Antiseptika
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Antiseptika kommen in der Medizin zum Einsatz, um beispielsweise Wunden zu desinfizieren und so die Entstehung einer Sepsis (Blutvergiftung) zu verhindern. Es handelt sich dabei um chemische Stoffe, die auf unterschiedlicher Basis hergestellt werden können.
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Was ist Antiseptika?
Unter dem Begriff Antiseptika verstehen Mediziner einen chemischen Stoff, der verwendet wird, um eine Wunde zu desinfizieren. Dabei müssen Antiseptika hohe Anforderungen erfüllen, um die jeweiligen Erreger zeitnah abzutöten.
So können Infektionen der betroffenen Stelle und infolge des gesamten Organismus verhindert werden. Antiseptika werden extern verabreicht, also von außen auf eine Wunde oder eine bestimmte Körperstelle aufgetragen. Sie wirken so im Gegensatz etwa zu Antibiotika punktgenau, d. h., ihre Wirkung ist auf die eigentliche Verabreichungsstelle beschränkt.
Antiseptika werden gegen verschiedenartige Erreger wie zum Beispiel Bakterien oder Pilze eingesetzt und können unterschiedliche chemische Stoffe als Grundlage haben.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Antiseptika ist eng verbunden mit dem Fortschritt der medizinischen Praxis, insbesondere im Hinblick auf die Bekämpfung von Infektionen. Vor dem 19. Jahrhundert verstanden Ärzte nicht vollständig die Ursachen von Infektionen, was zu zahlreichen Todesfällen, besonders nach chirurgischen Eingriffen, führte.
Ein entscheidender Wendepunkt in der Entwicklung der Antiseptika war die Arbeit von Ignaz Semmelweis in den 1840er Jahren. Er erkannte die Bedeutung der Händehygiene in Krankenhäusern und führte das Händewaschen mit chloriertem Kalk als Infektionsprävention ein, was die Todesrate durch Kindbettfieber drastisch senkte.
Der eigentliche Durchbruch kam jedoch durch Joseph Lister in den 1860er Jahren. Inspiriert durch die Arbeiten von Louis Pasteur über Mikroorganismen, verwendete Lister Carbolsäure (Phenol) zur Sterilisation von chirurgischen Instrumenten und zur Reinigung von Wunden. Dies führte zu einer erheblichen Verringerung postoperativer Infektionen und Todesfälle. Listers Methoden markierten den Beginn der antiseptischen Chirurgie und revolutionierten die medizinische Behandlung.
Im frühen 20. Jahrhundert wurden weitere antiseptische Chemikalien entwickelt, darunter Jodtinkturen, Wasserstoffperoxid und später Antibiotika, die eine neue Ära der Infektionskontrolle einleiteten. Die Entdeckung und der Einsatz von Antibiotika ergänzten die Anwendung von Antiseptika, indem sie nicht nur die Oberflächen sterilisierten, sondern auch interne Infektionen bekämpften.
Die Entwicklung von Antiseptika ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Erkenntnisse die medizinische Praxis verbessert haben, mit dauerhaften Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und chirurgische Erfolge.
Medizinische Anwendung, Wirkung & Gebrauch
In der Medizin werden Antiseptika meist eingesetzt, um Wunden zu desinfizieren. Bei offenen Wunden besteht die Gefahr, dass durch eindringende Erreger eine Sepsis (Blutvergiftung) entsteht. Dabei handelt es sich um eine heftige Entzündung des Organismus infolge einer Infektion mit Bakterien oder Pilzen.
Schlimmstenfalls kann eine Sepsis tödlich enden. Das Behandeln einer Wunde mit Antiseptika tötet die Krankheitserreger ab, bevor sie sich ausbreiten können. Dieses Abtöten geschieht beispielsweise durch das Zerstören der Proteinverbindungen in den Erregern, das Herabsetzen deren Oberflächenspannung oder ein direktes Einwirken auf den Stoffwechsel des Erregers. In der Folge können sich die Bakterien oder Pilze nicht ausbreiten und sterben schließlich ab, ohne größeren Schaden im Körper des Betroffenen anzurichten.
