Benzinvergiftung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Benzinvergiftung entsteht durch die übermäßige Aufnahme von Benzin und kann akut oder chronisch sein. Die häufigsten Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel und Rauschzustände. Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Symptome und beinhaltet die Möglichkeiten gesteigerte Flüssigkeitsaufnahme und Magenspülung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Benzinvergiftung?

Einem besonderen Risiko sind auch Kleinkinder ausgesetzt, deren Eltern Benzin in der privaten Garage aufbewahren und dieses unzureichend sichern. Diese Ursachen führen meist zu einer akuten Benzinvergiftung.
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Eine Benzinvergiftung entsteht, wenn der Körper zu viel Motorbenzin aufnimmt. Sie betrifft vor allem die Haut, den Verdauungstrakt und die Atemwege. Eine Übermenge an Benzin kann oral aufgenommen oder inhaliert werden.

Bei oraler Aufnahme reagiert der Körper mit der Selbstschutzmaßnahme des Erbrechens, das Erbrochene kann jedoch in die Luftröhre gelangen und dort zu Erstickungen führen. Abhängig davon, wie lange der Patient dem Benzin ausgesetzt ist, kann die Vergiftung akut oder chronisch sein.

Die Folgen der Benzinvergiftung variieren in ihrer Stärke abhängig davon, wie lange der Betroffene dem Benzin ausgesetzt war. Neben Erbrechen und Übelkeit kann es zu Schwindel, Rauschzuständen mit Euphorie und Trunkenheit, Kopfschmerzen, starker Nervosität oder Erregung, Krämpfen, Bewusstlosigkeit, Aussetzen der körperlichen Reflexe, Kreislaufversagen und Atemlähmung kommen.

Auch über epileptische Anfälle und Zyanose wurde berichtet. Zyanose ist die bläulich-violette Verfärbung der Haut und weist meist auf schwere innere Schädigungen hin.

Ursachen

Die Ursachen der Benzinvergiftung liegen in einer übermäßigen inhalativen oder oralen Aufnahme des Benzins. Bei normaler Beschäftigung mit dem Stoff, wie beispielsweise beim Betanken des Fahrzeuges, kommt es nur in Ausnahmefällen zu einer Benzinvergiftung.

Gefährdet sind Tankstellenmitarbeiter und Tankreiniger, wenn sie die Sicherheitsbestimmungen nicht einhalten, und Fahrer von unzureichend gesicherten Benzintransporten sowie Arbeiter und Mechaniker, die mit Benzin in Berührung kommen. Einem besonderen Risiko sind auch Kleinkinder ausgesetzt, deren Eltern Benzin in der privaten Garage aufbewahren und dieses unzureichend sichern. Diese Ursachen führen meist zu einer akuten Benzinvergiftung.

Die Ursache der chronischen Benzinvergiftung ist meist die mehrfache Inhalation, das sogenannte Schnüffeln, von Benzin. Dieses soll einen Rauschzustand herbeiführen und macht die Betroffenen häufig süchtig. Neben den Symptomen einer akuten Benzinvergiftung können dann Blutarmut und neurologische sowie psychologische Symptome, beispielsweise Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen und Wesensveränderungen, auftreten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die akuten und chronischen Formen der Benzinvergiftung unterscheiden sich sowohl im Verlauf als auch bei den auftretenden Symptomen. Bei der akuten Benzinvergiftung kommt es zunächst zu Reizerscheinungen in Magen, Darm und Mund. Des Weiteren treten starke Atembeschwerden und Krämpfe auf, die manchmal bis zur Bewusstlosigkeit führen.

Wenn das Benzin über den Mund aufgenommen wird, kann es spontan zum Erbrechen kommen, wobei das Erbrochene unter Umständen sogar in die Luftröhre gelangt. Dadurch sind tödliche Erstickungsanfälle möglich. Kleinkinder versterben beim Verschlucken von mindestens zehn Milliliter Benzin. Bei Erwachsenen liegt die niedrigste letale Dosis bei sieben bis acht Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht.

