Ansa cervicalis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Ansa cervicalis (profunda) oder Halsnervenschlinge liegt unter dem Musculus sternocleidomastoideus und enthält Fasern aus den zervikalen Rückenmarksegmenten C1 bis C3. Sie ist für die Steuerung der unteren Zungenbeinmuskulatur (infrahyoidalen Muskulatur) verantwortlich und kann bei Läsion zur Entstehung von Schluckstörungen führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Ansa cervicalis?

Nervenfaser aus der Ansa cervicalis steuern die Bewegungen der unteren Zungenbeinmuskulatur. Diese ist auch als infrahyoidale Muskulatur bekannt und besteht aus dem Musculus omohyoideus, dem Musculus sternohyoideus, dem Musculus sternothyroideus und dem Musculus thyrohyoideus.
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Die Ansa cervicalis ist eine Nervenschlinge, die unter dem Musculus sternocleidomastoideus im Hals liegt. Ohne Zusatz meint die Medizin mit der Ansa cervicalis in der Regel die Ansa cervicalis profunda, wie die ursprüngliche Bezeichnung der Schlinge lautet.

Die Anatomie unterschied früher zwischen der oberflächlichen Halsnervenschlinge (Ansa cervicalis superficialis) und der tiefen Halsnervenschlinge (Ansa cervicalis profunda). Die Ansa cervicalis superficialis stellt eine Verbindung von zwei Nerven dar: Sie befindet sich nicht unter, sondern auf dem Musculus sternocleidomastoideus und verbindet den Nervus transversus colli mit dem Ramus colli nervi facialis. Letzterer stellt einen Ast des Gesichtsnervs (Nervus facialis) dar. Dieser entspricht dem siebten Hirnnerv. Die Bezeichnung Ansa cervicalis superficialis kommt in der neuen Nomenklatur nicht mehr vor. Seltener nennt die Anatomie die Ansa cervicalis auch Ansa hypoglossi, da sie im Karotisdreieck (Trigonum caroticum) neben dem Nervus hypoglossus verläuft.

Anatomie & Aufbau

Anhand ihrer Fasern lassen sich anatomisch sich zwei Wurzeln der Ansa cervicalis unterscheiden: die Radix inferior und die Radix superior. Die Nerven, die zur Radix inferior zählen, haben ihren Ursprung in den zervikalen Rückenmarksegmenten C2 und C3.

Im Gegensatz dazu besteht die Radix superior aus Fasern, die den Rückenmarksegmenten C1 und C2 zugeordnet sind. Beide Wurzeln der Ansa cervicalis beinhalten Nervenstränge, die aus dem Plexus cervicalis stammen und sowohl motorische als auch sensorische Fasern beinhalten. Der Plexus cervicalis ist ein Nervengeflecht im Hals des Menschen und umfasst nicht nur Axone aus den Segmenten C1 bis C3, sondern auch aus C4 und (in geringem Maß) C5.

Die Ansa cervicalis befindet sich unter dem Musculus sternocleidomastoideus, der an bestimmten Kopfbewegungen mitwirkt und als Hilfsmuskel die Atmung unterstützt. In ihrem Verlauf im Hals passiert die Ansa cervicalis zunächst die Vena jugularis interna und anschließend den Musculus scalenus anterior, bevor sie das Karotisdreieck (Trigonum caroticum) erreicht. Dort trifft sie auf den Unterzungennerv (Nervus hypoglossus bzw. 12. Hirnnerv), zu dem die Ansa cervicalis jedoch keine anatomische oder funktionelle Verbindung unterhält.

Funktion & Aufgaben

Nervenfaser aus der Ansa cervicalis steuern die Bewegungen der unteren Zungenbeinmuskulatur. Diese ist auch als infrahyoidale Muskulatur bekannt und besteht aus dem Musculus omohyoideus, dem Musculus sternohyoideus, dem Musculus sternothyroideus und dem Musculus thyrohyoideus. Als Gruppe wirken die unteren Zungenbeinmuskeln zusammen mit anderen Muskeln (beispielsweise den oberen Zungenbeinmuskeln oder suprahyoidalen Muskeln) am Schluckvorgang mit, wozu eine genaue Koordination der Bewegungen erforderlich ist.

