Wurzelkompressionssyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einem Wurzelkompressionssyndrom wird in der Humanmedizin eine Reizung der Nervenwurzel im Umfeld der Wirbelsäule verstanden. Die derartige Reizung ist in der Regel auf mechanische Ursachen (zum Beispiel Druck) zurückzuführen und führt zu erheblichen Rückenschmerzen, die auch ausstrahlen können. In seltenen Fällen kann das Wurzelkompressionssyndrom aber auch angeboren sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Wurzelkompressionssyndrom?

Ein Wurzelkompressionssyndrom verursacht besonders starke Schmerzen im Rückenbereich. Das Zentrum des Schmerzes variiert je nach Art des Syndroms.
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Von einem Wurzelkompressionssyndrom wird in der Medizin gesprochen, wenn es aufgrund von mechanischen Ursachen (zum Beispiel anhaltender Druck) zu einer Reizung der Wurzeln der Spinalnerven kommt. Als Spinalnerven gelten sämtliche Nerven, die unmittelbar aus dem Rückenmarkt entspringen.

In der Fachliteratur wird zwischen verschiedenen Formen von Wurzelkompressionssyndromen unterschieden. Eine Einteilung kann sowohl nach dem Zeitpunkt der Entstehung als auch nach der Lokalisierung des Reizes erfolgen. In letzterem Fall wird zwischen zervikalem, thorakalem und lumbalem Syndrom differenziert.

Das zervikale Syndrom ist zum Hals gerichtet. Das thorakale Syndrom gehört zum Bereich des Brustarms (Thorax). Schließlich befindet sich ein lumbales Syndrom im Lendenbereich. Das lumbale Syndrom ist die häufigste Form des Wurzelkompressionssyndroms, weil die Belastung der Lendenwirbel in der Regel am größten ist.

Besondere Ausprägungen sind Ischialgien. Ausgehend vom Zeitpunkt der Entstehung wird in der Literatur auch zwischen einem angeborenem und einem erworbenem Wurzelkompressionssyndrom unterschieden.

Ursachen

Ein Wurzelkompressionssyndrom kann entweder durch externe Faktoren verursacht werden oder angeboren sein. Die angeborene Form ist jedoch selten. Sie findet ihre Ursache in Deformationen der Wirbelsäule, wie sie zum Beispiel im Rahmen einer Skoliose vorkommen können.

Erworbene Wurzelkompressionssyndrome haben verschiedene Ursachen. In Betracht zu ziehen sind Frakturen der Wirbelsäule, Tumore im Bereich der Wirbelsäule, Hämatome sowie diverse Infektionen. Die Mehrheit der Erkrankungen ist allerdings auf degenerative Faktoren zurückzuführen.

Die zugrundeliegende Ursache ist damit ein erhöhter Verschleiß, der zu einer Minderung der Funktionsfähigkeit führt. Aufgrund des voranschreitenden Verschleißes kommt es zu krankhaften Veränderungen des Knochengewebes. Auch die Weichteile, welche das Umfeld der Nervenwurzeln umgeben, können verändert werden. Auslöser dieser Veränderungen sind dann eine Arthrose der Facettengelenke (Facettensyndrom), Osteophyten oder ein Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps).

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Wurzelkompressionssyndrom verursacht besonders starke Schmerzen im Rückenbereich. Das Zentrum des Schmerzes variiert je nach Art des Syndroms. So kann bei Patienten, die an einer lumbalen Form des Syndroms leiden, eine Verstärkung im Lendenbereich auftreten.

Analog hierzu kann ein Zentrum im hinteren Bereich des Thorax oder dem unteren Halsbereich liegen. Zwingend ist das allerdings nicht. Da eine Reizung oder Einklemmung der Nerven vorliegt, kann es auch zu einem Sensibilitätsverlust der Nerven kommen. Das äußert sich durch einen Gefühlsverlust.

Rund um das Versorgungsgebiet der betroffenen Nerven können sich darüber hinaus verschiedene Parästhesien entwickeln. Eine Parästhesie ist eine Körperempfindung, die nicht durch adäquate Reize ausgelöst wird. Sie äußert sich in der Regel durch ein unangenehmes Kribbeln, Kälte, Wärme oder Taubheit.