Die chronische Benzinvergiftung zeichnet sich durch solche Symptome wie Anämie, Schleimhautblutungen, Depressionen, Tremor, Polyneuritis und Nierenversagen aus. Bei der Anämie handelt es sich um eine aplastische Anämie mit Verringerung der Anzahl aller Blutzellen. Allgemeine Symptome der aplastischen Anämie sind Müdigkeit, Kopfschmerzen, Leistungsschwäche, Übelkeit, blasse Haut und Kollapsneigung.

Des Weiteren treten ständige Gewebeeinblutungen durch die verringerte Anzahl von Thrombozyten auf. Aufgrund der kleineren Anzahl von weißen Blutkörperchen besteht eine erhöhte Neigung zu Infektionen. Langfristig können Kopfschmerzen, Müdigkeit, Erregbarkeit und Tremor bestehen bleiben. Des Weiteren drohen chronische Leber-, Nieren- oder Pankreasschäden mit den Folgeerscheinungen. So können sich chronische Verdauungsbeschwerden, Gelbsucht, Bauchwassersucht und schwere neurologische Symptome bis hin zur Demenz einstellen.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose der Benzinvergiftung besteht zunächst in einer ausführlichen Anamnese. Es folgen eine eingehende körperliche Untersuchung, die toxikologische Diagnostik und eine Blutanalyse. Bei Bedarf kann eine röntgenologische Untersuchung des Brustkorbes vorgenommen werden.

In der allgemeinen Anamnese muss der Arzt nach Vorerkrankungen, der aufgenommenen Benzindosis, beruflichen und familiären Risiken und relevanten Medikamenteneinnahmen fragen. So werden andere Erkrankungen ausgeschlossen und erste Indizien für den Schweregrad der Vergiftung gefunden.

Bei der allgemeinen körperlichen Untersuchung müssen Blutdruck und Puls gemessen, die Pupillenreaktion und die Reflexfunktion überprüft und die Körpertemperatur gemessen werden. Weiter gehören eine kardiologische Untersuchung, die Untersuchung des Mund-Rachen-Raumes und eine Hautanalyse zum Untersuchungsablauf.

Die toxikologische Untersuchung, deren Ziel der Nachweis des Benzins und der Benzinmenge ist, erfolgt idealerweise im Erbrochen oder Urin, da beide die schnellsten Ergebnisse liefern. Gegebenenfalls müssen eine Magenspiegelung oder eine Plasmaanalyse eingeleitet werden.

Die Prognose richtet sich nach dem Schweregrad der Vergiftung und dem vorherigen Allgemeinzustand des Patienten, ist jedoch meist gut. Nur selten sind Nieren, die Lunge und andere Organe betroffen. Dann treten Komplikationen wie Pneumothorax, Bluthusten oder Fibrose auf.

Komplikationen

Eine Benzinvergiftung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Körper dar und sollte sofort von einem Arzt behandelt werden. Wenn diese Vergiftung nicht richtig und rechtzeitig behandelt wird, kann sie im schlimmsten Falle auch zum Tode führen. Bei einer Benzinvergiftung sind die folgen sehr unterschiedlich und hängen von der Menge des eingenommenen Benzins ab.

In der Regel handelt es sich dabei um Reizerscheinungen im Mund, Darm und Magen. Darauf folgt eine Atemnot, Bewusstlosigkeit und Krämpfe in den Muskeln. Wurde das Benzin oral aufgenommen, so erfolgt danach oft ein Erbrechen. Bei niedrigen Benzinvergiftungen treten als Folge der Einnahme Kopfschmerzen und Trunkenheit auf.

Diese Symptome steigern sich mit der eingenommenen Menge und führen zu Euphorie, Krämpfen, bei hohen Mengen zu einer tiefen Narkose oder sogar zu tödlichen Lähmungen. Die Therapie bei der Benzinvergiftung findet mit Paraffinöl statt. Wurden größere Mengen eingenommen, so findet eine Magenspülung statt.

