Amnioninfektionssyndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Amnioninfektionssyndrom stellt eine schwerwiegende Komplikation während der Schwangerschaft oder des Geburtsvorganges dar. Es handelt sich um eine ernste bakterielle Infektion von Plazenta, Eihöhle, Eihäuten und eventuell Fötus, die sofort behandelt werden muss, um das Leben von Mutter und Kind zu retten.
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Was ist das Amnioninfektionssyndrom?
Das Amnioninfektionssyndrom tritt meist in der letzten Phase der Schwangerschaft oder während des Geburtsprozesses auf. Es wird häufig durch von außen über die Vagina eindringende Bakterien ausgelöst, die freien Zugang zur Plazenta, zu den Eihäuten und dem Kind haben. Da die Eihäute mitbetroffen sind, wird als Synonym auch der Begriff Chorioamnionitis verwendet.
Das Amnioninfektionssyndrom ist ein medizinischer Notfall, der sowohl für die Mutter als auch das Kind gefährlich werden kann. Diese Erkrankung wird nicht durch einen einheitlichen Erreger ausgelöst. Vielmehr können unterschiedliche Bakterienarten zu den gleichen Symptomen führen. Zu diesen Erregern zählen unter anderem beta-hämolysierende Streptokokken, Darmbakterien wie Escherichia coli, Staphylokokken, Listerien, Krankenhauskeime wie Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella, pilzähnliche Bakterien wie Mycoplasmen, Gonokokken oder Chlamydien.
Vor der Infektion halten sich die Keime im Bereich des Enddarms oder der Scheide auf. Nach einem vorzeitigen Platzen der Fruchtblase und dem Öffnen des Muttermundes können die Erreger frei in die Plazenta aufsteigen und Eihäute, Mutterkuchen und sogar das Kind infizieren. Auch bei intakter Fruchtblase ist eine Infektion der Plazenta, der Eihäute und des Kindes über den Blutkreislauf möglich.
Ursachen
Ursache eines Amnioninfektionssyndroms ist meist eine bakterielle Mischinfektion mit verschiedenen Erregern. Wie bereits erwähnt, kommen mehrere unterschiedliche Erregertypen dafür infrage. Voraussetzung für eine Infektion ist entweder ein freier Zugang der Keime von außen über die Vagina aufsteigend durch den Gebärmutterhals oder über einen hämatogenen Weg von einem Infektionsherd innerhalb des Organismus zur Plazenta.
Im ersteren Fall ist die Ursache eine vorzeitig geplatzte Fruchtblase. Durch die Fruchtblase ist der im Fruchtwasser schwimmende Fötus von Außeneinwirkungen geschützt. Gleichzeitig wird er über die Nabelschnur ernährt und mit Sauerstoff versorgt. Wenn zu viel Zeit zwischen dem Platzen der Fruchtblase und der Geburt vergeht, werden die Bedingungen für eine Infektion der Plazenta, der Eihäute oder gar des ungeborenen Kindes mit unterschiedlichen Keimen über die Vagina immer günstiger.
Der vorzeitige Blasensprung führt außerdem zum Verlust von Fruchtwasser und beeinflusst das Wachstum des Fötus negativ, sodass er neben Störungen seiner Entwicklung auch empfänglich für Keime wird. Bei einem über das Blut übertragenen Amnioninfektionssyndrom ist die Fruchtblase noch nicht geplatzt. In diesem Fall besteht aber die sekundäre Gefahr eines vorzeitigen Blasensprungs als Folge des Amnioninfektionssyndroms.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Amnioninfektionssyndrom ist durch eine Entzündung der Eihäute, des Gebärmutterhalses und der Gebärmutter gekennzeichnet. Die Entzündung der Eihäute kann vorzeitige Wehen auslösen und zu einer Frühgeburt führen. Das neugeborene Kind ist schwer krank und kann durch eine sogenannte Sepsis (Blutvergiftung) versterben. Eine Sepsis ist ein sehr ernster medizinischer Notfall, weil hier massenhaft Bakterien in den Blutkreislauf gelangen.
Wenn das Kind die Sepsis überlebt, können infolge der zu frühen Geburt und den Auswirkungen des Amnioninfektionssyndroms körperliche und geistige Beeinträchtigungen zurückbleiben. Die Erreger können beim Kind außerdem eine Hirnhautentzündung sowie schwere Atemwegserkrankungen hervorrufen. Bei der Mutter kann die Entzündung der Gebärmutterschleimhaut ebenfalls zu einer Sepsis führen, die auch eine tödliche Gefahr für die Schwangere darstellt.
Auch ohne Sepsis treten sowohl beim Kind als auch bei der Mutter heftige Symptome auf. Beim ungeborenen Kind wird eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie) festgestellt. Die Mutter leidet an Fieber, Schmerzen des Uterus beim Abtasten, vorzeitige Wehen und einer Leukozytose (verstärkte Bildung von weißen Blutkörperchen). Außerdem kommt zu übel riechenden Abgängen von Fruchtwasser.
