Progressive Muskelrelaxation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Progressive Muskelrelaxation ist eine Entspannungstechnik, die von dem amerikanischen Arzt und Physiologen Edmund Jacobson entwickelt wurde. Sie wird auch als "Progressive Muskelentspannung nach Jacobson" bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Progressive Muskelrelaxation?

Bei der Progressiven Muskelrelaxation wird der Körper durch systematisches Muskelentspannungstraining in einen Entspannungszustand versetzt werden.

Die Progressive Muskelrelaxation ist seit über zwanzig Jahren Bestandteil der psychosomatischen Grundversorgung in deutschen Krankenkassen. Durch systematisches Muskelentspannungstraining soll der Körper in einen Entspannungszustand versetzt werden.

Die Progressive Muskelrelaxation sieht vor, dass der Anwender sich der Reihe nach auf jede Muskelpartie seines Körpers konzentriert. Eine bestimmte Muskelgruppe wird zunächst angespannt und die Spannung 5-10 Sekunden gehalten. Die Anspannung soll deutlich spürbar, aber nicht unangenehm oder verkrampft sein. Zum Beispiel aktiviert man Hand und Unterarm, indem man eine Faust ballt.

Anschließend wird die Muskelgruppe gelockert und für 20-30 Sekunden entspannt. Je nach Technik werden die Muskeln des Körpers in bis zu 17 Schritten nacheinander angesprochen. Verschiedene Kurzformen der Progressiven Muskelrelaxation fassen mehrere Muskelgruppen zusammen und lassen sich dadurch mit weniger Schritten und in kürzerer Zeit absolvieren. Die ursprüngliche Technik nach Jacobson war zeitaufwendig und kompliziert, da Jacobson auch sehr kleine Muskelgruppen in das Verfahren integrierte.

In den letzten Jahren wurde die Progressive Muskelrelaxation weiterentwickelt und vereinfacht. Inzwischen gilt sie als leicht zu erlernen und kann mit einiger Übung sowohl im Liegen, als auch im Sitzen und Stehen angewandt werden. Der Zeitaufwand beträgt anfangs etwa eine halbe Stunde und kann sich mit zunehmender Übung weiter verkürzen. All das macht die Progressive Muskelrelaxation zu einer alltagstauglichen Entspannungstechnik.

Funktion, Wirkung & Ziele

Mithilfe der Progressiven Muskelrelaxation wird die Skelettmuskulatur gelockert. Durch das gezielte Anspannen und Lockern der Muskeln senkt sich der Muskeltonus dauerhaft. Verspannungen im Körper werden gelöst und dadurch auch die Psyche in einen angenehmen Entspannungszustand versetzt.

Regelmäßige Anwendung der Progressiven Muskelrelaxation fördert das Körperbewusstsein und verbessert das Gefühl für Spannung und Entspannung. Der Spannungszustand der Muskeln wird deutlicher wahrgenommen. Dadurch lässt sich eine drohende Verspannung frühzeitig erkennen und vermeiden, indem sie durch aktive Entspannung gelöst wird. Die Progressive Muskelrelaxation kann dabei helfen, Stress und Ängste besser zu bewältigen. In belastenden Lebenssituationen mit emotionalem Stress, bei Lampenfieber, Konzentrationsstörungen und Schlafstörungen ist das Verfahren hilfreich.

Mitunter unterstützt die Progressive Muskelrelaxation sogar die Behandlung von Angststörungen. Darüber hinaus erzielt das Verfahren gute Erfolge bei Beschwerden, die durch Stress oder Muskelverspannungen ausgelöst werden oder damit in Verbindung stehen. Dazu gehören Rückenschmerzen, Spannungskopfschmerz, Migräne, Bluthochdruck, Tinnitus, Reizblase und stressbedingte Magenprobleme.

Wenn die Progressive Muskelrelaxation regelmäßig geübt wird, lernt der Körper, auf einen Spannungszustand automatisch mit Entspannung zu reagieren. Auch können fortgeschrittene Anwender die Phase des aktiven Anspannens überspringen. Bei dem sogenannten Vergegenwärtigungsverfahren wird eine Entspannung direkt herbeigeführt, indem der Übende sich auf eine Muskelpartie konzentriert und an das Entspannungsgefühl an dieser Stelle erinnert.

Heute wird Progressive Muskelrelaxation meist als eine schnell wirksame Entspannungstechnik angesehen. Jacobsons ursprüngliche Intention war es allerdings, durch dieses Verfahren zu einem neuen, gelasseneren "Lebensstil" zu finden. In diesem Sinne wird die Progressive Muskelrelaxation auch als Achtsamkeitsübung verstanden.


Risiken & Nebenwirkungen

Durch die Anwendung von Progressiver Muskelrelaxation kann es in Einzelfällen auch zu einer Verschlimmerung von Angstzuständen und einer Verstärkung unangenehmer Körperempfindungen kommen.

Dies gilt generell für Entspannungstechniken, bei denen es darum geht, "in sich hineinzuhorchen". Die Progressive Muskelrelaxation wird häufig als zuverlässiger und nebenwirkungsärmer als beispielsweise das Autogene Training bezeichnet, dennoch ist die Progressive Muskelrelaxation nicht für jeden Patienten geeignet. Menschen mit Herzinsuffizienzen oder Muskelrheuma sollten das Verfahren nicht anwenden.

Bei Asthma und während einer akuten Migräneattacke ist die Progressive Muskelrelaxation nicht empfehlenswert, da sich die Symptome durch die Entspannungstechnik verstärken könnten. Wenn das Verfahren vorbeugend eingesetzt wird, kann die Methode jedoch helfen, eine drohende Migräne zu verhindern. Patienten, die an Psychosen oder dissoziativen Störungen leiden, empfinden die Progressive Muskelrelaxation eventuell als unangenehm. Sie sollten die Methode - wenn überhaupt - nur unter Aufsicht erlernen und durchführen.

Bei gesunden Menschen treten in der Regel keine unerwünschten Nebenwirkungen durch Progressive Muskelrelaxation auf.

Quellen

  • Federspiel, F., Herbst, V. : Die andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005
  • Hainbuch, F.: Progressive Muskelentspannung. Gräfe&Unzer, München 2015
  • Jänicke, C., Grünwald, D. J.: Alternativ heilen. Gräfe und Unzer, München 2006

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