Da das Benzin die Kunde stark reizt, werden hier oft Antibiotika verschrieben, um eine Lungenentzündung zu vermeiden. Eine Benzinvergiftung muss unbedingt durch einen Arzt oder durch ein Krankenhaus behandelt werden, da sie bei falscher oder unzureichender Behandlung schlimme Folgen nach sich ziehen kann.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel muss bei einer Benzinvergiftung sofort ein Arzt aufgesucht werden. Es ist auch zu empfehlen, bei einer akuten Vergiftung direkt den Notarzt zu verständigen, um Komplikationen und möglicherweise den Tod des Betroffenen zu vermeiden. Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, kann der Betroffene an der Benzinvergiftung auch sterben. Ein Arzt sollte bei der Benzinvergiftung auch dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene sein Bewusstsein verliert oder an Schwindel und Übelkeit leidet.

Ebenso können Veränderungen der Persönlichkeit oder eine allgemeine Verwirrung auf die Benzinvergiftung hindeuten, sodass diese Symptome untersucht werden sollten. Im Falle einer chronischen Benzinvergiftung kommt es auch zu Benommenheit und zu Atemnot. In akuten Notfällen ist sofort ein Krankenhaus aufzusuchen oder ein Notarzt zu rufen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Betroffene sich nicht mehr bewegen kann oder schon das Bewusstsein verloren hat. Allerdings sollte auch bei geringen Mengen an Benzin ein Arzt aufgesucht werden, um mögliche Komplikationen zu vermeiden.

Behandlung & Therapie

Sofortmaßnahmen zur Behandlung der Betroffenen einer Benzinvergiftung sind, soweit möglich, die Bergung aus der Reichweite des Giftstoffes und die Versorgung mit Sauerstoff. Ersthelfer sollten aus Gründen des Selbstschutzes auf Beatmungsversuche verzichten.

Wurde die Benzinvergiftung oral versursacht, so muss der Betroffene möglichst viel trinken. Von einem gewaltsam erzeugtem Erbrechen des Mageninhaltes ist abzuraten, das die Gefahr des Eindringens des Erbrochenen in die Luftröhre besteht. Hierzu gibt es spezielle Medikamente, die das Krankenhaus vorrätig hat, notfalls kann jedoch auch eine Magenspülung durchgeführt werden, um das Benzin aus dem Verdauungstrakt zu entfernen.

Weitere Symptome werden mit geeigneten Medikamenten behandelt.

Aussicht & Prognose

Bei einer leichten bis mittelschweren Benzinvergiftung bestehen gute Aussichten auf eine vollständige Genesung. Die Linderung der ersten Beschwerden erfolgt bereits, sobald reiner Sauerstoff statt Benzin eingeatmet wird. Werden rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet und erfolgt eine medizinische Versorgung, ist der Patient im Normalfall innerhalb weniger Tage oder Wochen beschwerdefrei. Die Atemwege heilen bei einer guten Behandlung.

Die Zufuhr von ausreichender Flüssigkeit und die Vermeidung von weiteren Reizstoffen bei der Nahrungsaufnahme helfen zusätzlich im Heilungsprozess. Schadstoffe, wie der Genuss von Nikotin oder Alkohol sollte vermieden werden, um die Regeneration der Schleimhäute im Hals und Rachen zu beschleunigen.

Die Prognose bei einer akuten Benzinvergiftung sind weniger optimistisch. Bei vielen Patienten kommt es zu Schäden der Gefäße, der Atemwege oder des Rückenmarks, die nicht mehr erfolgreich therapiert werden können. Darüber hinaus erhöht sich das Risiko von lebenslangen Beeinträchtigungen der Gehirntätigkeit und des Nervensystems.

Durch die Beschädigung der Großhirnrinde können schwere Folgeerkrankungen eintreten. Zu ihnen gehören die Neuritis ischiadica oder die traumatische Epilepsie. Zusätzlich kann ein Defekt der Lunge auftreten. In schweren Fällen setzen Lungenblutungen ein und es kommt zu einem Ausfall der Organtätigkeit. Eine künstliche Beatmung ist notwendig und überlebenswichtig. Ohne die Transplantation einer Spenderlunge besteht anhaltend ein lebensbedrohlicher Zustand.