Bei besonders schwerwiegenden Ausprägungen kommt es oft auch zur Ausbildung von Lähmungen. Charakteristisch für die Schmerzen eines Wurzelkompressionssyndroms ist, dass diese ausstrahlen. So sind auch Schmerzen oder Unwohlgefühle im Bereich der Hüften oder des Beins nichts Außergewöhnliches.

Einige Betroffene berichten zudem von Funktionsstörungen der Blase und des Mastdarms. Die genaue Ausprägung beziehungsweise die Intensität der Ausstrahlung ist allerdings einzelfallabhängig.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose eines Wurzelkompressionssyndroms kann ausschließlich durch einen Arzt erfolgen. Dieser wird zunächst den Schmerz lokalisieren. Er wird außerdem versuchen, Intensität, Dauer und Art des Schmerzes durch Befragung des Patienten zu kategorisieren.

Das kann Anlass bieten, weitere diagnostische Maßnahmen einzuleiten. Eine belastbare Diagnose kann nicht ohne technische Hilfsmittel erfolgen. In der Regel werden zu Beginn Röntgenaufnahmen erstellt, um etwaige Brüche oder Tumore auszuschließen. Eine genaue Darstellung der Nerven gelingt allerdings nur mittels Kernspintomographie (MRT) oder Computertomographie (CT).

Möglicherweise kann auch eine Myelo-CT in Betracht zu ziehen sein. Manchmal kommt auch eine Funktionsmyelographie zum Einsatz. Zur Diagnose eines Wurzelkompressionssyndroms steht damit ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Verfügung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leidet der Betroffene unter anhaltenden oder zunehmenden Schmerzen im Bereich des Rückens, sollte ein Arztbesuch stattfinden. Kommt es zu Beeinträchtigungen der Bewegungsmöglichkeiten und dabei insbesondere zu Einschränkungen der Drehbewegungen im Bereich des Rückens, sind medizinische Untersuchungen zur Klärung der Ursache notwendig. Sensibilitätsstörungen, eine Druckempfindlichkeit oder Beschwerden der Muskulatur sind untersuchen zu lassen, da es sich hierbei um Warnsignale des Organismus handelt.

Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber Kälte, Wärme oder anderen Wahrnehmungsreizen, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen. Sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit und können sportliche oder berufliche Aktivitäten nicht mehr ausgeführt werden, wird eine ärztliche Untersuchung benötigt. Bei Beeinträchtigungen der Alltagsbewältigung ist ebenfalls die Rücksprache mit einem Arzt notwendig. Kommt es zu Verhaltensauffälligkeiten, Stimmungsschwankungen oder anderen emotionalen Besonderheiten, sollte eine Ursachenforschung stattfinden.

Eine Abnahme der Lebensfreude, ein allgemeines Unwohlsein sowie ein Rückzug aus dem sozialen Leben gelten als besorgniserregend. In vielen Fällen liegen körperliche Unregelmäßigkeiten vor, die von einem Arzt näher untersucht werden sollten. Ziehen die Beschwerden über den Rücken in die Hüfte oder die Beine, besteht Handlungsbedarf. Ein Kribbeln des Gefühl im Rücken, im Po oder in den Oberschenkeln sollte mit einem Arzt besprochen werden. Zeigen sich Funktionsstörungen der Blase, ist unverzüglich ein Arztbesuch erforderlich.

Behandlung & Therapie

Die Therapie eines Wurzelkompressionssyndroms setzt sich aus allgemeinen und besonderen Maßnahmen zusammen. Üblicherweise wird mit der Durchführung der allgemeinen Maßnahmen begonnen. Die spezielleren Formen kommen nur zum Einsatz, wenn die vorherigen Therapieversuche erfolglos blieben.

Zu den allgemeinen Therapien zählen operative Maßnahmen (zum Beispiel eine Dekompression), Physiotherapien, Akupunkturen sowie eine medikamentöse Schmerztherapie. Umfang und Art der Schmerztherapie richten sich nach Häufigkeit und Intensität der Schmerzen.