Das komplexe Zusammenspiel der Muskeln gelingt bei gesunden Menschen dank der Schluckzentren im Hirnstamm und Großhirn sowie der Verschaltung der innervierenden peripheren Nerven.

Bei diesen motorischen Nervenfasern handelt es sich um efferente Bahnen, die vom Gehirn durch das Rückenmark absteigen und über die Spinalnerven schließlich ins periphere Nervensystem gelangen. Das neuronale Signal wechselt dabei von einer Nervenzelle auf die nächste, indem es biochemische Synapsen überquert. An einer solchen Schaltstelle können Nerven Informationen miteinander verrechnen, die an ihrer Membran eintreffen. Aktivierende (exzitatorische) und hemmende (inhibierende) Aktionspotenziale gehen in diese Berechnung nach dem Summationsprinzip ein, das auch ihre jeweilige Stärke berücksichtigt. An Muskelzellen bildet die motorische Endplatte die Verbindung zum versorgenden Nerv.

Die gemeinsame Innervation der infrahyoidalen Muskeln durch die Ansa cervicalis trägt dazu bei, ihre Bewegungen beim Schluckvorgang aufeinander abzustimmen: Muskeln, die gleichzeitig kontrahieren, können die elektrischen Signale aus derselben Nervenbahn erhalten, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt in einzelne Fasern teilt und auf diese Weise verschiedene Muskelzellen anspricht. Darüber hinaus hilft das Zusammenspiel, bestimmte Muskeln automatisch zu hemmen, während andere aktiv sind. Eine solche Hemmung vermeidet, dass sich die Muskeln gegenseitig behindern.


Krankheiten

Eine Schädigung der Ansa cervicalis kann die Funktion der infrahyoidalen Muskeln beeinträchtigen und zur Entstehung von Schluckstörungen (Dysphagien) führen.

Raumforderungen von Tumoren, Verletzungen und Infektionen im Gewebe können die Ansa cervicalis direkt schädigen. Da ihre Nervenfasern aus dem Plexus cervicalis stammen, beeinflusst eine Läsion des Nervengeflechts auch die Ansa cervicalis. Die Strahlentherapie zur Behandlung eines Mammakarzinoms kann den Plexus cervicalis in einigen Fällen beschädigen und zum Ausfall von Nervenfasern führen, die auch über die Ansa cervicalis verlaufen.

Fehlende oder fehlerhafte Informationsübertragung in der Halsnervenschlinge kann jedoch auch auf neuromuskulären Krankheiten wie Myasthenia gravis beruhen. Blockierte Acetylcholinrezeptoren beeinträchtigen bei dieser Erkrankung die Signalübertragung an der motorischen Endplatte. Myasthenia gravis wirkt sich typischerweise zunächst auf die Augenmuskeln aus, bevor die Muskeln, die den Kopf halten, sowie die Gesichtsmuskeln ebenfalls unter der Lähmung leiden. Die neuromuskuläre Störung kann sich auf andere Muskeln einschließlich der Atemmuskulatur ausdehnen. Mögliche neuromuskuläre Ursachen für Schluckstörungen umfassen auch das Guillain-Barré-Syndrom (das auf einer Entzündung der Nerven beruht) und die myotone Dystonie (die zu Tonusstörungen führt).

Noch weiter oben in der Hierarchie der Informationsverarbeitung können Erkrankungen des Gehirns dazu führen, dass die Ansa cervicalis unzureichende Nervensignale erhält und sich eine Dysphagie zeigt. Neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, ALS und Chorea Huntington kommen dazu ebenso in Betracht wie Tumore, Schlaganfälle und Blutungen im Gehirn.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Lüttjen-Drecoll, Rohen, J.W.: Innenansichten des menschlichen Körpers. Schattauer, Stuttgart 2010
  • Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007

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