Nervenzusammenbruch

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Bezeichnung Nervenzusammenbruch ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine akute Reaktion des Körpers auf extreme psychische Belastungen, die durch plötzlich auftretende körperliche und emotionale Überreaktionen der Betroffenen gekennzeichnet ist. Die Ursachen eines Nervenzusammenbruchs können unterschiedlich sein. Dauert der Zustand an, wird in der Regel professionelle Hilfe in Form von Gesprächs- und Verhaltenstherapie, die nicht selten auch medikamentös unterstützt wird, notwendig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Nervenzusammebruch?

Die alltägliche Hektik, Anspannung und Innere Unruhe, können Langfristig zu einem Nervenzusammenbruch führen.

Ein Nervenzusammenbruch wird durch eine für den Betroffenen psychisch extrem belastende Situation ausgelöst. Solche Situationen können Ereignisse wie Unfälle, Erfahrungen von Gewalt, der Verlust eines geliebten Menschen oder aber auch andauernder Stress im privaten oder beruflichen Umfeld sein. Diese Ereignisse, die man auch als Traumata bezeichnet, stellen für Betroffene eine akute oder latente Situation dar, in der er komplett überfordert ist und die er nicht bewältigen kann. Durch das Weiterbestehen der Situation kommt es zu einer Überlastung des Körpers und schließlich zum Zusammenbruch.

Je nach Auftreten des Nervenzusammenbruchs und des Andauerns seiner Symptome unterscheidet man zwischen einer akuten Belastungsstörung (kurzfristig auftretender und mehrere Stunden bis wenige Wochen andauernder Nervenzusammenbruch unmittelbar nach einem Ereignis) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (länger als vier Wochen andauernde psychische oder soziale Beeinträchtigung).

Der akute Nervenzusammenbruch gilt dabei nicht als Erkrankung, sondern zählt als normale psychische Reaktion auf eine außergewöhnliche Erfahrung. Liegt ein posttraumatischer Nervenzusammenbruch vor, spricht man von einer Krankheit, die behandelt werden muss. Tritt auch nach drei Monaten keine wesentliche Besserung ein, wird die Krankheit zu einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung.

Ursachen

Generell kann Stress als Ursache aller Belastungsstörungen genannt werden. Die unterschiedlichen Arten von Stress verursachen enorme psychische Belastungen und können durch akute oder chronische Ereignisse ausgelöst werden. Akute Ereignisse können beispielsweise ein Unfall oder ein Gewaltverbrechen sein. Auch Naturkatastrophen und Kriege stellen eine akute Belastungssituation dar.

Dabei kann das Ereignis nicht nur für direkt Beteiligte, sondern auch für Zeugen oder Helfer zu einem Trauma und damit Stressauslöser werden. Auch der Verlust eines nahestehenden Menschen kann traumatisch sein. Beispiele für nicht akut, sondern ständig auftretende Belastungen können andauernder psychischer Druck im privaten oder beruflichen Umfeld oder auch anhaltende Angststörungen (Phobien) sein. Die anhaltende Belastung verhindert dabei jeweils eine ausreichende körperliche und psychische Erholung des Organismus.

Ob jemand aufgrund solcher Ereignisse einen Nervenzusammenbruch erleidet, hängt in hohem Maße davon ab, auf welche persönlichen Bewältigungsstrategien er zurückgreifen kann. So neigen beispielsweise psychisch verletzliche Menschen, die über wenig sozialen Rückhalt verfügen eher dazu, eine Belastungsstörung zu entwickeln bzw. diese Störung schlechter wieder lindern zu können.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome in der akuten Phase des Nervenzusammenbruchs unterscheiden sich von den Symptomen und Beschwerden während der anschließenden Verarbeitungsphase. Ein Nervenzusammenbruch kann beispielsweise durch Übelkeit, starkes Schwitzen, Zittern oder Herzrasen, manchmal auch durch Wahrnehmungsstörungen angekündigt werden.

