Atrioventrikularknoten

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Erregung des Sinusmuskels im Herzen wird an die Arbeitsmuskulatur der Herzvorhöfe übertragen, die gegen die Herzkammern aber elektrisch isoliert sind, sodass die Erregungsübertragung an dieser Stelle nur über die Erregungsleitung des Atrioventrikularknotens stattfinden kann. Die Übertragung durch den muskelzellhaltigen Atrioventrikularknoten ist verzögert und ermöglicht so erst das koordiniert rhythmische Zusammenziehen der Vorhof- und Kammermuskulatur.

Wenn die Erregungsübertragung über den Atrioventrikularknoten nicht mehr schnell genug stattfindet oder ausfällt, spricht der Mediziner von einem AV-Block, wohingegen bei einer beschleunigten Erregungsübertragung meist Herzrasen und erhöhter Puls im Rahmen des Wolff-Parkinson-White-Syndroms vorliegen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Atrioventrikularknoten?

Der Sinusknoten übernimmt in der Herzfunktion die Rolle des Taktgebers. Dieser Teil des Herzens lässt das Herz also in einem bestimmten Rhythmus schlagen, der auch als Sinustakt bekannt ist.
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Der Atrioventrikularknoten wird auch Vorhof-Kammer-Knoten oder Aschoff-Tawara-Knoten genannt. 1906 wurde die Verbindung erstmals von Ludwig Aschoff und seinem Schüler Sunao Tawara beschrieben und ist ein Teil der Erregungsleitung im Herzen.

Die Erregung des Sinusknoten wird über den Atrioventrikularknoten verzögert auf die Herzkammern übertragen. Die Verzögerung in der Erregungsübertragung wird im EKG als PQ-Zeit dargestellt und ermöglicht erst die Koordination von Kontraktionen der Vorhof- und Kammermuskulatur.

Der Atrioventrikularknoten ist damit die einzige, elektrische Verbindung zwischen den Herzvorhöfen und den Herzkammern. Bei einer Leistungsgeschwindigkeit von 0,04 bis 0,1 m/s herrscht in diesem Teil des Herzens die geringste Leitungsgeschwindigkeit. Wenn der Sinusknoten ausfällt, kann der Atrioventrikularknoten unter Umständen auch dessen Funktion übernehmen.

Anatomie & Aufbau

Der Atrioventrikularknoten liegt an der Wand zwischen dem rechten und linken Vorhof des Herzens. Damit sitzt die Erregungsleitung nahe an der Grenze zwischen den Vorhöfen und der Herzkammer. Der Bereich des rechten Herzvorhofs und somit die Befindlichkeit des Atrioventrikularknotens wird auch Koch-Dreieck genannt und setzt sich in die Erregungsleitung des His-Bündels fort.

Dieses His-Bündel lässt sich in zwei Schenkel aufteilen, die wie auch der Atrioventrikularknoten auf die Forschungen von Sunao Tawara zurückgehen. Die Schenkel des His-Bündels sind daher auch als Tawara-Schenkel bekannt. Wie alle anderen Erregungsleitungen des Herzens besteht auch der Atrioventrikularknoten aus einzelnen Herzmuskelzellen, die seine Übertragungsfunktion erst ermöglichen.

Funktion & Aufgaben

Der Sinusknoten übernimmt in der Herzfunktion die Rolle des Taktgebers. Dieser Teil des Herzens lässt das Herz also in einem bestimmten Rhythmus schlagen, der auch als Sinustakt bekannt ist. Vom Sinusknoten geht somit Erregung aus, die in den Herzvorhöfen die Arbeitsmuskeln des Herzens erreicht.

Die Arbeitsmuskeln der Herzvorhöfe leiten die empfangene Erregung des Sinusknoten schließlich weiter. Gegen die Kammern ist die Arbeitsmuskulatur der Vorhöfe durch Bindegewebe allerdings elektrisch isoliert. So kann die Erregung des Sinusknoten auf diesem Weg nicht die Muskeln der Herzkammern erreichen. Für die Übertragung der Erregung auf die Herzkammermuskeln ist daher der Atrioventrikularknoten erforderlich.

