Abduktion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Abduktion ist das Gegenteil der Adduktion und meint das seitliche Fortspreizen von Gliedmaßen oder Hand- und Fußgliedern. Die ausführenden Muskeln heißen Abduktoren, wobei je nach Körperstelle mehrere Abduktoren an einer einzigen Abduktion beteiligt sein können. Beschwerden bei der Abduktion können muskulärer oder neuronaler Art sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Abduktion?

Die Abduktion ist das Gegenteil der Adduktion und meint das seitliche Fortspreizen von Gliedmaßen oder Hand- und Fußgliedern.

Bei der Abduktion wird ein Körperteil seitlich vom Körper fortbewegt. Es wird also von der Körpermitte oder bei Extremitäten von der Längsachse der jeweiligen Extremität abgespreizt. Die Führungsebene der Abduktionsbewegung wird auch Frontalebene genannt.

Das Gegenteil der Abduktion ist die sogenannte Adduktion, die ebenfalls auf der Frontalebene stattfindet, sich aber in die gegensätzliche Richtung fortsetzt. Ein Körperteil wird bei der Adduktion also anders als bei der Abduktion seitlich an die Körpermitte oder die Längsachse von Extremitäten herangeführt. Diese Bewegung wird auch Anlegen genannt.

Die beiden gegensätzlichen Bewegungen werden von verschiedenen Muskeln ausgeführt. Die Muskeln zur Abduktion heißen Abduktoren. Die zur Adduktion werden analog dazu als Adduktoren bezeichnet. Die Innervation beider Muskelarten erfolgt durch peripher motorische Nerven, die ihre Befehle aus dem zentralen Nervensystem erhalten. Wie die Adduktion kann auch die Abduktion sowohl im Rahmen der Willkürmotorik, als auch im Rahmen unwillkürlicher Reflexmotorik stattfinden.

Funktion & Aufgabe

Die Beweglichkeit der menschlichen Gliedmaßen ist herausragend und umfasst Bewegungsrichtungen wie die Abduktion und die Adduktion. Zu Abduktion im Sinne einer Abspreizbewegung sind neben den Beinen die menschlichen Zehen, die Arme, die Hände, die Fußspitzen und die Daumen fähig.

Die Hand kennt zum Beispiel gleich zwei verschiedene Arten der Abduktion: die Radialabduktion und die Ulnarabduktion. Bei der Ulnarabduktion bewegen sich die Hand oder die Finger in Ellenrichtung. Sie werden also zur Kleinfingerseite hin abgeknickt. Das Handwurzelgelenk wird dabei anhand von verschiedenen Muskeln bewegt, so vor allem durch den Musculus extensor carpi ulnaris, den Musculus flexor carpi ulnaris und den Musculus extensor digiti minimi. Die Radialabduktion die entgegen gerichtete Bewegung. Die Finger oder die Hand bewegen sich dabei nicht in Ellen-, sondern in Speichen-Richtung. Sie werden also zur Daumenseite hin abgeknickt. An dieser Abduktionsbewegung sind neben dem Handwurzelgelenk die Muskeln Musculus extensor carpi radialis longus, Musculus abductor pollicis longus sowie Musculus extensor pollicis longus, Musculus flexor pollicis longus und Musculus flexor carpi radialis beteiligt.

Abduktionen sind dementsprechend aufwendige Bewegungen und ergeben sich aus einem idealen Zusammenspiel von verschiedenen Muskeln, Sehnen und Gelenken. Um die Bewegungen einzuleiten und so das betreffende Gelenk zu bewegen, kontrahieren die muskulären Abduktoren.

Abduktionen sind für verschiedene Bewegungen und Aktivitäten des alltäglichen Lebens entscheidend. Beim Gehen leitet die Abduktion von einem Bein zum Beispiel einen Schritt zur Seite ein. Auch wenn der Arm nach außen gehoben werden muss, ist die Abduktion gefragt. Dasselbe gilt für die Spreizbewegungen der Finger.

Abduktion findet in der Regel aktiv statt, kann im Rahmen von Untersuchungen aber auch passiv initiiert werden. So kann der Arzt zum Beispiel die Beweglichkeit von bestimmten Gliedmaßen überprüfen, auch wenn der Patient sie aktiv nicht bewegen kann. Die Abduktion wird in Graden angegeben. Abhängig vom jeweiligen Gliedmaß gelten unterschiedliche Reichweiten als physiologisch.


Krankheiten & Beschwerden

Wenn an einem Gliedmaß die Abduktion nicht mehr, nur noch eingeschränkt oder nur unter Schmerzen möglich ist, hat das entweder muskuläre oder neuronale Ursachen. Manchmal steht eine erschwerte Abduktion auch mit Gelenkerkrankungen wie Arthrose im Zusammenhang, die während der Bewegung vor allem Schmerzen verursachen. Versteifungen von Gelenken oder Muskeln können die Abduktion wiederum ganz unterbinden. Dasselbe gilt für Muskelfaserrisse oder Sehnenrisse.

Die neuronalen Ursachen für erschwerte Abduktion sind breit gefächert. In Frage kommen zum Beispiel Polyneuropathien des peripheren Nervensystems, wie sie sich durch Mangelernährung, verschiedene Infektionen oder Vergiftungen einstellen können.

Bei Polyneuropathien sind die Nerven des peripheren Nervensystems nicht mehr leitfähig genug, um bestimmte Bewegungen zu initiieren. Das Problem kann allerdings auch im zentralen oder motorischen Nervensystem liegen. Im Gehirn und Rückenmark liegen die sogenannten Motoneuronen. Sie sind die zentrale Schaltstelle für die Willkürmotorik, sodass ihre Schädigung zu verschiedenen Lähmungserscheinungen führen kann.

Mit den Motoneuronen in direktem Kontakt stehen die efferenten Pyramidenbahnen, die sich durch das Rückenmark ziehen und das erste mit dem zweiten Motoneuron verbinden. Wenn die Pyramidenbahnen geschädigt sind, erreichen Bewegungsimpulse aus dem zentralen Nervensystem das zweite Motoneuron nicht mehr und können aus der Schaltzentrale nicht an die Skelettmuskulatur weitergegeben werden. Die Abduktion kann in Konsequenz dazu vollständig ausbleiben.

Läsionen der zentralen Motoneurone oder der Pyramidenbahn können sich im Rahmen von verschiedenen neurologischen Erkrankungen einstellen. Neben entzündlichen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose können auch Schlaganfälle, Hypoxien oder degenerative Erkrankungen wie ALS Beschwerden in der Motorik und damit bei der Abduktion hervorrufen.

Wenn die Abduktion eines bestimmten Körperteils eingeschränkt ist, prüft der Arzt das motorische Defizit und gibt die verbliebene Reichweite der Abduktion an. Im Laufe der Therapie wird dieser Prozess regelmäßig wiederholt, um die Erfolge der Behandlung oder eventuelle Verschlechterungen der Beschwerden zu beurteilen.

Quellen

  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Schiebler T., Schmidt W., Zilles, K.: Anatomie. Steinkopff-Verlag, Heidelberg 2007
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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