Um wirklich zielgerichtet wirken zu können, müssen Antiseptika hohe Anforderungen erfüllen. So ist es erforderlich, dass sie die jeweiligen Keime schnell und zuverlässig abtöten können, ohne dabei die betroffene Person zu schädigen. Hierbei wird großer Wert auf eine gute Gewebeverträglichkeit gelegt. Auch das Risiko einer allergischen Reaktion sollte relativ gering gehalten werden. Ein großes Wirkungsspektrum ist ebenfalls von Vorteil, damit das Antiseptikum gegen verschiedene Erreger eingesetzt werden und so möglichst zuverlässig wirken kann.
Pflanzliche, natürliche & pharamzeutische Antiseptika
Antiseptika können unterschiedliche chemische Stoffe als Grundlage haben. Verschiedene Alkohole wie Ethanol oder Hexanol eignen sich sehr gut, um für die Wunddesinfektion und das Abtöten von Krankheitserregern eingesetzt zu werden.
Dazu werden sie mit Wasser verdünnt, denn das Wirkungsoptimum für Alkohole liegt bei 70 - 80 %. Sie werden in der Medizin auch häufig zur Desinfektion der Hände benutzt. Alkohole können auch mit Jod kombiniert und dann als Antiseptika eingesetzt werden. Die daraus entstehende Jodtinktur wird oft verwendet, um Körperregionen vor operativen Eingriffen zu desinfizieren. Auch die Behandlung von (kleineren) Wunden ist zuverlässig möglich.
Sogenannte halogenierte Verbindungen wie Chlorhexidin finden besondere Anwendung in der Zahnmedizin, da sie dort zwar lange bestehen können, aber nicht in die Mundschleimhäute eindringen. Triclosan zählt zu den besonders starken Bakterienhemmern und wird neben seiner Anwendung in der Zahnmedizin häufig eingesetzt, um Praxis- und Klinikräume zu desinfizieren und so das Ausbreiten von Krankheiten zu verhindern.
Zum Teil werden auch Quecksilberverbindungen wie Thiomersal als Antiseptika verwendet. Einige dieser Produkte wurden allerdings mittlerweile in Deutschland verboten, da ein hoher Quecksilbergehalt eine toxische Wirkung haben kann, wenn die Substanz in den Körper gelangt.
Risiken & Nebenwirkungen
Antiseptika sollen das Ausbreiten von Krankheitskeimen verhindern. Dabei müssen sie direkt auf die Haut aufgetragen werden, um ihre Wirkung dort entfalten zu können. Nicht selten kommt es daher zu Reaktionen an den betreffenden Körperstellen.
Alkohole sind beispielsweise dafür bekannt, bei Kontakt mit der Haut ein Brennen zu verursachen, das besonders im Falle einer offenen Wunde sehr schmerzhaft ausfallen kann. Unter Umständen können im Einzelfall allergische Reaktionen gegen einen oder mehrere im Antiseptikum enthaltene Bestandteile auftreten.
Der beißende Geruch, den viele Antiseptika verströmen, wird von zahlreichen Menschen als unangenehm empfunden. Häufige Anwendungen von antiseptischen Substanzen kann die natürliche Fettschicht der Haut schädigen.
Alternativen
Antiseptika spielen eine wichtige Rolle in der Verhütung und Behandlung von Infektionen, besonders in Wunden. Doch in bestimmten Fällen können alternative Medikamente oder Therapien ebenso effektiv sein oder sogar bessere Ergebnisse bieten, insbesondere wenn es um die Minimierung von Resistenzbildung oder die Vermeidung von Nebenwirkungen geht.
Antibiotika sind eine häufige Alternative zu Antiseptika. Während Antiseptika darauf abzielen, Keime an der Anwendungsstelle abzutöten oder deren Wachstum zu hemmen, wirken Antibiotika systemisch, um bakterielle Infektionen im gesamten Körper zu bekämpfen. Sie sind besonders nützlich bei tiefen oder systemischen Infektionen, die über die Oberfläche hinausgehen, wo Antiseptika weniger wirksam sind.