Vorbeugung

Wichtig zur Vermeidung einer Benzinvergiftung ist der Selbstschutz. Dieser erfolgt in erster Linie durch die Einhaltung der gängigen Sicherheitsregeln für die Arbeit mit Giftstoffen. Kinder werden am besten durch gesicherte Aufbewahrung des Benzins geschützt.

Nachsorge

Die akute oder chronische Benzinvergiftung bedarf in jedem Fall der Nachsorge. Es besteht bei akuten Benzinvergiftungen die Möglichkeit von Folgeschäden an den Entgiftungsorganen, aber auch an der Haut oder anderen Organen. Das Krebsrisiko ist erhöht. Bei der chronischen Form der Benzinvergiftung ist die Vergiftung schleichend über längere Zeit geschehen. Hier besteht die Gefahr einer Multisystemerkrankung wie MCS.

Auch wenn leichte bis mittelschwere Benzinvergiftungen gut behandelt werden können, bleibt die Gefahr von Spätfolgen bestehen. Diese können Jahre oder Jahrzehnte später auftreten. Ohne regelmäßige Nachsorge können eventuelle Spätfolgen nicht mehr mit der Vergiftung in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden. Die Nachsorge ist auch deshalb notwendig, weil chronische Benzinvergiftungen in den seltensten Fällen umgehend erkannt und behandelt werden.

Bei der akuten Benzinvergiftung hängt es von der Schwere der Intoxikation ab, wie schnell die Behandlung vorgenommen wird. Hier sind Spätschäden noch wahrscheinlicher als bei der schleichenden und chronischen Benzinvergiftung. Bei schweren Vergiftungen kommt es zu irreversiblen Schädigungen an den Atemwegen, den Gefäßen, dem Gehirn oder dem Nervensystem.

Bleibende Folgeerscheinungen wie eine vergiftungsbedingte Epilepsie oder ein Lungendefekt bedürfen der lebenslangen Nachsorge. Gegebenenfalls werden Transplantationen oder Operationen notwendig. Auch solche Eingriffe gehen nicht ohne eine lebenslange Nachbehandlung vonstatten. Die medikamentöse Therapie solcher Folgeschäden erfordert eine Überwachung.

Das können Sie selbst tun

Bei dem Verdacht auf eine Benzinvergiftung muss ein Notarzt konsultiert werden. Der Rettungsdienst muss anhand der W-Fragen mit allen wichtigen Informationen zu Umständen, Zeitpunkt der Vergiftung und Alter und Gesundheitszustand des Betroffenen versorgt werden. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollte der Betroffene außer Reichweite des Giftstoffes gebracht und mit Sauerstoff versorgt werden. Auf Beatmungsversuche sollte aus Gründen des Selbstschutzes allerdings verzichtet werden.

Der Betroffene – falls bei Bewusstsein – sollte stattdessen möglichst viel trinken und den Oberkörper nach oben lagern. Nach Möglichkeit sollte direkt vor Ort eine Magenspülung durchgeführt werden. Auf keinen Fall sollte der Betroffene eigenmächtig zum Erbrechen gebracht werden, da das Benzin in die Luftröhre gelangen oder die Speiseröhre schädigen kann. Sollte der Betroffene bewusstlos sein, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden.

Bei Atemaussetzern muss bis zum Eintreffen des Notarztes eine Herz-Lungen-Wiederbelebung eingeleitet werden. Weitere Behandlungsschritte erfolgen dann im Krankenwagen und später im Krankenhaus. Anschließend gilt für den Betroffenen vor allem Schonung und eine möglichst reizarme Ernährung. Der Kontakt mit Benzin und anderen reizenden Stoffen sollten ebenfalls vorübergehend eingestellt werden.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Heidelberg 2011

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