Zangengeburt
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Im Rahmen einer Zangengeburt (auch als Forzepsentbindung bekannt) wird das Ungeborene mittels Geburtszange (Forzeps) vorsichtig aus dem Geburtskanal „gezogen“. Die Zangengeburt kommt dann zur Anwendung, wenn in der letzten Entbindungsphase Komplikationen auftreten, das Kind akut gefährdet ist oder auch die Mediziner der Ansicht sind, dass die Geburt so schnell wie möglich beendet werden muss.
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Was ist eine Zangengeburt?
Die Zangengeburt und auch die Saugglockenentbindung zählen zu den „geburtshilflichen Eingriffen“. Sie dienen im Regelfall den Geburtsvorgang des Kindes zu beschleunigen. Die Gründe sind unterschiedlicher Natur; vorwiegend entscheiden sich Mediziner für eine Zangengeburt, wenn die Mutter oder das Kind in Gefahr sind.
Im Regelfall kommt die Zangengeburt nur selten zum Einsatz. Saugglockenentbindungen werden häufiger durchgeführt. Dies deshalb, da die Zangengeburt für die Mutter unangenehm sein kann beziehungsweise auch das Risiko für Verletzungen höher ist. Mitunter kann die Zangengeburt auch schneller erfolgen.
Während für die Entbindung mit der Saugglocke mehrere Instrumente benötigt werden, braucht der Mediziner für die Zangengeburt nur die Geburtszange. Das garantiert, dass der Geburtsvorgang schneller beendet werden kann, sodass sich Mutter und Kind aus der Gefahrensituation begeben können.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Zangengeburt geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und begann mit den Arbeiten der Familie Chamberlen in England. Die Chamberlens, eine Familie von Hugenotten und Geburtshelfern, entwickelten eine Geburtszange, hielten deren Design jedoch über mehrere Generationen hinweg geheim. Die Zange wurde zur Unterstützung schwieriger Geburten eingesetzt und ermöglichte es, das Kind sicherer aus dem Geburtskanal zu ziehen, wenn es zu Komplikationen kam. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Technik und das Instrument allgemein bekannt, als die Geheimnisse der Familie Chamberlen gelüftet wurden.
Im Laufe der Zeit wurden die Zangen weiterentwickelt und verfeinert. Der schottische Geburtshelfer William Smellie trug im 18. Jahrhundert erheblich zur Verbesserung und Popularisierung der Geburtszange bei. Er führte Änderungen an der Form und Handhabung ein, um die Anwendung sicherer und effektiver zu machen. Seine Arbeit legte den Grundstein für die moderne geburtshilfliche Praxis.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden weitere Verbesserungen eingeführt, darunter Zangen mit anatomisch angepassten Löffeln, um das Risiko von Verletzungen für Mutter und Kind zu minimieren. Parallel dazu entwickelte sich die Geburtshilfe als Fachgebiet weiter, und die Geburtszange wurde ein wichtiger Bestandteil in der ärztlichen Praxis. Mit der Entwicklung alternativer Methoden, wie dem Kaiserschnitt, hat sich die Verwendung der Zangengeburt jedoch verringert, bleibt aber in bestimmten Situationen eine bewährte Technik.
Einsatz & Indikation
Eine Zangengeburt wird durchgeführt, wenn es während der letzten Phase der Geburt zu Komplikationen kommt, die eine schnelle Entbindung erforderlich machen, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen. Sie wird notwendig, wenn der Geburtsprozess ins Stocken gerät und die Wehen nicht ausreichen, um das Kind durch den Geburtskanal zu schieben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Mutter erschöpft ist und keine ausreichende Kraft mehr hat, oder wenn sich die Geburt über einen langen Zeitraum hinzieht.
Ein weiterer Grund für eine Zangengeburt ist ein akutes Risiko für das Baby, wie Anzeichen für Sauerstoffmangel oder eine Veränderung der Herzfrequenz, die auf eine mögliche Gefährdung hindeuten. In solchen Fällen hilft die Zange, die Entbindung zu beschleunigen und Komplikationen zu vermeiden. Sie kann auch angewendet werden, wenn sich das Baby in einer ungünstigen Position befindet, etwa wenn der Kopf nicht korrekt ausgerichtet ist, und es dadurch Schwierigkeiten beim Durchtritt durch das Becken gibt.
Die Zangengeburt wird in der Regel nur dann in Betracht gezogen, wenn der Gebärmutterhals vollständig geöffnet ist und das Kind weit genug im Geburtskanal liegt. Vor der Durchführung wird die Position des Babys genau überprüft, um sicherzustellen, dass eine Zangengeburt die beste Option ist.