Honig, insbesondere medizinischer Honig wie Manuka-Honig, wird aufgrund seiner natürlichen antimikrobiellen Eigenschaften oft als Alternative zu Antiseptika eingesetzt. Honig kann effektiv Bakterien bekämpfen und wird in der Wundheilung eingesetzt, um Infektionen zu verhindern und den Heilungsprozess zu fördern.
Silberhaltige Verbände bieten eine weitere Alternative, besonders in der Behandlung von Brandwunden oder chronischen Wunden. Silberionen haben eine breite antimikrobielle Wirkung und können helfen, die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu reduzieren.
Phagen-Therapie ist eine innovative Alternative, besonders relevant im Kontext antibiotikaresistenter Infektionen. Bakteriophagen sind Viren, die gezielt Bakterien infizieren und abtöten können. Diese Therapie wird zunehmend als eine Möglichkeit betrachtet, gegen multiresistente Bakterienstämme vorzugehen.
Essentielle Öle wie Teebaumöl und Lavendelöl haben ebenfalls natürliche antimikrobielle Eigenschaften und werden manchmal als milde Antiseptika in der Hautpflege und bei leichteren Hautinfektionen verwendet.
Diese Alternativen zu Antiseptika bieten jeweils spezifische Vorteile und können in bestimmten Situationen vorzuziehen sein, um eine effektive und sichere Behandlung von Infektionen zu gewährleisten. Ihre Wahl hängt von der Art der Infektion, dem Gesundheitszustand des Patienten und dem Ziel der Behandlung ab.
Forschung & Zukunft
Die Forschung im Bereich der Antiseptika entwickelt sich ständig weiter, um effektivere und sicherere Behandlungsmethoden für Infektionen zu finden. Einige der aktuellen Trends und neuen Ansätze in dieser Forschung umfassen:
Nanotechnologie: Der Einsatz von Nanopartikeln in der Entwicklung von Antiseptika ist ein vielversprechender Trend. Nanopartikel können aufgrund ihrer kleinen Größe effektiv in Bakterienzellen eindringen und diese abtöten, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen. Forscher experimentieren mit verschiedenen Materialien wie Silber, Kupfer und sogar magnetischen Nanopartikeln, um deren antimikrobielle Wirkung zu maximieren.
Natürliche und biobasierte Antiseptika: Es gibt ein wachsendes Interesse an der Entwicklung von Antiseptika aus natürlichen Quellen wie Pflanzenextrakten und essentiellen Ölen. Diese Stoffe bieten oft eine geringere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Resistenz und haben weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu traditionellen chemischen Desinfektionsmitteln.
Kombinationstherapien: Forscher erkunden die Kombination von Antiseptika mit anderen antimikrobiellen Stoffen oder sogar Antibiotika, um die Wirksamkeit zu erhöhen und die Entwicklung von Resistenzen zu vermindern. Solche Kombinationen können synergistische Effekte erzeugen, die die antimikrobielle Aktivität verstärken.
Bakteriophagen: Die Verwendung von Bakteriophagen als alternative Antiseptika gewinnt an Interesse. Diese Viren greifen gezielt bestimmte Bakterienstämme an und können dabei helfen, bakterielle Infektionen zu bekämpfen, besonders bei antibiotikaresistenten Stämmen.
Smart Antiseptics: Die Entwicklung von „intelligenten“ Antiseptika, die aktiv werden, wenn sie auf pathogene Mikroorganismen treffen, ist ein weiterer innovativer Ansatz. Diese könnten Infektionen gezielt bekämpfen, ohne das mikrobielle Gleichgewicht der Haut oder anderer betroffener Stellen zu stören.
Diese Forschungstrends spiegeln das Bestreben wider, wirksamere und sicherere Antiseptika zu entwickeln, die die Behandlung von Infektionen verbessern und gleichzeitig die Probleme der Resistenzbildung und Toxizität angehen.