Nicht selten haben Betroffene dabei das Gefühl, neben sich zu stehen und nicht mehr Herr über ihre emotionalen Überreaktionen und irrationalen Handlungen zu sein. Auch aggressives oder teilnahmsloses Verhalten wie im Schock kann beobachtet werden. Direkt nach der akuten Phase leiden viele Betroffene unter einem extremen Gefühl von Hilflosigkeit und Leere. Für sie scheint es in diesem Moment keinen Ausweg aus der Situation zu geben. Diese Phase ist oftmals von Antriebslosigkeit, Verzweiflung und körperlicher und seelischer Erschöpfung gekennzeichnet.

In der nun folgenden Verarbeitungsphase können vermehrt Albträume oder Flashbacks auftreten, es kann zu depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden, Panikattacken oder auch wiederholten Weinkrämpfen kommen. Die Beschwerden nehmen in der Regel während der Verarbeitungsphase immer mehr ab und verschwinden im besten Falle vollkommen.

Geht die Belastungsstörung in eine posttraumatische oder chronische Phase über, kann es bei fehlender oder falscher Behandlung zu ernsthaften psychischen Störungen kommen. So entwickeln Betroffene nicht selten eine Persönlichkeitsstörung mit Depressionen, teilweise aggressivem Verhalten, der Unfähigkeit persönliche Bindungen einzugehen bis hin zu einer erhöhten Suizidanfälligkeit.

Komplikationen

Gerade die zuletzt genannten Beschwerden stellen auch die gefährlichsten Komplikationen im Rahmen von Nervenzusammenbrüchen dar. Zur Behandlung dieser Begleitstörungen bedarf es zunächst einer behutsamen und zielgerichteten Bewältigung des auslösenden Traumas im Rahmen einer professionellen Therapie.

Erfolgt diese Therapie nicht oder auf falschem Wege, bzw. verhindern Verdrängung und eine generelle Abwehrhaltung des Betroffenen die teilweise länger notwendige Behandlung ist mit einer chronischen Manifestation und Verschlimmerung der Symptomatik zu rechnen, die es dem Patienten mitunter unmöglich macht, weiterhin ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wie bereits beschrieben, kann eine akute Belastungsreaktion zwischen einigen Stunden bis hin zu wenigen Wochen andauern. Verfügt der Betroffene selbst über ausreichende und geeignete Strategien, um die Situation eigenständig mit etwas Ruhe zu bewältigen, reicht eine Auszeit oftmals aus, um über das Trauma hinwegzukommen.

Erste Anlaufstelle für Beschwerden aller Art ist der Hausarzt, der zunächst aufgrund der Beschwerden einen Krankenschein ausstellen wird. Sollten die Symptome jedoch über einen Zeitraum von über drei bis vier Wochen anhalten, sollte in Rücksprache mit dem Hausarzt ein Facharzt oder Psychologe konsultiert werden. Generell und vorbeugend sollte dies auch ohne einen tatsächlichen Nervenzusammenbruch bei regelmäßig auftretender Erschöpfung und depressiven Verstimmungen in Erwägung gezogen werden.

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Diagnose

Die Terminvergabe bei Psychologen oder Psychotherapeuten ist leider, je nach Region, vergleichsweise schwierig. Für akute Fällen existieren aber Notrufnummern, bei denen geschulte Spezialisten zuhören und zumindest erste Anhaltspunkte zur weiteren Vorgehensweise bis hin zur Bewältigung der Situation geben können.

In vielen Fällen wird es daher zunächst der Hausarzt sein, der das Erstgespräch mit einem Betroffenen führt. Eine ausführliche Anamnese zur Vorgeschichte, Symptomen und Risikofaktoren ist wesentlicher Bestandteil der Untersuchung. Gegebenenfalls wird eine Überweisung zum Spezialisten vereinbart. Oftmals kann es ratsam sein, auch eine Untersuchung der körperlichen Beschwerden vorzunehmen.

Die Diagnose einer akuten Belastungsstörung infolge eines Traumas wird in der Regel dann von einem Fachmediziner bei Vorliegen folgender Voraussetzungen getroffen: Der Betroffene war vor kurzem mit einem Ereignis konfrontiert, welches aufgrund seiner Schwere eine außergewöhnliche Belastung darstellt. Solche Ereignisse können beispielsweise die direkte oder indirekte (als Augenzeuge oder Helfer) Erfahrung von Tod oder einer angedrohten oder tatsächlichen schweren Verletzung sein.