Vorteile & Nutzen
Eine Zangengeburt bietet den Vorteil, dass sie eine schnelle Entbindung ermöglicht, wenn es für Mutter oder Kind zu kritischen Situationen kommt. Im Vergleich zu einem Notkaiserschnitt ist der Eingriff in der Regel weniger invasiv und erfordert keine große Operation, wodurch das Risiko für Komplikationen wie Infektionen oder längere Heilungszeiten bei der Mutter verringert wird. Die Erholungszeit nach einer Zangengeburt ist oft kürzer als nach einem Kaiserschnitt, da keine Bauchoperation notwendig ist.
Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, den Geburtsvorgang fortzusetzen, ohne den mütterlichen Geburtskanal zu umgehen. Dies kann besonders wichtig sein, wenn der Kopf des Kindes bereits tief im Becken liegt und ein Kaiserschnitt komplizierter wäre. Die Zange ermöglicht es dem Arzt, das Kind vorsichtig zu führen und den Druck auf bestimmte Bereiche zu minimieren, um die Geburt sicherer zu gestalten.
Die Zangengeburt kann auch hilfreich sein, um den Sauerstoffmangel beim Baby zu verhindern. Wenn die Herzfrequenz des Kindes sinkt oder Anzeichen eines Sauerstoffmangels auftreten, kann die Zangengeburt den Geburtsprozess beschleunigen und die Risiken für das Baby reduzieren. Sie bietet eine effektive Möglichkeit, die Geburt zu unterstützen und gleichzeitig mögliche Langzeitfolgen für das Kind zu vermeiden.
Wann wird eine Zangengeburt notwendig?
Mediziner entscheiden sich dann für die Zangengeburt, wenn in der letzten Phase der Geburt - der sogenannten Austreibungsperiode - eine Gefährdung des Kindes vorliegt. Werden die Plazenta und die Gebärmutter - auf Grund der vorherrschenden Presswehen - schlechter durchblutet, muss das Kind so schnell wie möglich entbunden werden. Dies deshalb, da eine akute Sauerstoffnot entstehen kann.
Auch muss bedacht werden, dass im Rahmen der Geburt der Kopf einem äußerst hohen Druck ausgesetzt ist, sodass die Gefahr auftreten kann, dass das Gehirn des Kindes nicht mit genügend Blut versorgt wird. Die Ärzte überprüfen während des Geburtsvorgangs die Herztöne des Kindes. Mittels CTG (dem Kardiotokogramm) kann der Mediziner kontrollieren, ob mitunter Stress vorliegt beziehungsweise ein eventueller Sauerstoffmangel gegeben ist; beide Aspekte würden das Wohl des Kindes gefährden.
Treten auffällige Veränderungen des CTG auf, kann der Mediziner - dank der Zangengeburt - den Geburtsvorgang beschleunigen und etwaige Risiken minimieren, die das Kind oder die Mutter betreffen. Denn auch wenn die Mutter stark erschöpft ist und mitunter medizinische Gründe gegeben sind, dass die Frau nicht mehr mitpressen kann (oder darf), kann die Entbindung mittels Zangengeburt beschleunigt beziehungsweise unterstützt werden.
Gründe, um etwa die Geburt zu beschleunigen, weil sie zu lange dauert oder die Schmerzen zu stark sind, rechtfertigen keine Zangengeburt. Die Geburtshilfe kommt nur zur Anwendung, wenn tatsächliche Gefahren und Risiken vorliegen, die entweder das Kind oder die Mutter betreffen.
Was passiert bei einer Zangengeburt?
Die werdende Mutter befindet sich auf dem Kreißbett, während der zuständige Mediziner den Muttermund überprüft und auch die Einstellung und Lage des Ungeborenen. Danach wird - mittels Einmalkatheter - die Blase der Frau geleert. So kann der Mediziner eine Anästhesie setzen und den Dammschnitt durchführen.
Es gibt unterschiedliche Varianten der Geburtszangen; der Mediziner muss daher im Vorfeld die passende Zange für die Frau auswählen. Die Geburtszange setzt sich aus zwei Metallblättern zusammen, die an einen Löffel erinnern. Dies deshalb, da so die Flächen der Zange an den Kopf des Ungeborenen gelegt werden können. Die „Löffel“ werden einzeln eingeführt und danach vorsichtig platziert.
Der Mediziner versucht dabei, die Löffel seitlich am Kopf des Kindes anzubringen. Danach verbindet er die Zangenteile und versucht einen Haltegriff zu erzeugen. Bevor die Zangengeburt durchgeführt wird, überzeugt sich der Mediziner, dass die Zange richtig angebracht wurde. Mit der nächsten Wehe, bei welcher die Frau pressen muss, versucht er das Kind vorsichtig aus dem Geburtskanal zu ziehen.
Wurde der Kopf des Babys geboren, kann der Mediziner die Zange weglegen; die Geburt verläuft normal weiter. Eine weitere Verwendung der Geburtszange ist, wenn der Kopf zu sehen ist beziehungsweise geboren wurde, nicht notwendig.