Sind diese akut oder setzen sie plötzlich ein, werden periphere Präparate verabreicht. Das sind solche, die unmittelbar am Ort der Schmerzentstehung wirken. Zu diesen zählen Antirheumatika (zum Beispiel Parecoxib oder Etoricoxib). Ergänzend verabreicht werden zudem Muskelrelaxanzen. Das sind Substanzen, die zu einer Entspannung der Muskeln führen.

Häufig wird auf Baclofen (z.B. Lioresal®) zurückgegriffen. Bei besonders schweren Schmerzen kommen Präparate zum Einsatz, die unmittelbar im Gehirn wirken und dort die Weiterleitung der Schmerzreize verhindern. So werden durchaus auch Opiode (zum Beispiel Tramadol oder Tilidin) verschrieben. In diesen Fällen besteht allerdings die Gefahr einer Abhängigkeit. Zu den speziellen Therapiemaßnahmen gehören weiterführende Behandlungskonzepte von Schmerzkliniken.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung eignet sich eine gestärkte Rückenmuskulatur. Außerdem sollten Tätigkeiten, die zu einem Verschleiß im Bereich der Wirbelsäule führen können, reduziert werden.

Nachsorge

Bei einem Wurzelkompressionssyndrom sind die Möglichkeiten und die Maßnahmen einer direkten Nachsorge in den meisten Fällen deutlich eingeschränkt. Daher sollten Betroffene idealerweise schon frühzeitig einen Arzt aufsuchen und auch eine Behandlung einleiten, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Es kann oftmals keine eigenständige Heilung eintreten, sodass Betroffene immer auf die Behandlung durch einen Arzt angewiesen sind.

Schon bei den ersten Anzeichen ist es ratsam, ein Arzt zu konsultieren. In den meisten Fällen kann das Wurzelkompressionssyndrom gut mit Hilfe von Physiotherapie oder Krankengymnastik gelindert werden. Dabei kann der Betroffene auch viele der Übungen im eigenen Zuhause durchführen, um das Auftreten von anderen Beschwerden zu verhindern und die Heilung zu beschleunigen.

In einigen Fällen ist bei dieser Krankheit auch die Einnahme von Medikamenten notwendig. Dabei sollten Betroffene auf die vorgegebene Dosierung und eine regelmäßige Einnahme achten, um die Beschwerden zu lindern. Bei Unklarheiten oder bei starken Nebenwirkungen sollte ein Arzt zu konsultieren. Das Syndrom verringert in der Regel nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Diese schmerzhafte Erkrankung gehört unbedingt in ärztliche Behandlung. Je nach Art der Beschwerden wird der Hausarzt die verschiedenen Therapieansätze wie Schmerztherapien, Akupunkturen, Physiotherapien oder auch Operationen koordinieren. Der Patient tut gut daran, den Ratschlägen des Arztes zu folgen und die Medikamente regelmäßig einzunehmen („Compliance“). Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Wurzelkompressionssyndrom eine Erkrankung zugrunde liegt wie beispielsweise ein Tumor.

Wenn die Beschwerden die Lebensqualität des Patienten so sehr einschränken, dass er sich zurückzieht, ist eine psychotherapeutische Krisenintervention angezeigt. Um das körpereigene Immunsystem zu unterstützen und damit auch für einen besseren Allgemeinzustand zu sorgen, ist dem Patienten eine gesunde Lebensweise anzuraten. Dazu gehört in erster Linie der Verzicht auf Genussgifte wie Nikotin und Alkohol, weil sie den Körper unnötig schwächen. Eine vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung hingegen baut den Körper wieder auf. Zudem sollte sich der Patient im Rahmen seiner Möglichkeiten viel bewegen, beispielsweise regelmäßig spazieren gehen, schwimmen oder Radfahren. Aber auch ausreichende Ruhezeiten sind wichtig.

Auch für ein besseres Schmerzmanagement kann der Patient einiges selbst tun. Das Erlernen und Einsetzen von Entspannungstechniken beispielsweise kann im akuten Fall dem Schmerz die Spitze nehmen. Entspannungstechniken können Atem- oder Meditationsübungen sein, wie sie im Yoga gelehrt werden, oder auch die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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