Seitdem treten verschiedene körperliche und psychische Symptome und Beschwerden auf, die dem Ereignis zuzuschreiben sind und die den Betroffenen massiv beeinträchtigen. Treten diese oder andere Beschwerden, zu denen zum Beispiel auch Ein- oder Durchschlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder auch erhöhte Reizbarkeit und Aggressivität zählen können, auch noch innerhalb von sechs Monaten nach diesem Ereignis auf, verschiebt sich die Diagnose in Richtung einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Die Diagnose kann erschweren, dass Symptome sowohl direkt nach Erleben eines Traumas auftreten können als aber auch mit einer Verzögerung von vielen Jahren bis hin zu Jahrzehnten. Im Extremfall und einem chronischen Verlauf über mehrere Jahre hinweg, ist eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach einer Extrembelastung zu diagnostizieren.

Behandlung & Therapie

Akuter Nervenzusammenbruch:

In Abhängigkeit vom Betroffenen und inwieweit dieser individuell und eigenständig Strategien zur Bewältigung der außergewöhnlich belastenden Situation abrufen bzw. entwickeln kann, bedarf es bei akuten Belastungsstörungen oftmals keiner weiteren therapeutischen Maßnahmen. Die Symptome und Beschwerden sollten im Idealfall nach relativ kurzer Zeit von selbst wieder abklingen.

Posttraumatische Belastungsstörung:

Klingen die Beschwerden nicht ab und besteht die Gefahr einer ernsthaften psychischen Erkrankung, sollten Arzt und Patient gemeinsam weitere Behandlungsschritte vereinbaren. In extremen Fällen besteht der erste Schritt dabei in einer Verhinderung der Selbsttötung des Patienten durch eine stationäre Aufnahme ins Krankenhaus. Im Anschluss und auch bei ambulanten Therapien werden in der Regel verschiedene Ansätze vermischt, um durch eine umfassende und komplexe Behandlung den Betroffenen bestmöglich bei der Bewältigung der traumatischen Ereignisse zu unterstützen.

So wird in vielen Fällen eine kognitive Verhaltenstherapie eingesetzt, bei welcher in Einzel- oder Gruppengesprächen eine Konfrontation mit dem traumatischen Erlebnis erfolgt. Eine ergebnisorientierte Neuausrichtung und Neubetrachtung der Situation werden angestrebt. Begleitet werden kann dieser Ansatz durch eine medikamentöse Therapie, welche entweder Begleiterscheinungen wie Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen mindert oder eine generell stimmungsaufhellende Wirkung haben kann.

Auch mit pflanzlichen Präparate wie Baldrian und Hopfen zur Beruhigung oder homöopathischen Produkten sind mitunter rasche Erfolge zu erzielen. Einen nicht unwesentlichen Anteil an der Therapie haben auch oftmals Bewegungs- und Entspannungstechniken. Sportliche Bewegung, Meditation oder autogenes Training helfen sowohl Körper als auch Psyche, die Belastung besser abzubauen. Dabei helfen auch ein geregelter und ausgeglichener Alltag, eine gesunde Ernährung und feste Ruhezeiten dabei, den Alltag in harmonische Bahnen zu lenken.

Aussicht & Prognose

Die Prognose nach Auftreten einer akuten Belastungsreaktion ist sehr gut. In der Regel verschwinden die Beschwerden innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen von selbst. Sollten die Symptome jedoch anhalten und in eine posttraumatische Belastungsstörung übergehen, verringern sich die Chancen auf rasche Heilung je nach Andauern der Nichtbehandlung.

Droht eine andauernde Belastungsreaktion, sollte somit schnellstmöglich professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Da Nervenzusammenbrüche je nach Vorgeschichte, vorliegendem Ereignis und abrufbaren Bewältigungsstrategien einen sehr individuellen Verlauf haben, sind eine konsequente Eigenmotivation, eine nachhaltige Alltagsanpassung und Verhaltensumstellung die beste Voraussetzung für eine vollständige Genesung.


Vorbeugung

Da traumatische Ereignisse in der Regel unvorbereitet geschehen, lassen sich diese nicht oder nur schwer beeinflussen und damit auch nicht verhindern. Die Vorbeugung ist hier nur bedingt möglich, indem bestimmte Situationen von vornherein vermieden oder durch besondere Vorsicht umgangen werden. Anders sieht es bei anhaltendem Stress oder Angststörungen aus. Besteht diese Gefahr, kann durch gezieltes Verhaltenstraining oder eine Änderung der Lebensumstände präventiv gehandelt werden.

Nachsorge

Der Nervenzusammenbruch bedarf einer konsequenten Nachsorge, um die optimalen Voraussetzungen zu schaffen, dass es nicht zu einem Rückfall kommt. Dies kann in Zusammenarbeit mit einem Psychologen, aber auch dem Hausarzt gestaltet werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, wie intensiv der Nervenzusammenbruch war, ob er mit einem bestimmten Erlebnis verknüpft werden kann oder Ausdruck einer Dauerbelastung ist und ob er zum ersten Mal oder schon häufiger auftreten ist.

All dies sind Faktoren, die bei einem individuellen Nachsorgekonzept berücksichtigt werden. Bei einem bestimmten auslösenden Ereignis für den Nervenzusammenbruch helfen Gespräche mit Freunden und Familie oft in Hinblick auf eine nachhaltige Verarbeitung. Ist die Ursache zum Beispiel Dauerstress in Beruf oder Alltag, gehört es zur Nachsorge, diese Stressfaktoren bestmöglich zu reduzieren.

Die Nachsorge soll zudem zum einen die nötige Ruhe für die Regneration gewähren, zum anderen die Belastbarkeit allmählich wiederherstellen. Entspannungsübungen und Sport sind oft sehr hilfreich. Im sportlichen Bereich ist sanftes Ausdauertraining ohne jegliche Überlastung möglich, aber auch Spiele ohne jeden Wettkampfcharakter sind ideal.

Im Entspannungsbereich ist die PMR (Progressive Muskelrelaxation) ebenso empfehlenswert wie Autogenes Training. Einschlafprobleme können mit Fantasiereisen oder beruhigender Musik reduziert werden. Yoga bringt Geist, Seele und Körper durch Körper- und Atemübungen, Entspannung und Meditation ebenfalls wieder ins Gleichgewicht.

Das können Sie selbst tun

Ein Hineinhorchen in die eigene Psyche und Beachtung körperlicher Reaktionen und Stimmungen ist vor allem bei einer drohenden Überlastung durch beruflichen oder privaten Stress wichtig. Ist absehbar, dass eine belastende Situation länger anhält, sollte man diese Situation versuchen zu vermeiden, Rückzugspunkte schaffen oder sich zumindest ausreichend Ruhe gönnen.

Hohe Bedeutung kommt dabei ausreichend Schlaf zu, frühzeitiges Zubettgehen und Entspannung durch Lesen bieten mit vergleichsweise wenig Aufwand deutliche Besserung. Eine kurzzeitige Auszeit reduziert auftretende Belastungen oftmals deutlich und hilft dabei, neue Wege und neue Kraft zu finden. Deshalb sind geplante Entspannungspausen durch Sport oder ein Hobby für einen positiven Allgemeinzustand sehr wichtig.

Bei akuten Stressreaktionen kann auch auf pflanzliche Beruhigungsmittel aus der Apotheke zurückgegriffen werden. Gut geeignet sind unter anderem Mittel mit Baldrian oder Hopfen. In schwereren Fällen kann auch kurzfristig ein verschreibungspflichtiges Beruhigungsmittel mit entspannender und beruhigender Wirkung helfen. Da die Wirkstoffe auf Dauer eine Abhängigkeit erzeugen, sollte auf diese Maßnahme nur im Einzel- und absoluten Notfall zurückgegriffen werden.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Köhler, T.: Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten. Schattauer, Stuttgart 2014
  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015

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