Akrogerie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Akrogerie ist auch als Gottron-Syndrom bekannt und durch einen Komplex aus vorwiegend dermalen Symptomen wie der Atrophie und der Teleangieektasie gekennzeichnet. Der Erkrankung liegt eine Mutation in Gen COL3A1 zugrunde, die die Biosynthese von Typ III Kollagen stört. Die Therapie erfolgt bislang rein symptomatisch.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Akrogerie?

Die Erkrankung zählt offenbar zu den Erberkrankungen und manifestiert sich bereits im Säuglingsalter.

Die Krankheitsgruppe der endokrinen Störungen umfasst verschiedene Erkrankungen, die die Drüsen betreffen. In die Gruppe der angeborenen, endokrinen Störungen wird auch die Akrogerie gefasst, die besser als Gottron-Syndrom bekannt ist. Das Leitsymptom dieser Erkrankung ist die Atrophie der Haut und des subkutanen Fettgewebes, die den Patienten ein vorgealtertes Aussehen verleiht.

Die Akrogerie Gottron wurde erstmals 1940 dokumentiert. Der deutsche Hautarzt Heinrich Gottron gilt als Erstbeschreiber der Erkrankung. Frauen sind häufiger von der Erkrankung betroffen als Männer. Das Verhältnis beträgt etwa drei zu eins. Daher ist im Zusammenhang mit der Akrogerie Gottron von Gynäkotropie die Rede. Die Prävalent des Syndroms ist bislang nicht bekannt. Schätzungen zufolge handelt es sich um ein extrem seltenes Phänomen. Die Erkrankung zählt offenbar zu den Erberkrankungen und manifestiert sich bereits im Säuglingsalter. Meist ist von einer Manifestation unmittelbar nach der Geburt die Rede.

Ursachen

Die Ursache für das Gottron-Syndrom liegt in der Genetik. Die Erkrankung scheint nicht sporadisch aufzutreten. Familiäre Häufungen wurden in Zusammenhang mit dem Syndrom dokumentiert. Der Vererbung liegt scheinbar ein autosomal-rezessiver Erbgang zugrunde. Der Erbgang der Erkrankung gilt aufgrund der Seltenheit allerdings nicht als zweifellos gesichert. Möglicherweise kann die Vererbung auch im autosomal-dominanten Erbgang stattfinden.

Eine genetische Mutation ist die Ursache der Symptome. Mittlerweile wurde die Mutation auf ein bestimmtes Gen lokalisiert. So weisen die Betroffenen in der Regel eine Mutation im COL3A1-Gen auf Locus 2q32.2 auf. Das COL3A1-Gen codiert in der DNA für die Pro-alpha1-Ketten des Kollagens Typ III. Typ-III-Kollagen kommt sowohl in der Haut, als auch den Lungen, den Blutgefäßen und dem Gastrointestinaltrakts vor.

Die Mutation scheint eine Störung bei der Biosynthese von Typ III Kollagen zu verursachen, die die Akrogerie begünstigt. Andere Quellen vermuten die Mitbeteiligung des LMNA-Gens auf Locus 2258301.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten der Akrogerie leiden an einem Komplex aus verschiedenen, klinischen Symptomen, die vor allem die Haut betreffen. Zu den wichtigsten Kriterien der Akrogerie zählt die Manifestation im Säuglings- oder frühen Kleinkindalter. Die Patienten leiden an einer Akromikrie oder einer Mikrognathie mit hochgradiger Atrophie der Haut und des Unterhautgewebes. Die tiefer liegenden Strukturen sind extrem konturiert.

In den meisten Fällen neigen die Patienten zu Verletzungen und leiden häufig an Teleangieektasien. Bei vielen Betroffenen sind diese Symptome mit einem Gesichtserythem vergesellschaftet. Die Gesichtshaut ist meist atrophisch und wirkt aus diesem Grund welk. Scharlach-artige Exantheme sind ein ebenso häufiges Charakteristikum.

Die Nägel der Patienten sind oft von Dystrophien betroffen. In Einzelfällen sind die Symptome der Akrogerie mit denen einer Sklerodermie vergesellschaftet. In diesen Fällen können Sklerosen und Fibrosen des Bindegewebes das Krankheitsbild abrunden. Die Wucherungen sind gutartig und neigen in der Regel nicht zur Entartung.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose auf eine Akrogerie wird in den meisten Fällen postnatal oder im Kleinkindalter gestellt. Das vorgealterte Aussehen und das allgemeine, klinische Bild der Patienten erregt den ersten Verdacht auf die Erkrankung. Zur Diagnostik wird meist eine Bildgebung veranlasst. Das Röntgenbild der Patienten zeigt eine Rarefizierung von Spongiosa.

In vielen Fällen liegt zusätzlich ein fehlender Verschluss der Epiphysenfugen vor. Differentialdiagnostisch sind Erkrankungen wie das Brugsch-Syndrom, das Hutchinson-Gilford-Syndrom, die Aplasia cutis congenita und das Ehlers-Danlos-Syndrom abzugrenzen. Besonders die Abgrenzung zu letzterem Syndrom stellt den Arzt vor eine Herausforderung.

Während die anderen Erkrankungen im Rahmen einer molekulargenetischen Analyse abgegrenzt werden können, ist das beim Ehlers-Danlos-Syndrom nicht ohne Weiteres möglich. Dieses Syndrom beruht wie die Akrogerie auf einer Mutation im COL3A1-Gen. Die Prognose für Patienten der Akrogerie ist günstig.

Komplikationen

Eine Akrogerie ruft in ihrem Verlauf diverse Komplikationen hervor, die vor allem die Haut betreffen. Patienten neigen zu Verletzungen im Gesicht und am ganzen Körper, die sich häufig entzünden und zu dauerhaften Hautveränderungen oder Folgeerkrankungen führen. Typisch sind etwa scharlachartige Hautausschläge, die zu Einblutungen, Pigmentstörungen oder Empfindungsstörungen führen können.

Die Hautveränderungen rufen überdies optische Veränderungen hervor, die bei den Betroffenen psychische Probleme wie etwa Minderwertigkeitskomplexe oder Ängste hervorrufen können. Im Bereich der Nägel kann eine Akrogerie mit Sklerose oder Fibrose verbunden sein. Entsprechende Wucherungen sind allerdings meist gutartig und führen nur zwischenzeitlich zu gesundheitlichen Einschränkungen.

Der bei einer Akrogerie oftmals verkleinerte Unterkiefer kann Sprachstörungen und Störungen bei der Zahnentwicklung, aber auch Atembeschwerden bis hin zu Schlafapnoe hervorrufen. Bei der Behandlung einer Akrogerie können die verordneten Medikamente zu einer Verstärkung der Beschwerden führen. Liegt begleitend dazu eine Allergie oder eine Unverträglichkeit zugrunde, kann es in schweren Fällen auch zum Organversagen und in letzter Konsequenz zum Tod des Patienten kommen. Durch eine frühzeitige Abklärung der Akrogerie können geeignete Therapiemaßnahmen eingeleitet und schwere Komplikationen meistens vermieden werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es durch die Akrogerie vor allem zu Beschwerden auf der Haut und im Gesicht kommt, sollten diese immer durch einen Arzt behandelt werden. Sie treten schon im Kindesalter auf und können daher recht gut identifiziert und diagnostiziert werden. Im Allgemeinen sollten bei Kindern Hautbeschwerden immer von einem Arzt untersucht werden, um schwerwiegende Krankheiten auszuschließen. Der Arzt ist bei der Akrogerie dann aufzusuchen, wenn es zu Wucherungen im Gesicht oder am Körper kommt.

Auch wenn diese in den meisten Fällen gutartig sind und in erster Linie keine gesundheitliche Gefahr darstellen, sollten sie dennoch behandelt werden. Nicht selten führt die Akrogerie zu Minderwertigkeitskomplexen oder zu einem verringerten Selbstwertgefühl. Damit es später nicht zu Depressionen oder anderen psychischen Verstimmungen kommt, ist auch der Besuch eines Psychologen empfohlen. Weiterhin können auch Einblutungen oder Pigmentstörungen ein Zeichen für die Akrogerie darstellen.

Nicht selten führen die Medikamente zur Behandlung der Akrogerie ebenfalls zu staken Nebenwirkungen und im schlimmsten Falle zum Organversagen. Sollten dadurch Beschwerden oder seltsame Gefühle auftreten, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. In diesem Fall kann das Medikament nach Rücksprache mit dem Arzt entweder vollständig abgesetzt oder durch ein anderes Medikament ersetzt werden.

Behandlung & Therapie

Eine kausale Behandlung steht für Patienten der Akrogerie nicht zur Verfügung. Die kausale Therapie wird erst mit der Zulassung von gentherapeutischen Schritten möglich sein. Bislang haben diese Behandlungsmaßnahmen die klinische Phase allerdings nicht erreicht. Aus diesem Grund gilt die Akrogerie bisher als unheilbare Krankheit. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch und richtet sich damit nach den Symptomen im Einzelfall.

Die Atrophie muss beispielsweise durch gezielte Maßnahmen verlangsamt oder zum Stillstand gebracht werden. Ein fortschreitender Abbau von Gewebe soll durch blutfördernde Medikamente und eine Anregung des Stoffwechsels verhindert werden. Fehlbildungen wie die Mikrognathie können chirurgisch korrigiert werden. Dasselbe gilt für symptomatische Fibrosen.

Zu den wichtigsten Therapieschritten zählt die physiotherapeutische Behandlung, die sowohl den Stoffwechsel anregt, als auch Begleitsymptome wie Teleangieektasien abschwächen kann. Neben sportlichen Aktivitäten können diätische Maßnahmen die Symptome der Akrogerie abmildern. Wegen der Seltenheit ist über die Wirksamkeit einzelner Behandlungsschritte bislang nur wenig bekannt.

Aufschlussreiche Fallberichte oder klinische Studien zu bestimmten Behandlungsmöglichkeiten gibt es kaum. In Zusammenhang mit der Atrophie und der Teleangieektasie hat sich in der Vergangenheit eine Kombination aus Sport und gesunder Ernährung aber als erfolgreich erwiesen.

Aussicht & Prognose

Durch die Akrogerie kommt es in der Regel zu Beschwerden an der Haut. Diese können entweder im Gesicht oder auch am restlichen Körper auftreten und führen damit immer zu unangenehmen Beschwerden. In den meisten Fällen kommt es auch zu psychischen Beschwerden, da sich die Akrogerie negativ auf das Aussehen des Patienten auswirkt. Es kommt teils zur Ausbildung von Minderwertigkeitskomplexen und zu einem verringerten Selbstwertgefühl. Manchmal schämen sich die Patienten für die Beschwerden und werden sozial ausgegrenzt.

Oft fühlen sich die Patienten im Allgemeinen krank und abgeschlagen und nehmen nicht mehr aktiv am Leben teil. Die Betroffenen können auch an Pigmentstörungen leiden, die allerdings keine besondere gesundheitliche Gefahr für den Patienten darstellen. In einigen Fällen kann es durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten zur Verstärkung der Akrogerie kommen, wobei diese im schlimmsten Fall auch zum Tode führen kann, wenn ein Organversagen eintritt. Die Behandlung der Krankheit erfolgt zur Zeit nur symptomatisch und kann viele Beschwerden einschränken. Allerdings ist keine allgemeine Voraussage über den Krankheitsverlauf möglich.


Vorbeugung

Die Akrogerie ist eine genetische Erkrankung, der Mutationen zugrunde liegen. Bisher ist die Beteiligung von etwaigen äußeren Faktoren noch unklar. Aufgrund dieser Zusammenhänge stehen keine Vorbeugemaßnahmen zur Verfügung.

Das können Sie selbst tun

Eine Akrogerie muss immer zuerst von einem Arzt diagnostiziert und behandelt werden. Begleitend zur medizinischen Therapie können die einzelnen Symptome der Erkrankung durch verschiedene Maßnahmen selbst gelindert werden.

So empfiehlt sich vor allem eine physiotherapeutische Behandlung, die den Stoffwechsel anregt und mögliche Begleitsymptome wie die Teleangiektasien abschwächt. Daneben können auch diätische Maßnahmen die Symptome abmildern. Betroffene sollten auf eine ausgewogene Ernährung mit allen notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen achten. Ergänzend dazu bieten sich sportliche Betätigung und die Vermeidung von Stress an. Insbesondere Krankengymnastik und Yoga eignen sich, um die typischen Symptome zu lindern und dabei gleichzeitig die körperliche Anspannung, die mit der Erkrankung verbunden ist, einzudämmen.

Die typischen Hautveränderungen können mit Hilfe von Pflegeprodukten aus der Apotheke und verschiedenen Hausmitteln ebenfalls reduziert werden. Allerdings bleiben meist optische Veränderungen bestehen, die im Rahmen einer therapeutischen Beratung aufgearbeitet werden sollten. Haben sich durch die Akrogerie bereits Minderwertigkeitskomplexe oder Ängste entwickelt, müssen weitere psychologische Maßnahmen getroffen werden. Gespräche mit Familienmitgliedern und Freunden können dabei helfen, die vielgestaltigen Symptome der Erkrankung aufzuarbeiten und langfristig das Allgemeinbefinden zu verbessern.

Quellen

  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2014
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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