Allopurinol
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. Juni 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Allopurinol hat sich zur Therapie und Prophylaxe von erhöhten Harnsäurewerten und ihren Folgeerscheinungen bewährt. Das gut verträgliche Medikament gehört längst zur Standardbehandlung geworden.
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Was ist Allopurinol?
Allopurinol ist ein Urostatikum zur Behandlung von Hyperurikämie und chronischer Gicht. Unter verschiedenen Handelsnamen und deren Generika ist es in Apotheken erhältlich. Das verschreibungspflichtige Medikament wird als Tabletten zu 50 oder 100 Stück mit je 100 mg sowie 20, 50 oder 100 Stück mit je 300 mg seines Wirkstoffes angeboten.
Das Mittel empfiehlt sich bei erhöhten Harnsäurewerten ab 8,5 mg/100 ml im Blutserum Erwachsener, wenn Diätversuche zum Absenken erfolglos bleiben oder eine andere Erkrankung ursächlich ist. Neben der Reduzierung der Harnsäure lindert Allopurinol die unangenehmen Gichtsymptome. Es eignet sich unter steter ärztlicher Kontrolle zur Langzeitbehandlung.
Bei Kindern ist Allopurinol in Dosierungen unter 300 mg bei Erkrankungen wie Leukämie oder einem angeborenen Enzymmangel wie dem Lesh-Nyhan-Syndrom angezeigt.
Pharmakologische Wirkung
Allopurinol trägt seinen Wirkstoff bereits im Namen. Es zählt zur Gruppe der Gichtmedikamente. Eine Behandlung mit Allopurinol soll erhöhte Harnsäurewerte im Blutserum senken. Gelingt dies, schwächen sich als Folge außerdem die mit akuten Gichtanfällen verbundenen Schmerzen ab. Weiteren Gichtanfällen wird vorgebeugt.
Die genaue Wirkweise beruht auf einem Abbau der Purine, hauptsächlich in Eiweißen vorkommende organische Verbindungen. Teils entstehen sie im Körper, teils werden sie mit fleischlicher Nahrung zugeführt.Der menschliche Organismus baut Purine üblicherweise zu Harnsäure ab und scheidet sie über die Nieren aus. Allopurinol verhindert diesen Purinabbau, indem es das hierfür wichtige Enzym Xanthinoxidase hemmt. Während sich Harnsäure schwer wasserlöslich verhält, bildet sich unter der die Harnsäure reduzierenden Gabe von Allopurinol stattdessen mehr von deren Vorstufe Hypoxanthin.
Im Gegensatz zur Harnsäure ist dieses gut wasserlöslich. So kommt es im Blut zum erwünschten Absinken der erhöhten Harnsäurekonzentration (Hyperurikämie). Im Gewebe erfolgt ein Abbau von abgelagerten und typische Gichtbeschwerden verursachenden Uratkristallen sowie deren verzögerte Neubildung. Anders als Harnsäure kann der Körper das Hypoxanthin problemlos im Urin über die Nieren abgeben. Es zeigte sich, dass Allopurinol bei einigen Patienten neben einem Purinabbau die Bildung neuer Purine begrenzt.
Dennoch muss bei Niereninsuffizienz die Allopurinol-Gabe der verringerten Leistungsfähigkeit der Nieren angepasst werden. Bei akutem Gichtanfall ist auf ein Verabreichen von Allopurinol zu verzichten, da es die Löslichkeit der Harnsäure beeinflusst. Es können sich Harnsäurekristalle bilden, die den Gichtanfall verstärken beziehungsweise verlängern.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Allopurinol hat sich für die Behandlung von Erwachsenen und Kindern bewährt und wird allgemein gut vertragen. Es hilft, erhöhte Harnsäurespiegel im Blut von mehr als 8,5 mg/dl abzusenken, welche vor allem bei Hyperurikämie und Gicht auftreten.
Bringt eine Ernährungsumstellung keine Besserung, empfiehlt sich Allopurinol, auch für eine Langzeitbehandlung. Es lässt sich außerdem hervorragend zur Vorbeugung akuter Gichtanfälle mit ihren schmerzhaften Begleiterscheinungen verwenden. Weitere Anwendungsgebiete sind das Vermeiden von Nierensteinen und infolgedessen später auftretende Schädigungen des Nierengewebes.
Kinder können während einer Leukämiebehandlung Nierenschäden erleiden, da der Abbau von Tumorzellen mit einer vermehrten Entstehung von Purinen einhergeht. Prophylaktisch gegebenes Allopurinol steuert den dadurch ausgelösten negativen Prozessen entgegen. Ebenfalls häufig verordnet wird Allopurinol bei angeborenen Erbkrankheiten wie das schon bei Kindern zur Gicht führende Lesch-Nyhan-Syndrom oder bei einem Mangel an Adenosin-Phosphoribosyl-Transferase.
