Nervus hypoglossus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Nervus hypoglossus ist der zwölfte Hirnnerv. Der motorische Nerv innerviert die Zungenmuskulatur. Bei Lähmungen des Nervs treten Sprach- und Schluckstörungen auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Nervus hypoglossus?

Motorische Nerven wie der Nervus hypoglossus übertragen über die motorische Endplatte ihrer Zielmuskeln Signale aus dem zentralen Nervensystem auf die Muskelfaser.
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Die Zunge ist ein schleimhautummanteltes Muskelorgan. Als solches ist es mit unzähligen Bewegungen am menschlichen Alltag beteiligt. Der Mensch braucht die Zunge und ihre Beweglichkeit zum Beispiel zur Kommunikation. Lebenswichtig sind Zungenbewegungen im Rahmen der Nahrungsaufnehme.

Die Beweglichkeit der Zunge wird durch einen motorischen Nerv gewährleistet, die den Muskel ans zentrale Nervensystem anbindet und ihm in Form von Erregung willkürmotorische Befehle zuleitet. Dieser motorische Nerv ist der der Nervus hypoglossus.

Im Griechischen bedeutet "hypoglossus" soviel wie "unter der Zunge". Der Nervus hypoglossus entspricht dem zwölften und damit letzten Hirnnerven. Wie alle Hirnnerven entspringt auch der Nervus hypoglossus unmittelbar den spezialisierten Nervenzellansammlungen oder Hirnnervenkernen innerhalb des Gehirns. Neben dem Zungenmuskel innerviert der Nerv mit seinen Fasern auch den Boden des Rachens.

Sein Kern wird als Nucleus nervi hypoglossi bezeichnet und liegt auf beiden Seiten paramedian und lang gestreckt im Kaudal-Anteil der Medulla oblongata und bodenseitig der Fossa rhomboidea im Trigonum nervi hypoglossi. Dieser Punkt liegt auf etwa derselben Höhe wie die Kerne der Hirnnerven zehn und elf.

Anatomie & Aufbau

Der Nervus hypoglossus tritt lateral der Pyramide mit seinen bis zu zwölf Wurzelfasern aus der Medulla oblongata aus. Von dort aus zieht er auf der Gehirnoberfläche in etwa drei Stämmen bis zum Canalis nervi hypoglossi am Os occipitale, wo er die Schädelhöhle nahe des Foramen magnum verlässt. Der motorische Nerv verläuft außerhalb des Schädels vorerst zwischen der Vena jugularis interna und den beiden Arterien Arteria carotis interna und externa. Im Trigonum caroticum lagern sich ventrale Äste von den oberen Halsnerven an den Nerv an.

Einige der Faserzüge begleiten den Nervus hypoglossus weiter, um anteilig die Zungenbeinmuskulatur zu innervieren. Alle weiteren Fasern des Nervs biegen am kranialen Trigonum caroticum um, von wo aus sie unter dem Musculus stylohyoideus und Venter posterior des Musculus digastricus weiter zum Trigonum submandibulare laufen. An dieser Stelle treten sie von der Seite des Mundbodens zwischen dem Musculus mylohyoideus und hyoglossus in die Muskulatur der Zunge ein.

Wie alle motorischen Nerven steht der Nervus hypoglossus in Kontakt mit der motorischen Endplatte des Zielmuskels. Der Zielmuskel entspricht im Fall des zwölften Hirnnerven den äußeren und inneren Zungenmuskeln. Neben den efferenten Fasern enthält der Nerv afferente Fasern der Muskelspindel und des Golgi-Sehnenorgans innerhalb der Zunge. Der zwölfte Hirnnerv versorgt den Musculus longitudinalis superior und inferior, den Musculus verticalis linguae und transversus linguae und die äußeren Zungenmuskeln Musculus chondroglossus, genioglossus, hyoglossus sowie styloglossus

Funktion & Aufgaben

Motorische Nerven wie der Nervus hypoglossus übertragen über die motorische Endplatte ihrer Zielmuskeln Signale aus dem zentralen Nervensystem auf die Muskelfaser. Mit dieser Signalübertragung werden die Muskeln zu einer Kontraktion bewegt. Aufgrund ihrer Richtung der Erregungsleitung werden die motorischen Nerven als efferente Fasern bezeichnet, da sie vom zentralen Nervensystem fortleiten.

Über die afferent sensiblen Fasern aus dem Golgi-Sehnenorgan und dem Muskelspindel der Zunge leitet der Nervus hypoglossus trotz seiner mehrwiegend efferent motorischen fasern Reizwahrnehmungen aus dem Zungenmuskel in Richtung des Zentralnervensystems. Diese Reizwahrnehmungen übermitteln dem Nervensystem vor allem den aktuellen Muskeltonus. Nur durch diese Informationen können zielgerichtete Willkürbewegungen der Zunge erfolgen, die eine präzise Änderung des Muskeltonus zulassen.

Die beschriebenen Funktionen übernimmt der Nerv für den Musculus longitudinalis superior und inferior, den Musculus verticalis linguae und transversus linguae und die äußeren Zungenmuskeln Musculus chondroglossus, genioglossus, hyoglossus sowie styloglossus. Damit ist der Nerv an so gut wie allen Zungenbewegungen beteiligt.

Neben der Zerkleinerung von Nahrung hängen der Akt des Schluckens und die Bildung von Lauten von der Stellung der Zunge ab. Demzufolge ist der Nervus hypoglossus für den menschlichen Alltag und die Kommunikation unersetzlich. Da die sprachliche Kommunikation mitunter als Artspezifikum des Menschen bezeichnet wird, trägt der Nerv mit seinen Funktionen in der Kommunikation wesentlich zur typisch menschlichen Charakteristik bei.


Krankheiten

Wenn der Nervus hypoglossus auf einer Seite geschädigt wird, ergibt sich daraus eine halbseitige Zungenlähmung. Die Zunge weicht zur geschädigten Seite ab. Damit treten Sprachstörungen und Schwierigkeiten bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme auf. Da eine einseitige Lähmung von der anderen Seite relativ gut kompensiert werden kann, wird diese Schädigung meist nicht als starke Behinderung empfunden. Die gelähmte Seite der Muskeln baut sich mit der Zeit ab. Es kommt also zu einer paretischen Atrophie.

Schwerwiegende Problematiken im Alltag treten bei einer beidseitigen Schädigung des Nervus hypoglossus auf. Im Rahmen dieses Phänomens kommt es zu einer vollständigen Zungenlähmung, bei der die komplette Zungenmuskulatur mit der Zeit atrophiert. Die Zunge bleibt bei doppelseitiger Lähmung bewegungslos auf dem Boden des Rachens liegen, sodass schwerste Sprechstörungen und eine stark behinderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme entstehen.

Menschen mit einer beidseitigen Lähmung des zwölften Hirnnerven laufen mitunter auch in Gefahr, ihren eigenen Speichel einzuatmen, sodass schwere Lungenentzündungen eine mitunter häufige Folgeerscheinung sind.

Zu einer einseitigen Lähmung kann es durch Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder durch einen Schlaganfall kommen. Die beidseitige Lähmung tritt beispielsweise in einem gewissen Stadium von ALS auf. Bei einem Apoplex (Schlaganfall) im Sinne einer Hirndurchblutungsstörung treten in der Regel nur partielle Funktionsstörungen des Nervus hypoglossus ein.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Klingelhöfer, J., Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie. Urban & Fischer, München 2009

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