Diagnose & Verlauf
Die Diagnose eines Amnioninfektionssyndroms wird anhand der auftretenden Symptome und Blutuntersuchungen gestellt. Bei einer vorzeitig geplatzten Fruchtblase müssen ständig die Entzündungswerte im Blut bestimmt, die Herzfrequenz dauerhaft beobachtet und die Körpertemperatur der Schwangeren gemessen werden. Steigen die Werte an, gilt dies als Zeichen für ein beginnendes Amnioninfektionssyndrom.
Weitere Hinweise sind übel riechendes Fruchtwasser und Schmerzen beim Betasten der Gebärmutter. Auch wenn die Fruchtblase noch nicht geplatzt ist, deutet beim Auftreten dieser Symptome alles auf ein Amnioninfektionssyndrom hin.
Komplikationen
Das Amnioninfektionssyndrom kann Frauen während der Schwangerschaft betreffen. Hierbei handelt es sich um eine von Keimen verursachte Infektion der Eihaut, die das Fruchtwasser des Fötus umgibt. Die Erreger können zahlreiche Komplikationen hervorrufen und im Extremfall einen Schwangerschaftsabbruch beziehungsweise eine Sepsis auslösen.
Sie bestehen aus einer Mischinfektion von Streptokokken, Listerien, Chlamydien und Enterokokken und finden ihren Weg über Zervix und Vagina bis in den Uterus. Erkrankt eine Schwangere am Amnioninfektionssyndrom, müssen sofort medizinische Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Typische Anzeichen sind Fieber, plötzlich einsetzende Wehen, Tachykardie und verstärkter Uterusdruck.
Die Behandlung richtet sich nach dem Stand der Schwangerschaft und ob es bereits zum vorzeitigen Blasensprung kam. Zumeist wird eine hochdosierte Antibiotikatherapie über die Vene injiziert. Ist die 36. Schwangerschaftswoche überschritten und der Fötus fertig entwickelt, kann die Geburt künstlich eingeleitet werden. Sollte die Mutter durch das Amnioninfektionssyndrom zu geschwächt sein, wird zu einem Kaiserschnitt geraten.
Treten jedoch zwischen der 28. und 36. Schwangerschaftswoche Komplikationen durch die Erreger auf oder ein Blasensprung, besteht Lebensgefahr für das ungeborene Kind. In dieser Zeit sind die Lungen noch nicht gänzlich ausgereift. Nur in besonders schweren Fällen wird versucht, das Kind zu holen, welches dann intensiv auf der Frühchen-Station betreut werden muss.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Amnioinfektionssyndrom muss in jedem Fall sofort behandelt werden. In der Regel kommt es ohne Behandlung direkt zum Tod des Kindes und der Mutter, weswegen eine frühzeitige Diagnose und Behandlung eine extrem hohe Bedeutung für den weiteren Verlauf dieser Krankheit haben. In der Regel leidet die Mutter durch das Amnioinfektionssyndrom an starkem Fieber und an Schmerzen im Uterus. Sollte es während der Schwangerschaft zu diesen Beschwerden kommen, so muss auf jeden Fall ein Arzt kontaktiert werden.
Dabei kann durch eine Blutuntersuchung das Amnioinfektionssyndrom festgestellt werden. Nicht selten kommt es auch zu vorzeitigen Wehen oder zu einer frühzeitig geplatzten Fruchtblase. Falls es zu diesen Beschwerden kommt, muss sofort ein Notarzt verständigt oder das Krankenhaus aufgesucht werden. Sollte sich die Patientin über die Beschwerden nicht sicher sein, so kann eine Kontrolluntersuchung beim Frauenarzt erfolgen. Auch bei einer erhöhten Herzfrequenz kann das Amnioinfektionssyndrom für die Beschwerden verantwortlich sein. Der weitere Verlauf und die Behandlung der Krankheit hängen im Allgemeinen vom aktuellen Zustand und Fortschritt der Schwangerschaft ab.
Behandlung & Therapie
Bei der Therapie eines Amnioninfektionssyndroms ist es notwendig, zwischen mütterlichem und kindlichem Risiko abzuwägen. Dabei kommt es darauf an, in welchem Entwicklungsstadium des Fötus die Infektion auftritt. Je ferner der errechnete Geburtstermin noch liegt, desto unreifer ist das Kind entwickelt. Sind bereits 36 Schwangerschaftswochen vergangen, muss die Geburt umgehend künstlich eingeleitet werden.
Dabei wird die Herzschlagfrequenz des Kindes ständig überwacht, die Körpertemperatur kontrolliert und Antibiotika intravenös injiziert. Die antibiotische Therapie muss nach der Geburt so lange weitergeführt werden, bis die Entzündungswerte abgeklungen sind. Auch die Mutter wird mit Antibiotika behandelt.
Bei Auftreten des Amnioninfektionssyndroms zwischen der 28. und 36 Schwangerschaftswoche muss je nach Entwicklungsstand des Kindes vor der Einleitung der Geburt eventuell eine Lungenreifungsinduktion mit Kortison durchgeführt werden. Vor der 28. Schwangerschaftswoche kann es nötig sein, die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden, um das Leben der Mutter zu retten.
Aussicht & Prognose
Bei der Amnioninfektionssyndrom handelt es sich um eine sehr schwere Krankheit, die ohne Behandlung im schlimmsten Falle auch zum Tod führen kann. Die Betroffenen können dabei vor allem aufgrund einer Blutvergiftung versterben, sodass die Lebenserwartung des Patienten in den meisten Fällen deutlich verringert ist.
Sollte das Kind diese Krankheit nach der Geburt überleben, so kommt es in den meisten Fällen zu relativ starken physischen und psychischen Einschränkungen. Auch geistige Einschränkungen treten dabei auf und können den Alltag des Betroffenen deutlich erschweren. Weiterhin treten Entzündungen an verschiedenen Bereichen des Körpers auf. In einigen Fällen kann auch die Mutter durch das Amnioninfektionssyndrom sterben. Dabei leiden die Mütter vor allem an starkem Fieber und an Schmerzen im Bereich des Uterus. Nicht selten kommt es dadurch oder durch den Tod des Kindes zu erheblichen psychischen Beschwerden oder zu Depressionen.
Die Behandlung des Amnioninfektionssyndroms erfolgt mit Hilfe von Antibiotika und kann zu einem Erfolg führen. Allerdings ist eine allgemeine Voraussage des Krankheitsverlaufes in der Regel nicht möglich. In einigen Fällen kann die Schwangerschaft auch abgebrochen werden, was bei vielen Patienten allerdings auch zu starken psychischen Beschwerden führen kann.
Vorbeugung
Die Vorbeugung vor einem Amnioninfektionssyndrom geschieht bei vorzeitigem Blasensprung durch ständige Überwachung von Herzfrequenz, Körpertemperatur und Entzündungswerten im Blut. Auch bei einer unkomplizierten Schwangerschaft wird eine regelmäßige ärztliche Kontrolle empfohlen.
Nachsorge
Bei einer Amnioninfektionssyndrom stehen dem betroffenen Kind und auch der Mutter keine besonderen Möglichkeiten zur Nachsorge zur Verfügung. In der Regel ist auch keine besondere Nachsorge möglich, da die Vergiftung relativ gut behandelt werden kann. Das Kind muss Antibiotika einnehmen, wobei die Medikamente dabei direkt in das Blut gegeben werden.
Weiterhin ist möglicherweise eine künstliche Beatmung notwendig, um das Kind am Leben zu erhalten. In den meisten Fällen kommt es bei der Amnioninfektionssyndrom dann zu einer vollständigen Heilung ohne Komplikationen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung wirken sich dabei beim Amnioninfektionssyndrom wirken sich dabei immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus.
Dabei kann die Vergiftung schon vor der Geburt diagnostiziert und behandelt werden. Hierbei ist ebenfalls eine Behandlung mit Hilfe von Antibiotika möglich, wobei auf eine regelmäßige Einnahme der Antibiotika zu achten ist. Ebenfalls sollte Alkohol vermieden werden.
Eine weitere Spätsepsis kann dabei durch die Beachtung von Hygienestandards vermieden werden. Ebenso kann beim Amnioninfektionssyndrom der Kontakt zu anderen Betroffenen sinnvoll sein, da es dabei häufig zu einem Austausch an Informationen kommen kann, wodurch auch psychische Beschwerden vermieden werden können.
Das können Sie selbst tun
Das Amnioninfektionssyndrom betrifft schwangere Frauen und deren ungeborene Kinder, wobei für beide Seiten Lebensgefahr besteht. Die ernsthafte Entzündungskrankheit stellt einen akuten Notfall dar, sodass die Patienten auch bei leichten Symptomen umgehend einen Notarzt kontaktieren und sich in eine medizinische Klinik begeben. Grundsätzlich stellen Ärzte die Krankheit auch bei Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere fest, sodass häufig noch ein rechtzeitiges Einschreiten möglich ist. Dies setzt voraus, dass Frauen alle angebotenen Kontrolluntersuchungen beim Gynäkologen wahrnehmen und Beschwerden mitteilen.
Während der Erkrankung bleiben die Patienten bestenfalls im Krankenhaus und erhalten eine intensive Betreuung durch Ärzte und das Personal. Das Ziel dieser Therapie besteht vordergründig darin, eine sich anbahnende Sepsis von Mutter oder Kind zu verhindern oder frühzeitig einzuschreiten. Falls sich eine Blutvergiftung entwickelt, ist häufig ein Kaiserschnitt notwendig.
Generell versuchen die Patienten während des Klinikaufenthalts, sich viel Ruhe zu gönnen und ausreichend zu schlafen. Meist erhalten die Betroffenen spezielle Antibiotika, deren Wirkung auf die Mutter sowie das ungeborene Kind die Ärzte stetig überwachen. Nach der Geburt halten sich Mutter und Kind üblicherweise länger im Krankenhaus auf als bei gesunden Gebärenden. Bei den Neugeborenen handelt es sich krankheitsbedingt oftmals um Frühchen, die einer entsprechenden Betreuung bedürfen.
Quellen
- Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
- Uhl, B.: Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Thieme, Stuttgart 2013
- Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013