Bacteroides

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Bacteroides

Bacteroides bilden eine Gattung obligat anaerob lebender, unbegeißelter – und damit meist unbeweglicher – Bakterien, die Bestandteil der natürlichen Bakterienflora im Verdauungstrakt des Menschen sind und wichtige Funktionen in bestimmten Stoffwechselprozessen innehaben. Besonders hoch ist der Anteil der gramnegativen Bakterien im Dickdarm. Sie verwerten komplexe Kohlenhydrate in einer fermentativen Verstoffwechslung, in dem beispielsweise als Endprodukt Salze und Ester der Essigsäure entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Bacteroides?

Die obligat anaerob lebenden Bakterien der Gattung Bacteroides sind nur geringfügig pathogen, und eine Infektion durch von außen eingeschleppte Bakterien dieser Gattung ist extrem selten.
© Sarema – stock.adobe.com

Als Bacteroides wird eine Gattung von gramnegativen, pleomorphen, unbegeißelten Bakterien bezeichnet, die einen großen Teil der natürlichen Flora des Verdauungstraktes stellen. Einen besonders großen Anteil der Darmflora stellen sie in der Schleimhaut des Dickdarms, wo sie zahlenmäßig dominieren.

Es handelt sich um stäbchenförmige gramnegative, meist unbewegliche, Bakterien, die ihre Gestalt an das Habitat, in dem sie sich befinden, anpassen können. Die ausschließlich anaerob lebenden Bakterien übernehmen wichtige Funktionen und Aufgaben, die dem Menschen zugutekommen. Sie beziehen ihre Energie über die Fermentation. Sie sind in der Lage, eine Reihe von Enzymen zu synthetisieren, die auf katalytischem Weg die entsprechenden Gärprozesse steuern. Vor allem helfen sie bei der Aufnahme und Hydrolyse von sonst unverdaulichen Polysacchariden und Proteinen. Sie stellen über die Ausschüttung bestimmter Enzyme einen Teil ihrer metabolischen Fähigkeiten für den körpereigenen Stoffwechsel zur Verfügung.

Nur einige wenige Arten der Bacteroides treten auch fakultativ als pathogene Keime auf. Die Zusammensetzung der Darmflora hat großen Einfluss auf die Verwertung der verzehrten Nahrung. Beispielsweise ist der Anteil der Bacteroides in der Darmflora stark übergewichtiger Personen deutlich geringer als bei normalgewichtigen Menschen.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Die obligat anaerob lebenden Bakterien der Gattung Bacteroides sind nur geringfügig pathogen, und eine Infektion durch von außen eingeschleppte Bakterien dieser Gattung ist extrem selten. Bei intaktem Immunsystem leben Bacteroides quasi symbiotisch als dominierender Bestandteil der Darmflora, vor allem als Teil der Bakterienvergesellschaftung im Dickdarm.

Auffällig ist, dass viele Arten der Bacteroides über verzweigte Fettsäureketten verfügen, die in ihren Lipidmembranen eingebaut sind. Darüber hinaus sind einige Arten in der Lage, Sphingolipide zu synthetisieren. Es handelt sich um eine Stoffgruppe von speziellen Lipiden, die in Nervengeweben in der Signaltransduktion eine Rolle spielen. Auch in der interzellulären und der intrazellulären Kommunikation übernehmen Sphingolipide wichtige Aufgaben.

In seltenen Fällen - vor allem bei vorliegender krankheitsbedingter oder künstlich herbeigeführter Immunsuppression – kann es zu endogen verursachten Infektionen kommen, also durch Bacteroides, die vorher als Besiedler der Schleimhäute keinerlei Pathogenität gezeigt haben.

Bedeutung & Funktion

Eine der wichtigsten Eigenschaften und Funktionen der Bacteroides liegt nicht in ihrer Pathogenität, sondern in der Verdauungsunterstützung des Menschen. Einige der sehr großen Proteinmoleküle und Polysaccharide, die im Dünndarm wegen fehlender Enzyme nicht aufgespalten und damit auch nicht resorbiert werden können, durchlaufen den „Fermentationsabschnitt“ im Dickdarm und können meist durch Enzyme der Bakterien zerlegt und anschließend resorbiert werden.

