Übertraining

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die sportmedizinische Diagnose Übertraining bezeichnet eine chronische Überlastungsreaktion nach zu starkem oder zu häufigem Training. Die ausgelösten Symptome sind vielfältig und die Therapie komplex.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Übertraining?

Das Übertraining ist zwar eine bekannte Krankheit, die insbesondere Leistungssportlern und übermotivierten Anfängern sehr zusetzen kann, es gibt aber bis heute kein Diagnoseschema.
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Übertraining ist ein körperlicher Erschöpfungszustand, der vor allem Anfänger in Sportarten und der regelmäßigen Bewegung allgemein betrifft. Betroffene haben ihren Körper mit zu intensivem, zu langem oder zu häufigem Training mit zu wenigen Ruhephasen und zu kurzer Regenerationszeit überfordert. Dies führt zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und zu vielfältigen Symptomen. Diese werden unterteilt in sympathische und parasympathische Symptome.

Die Aufgabe des Parasympathikus ist die körperliche Erholung, er muss nach der Belastung das Blut zurück in die Verdauungsorgane befördern und den Puls herunterfahren. Bleiben ausreichende Ruhephasen aus, so kommt es zu erniedrigtem Ruhepuls und zu schnellem Absinken der Herzfrequenz nach dem Training, verringerter körperlicher Leistungsfähigkeit und allgemeiner Trägheit. Im Gegensatz zum sympathischen Übertraining sind Schlaf, Körpergewicht und Appetit nicht betroffen.

Der Sympathicus, der für die Aufrechterhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit zuständig ist, muss hierfür konkret die Verdauungsfunktionen einschränken, Blut ins Gewebe pumpen und die Herzfrequenz erhöhen. Kommt es zu Übertraining, so entstehen, neben den parasympathischen Symptomen, erhöhter Ruhepuls, eine deutlich verzögerte physische Erholung nach Belastung mit dauerhaftem Energiemangel, Schlafstörungen, erhöhter Verletzungs- und Infektanfälligkeit und verringertem Appetit mit Gewichtsverlust. Auch psychische Symptome sind möglich, insbesondere erhöhte Reizbarkeit, Depressivität und Leistungsunlust.

Ursachen

Die Ursachen des Übertrainings sind noch nicht ausreichend erforscht. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ein Ungleichgewicht zwischen den benötigten Erholungsphasen und der körperlichen Belastung beim Training vorliegt, so dass Parasympathikus und Sympathikus aus ihrem natürlichen Kreislauf kommen.

Bekannt sind bislang Risikofaktoren, die das Übertraining hervorrufen können. Zu diesen gehören konstantes Ausdauertraining in sehr hohen Pulsfrequenzen, ein schneller Anstieg der Trainingsintensität, zu seltene Ruhephasen und eine hohe Wettkampffrequenz. Auch außerhalb des Sports zu findende Risikofaktoren sind bekannt, darunter psychische Belastungen und einseitige Ernährung.

Typische Symptome & Anzeichen

Diagnose & Verlauf

Das Übertraining ist zwar eine bekannte Krankheit, die insbesondere Leistungssportlern und übermotivierten Anfängern sehr zusetzen kann, es gibt aber bis heute kein Diagnoseschema.

Mit der fehlenden eindeutigen Diagnose geht eine international uneinheitliche Klassifizierung einher. In Deutschland werden sympathisches und parasympathisches Übertraining unterschieden, im angloamerikanischen Sprachraum erfolgt die Unterscheidung nach der Schwere der Symptome. Überlastung ist das schwache Krankheitsbild, das keiner Therapie bedarf und bei ausreichender Regeneration abklingen kann, Übertraining die längerfristige, oft chronische, und von schweren Symptomen begleitete Form.

Zur Früherkennung dienen Symptome wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen und ein schnelles Erschöpfungsgefühl mit als lange empfundener Regenerationsdauer. Treten diese Symptome auf, so sollte der Betroffene schnellstmöglich einen Sportmediziner zu Rate ziehen. Prognose und Verlauf orientieren sich am Schweregrad der Symptome. Bei starkem Übertraining kann es Monate dauern, bis der Körper sich erholt hat.

Komplikationen

Ein Übertraining kann eine Reihe von Komplikationen zur Folge haben. Zunächst wird durch übermäßiges Training das Gegenteil des gewünschten Leistungszuwachses erreicht – es kommt zum Leistungsabfall, da der Körper das Trainingsniveau nicht halten kann. Neben Abgeschlagenheit und Stimmungsschwankungen kann ein Übertraining auch hormonelle Veränderungen hervorrufen.

Ein Rückgang der Testosteronproduktion tritt vor allem nach starken Überlastungen auf und führt zu einem massiven Muskelabbau. Wiederholtes Übertraining kann eine Schwächung des Immunsystems nach sich ziehen, verbunden mit einem erhöhten Infektions- und Allergie-Risiko. Daneben kann es aufgrund der körperlichen Überlastung zu Muskelverletzungen, Schäden an Sehnen und Bändern und Entzündungen in den Gelenken kommen.

Langfristig belastet Übertraining den gesamten Organismus und damit auch die psychische Verfassung. Der fehlende Trainingserfolg und die körperlichen Beschwerden begünstigen Depressionen und Veränderungen der Persönlichkeit. Werden die Symptome eines Übertrainings unsachgemäß behandelt, zum Beispiel durch leistungsfördernde Mittel oder eine Steigerung der Trainingsintensität, kann dies ernste Komplikationen nach sich ziehen.