Wichtig zu wissen: Bei einer Erstbehandlung mit Allopurinol lässt der spürbare Erfolg meistens auf sich warten, da es bis zu sechs Monate dauern kann, bis die Harnsäureablagerungen im Gewebe abgebaut sind. Ferner sollte die Allopurinol-Therapie einschleichend starten.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Allopurinol sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um die Wirksamkeit des Medikaments zu maximieren und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Allopurinol wird hauptsächlich zur Behandlung von Gicht und zur Prävention von Harnsäuresteinen verwendet.
Die Initialdosis von Allopurinol wird in der Regel niedrig angesetzt, oft bei 100 mg pro Tag, um das Risiko von Nebenwirkungen zu verringern. Diese Anfangsdosis kann schrittweise erhöht werden, abhängig von den Harnsäurespiegeln im Blut und der Verträglichkeit des Patienten. Die übliche Erhaltungsdosis liegt zwischen 200 und 300 mg pro Tag bei mittelschwerer Gicht und kann bis zu 800 mg pro Tag bei schwereren Fällen betragen.
Es ist wichtig, dass Allopurinol mit einer ausreichenden Menge Wasser eingenommen wird, um die Nierenfunktion zu unterstützen und das Risiko von Nierensteinen zu verringern. Die Einnahme sollte nach den Mahlzeiten erfolgen, um gastrointestinale Nebenwirkungen zu minimieren.
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion geboten, da Allopurinol und seine Metaboliten hauptsächlich renal eliminiert werden. In solchen Fällen muss die Dosis angepasst und die Nierenfunktion regelmäßig überwacht werden.
Patienten sollten über mögliche Nebenwirkungen wie Hautausschläge, Magen-Darm-Beschwerden und seltene, aber schwerwiegende Reaktionen wie das Stevens-Johnson-Syndrom informiert werden. Regelmäßige Blutuntersuchungen zur Überwachung der Harnsäurespiegel und der Leber- und Nierenfunktion sind ebenfalls erforderlich, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.
Risiken & Nebenwirkungen
Selbst ein bewährtes Medikament wie Allopurinol hat Risiken und Nebenwirkungen. Allergische Reaktionen, vor allem der Haut, sowie Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit und Erbrechen, können auftreten, außerdem Blutbildungsstörungen, Lymphknotenschwellungen, Nierensteine, Leberschäden und Neuropathie.
Kontraindiziert beziehungsweise mit erhöhter Vorsicht ist Allopurinol einzusetzen bei bereits eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion sowie bestimmten Störungen der Blutbildung. Ebenso darf es nicht während eines akuten Gichtanfalls gegeben werden.
Allopurinol kann Autofahren und Maschinenbedienung beeinträchtigen.
Zur Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit liegen kaum Erfahrungen vor. Sicherheitshalber wird von einer Einnahme in diesen Phasen abgeraten.
Kontraindikationen
Bei der Verwendung von Allopurinol gibt es mehrere typische Kontraindikationen, die berücksichtigt werden müssen, um unerwünschte Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden. Eine der Hauptkontraindikationen ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Allopurinol oder einen seiner Bestandteile. Patienten, die in der Vergangenheit allergische Reaktionen wie Hautausschläge oder schwerwiegendere Reaktionen wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder die toxische epidermale Nekrolyse auf Allopurinol gezeigt haben, sollten das Medikament nicht erneut einnehmen.
Eine weitere wichtige Kontraindikation ist die schwere Niereninsuffizienz, da Allopurinol und seine Metaboliten hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden werden. Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion kann sich das Medikament im Körper ansammeln, was zu toxischen Wirkungen führen kann. In solchen Fällen muss eine sorgfältige Dosisanpassung erfolgen, oder das Medikament sollte ganz vermieden werden.
Auch bei Lebererkrankungen ist Vorsicht geboten, da die Leber eine Rolle im Stoffwechsel von Allopurinol spielt. Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sollten Allopurinol nicht verwenden oder nur unter strenger ärztlicher Überwachung einnehmen.
Patienten mit einer akuten Attacke von Gichtarthritis sollten die Therapie mit Allopurinol nicht beginnen, da dies die Symptome verschlimmern kann. Stattdessen sollte eine Gichtattacke zunächst mit entzündungshemmenden Medikamenten behandelt werden, bevor mit Allopurinol begonnen wird.