Auch Mineralstoffe und Spurenelemente, werden mithilfe der Bacteroides aus dem restlichen Nahrungsbrei isoliert und über die Resorption in den Darmzotten dem Körperstoffwechsel zur Verfügung gestellt. Die Bakterien übernehmen damit eine wichtige Erweiterung der Verdauungsmöglichkeiten des Körpers. Ohne die Aktivität der Bacteroides bzw. der gesamten Bakterienflora könnten wir auf Dauer nicht überleben.

Interessanterweise besteht die Darmflora bei Neugeborenen und Säuglingen hauptsächlich aus Bifidobakterien, die in der Muttermilch enthalten sind und eine wichtige Schutzfunktion ausüben. Weil in der einzigen Nahrungsquelle der Milch keine komplexen Polysaccharide und Proteine enthalten sind, werden Bacteroides erst bei der Umstellung auf andere Nahrungsbestandteile benötigt. Es ist daher wichtig, die Nahrungsumstellung zur Vermeidung von Verdauungsproblemen allmählich zu vollziehen. Die Darmflora hat dann genügend Zeit, sich entsprechend anzupassen.


Krankheiten & Beschwerden

Die strikt anaerob lebenden Bacteroides bilden keine Sporen aus. Sie können deshalb außerhalb ihres Habitats kaum überleben, weil der Luftsauerstoff auf sie toxisch wirkt. Bei den Infektionen, an denen Bacteroides beteiligt sind, handelt es sich daher meist um endogene Mischinfektionen, bei denen fakultativ aerob lebende Bakterien für den Verbrauch des Sauerstoffs sorgen. Diese Art endogener Infektionen kann eintreten, wenn zusätzlich zu einem geschwächten Immunsystem beispielsweise eine Läsion der Schleimhäute vorliegt, die die Keime als Eintrittspforte nutzen können.

In den seltenen Fällen, in denen eine endogene Infektion mit (fakultativ) pathogenen Bacteroides auftritt, handelt es sich meist um Entzündungen des Bauchfells (Peritonitis) und um Abszesse an der Leber und im Oberbauch. Prinzipiell können die Entzündungen von jenen Schleimhäuten ausgehen, die mit Bacteroides besiedelt sind, also von der Mundhöhle, vom Darm oder vom Urogenitaltrakt.

Falls die Stäbchenbakterien durch entsprechende Läsionen in tiefere Gewebe gelangen, finden sie ideale Bedingungen für ihr Überleben. Es kann dann zu eiternden Abszessen kommen und zusätzlich zu Gewebsnekrosen. Da sich die Infektion dabei unter Luftabschluss entwickelt, kann es bei dem abgestorbenen Gewebe zu einer sehr unangenehmen Geruchsentwicklung kommen. In sehr seltenen Fällen, wenn die nekrotischen Gewebeabbauprodukte in die Blutbahn gelangen und das Immunsystem mit der punktuellen Belastung überfordert ist, kann sich eine unmittelbar lebensbedrohliche Sepsis entwickeln, die – ähnlich wie bei allergischen Reaktionen – einer überbordenden Immunreaktion entspricht.

Ein Test auf Bacteroides kann über den Nachweis arttypischer organischer Säuren oder Enzymen mittels Gaschromatographie erfolgen. Diagnose und Nachweis des Bakteriums über das Anlegen einer Kultur ist ebenfalls sicher, es muss aber dabei berücksichtigt werden, dass das Material mit den enthaltenen Bacteroides strikt unter Luftabschluss gehalten werden muss, da die Erreger sonst absterben.

Quellen

  • Kayser, F.H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Studt, H., H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003
  • Weiß, A., Barth, H., Schmidt, H.: Bakterielle Toxine. Behr's Verlag, Hamburg 2018

Das könnte Sie auch interessieren