Polysaccharide

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Laborwerte Polysaccharide

Polysaccharide stellen eine fast unüberschaubar differenzierte und große Gruppe unterschiedlicher Kohlenhydrate dar, die aus einer Aneinanderkettung von mehr als 10 gleichen oder auch verschiedenen Monosacchariden bestehen, die glykosidisch miteinander verbunden sind.

Es handelt sich um Biopolymere, die im menschlichen Stoffwechsel eine große Rolle als Energiespeicher, als Strukturelemente in Membranen, als Bestandteil von Proteinen (Proteoglykane) und für die Immunmodulation spielen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Polysaccharide?

Die häufigste ererbte oder erworbene Stoffwechselkrankheit im Zusammenhang mit dem Zuckerstoffwechsel ist Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
© neirfy – stock.adobe.com

Polysaccharide, auch als Glykane oder Mehrfachzucker bezeichnet, gehören zur Stoffgruppe der Kohlenhydrate. Polysaccharide werden durch die Verkettung von mindestens 10 Monosacchariden gebildet, die glykosidisch miteinander verknüpft sind.

Sie können aus Verknüpfungen von bis zu mehreren zehntausend Monosacchariden bestehen, die auch seitliche Verzweigungen aufweisen. Saccharide, die aus einer glykosidischen Verkettung von weniger als 10 Monosacchariden bestehen, werden als Di-, Tri- oder Oligosaccharide bezeichnet. Die verketteten Monosaccharide können aus jeweils gleichen oder aus unterschiedlichen Monosacchariden bestehen. Konsequenterweise handelt es sich dann um Homo- oder Heteroglykane. Während Saccharide bis zur Stufe der Oligosaccharide süß schmecken, sind Polysaccharide geschmacklich neutral und kaum wasserlöslich.

Prinzipiell kann zwischen einer O-glykosidischen und einer N-glykosidischen Bindung unterschieden werden. Bemerkenswert ist, dass diese für den Stoffwechsel so wichtige Stoffgruppe sich meist ausschließlich aus den drei Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff zusammensetzt. Es sind die drei Elemente, die in der Biosphäre der Erde fast überall in reichlichem Maße zur Verfügung stehen.

In einigen Fällen spielt auch der ebenfalls in unbegrenzten Mengen zur Verfügung stehende Stickstoff (N) eine Rolle. Viele Polysaccharide können mit folgender chemischer Summenformel beschrieben werden (Cx(H2Oy)n. Dabei nimmt x meist den Wert 5 oder 6 an und y den Wert x minus 1.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Die Stoffgruppe der Polysaccharide übernimmt drei wichtige Hauptfunktionen im menschlichen Stoffwechsel (Metabolismus). Sie dienen als Energiespeicher in Form von Glykogen, als Struktur und Festigkeit gebende Substanzen, und sie nehmen Einfluss auf das Immunsystem.

Glykogen ist ein Homoglykan, das sich aus bis zu 50.000 Glukosemonomeren in starker Verzweigung zusammensetzt. Es übernimmt die Rolle des kurz- bis mittelfristigen Energiespeichers. Für längerfristige Energiespeicherung wird Glykogen in den Fettstoffwechsel eingebracht und in Körperfett umgewandelt. Bei starker muskulärer Betätigung oder sonstigem Energiebedarf kann der Körper sich zunächst aus den Glykogenspeichern bedienen, weil die einzelnen Glukosemoleküle mit nur geringem Aufwand aus dem Glykogen herausgelöst werden können. Das pflanzliche Pendant zum Glykogen ist die Stärke (Amylopektin und Amylose).

Eine besondere Rolle spielen Polysaccharide als Bestandteil der Glykokalyx, der Membran, die menschliche und tierische Zellen umhüllt als Schutz vor Austrocknung und Phagozytose sowie als interzelluläres Kommunikationsmittel. Als Bestandteil von Proteoglykanen, die den Hauptanteil an der extrazellulären Matrix ausmachen, sorgen Polysaccharide für die notwendige Festigkeit und Zusammenhalt der verschiedenen Gewebe. Auch bei der Knorpelbildung spielen Heteroglykane in Form von Glykosaminoglykanen, die sich aus Disaccharideinheiten zusammensetzen, eine wichtige Rolle.