Auswirkungen auf das Kind
Eine Zangengeburt hat - bei vorsichtiger Anwendung - keine Auswirkungen auf das ungeborene Kind. Schlussendlich handelt es sich bei dieser Variante um eine „geburtshilfliche Unterstützung“. Jedoch müssen im Vorfeld etwaige Risiken und Gefahren besprochen werden. Schlussendlich kann der Mediziner - wenn er die „Löffel“ zu stark drückt - Verletzungen herbeiführen.
Das Kind kann Quetschungen oder auch Gesichtsnervverletzungen erleiden. Mitunter kann auch eine Schädelfraktur entstehen. Jene Komplikationen sind möglich, kommen im Regelfall aber kaum vor. Verletzungen können auch der Mutter zugefügt werden. Mitunter ist es möglich, dass der Geburtskanal verletzt wird oder der Dammschnitt weiterreißt oder auch der Muttermund Risse bekommt. Auch diese Verletzungen treten nur selten auf.
Durchführung & Ablauf
Eine Zangengeburt beginnt mit einer gründlichen Bewertung der Situation durch den Arzt. Er stellt sicher, dass der Muttermund vollständig geöffnet ist und der Kopf des Babys tief genug im Becken liegt. Die genaue Position des Kopfes wird überprüft, um die Zange sicher und korrekt anlegen zu können. Der Arzt erklärt der Mutter den Eingriff und sorgt in der Regel für eine ausreichende Schmerzlinderung, entweder durch eine Lokalanästhesie oder eine bereits vorhandene Periduralanästhesie.
Die Zange, bestehend aus zwei gebogenen Löffeln, wird vorsichtig entlang der Kopfseiten des Babys eingeführt. Der Arzt bringt die Löffel so in Position, dass der Kopf sicher gehalten wird, ohne Druck auf empfindliche Stellen auszuüben. Sobald die Zange korrekt platziert ist, wird der Arzt den Kopf des Babys behutsam in Richtung des Geburtskanals ziehen, während die Mutter mit den Wehen aktiv mithilft.
Der Arzt koordiniert den Zug mit den Wehen, um den Geburtsprozess zu unterstützen. Sobald der Kopf des Babys sichtbar wird, wird die Zange entfernt, und die Geburt wird normalerweise auf natürliche Weise fortgesetzt. Nach der Geburt des Kopfes kann der restliche Körper des Babys in der Regel problemlos geboren werden. Anschließend wird die Mutter und das Baby auf Verletzungen oder Komplikationen untersucht, um sicherzustellen, dass beide stabil und wohlauf sind.
Vorteile einer Zangengeburt
Eine Zangengeburt, wenngleich sie auch eine Notlösung ist, kann Vorteile mit sich bringen. Entscheidet sich der Arzt für die Zangengeburt, verzichtet er - im Gegensatz zur gewöhnlichen Entbindung mittels Saugglocke - auf mehrere Instrumente, da hier lediglich eine Zange notwendig ist.
Die Zange ist im Regelfall sofort einsatzbereit, sodass, wenn eine Gefahr für das Kind oder die Mutter besteht,die Geburt rasch beendet werden kann. Wichtig ist, dass die Mutter über die Vorgehensweise aufgeklärt wird, was im Regelfall aber kein Problem darstellt beziehungsweise die Mutter informiert werden muss.
Alternativen
Wenn eine Zangengeburt nicht möglich oder nicht geeignet ist, gibt es verschiedene alternative Verfahren, um die Geburt sicher zu unterstützen. Eine der häufigsten Alternativen ist der Kaiserschnitt. Ein Kaiserschnitt ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem das Baby durch einen Schnitt in der Bauch- und Gebärmutterwand der Mutter entbunden wird. Diese Methode wird vor allem dann angewendet, wenn die Geburt zu riskant ist, das Baby in einer ungünstigen Position liegt, oder wenn es Anzeichen von Sauerstoffmangel gibt, die eine sofortige Entbindung erforderlich machen.
Eine weitere Alternative ist die Vakuumextraktion, bei der anstelle einer Zange eine Saugglocke verwendet wird, die am Kopf des Babys befestigt wird. Mithilfe eines Unterdrucks wird das Baby vorsichtig durch den Geburtskanal gezogen. Dieses Verfahren ist in der Regel weniger invasiv als eine Zangengeburt und kann eine schonendere Methode für Mutter und Kind darstellen.
Zusätzlich gibt es konservative Maßnahmen, wie das Abwarten und die Unterstützung durch gezielte Positionsänderungen der Mutter, um die Geburt zu erleichtern. Dies kann helfen, das Baby besser im Becken zu positionieren und die Geburt auf natürliche Weise zu fördern. Wenn die Wehen zu schwach sind, können auch wehenverstärkende Medikamente eingesetzt werden, um den Geburtsprozess zu beschleunigen und die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs zu minimieren.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe
- Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer
- Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer