Angeborene Hypothyreose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der angeborenen Hypothyreose handelt es sich um eine Form der Schilddrüsenunterfunktion. Sie wird durch eine Störung bei der Embryonalentwicklung hervorgerufen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine angeborenen Hypothyreose?

Bei der angeborenen Hypothyreose handelt es sich um eine Form der Schilddrüsenunterfunktion.

In der Medizin trägt die angeborene Hypothyreose auch die Bezeichnung connatale Hypothyreose oder congenitale Hypothyreose. Sie bildet eine spezielle Form der Schilddrüsenunterfunktion. Von einer Unterfunktion der Schilddrüse ist die Rede, wenn diese zu wenige Hormone herstellt.

Durch das Fehlen der Hormone werden sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper verlangsamt, was sich wiederum negativ auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen auswirkt. Darüber hinaus sind die Schilddrüsenhormone T3 und T4 wichtig für die Entwicklung des Menschen und fördern sein Wachstum. Liegt bereits bei Babys eine Hypothyreose vor, weil sie angeboren ist, kommt es zu erheblichen Entwicklungseinschränkungen.

Dazu gehört eine negative Beeinträchtigung der Gehirnreifung, was wiederum neurologische Schäden zur Folge hat. Auch das Wachstum der Knochen verzögert sich und die betroffenen Kinder leiden unter verlangsamten Reflexen und reagieren apathisch.

Die angeborene Hypothyreose zeigt sich bei einem von 5000 neugeborenen Kindern. Damit zählt sie zu den häufigsten Stoffwechselkrankheiten, die bereits angeboren sind. Bei Mädchen ist die angeborene Hypothyreose doppelt so häufig zu verzeichnen wie beim männlichen Geschlecht.

Ursachen

Die angeborene Unterfunktion der Schilddrüse kommt durch eine fehlerhafte Entwicklung der Schilddrüse vor. So bildet sich im Rahmen der Embryonalentwicklung zu wenig oder sogar überhaupt kein Schilddrüsengewebe, das funktionstüchtig ist. Wodurch diese Fehlanlagen verursacht werden, ließ sich bisher nicht ergründen.

In einigen Einzelfällen war es möglich, den Nachweis von Genmutationen zu erbringen. Dabei spielten die Gene eine überaus wichtige Rolle bei der Schilddrüsenentwicklung. Bei anderen Betroffenen befindet sich die Schilddrüse nicht an ihrer gewöhnlichen anatomischen Position, wodurch es zu Einschränkungen ihrer Funktionen kommt.

Als seltener Grund für eine angeborene Hypothyreose gilt eine fehlerhafte Herstellung der Schilddrüsenhormone. Außerdem kann eine Unempfindlichkeit der Zellen gegenüber den Hormonen vorliegen. Dadurch reagieren sie fehlerhaft auf die Hormonsignale. Mitunter dauert die angeborene Hypothyreose nur vorübergehend an.

In solchen Fällen wird sie durch das Übertragen von Medikamenten, die die Mutter erhalten hat, oder blockierenden Antikörpern ausgelöst. Gründe dafür sind ein Mangel an Jod oder eine Jodüberdosierung.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Trotz der überaus wichtigen Bedeutung der Schilddrüsenhormone für die Entwicklung der menschlichen Organe zeigen sich bei der angeborenen Hypothyreose zunächst keine auffälligen Beschwerden. Erst später kommt es zu unspezifischen Symptomen. So leiden die betroffenen Kinder häufig unter einer Gelbsucht, deren Dauer etwa zwei Wochen beträgt.

Des Weiteren trinken die Babys schlecht und weisen nur einen schwachen Saugreflex auf. Auch ihre Reflexe sind abgeschwächt. Als auffälliges Merkmal gilt eine vergrößerte Zunge, was als Makroglossie bezeichnet wird. Ein weiteres Symptom der angeborenen Hypothyreose ist Verstopfung.

Erreicht das erkrankte Kind das Kleinkindalter, ist seine verminderte Körpergröße auffällig. Knochen- und Zahnalter entsprechen nicht dem Alter des Kindes und sind unterentwickelt. Darüber hinaus reagieren die Kinder geistig langsam und zeigen eine verringerte Intelligenz. Weitere denkbare Folgeerscheinungen der angeborenen Schilddrüsenunterfunktion können Schwerhörigkeit und Sprachstörungen sein.

Bleibt die angeborene Hypothyreose ohne Behandlung, droht dem Kind durch den Mangel an den Schilddrüsenhormonen Kretinismus. Dabei kommt es zu nicht reparablen Schäden am zentralen Nervensystem. Die betroffenen Kinder leiden deswegen unter Fehlbildungen des Skeletts, kurzen Fingern, Taubheit oder offenen Fontanellen.

Diagnose & Verlauf

Für die weitere Entwicklung der erkrankten Kinder ist eine frühzeitige Diagnose der angeborenen Hypothyreose von entscheidender Bedeutung. In den meisten Ländern findet die Diagnosestellung im Rahmen von Reihenuntersuchungen im Neugeborenenalter statt. In Deutschland bestimmen die Ärzte bei einem gesetzlich vorgeschriebenen Hypothyreose-Screening zu diesem Zweck den Gehalt des Hormons Thyreotropin (TSH).

Im Falle einer mangelhaften Schilddrüsenhormonproduktion steigt dieses Hormon stark an. Die Untersuchung erfolgt zwischen der 36. und 72. Lebensstunde. Dabei werden aus der Ferse einige Blutstropfen entnommen. Liegt eine angeborene Hypothyreose vor, zeigen sich erniedrigte T3- und T4-Werte, weil die Herstellung der Hormone nicht in genügendem Maße erfolgt.

Wird die angeborene Hypothyreose bereits während der ersten beiden Lebenswochen entdeckt, lässt sie sich ausgezeichnet behandeln und nimmt einen positiven Verlauf. Im späteren Alter lassen sich dann nur geringfügige Unterschiede bei Intelligenz, schulischen Leistungen und neurophysiologischen Tests gegenüber gesunden Kindern feststellen. Findet die Behandlung zu einem späteren Zeitpunkt statt, drohen trotz normaler körperlicher Entwicklung Einschränkungen der Intelligenz.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn ein Neugeborenes eine angeborene Hypothyreose hat, entwickelt es nach der Geburt diverse ungewöhnliche Symptome. Anhand dieser kann ein fachkundiger Kinderarzt auf die Erkrankung schließen. Weitere Untersuchungen verifizieren meist die Erstdiagnose. Die Mutter versorgt bis zur Geburt das Kind mit Schilddrüsenhormonen. Ohne das routinemäßig ausgeführte Schilddrüsen-Screening, das seit 1978 ausgeführt wird, würden die Ärzte die angeborene Hypothyreose nicht unbedingt sofort bemerken.

Die angeborene Unterfunktion der Schilddrüse muss lebenslang behandelt werden. Anfangs ist der Arztbesuch wöchentlich oder vierzehntägig notwendig. Später genügt es, alle Vierteljahr einen routinemäßigen Arztbesuch einzuplanen, denn diese Fehlfunktion ist potenziell gefährlich. Der Mangel an Schilddrüsenhormonen muss ausgeglichen werden. Geschieht das nicht, sind weitere Folgeerscheinungen zu erwarten. In einigen Fällen ist die Funktionsstörung der Schilddrüse nur vorübergehend zu bemerken. In den meisten Fällen von angeborener Hypothyreose dauert die Funktionsstörung lebenslang an.

Dank ihrer weitreichenden Folgen für den Organismus muss die Unterfunktion der Schilddrüse durch die Gabe des fehlenden Schilddrüsenhormons behandelt werden. Bei korrekter Dosierung ist das Kind voll entwicklungsfähig. Krisen sind nicht zu erwarten. Sie können aber dennoch eintreten - zum Beispiel, wenn das Schilddrüsenhormon durch Durchfallerkrankungen vor der Aufnahme in den Organismus ausgeschieden wird. Daher ist bei allen Erkrankungen, die zu solchen Ergebnissen führen können, ein Arztbesuch ratsam.

Behandlung & Therapie

Die Therapie einer angeborenen Hypothyreose sollte so früh wie möglich begonnen werden, weil die Beeinträchtigungen des Nervensystems womöglich nicht mehr reversibel sind. Bereits das Abwarten von Untersuchungsresultaten kann eine unnötige Verzögerung bedeuten. Aus diesem Grund muss der Beginn der Behandlung schon direkt nach der Blutentnahme bei einem positiven Befund des Screenings erfolgen.

Wichtigster Bestandteil der Therapie der angeborenen Schilddrüsenunterfunktion ist die ersatzweise Gabe des Hormons T4 (Thyroxin) durch L-Thyroxin. Begonnen wird die Darreichung mit einer geringen Dosis, die sich im weiteren Behandlungsverlauf schrittweise anheben lässt. Erreicht der Patient eine bestimmte Hormonkonzentration, bleibt diese schließlich bestehen.

Durch die Behandlung der angeborenen Hypothyreose soll sich der TSH-Wert innerhalb des Blutes normalisieren und Beschwerdefreiheit erreicht werden. Einen wichtigen Bestandteil der Therapie stellen konstante Kontrollen des Hormonspiegels dar. Dabei überprüft der Arzt die normale Funktionslage der Schilddrüse.