Es handelt sich dabei um Hyaluronsäure, die ein enormes Wasserbindevermögen verfügt sowie weitere besondere Eigenschaften aufweist. Bestimmten Polysacchariden, die vorwiegend in Heilpflanzen oder Pilzen vorkommen, wird eine immunmodulierende Wirkung nachgesagt. Das bedeutet, dass sich allergische Reaktionen des Immunsystems oder sogar Autoimmunreaktionen durch spezifische Polysaccharide verbessern lassen sollen.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Mit kohlenhydrathaltiger Nahrung wird in der Regel ein Gemisch aus Mono-, Oligo- und Polysacchariden aufgenommen. Während die Monozucker in der Regel bereits im Mund durch das Enzym Amylase in Glukose, der vom Körper verwertbaren Form des Zuckers, umgewandelt werden, müssen die höherwertigen Zucker, die Oligo- und Polysaccharide zunächst fraktioniert werden, was hauptsächlich im ersten Teilstück des Dünndarms mittels spezifischer Zucker abbauender Enzyme passiert.

Die meisten Enzyme werden von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) in den Dünndarm beigesteuert. Die „zerlegten“ Teilstücke der Polysaccharide werden von der Darmschleimhaut des Dünndarms resorbiert und in die Pfortader eingebracht, die sie zur Weiterverarbeitung in die Leber transportiert werden.

Die Glukose, die nicht unmittelbar als Energieträger von Muskeln oder beispielsweise dem Zentralnervensystem oder für anderweitige Zwecke vom Stoffwechselsystem benötigt wird, gelangt nach der Rückverwandlung in das depotfähige Glykogen in dezentral angelegte Depots, wo es jederzeit kurzfristig wieder abgerufen werden kann. Der Vorgang ist sehr dynamisch, da er zum Teil auch der Regelung des Glukosespiegels im Blut dient, so dass die Angabe eines optimalen Wertes nicht sinnvoll erscheint.


Krankheiten & Störungen

Die häufigste ererbte oder erworbene Stoffwechselkrankheit im Zusammenhang mit dem Zuckerstoffwechsel ist Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Der Körperstoffwechsel ist in diesem Fall nicht in der Lage, den Glukosespiegel im Blut zu regulieren, so dass sich tendenziell ein persistierender, erhöhter, Glukosespiegel einstellt.

Meist ist die Bauchspeicheldrüse nicht mehr in der Lage, genügend Insulin für den Abbau der überschüssigen Glukose zu produzieren, oder es stellt sich eine Insulinresistenz ein. Das bedeutet, dass der Blutzuckerspiegel nicht oder zu wenig auf das Insulin reagiert. Im Falle einer Diabetes Erkrankung muss der Verzehr von verdaulichen Kohlenhydraten – einschließlich der Polysaccharide – gut kontrolliert werden und auf die beabsichtigte Tätigkeit und den momentanen Blutzuckerspiegel abgestimmt werden.

Ein weit verbreitetes Problem besteht in einer Laktoseintoleranz, die durch einen genetisch bedingten Enzymmangel verursacht wird. Laktose (Milchzucker) wird im Darm zu Glukose und Galaktose aufgespalten. Das setzt allerdings das Vorhandensein des Enzyms Laktase voraus. Etwa 10 bis 20 Prozent der Mitteleuropäer leiden unter einem genetisch bedingten Mangel an Laktase. Der Verzehr von milchzuckerhaltigen Produkten führt bei den Betroffenen zu Verdauungsbeschwerden, weil es im Darm zu Gährungsprozessen kommt.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009

Das könnte Sie auch interessieren