bereitet. Statt für Entspannung sorgen Tränen oft für noch stärkere Anspannung. Studien zufolge fühlt sich nach dem Weinen kaum jemand erleichtert. Viele Menschen fühlen sich danach sogar noch schlechter.

Den physiologischen Erklärungsansätzen stehen daher heute evolutionsbiologische Ansätze gegenüber. Denen zufolge ist Weinen eine Form des Sozialverhaltens, also der Kommunikation und sozialen Interaktion.

Emotionen erreichen den Gegenüber nachweislich intensiver, wenn sie von Tränen begleitet werden. Das macht Tränen zu einem Signal an die Umwelt. Eine israelische Studie aus dem Jahr 2011 hat sogar ergeben, dass Tränen chemische Botenstoffe zur lautlosen Kommunikation enthalten. Damit beeinflusst der Weinende automatisch die Verhaltensweisen seiner Umwelt. Diese Einflussnahme findet meist auf unbewusster Ebene statt. Auch der Gegenüber passt sein Verhalten unbewusst an die Tränen an.

Scheinbar entgegen steht dieser Beobachtung der Zusammenhang von Tränen und Schwäche. Wenn Weinen der Kommunikation und sozialen Interaktion dienen würde, wieso wäre ein ständig Weinender gesellschaftlich dann als schwach in Verruf? Forscher gehen davon aus, dass dieser Zusammenhang auf die Sozialisation zurückgeht, also das gesellschaftliche Erlernen von Bedeutungen.


Krankheiten & Beschwerden

Krankhafte Erscheinungen im Bezug auf das Weinen stehen am häufigsten mit psychischen Erkrankungen in Zusammenhang. Manche Menschen können zum Beispiel nicht mehr emotional weinen. So können Depressionen abhängig vom Wesen des Erkrankten unter Umständen zu einer absoluten Paralyse führen.

Andererseits kann auch das Gegenteil der Fall sein. Manchmal weinen depressive Menschen auch verstärkt. Verstärktes Weinen geht teils auch auf einen Nervenzusammenbruch zurück. Ein Nervenzusammenbruch ergibt sich meist aus einer psychischen Belastungssituation. Der Betroffene verfügt für diese Situation der Extrembelastung meist über keine geeigneten Bewältigungsstrategien. Aufgrund der körperlichen Stressüberlastung treten Weinkrämpfe und Zittern auf. Schwitzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Herzrasen und Nervosität können die Weinkrämpfe begleiten. Betroffene empfinden oft Hilflosigkeit und Leere. Manchmal sehen sie ihr eigenes Leben nur noch von außen.

Nach einem Monat geht ein Nervenzusammenbruch in manchen Fällen in eine posttraumatische Belastungsstörung über. Speziell bei Kindern könnte im Zusammenhang mit krankhaftem Weinen auch eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung vorliegen.

In seltenen Fällen treten krankhafte Weinanfälle mit der Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) auf. Bei ALS werden Stück für Stück die motorischen Nervenbahnen zerstört. Die Ursache dafür ist bislang unklar. Neben unkontrollierbarem und unwillkürlichen Weinen und Lachen löst ALS Muskelschwächen und später auch Lähmungen aus.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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