Aussicht & Prognose

In vielen Fällen wird diese Krankheit erst relativ spät entdeckt, sodass auch die Behandlung erst spät eingeleitet werden kann. Die Patienten können dabei an einer Gelbsucht leiden. Ebenso kommt es zu einer deutlich verringerten Einnahme an Flüssigkeit bei Babys, die sich sehr negativ auf die Entwicklung und auf die allgemeine Gesundheit des Patienten auswirken kann. Des Weiteren sind die Reflexe der Betroffenen in den meisten Fällen abgeschwächt. Die Betroffenen leiden dabei nicht selten auch an Verstopfung und damit an einer deutlich verringerten Lebensqualität.

Vor allem für die Eltern stellt diese Krankheit eine starke psychische Belastung dar, sodass diese ebenfalls auf eine Behandlung angewiesen sind. Auch die Intelligenz der Betroffenen wird durch diese Krankheit deutlich verringert, sodass die Betroffenen in ihrem Leben auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind. Weiterhin kommt es auch zu Sprachstörungen und zu einer Schwerhörigkeit. Im schlimmsten Falle tritt auch eine vollständige Taubheit beim Patienten auf.

Eine kausale Behandlung dieser Krankheit ist in der Regel nicht möglich. Einige Beschwerden können zwar eingeschränkt werden, allerdings kommt es nicht zu einer vollständigen Heilung. Ob es durch die Krankheit zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.


Vorbeugung

Die genauen Ursachen der angeborenen Hypothyreose sind nicht bekannt. Aus diesem Grund gibt es auch keine wirksamen vorbeugenden Maßnahmen.

Nachsorge

Die angeborene Hypothyreose lässt sich nicht vollständig heilen, weswegen die Nachsorge auf die Alltagsbegleitung und die Vermeidung von Komplikationen setzt. Inwiefern eine medizinische Begleitung notwendig wird, hängt vom Umfang der Beschwerden ab. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass eine frühe Behandlung zu vergleichsweise geringen Symptomen führt.

Das Neugeborenenscreening verweist schon frühzeitig auf die funktionslose Schilddrüse. Per Bluttest lässt sich die Anzahl der Hormone eindeutig bestimmen. Dieses wird auch in der Folgezeit kontinuierlich kontrolliert. Ärzte können daraus eine eindeutige medikamentöse Therapie ableiten. Letzte besteht in der Verabreichung des Hormons T4. Folgekrankheiten können so verhindert werden.

Eltern und Nahestehenden kommt in den ersten Lebensjahren eine wichtige Rolle zu. Der Tatendrang des Kindes ist zu fördern. Sportliche Aktivitäten, Spaziergänge und tägliche Stunden im Sonnenlicht verbessern das Wohlbefinden. Leider wird die angeborene Hypothyreose nicht immer frühzeitig therapiert. Daraus resultieren die bekannten Komplikationen.

Diese machen ein normales Leben nahezu unmöglich. Unter anderem sind die Sinne und mentalen Fähigkeiten unzureichend ausgebildet. Patienten werden nicht selten für den Rest ihres Lebens in Pflegeheimen untergebracht und benötigen eine Betreuung. Ein hoher Grad der Behinderung belastet oft die Eltern, die ihrerseits Hilfe in einer Psychotherapie suchen.

Das können Sie selbst tun

Bei Auftreten der angeborenen Hypothyreose ist es unumgänglich, einen Arzt aufzusuchen und ein Hormonpräparat zur Stimulation der Schilddrüse zu erhalten, da ein Ignorieren dieser Krankheit schwere geistige oder nervliche Folgen nach sich ziehen kann. Insbesondere in bestimmten Wachstumsphasen ist das fehlende Hormon sehr wichtig für die Entwicklung.

Unterstützend ist alles fördernd, was auch das Wohlbefinden positiv beeinflusst: Lange Spaziergänge an der frischen Luft, Sonnenlicht tanken, Sport treiben und eine gesunde Ernährung. Eine Unterfunktion der Schilddrüse macht antriebslos, hier ist es wichtig, dass Aktivitäten weiter ausgeführt werden.

Nicht selten führt Schilddrüsenunterfunktion zu Depressionen, deshalb ist das Wohlbefinden bei Hypothyreose sehr wichtig. Auch sollte geprüft werden, ob dem Körper Vitamine fehlen, da ein Vitaminmangel häufig zusätzlich bei Personen mit Stoffwechsel-Problemen auftritt.

Der Schilddrüsen-Wert wird bei der Blutuntersuchung geprüft und muss in regelmäßigen Abständen überwacht werden, damit die Hormongabe perfekt auf den Körper abgestimmt werden kann. Auch ist es ratsam, bei einem Internisten einen Ultraschall durchzuführen, um festzustellen, ob die Schilddrüse Auffälligkeiten aufweist. Je früher eine Hypothyreose diagnostiziert wird, desto weniger Folgen hinterlässt sie beim Betroffenen und es kann mit der Therapie begonnen werden.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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