Die Übertragung durch den Knoten findet mit deutlicher Verzögerung statt. Damit sich die Herzkammern bestmöglich füllen können, ziehen sich erst die Vorhöfe zusammen. Die Kammern kontrahieren durch die verzögerte Erregungsübertragung des Atrioventrikularknotens schließlich erst nach gewisser Zeit und stellen so die Füllung der Kammern sicher.

Krankheiten

Zu den häufigsten Beschwerden in Zusammenhang mit dem Atrioventrikularknoten zählt der AV-Block. Dabei handelt es sich um eine verbreitete Herzrhythmusstörung, die auf einen verzögerten oder unterbrochenen Atrioventrikularknoten zurückzuführen ist. Oft bleibt ein AV-Block unbemerkt. Unbemerkte Blocks entsprechen meistens einem Block ersten Grades.

Ein schwerer AV-Block lässt das Herz allerdings langsamer schlagen. Damit löst das Phänomen eine so genannte Bradykardie aus, die im schlimmsten Szenario einen zeitweiligen Stillstand der Kammern bedingt. Schwere AV-Blocks machen daher meist einen Herzschrittmacher erforderlich, der die gestörte Übertragung wieder auf die Norm einpendelt. Bei einer derart schweren Störung des Knotens spricht man auch von einem AV-Block dritten Grades.

Diagnostizierbar ist jeder AV-Block per EKG, wo er sich je nach Schweregrad als verlängerte PQ-Zeit bemerkbar machen kann. Angeborene AV-Blocks sind äußerst selten, können im Rahmen eines angeborenen Herzfehlers unter Umständen aber auftreten. Meist sind AV-Blocks allerdings erworben. Sie entstehen so in der Regel durch degenerative Veränderungen des Herzens. Herzmuskelentzündungen oder Infektionen können somit zum Beispiel den Weg für einen AV-Block ebnen. Normalerweise wird ein Patient mit diesem Krankheitsbild zur Überbrückung zunächst medikamentös behandelt.

Nach gewisser Zeit erhalten Patienten mit einem AV-Block der Schweregrade zwei und drei in der Regel aber einen Herzschrittmacher, da die medikamentöse Therapie bei dieser Symptomatik als unzuverlässig gilt. Das Gegenteil eines AV-Blocks ist eine beschleunigte Erregungsüberleitung zwischen den Kammern und dem Herzvorhof. Dieses Phänomen kann zum Beispiel im Rahmen des Wolff-Parkinson-White-Syndroms auftreten. Auch hierbei handelt es sich um eine Herzrhythmusstörung, die meist durch eine zusätzliche Leitungsbahn zwischen den Kammern und Vorhöfen ausgelöst wird.

Die beschleunigte Übertragung äußert sich meist in stark erhöhtem Puls und lässt in der Regel Herzrasen, also eine Tachykardie auftreten. Tachykardien lassen sich vom Patienten in den meisten Fällen selbst regulieren. So pendeln sich Puls und Herzrhythmus zum Beispiel über starkes Pressen oder Luftanhalten wieder ein. Darüber hinaus versorgt der Arzt Tachykardie-Patienten meist mit Medikamenten wie Ajmalin. Anders als bei einer verlangsamten Übertragung der Sinusknotenerregung ist ein operativer Eingriff bei einer beschleunigten Erregungsüberleitung in Form einer Tachykardie in den meisten Fällen nicht angezeigt.


Typische & häufige Herzerkrankungen

Quellen

  • Schiebler T., Schmidt W., Zilles, K.: Anatomie. Steinkopff-Verlag, Heidelberg 2007
  • Schmidt, R., et al.: Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg 2010
  • Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012

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