Eine dauerhafte Überlastung des Körpers kann Muskelverletzungen, Haltungsschäden und seelische Leiden hervorrufen. Im schlimmsten Fall entwickelt sich ein chronisches Erschöpfungssyndrom oder eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Sportlich aktive Menschen sind gut beraten, wenn sie ihre Trainingseinheiten gut auf die Bedürfnisse und Vorgaben des Organismus abstimmen. Zu intensive Trainings oder körperliche Übungen innerhalb kurzer Zeitabstände können zu einer Überbeanspruchung des Körpers führen und dadurch nicht den gewünschten Effekt erzielen. Im Normalfall wird kein Arzt benötigt, da der Organismus selbstständig Signale sendet, wenn er seine Grenzen erreicht. Hält sich der Betroffene an die natürlichen Vorgaben, stellen sich nach einer Überanstrengung Linderungen der Beschwerden ein, sobald eine ausreichende Ruhephase und Erholung stattgefunden haben.

Empfehlenswert ist es, bei der Verbesserung seiner Fitness die Zusammenarbeit mit einem ausgebildeten Trainer zu suchen. Darüber hinaus kann ein Arzt behilflich dabei sein, einen guten Trainingsplan zu erarbeiten. Gleichzeitig liefert er Informationen darüber, welche Vorgaben eingehalten werden sollten, damit ein Übertraining im Vorfeld vermieden wird. Werden nach einem Training wiederholt die gewünschten Ziele nicht erreicht, sollte die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden. Sinkt die körperliche Fitness trotz der Zunahme der Übungseinheiten, sollten Optimierungen des Trainingsplanes vorgenommen werden. Für eine gesundheitliche Verbesserung ist ein Arzt zu konsultieren. Dieser gleicht die Zielvorgaben mit den vorhandenen körperlichen Möglichkeiten des Betroffenen ab und gibt Hinweise für die Vermeidung eines Übertrainings.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Übertrainings muss sich am Schweregrad der Symptome orientieren und basiert auf den Säulen Früherkennung, Prävention, sportmedizinischer Behandlung und Ruhe. Es gibt keine nachgewiesen wirksame Therapie bei Übertraining.

Die Trainingspause sollte so lange dauern, bis die Symptome verschwunden sind und der morgendliche Ruhepuls wieder als normal angesehen werden kann. Die genaue Dauer muss im Einzelfall entschieden und die Bereitschaft des Wiederanfangens hinterfragt werden.

Ein zu früher Wiedereinstieg birgt sehr viele Risiken und Nebenwirkungen und ist daher zu vermeiden. Man darf sich jedoch häufig über einen Vorteil der Ruhepause freuen: Wenn der Körper Zeit zur Regeneration hat, wachsen die Muskeln wieder.

Rehabilitationsmaßnahmen wie Massagen, Saunabesuche, Schwimmen, Gymnastik und Stretching helfen, den Körper zu entspannen. Wichtig ist auch die Vermeidung von Alltagsstress.


Vorbeugung

Doping dient nicht der Prävention des Übertrainings, im Gegenteil schadet es dem Körper noch mehr. Denn der Betroffene merkt nicht, wann er seine Leistungsgrenze erreicht.

Eine sinnvolle Vorbeugung besteht in Stressvermeidung, ausreichend Schlaf, ausgewogener Ernährung und einem von einem lizenzierten Trainer überwachten Trainingsplan. Ausreichende Ruhephasen, abwechslungsreiche Bewegung und das langsame Steigern der Trainingsintensität sind wichtige Präventionsbausteine.

Nach der Theorie der Superkompensation sollte man zwischen zwei Trainingseinheiten ca. 48 Stunden Pause machen, um dem Körper die benötigte Ruhe zu geben und eine Leistungssteigerung zu erwarten.

Das können Sie selbst tun

Übertraining umfasst einen ganzen Komplex von Symptomen, bei denen Betroffene eine Menge tun können, um diese Erscheinungen zu verhindern beziehungsweise schneller zu beseitigen. Da Übertraining ein verhaltensbedingtes Beschwerdebild ist, liegt es auch an einer Verhaltensänderung, den Zustand wieder zu beenden. Hartes sportliches Training ist in dieser Phase tabu. Da viele Betroffenen im Rahmen eines Übertrainings unter Herzrasen, Unruhe und Nervosität leiden, fällt es vielen Menschen schwer, überhaupt nicht aktiv zu sein. Gering dosierte Aktivität wie der Spaziergang mit dem Hund oder das Bowling mit Freunden kann den Wunsch nach Bewegung erfüllen, ohne den ohnehin überforderten Körper weiter zu belasten.

Die gestresste Muskulatur kann durch verschiedene Maßnahmen der Regeneration auch selbst behandelt werden. Ein heißes Bad ist in diesem Zusammenhang oft ebenso hilfreich wie die Selbstmassage mit dem Igelball. Eine ausreichende Trinkmenge ist zusätzlich wichtig. Sie hilft, Milchsäureprodukte aus dem Körper zu leiten.

Auch der Geist und die Seele sind bei einem von Übertraining betroffenen Menschen oft in Aufruhr. Bei solchen Fällen können Entspannungsmethoden wie die Progressive Muskelrelaxation oder Autogenes Training helfen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Ein gutes Mittel, um mit Körper- und Atemübungen sowie Entspannung und vielleicht sogar einer kleinen Meditation wieder zur Ruhe zu kommen, ist auch Yoga.

Quellen

  • Engelhardt, M. (Hrsg.): Sportverletzungen – Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen. Urban & Fischer, München 2009
  • Halle, M., Schmidt-Trucksäss, A., Hambrecht, R., Berg, A.: Sporttherapie in der Medizin. Schattauer, Stuttgart 2008
  • Spring, H. et al.: Theorie und Praxis der Trainingstherapie. Thieme, Stuttgart 2008

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