Schließlich sollte Allopurinol bei Patienten, die gleichzeitig Azathioprin oder Mercaptopurin einnehmen, mit Vorsicht verwendet werden, da Allopurinol die Wirkung dieser Medikamente verstärken kann, was zu einer erhöhten Toxizität führt. Eine Dosisanpassung dieser Medikamente ist notwendig, wenn sie zusammen mit Allopurinol verabreicht werden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Allopurinol interagiert mit mehreren Medikamenten, was zu einer veränderten Wirkung und erhöhten Risiken von Nebenwirkungen führen kann. Eine bedeutende Wechselwirkung besteht mit Azathioprin und Mercaptopurin, die beide immunsuppressive Medikamente sind. Allopurinol hemmt das Enzym Xanthinoxidase, das für den Abbau dieser Medikamente verantwortlich ist. Dies führt zu einer erhöhten Konzentration und potenziellen Toxizität, weshalb die Dosis von Azathioprin und Mercaptopurin bei gleichzeitiger Einnahme erheblich reduziert werden muss.
Eine weitere wichtige Interaktion tritt mit Warfarin auf, einem Antikoagulans. Allopurinol kann die blutverdünnende Wirkung von Warfarin verstärken, was das Risiko für Blutungen erhöht. Patienten, die beide Medikamente einnehmen, benötigen eine engmaschige Überwachung der INR-Werte (International Normalized Ratio).
Thiaziddiuretika, wie Hydrochlorothiazid, können in Kombination mit Allopurinol das Risiko für Überempfindlichkeitsreaktionen, einschließlich schwerer Hautausschläge, erhöhen.
Allopurinol kann auch die Wirkung von Phenytoin, einem Antiepileptikum, beeinflussen. Da Allopurinol die hepatische Metabolisierung von Phenytoin hemmen kann, sollten Patienten, die beide Medikamente einnehmen, sorgfältig überwacht werden.
Zusätzlich kann Allopurinol die Wirksamkeit von Theophyllin erhöhen, einem Medikament, das zur Behandlung von Atemwegserkrankungen verwendet wird. Dies erfordert eine regelmäßige Überwachung der Theophyllin-Spiegel im Blut, um eine mögliche Toxizität zu vermeiden.
Schließlich ist bei der Kombination von Allopurinol mit Ampicillin oder Amoxicillin Vorsicht geboten, da diese Antibiotika das Risiko für Hautausschläge erhöhen können. Patienten sollten über diese potenziellen Interaktionen informiert und entsprechend überwacht werden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Allopurinol nicht vertragen wird, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung. Ein gängiger Alternativwirkstoff ist Febuxostat, der ähnlich wie Allopurinol die Xanthinoxidase hemmt, jedoch oft besser vertragen wird. Febuxostat kann bei Patienten eingesetzt werden, die allergisch auf Allopurinol reagieren oder bei denen Allopurinol keine ausreichende Wirkung zeigt.
Ein weiterer alternativer Wirkstoff ist Probenecid, ein Urikosurikum, das die renale Ausscheidung von Harnsäure erhöht. Probenecid kann insbesondere bei Patienten mit normaler Nierenfunktion eingesetzt werden, um die Harnsäurespiegel im Blut zu senken.
Pegloticase ist eine weitere Option, besonders bei schwer behandelbaren Fällen von chronischer Gicht. Pegloticase ist ein Enzym, das Harnsäure in Allantoin umwandelt, welches leichter über die Nieren ausgeschieden werden kann. Diese Behandlung wird in der Regel für Patienten reserviert, die auf andere Therapien nicht ansprechen oder diese nicht vertragen.
Zusätzlich können Losartan und Fenofibrat, obwohl sie primär zur Behandlung von Bluthochdruck bzw. Hyperlipidämie verwendet werden, harnsäuresenkende Eigenschaften haben und als ergänzende Therapie eingesetzt werden.
Neben medikamentösen Alternativen gibt es auch nicht-pharmakologische Maßnahmen. Eine purinarme Diät, die den Verzehr von Lebensmitteln wie rotem Fleisch und Meeresfrüchten reduziert, kann helfen, die Harnsäurespiegel zu senken. Regelmäßige körperliche Aktivität und das Vermeiden von Alkohol, insbesondere Bier und Spirituosen, können ebenfalls zur Kontrolle der Gicht beitragen.
Hydratation spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Ausreichend Wasser trinken kann helfen, die Harnsäurekonzentration im Blut zu senken und die Bildung von Kristallen zu verhindern.
Diese alternativen Ansätze bieten vielfältige Möglichkeiten, um Gicht und erhöhte Harnsäurespiegel zu behandeln, wenn Allopurinol nicht geeignet ist.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor