Compressio cerebri

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Compressio cerebri wird eine Gehirnquetschung bezeichnet. Sie stellt ein Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades dar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Compressio cerebri?

Im Falle einer Compressio cerebri fallen die Symptome der Verletzung stärker aus als bei einer Gehirnerschütterung oder Gehirnprellung, entsprechen grundsätzlich jedoch deren Beschwerden.
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Compressio cerebri ist die medizinische Bezeichnung für eine schwere Form des Schädel-Hirn-Traumas (SHT). Dabei kommt es zu einer Quetschung des Gehirns durch inneren oder äußeren Druck aufgrund von Schwellungen oder Blutungen im Gehirn. Mediziner sprechen auch von einem Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades, das in der Glasgow Coma Scale 3 bis 8 Punkte erhält.

Weitere Formen sind die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri), das ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades darstellt, sowie die Gehirnprellung (Commotio cerebri), auch SHT 2. Grades genannt. Neben der Gehirnquetschung sind außerdem kleinere Blutungen möglich.

Als typisch für eine Compressio cerebri gilt, dass es nicht ausschließlich an der Stelle der Gewalteinwirkung zu Verletzungen kommt, sondern auch an den Bereichen, die sich auf der gegenüberliegenden Seite befinden.

Nicht selten können zusätzliche Verletzungen bei einer Gehirnquetschung auftreten. Grundsätzlich zählen Schädel-Hirn-Traumen wie Compressio cerebri zu den verhältnismäßig häufigen Verletzungen. In Deutschland erleiden jedes Jahr circa 250.000 Bundesbürger ein Schädel-Hirn-Trauma. Bei ungefähr fünf Prozent besteht eine schwere Gehirnquetschung, die ein dauerhaftes Koma zur Folge haben kann oder sogar im schlimmsten Fall zum Tod führt.

Ursachen

Das Gehirn wird vom Schädelknochen umgeben, der zu seinem Schutz dient. Der vordere Schädelbereich setzt sich aus Oberkiefer, Unterkiefer sowie knöchernen Nasen- und Augenhöhlen zusammen. Den größten Abschnitt des Gehirns umhüllt der hintere Hirnschädel. Auf seiner Unterseite wird das Gehirn von der Schädelbasis umgeben.

Dabei besteht eine Öffnung, die als Durchtritt für das Rückenmark fungiert. Werden diese Strukturen in Mitleidenschaft gezogen, ist von einem Schädel-Hirn-Trauma die Rede. Bei den meisten Betroffenen kommt es durch Unfälle zu einem Schädel-Hirn-Trauma beziehungsweise einer Compressio cerebri.

Meist handelt es sich dabei um Stürze bei Sportarten, bei denen der Verletzte keinen schützenden Helm trägt wie Skifahren oder Radfahren. Aber auch im Rahmen von riskanten Arbeitstätigkeiten kann eine Gehirnquetschung erlitten werden. Neben stumpfer Einwirkung von Gewalt wie Stürzen und Schlägen gegen den Kopf ist außerdem eine Durchbohrung des Schädelknochens durch spitze Gegenstände möglich.

Rund ein Drittel aller Schädel-Hirn-Traumata sind die Folge von Verkehrsunfällen. Bei etwa 30 Prozent aller Patienten liegen zusätzliche Verletzungen vor, was Mediziner als Polytrauma bezeichnen.

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Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Falle einer Compressio cerebri fallen die Symptome der Verletzung stärker aus als bei einer Gehirnerschütterung oder Gehirnprellung, entsprechen grundsätzlich jedoch deren Beschwerden. Die dabei eintretende Bewusstlosigkeit hält mindestens 60 Minuten an und kann mitunter sogar einige Tage dauern. Hervorgerufen wird die Bewusstlosigkeit durch Einklemmungen des Gehirns, die auf Blutungen oder Ödeme zurückgehen.

Des Weiteren erleidet der Betroffene Erinnerungslücken, die sich wie bei der Gehirnerschütterung nicht nur auf die Phase unmittelbar nach der Verletzung beschränken, sondern sich auch auf die Zeit vor dem Unfall erstrecken, was als retrograde Amnesie bezeichnet wird. Ferner können im Rahmen einer Gehirnquetschung Symptome wie eine Hemiparese (Halbseitenlähmung), psychische Veränderungen oder Sprachprobleme auftreten.

Kommt es dauerhaft zu Druckanstieg und einer Einklemmung des Gehirns, droht ein längeres Koma. Im schlimmsten Fall kann auch der Tod eintreten. Außerdem besteht die Gefahr von chronischen Verletzungen des Gehirns, die allerdings nicht in jedem Fall auftreten. Bei einer Compressio cerebri erleidet der Patient nicht selten weitere Verletzungen. Dazu gehören Schädelfrakturen oder ein subdurales Hämatom (Bluterguss unterhalb der Hirnhaut).

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose einer Compressio cerebri erfolgt im Rahmen der Glasgow Coma Scale (GCS). Sie bildet ein Punktesystem, das die drei wichtigsten Reaktionen des Menschen umfasst. Dies sind das Öffnen der Augen, Bewegungen und verbale Verständigung. Die höchste Punkteanzahl der GCS beträgt 15 Punkte, während das Minimum bei 3 Punkten liegt.

Von einer Gehirnquetschung ist die Rede, wenn eine Punktanzahl zwischen 3 und 8 Punkten erreicht wird. Ebenfalls von Bedeutung sind die Reaktionen der Pupillen und der Muskeltonus. Zu den wichtigsten Untersuchungsmethoden eines Schädel-Hirn-Traumas zählen bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen des Kopfes sowie eine Computertomographie (CT), mit deren Hilfe sich Schäden des Gewebes, Blutungsherde und Hirndruckzeichen ermitteln lassen.

Mitunter ist auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes sinnvoll. Der Verlauf einer Gehirnquetschung richtet sich nach deren Ausmaß. So liegt bei der Compressio cerebri eine substantielle Schädigung des Gehirns vor. In den meisten Fällen gehen die neurologischen Schäden jedoch wieder komplett zurück.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es bei der Compressio cerebri zu einer relativ langen Bewusstlosigkeit, die mindestens eine Stunde anhält. Komplikationen können vor allem dann auftreten, wenn die Compressio cerebri durch einen Unfall oder einen Schlag auf den Kopf eingetreten ist. Diese hängen dann allerdings vom genauen Unfallgeschehen ab. Oft treten dabei auch Blutungen am Kopf oder auch innere Blutungen auf.

Nicht selten kann sich der Patient nach dem Unfall nicht mehr an das Geschehen kurz vorher erinnern. Dies kann vor allem die Rekonstruktion des Unfallhergangs verhindern. Durch die Quetschung können Lähmungen und Fehlfunktionen verschiedener Bereiche des Körpers auftreten. Ebenso kommt es zu geistigen Problemen, wie zum Beispiel zu Sprachstörungen oder zu einer Wortfindungsstörung.

Im schlimmsten Falle ist der Patient gelähmt und kann sich nicht mehr eigenständig fortbewegen. Falls das Gehirn zu stark eingeklemmt wurde, kann die Bewusstlosigkeit in ein Koma übertreten und dabei schließlich zum Tode führen. Die Behandlung erfolgt in der Regel symptomatisch, wobei in erster Linie die Schmerzen behandelt werden.

Falls sich der Patient nicht an den Unfallhergang erinnern kann, wird dieser in der Regel noch weiter überwacht und alle Funktionen des Körpers getestet. Bestimmte Lähmungen oder andere Störungen werden therapeutisch behandelt. Dabei kommt es zu keinen weiteren Komplikationen. Allerdings kann keine Garantie gegeben werden, dass die Beschwerden komplett behandelt werden können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Im Falle einer Compressio cerebri muss umgehend der Notarzt gerufen werden. Sichtbare Schädelfrakturen und Bewusstlosigkeit sind deutliche Anzeichen dafür, dass ein schweres Schädel-Hirn-Trauma vorliegt. Ob es sich dabei um eine Gehirnquetschung oder eine anderweitige Verletzung handelt, kann nur der Mediziner feststellen.

Deshalb gilt: nach einem Unfall oder Sturz sofort den Rettungsdienst alarmieren und nach Möglichkeit erste Hilfe leisten. Der Verletzte muss schnellstmöglich versorgt und anschließend in ein Krankenhaus gebracht werden, wo die Gehirnquetschung abgeklärt und intensivmedizinisch behandelt werden kann.

Falls bei der Genesung Komplikationen auftreten sollten, muss sofort das Pflegepersonal oder der Arzt hinzugezogen werden. Sollte der Betroffene Erinnerungslücken erleiden, muss therapeutische Hilfe hinzugezogen werden. Auch bei Sprachproblemen oder psychischen Veränderungen sind weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Komplikationen möglichst einzugrenzen. Bei schweren Komplikationen wie zum Beispiel einer Halbseitenlähmung sollte sich frühzeitig um Unterstützung bemüht werden. Die Angehörigen oder der Betroffene selbst müssen außerdem physiotherapeutische Maßnahmen veranlassen und sich um Unterstützung im Alltag bemühen.

Behandlung & Therapie

Auch die Behandlung der Compressio cerebri hängt vom Ausmaß der Verletzungen ab. Während bei einer leichten Gehirnerschütterung meist einige Tage Bettruhe ausreichen, muss sich der Patient bei einer Gehirnquetschung ins Krankenhaus begeben. Im Falle einer Bewusstlosigkeit werden vitale Funktionen wie Kreislauf und Atmung gesichert.

Liegt ein offenes Schädel-Hirn-Trauma vor, ist ein operativer Eingriff erforderlich, was zum Teil auch für Hirnblutungen und Schädelfrakturen gilt. Wichtig ist zudem die engmaschige Überwachung des Patienten für einige Tage. Hält die Trübung des Bewusstseins längere Zeit an, wird der Patient mitunter auf der Intensivstation behandelt.

Besteht die Gefahr eines Hirnödems, müssen entwässernde Arzneimittel verabreicht werden. Für die Weiterbehandlung einer Compressio cerebri gilt die Aufnahme in einer Spezialklinik als sinnvoll. Dort kann auf Fachärzte, spezialisierte Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten zurückgegriffen werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose der Compressio cerebri ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Die Schwere der Verletzung sowie die vorliegende Ursache ist maßgeblich für einen Heilungserfolg. Hinzu kommt noch das Alter des Patienten und die Dauer der erlebten Bewusstlosigkeit. In vielen Fällen ist das Ausmaß der Compressio cerebri erst nach mehreren Jahren deutlich. Tendenzen können von den behandelnden Ärzten bereits kurz nach dem Eintritt der Gehirnquetschung gegeben werden. Alle bleibenden Schäden sind jedoch erst nach 2-3 Jahren deutlich.

Durch den medizinischen Fortschritt sind in den vergangenen Jahren verschiedene Therapiemethoden entwickelt worden, die zu einer deutlichen Verbesserung der Gesundheit beitragen. So kann mit regelmäßigen Übungen und gezielten Methoden eine Linderung der Intensität von Lähmungen oder Gangunsicherheiten erreicht werden.

Es besteht bei der Compressio cerebri die Möglichkeit, dass es zu dauerhaften Beeinträchtigungen kommt. Diese haben einen starken Einfluss auf die Lebensqualität und führen häufig zu einer Umstrukturierung von Alltag und Beruf. Je länger eine Bewusstlosigkeit vorlag, desto ungünstiger ist oftmals die weitere Entwicklung. Kam es zu Störungen der Atmung, hat dies ebenfalls einen erheblichen Anteil für die Möglichkeit einer Heilung. Die Erkrankung löst bei vielen Patienten ein Stresserleben sowie eine Überforderung aus. Die Prognose verschlechtert sich, sobald es zu einer psychischen Störung kommt.

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Vorbeugung

Als beste Vorbeugemaßnahme gegen ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Compressio cerebri gilt das Anlegen eines Schutzhelms. Auf diesen sollten vor allem Risikogruppen wie Inlineskater, Radfahrer, Motorradfahrer und Klettersportler zurückgreifen.

Nachsorge

Bei einer Compressio cerebri oder Gehirnquetschung infolge eines Schädel-Hirn-Traumas sind die Nachsorgemaßnahmen besonders wichtig. Vor allem aber bedarf es erst einmal einer fachgerechten Akutbehandlung der schweren Symptomatik. Die Frage ist nämlich, ob der Patient die gravierenden Folgen der Hirnquetschung überhaupt überleben kann. Es handelt sich bei der Compressio cerebri um die Folge eines schweren, oft unfallbedingten Schädel-Hirn-Traumas oder eines erhöhten Hirndrucks durch andere Ursachen.

Bei besonders schweren Hirntraumata ist dauerhaftes Koma möglich. Viele Betroffene können bei einer schweren Compressio cerebri nicht gerettet werden. Sie versterben an den Folgen. In diesen Fällen erledigt sich die Nachsorge. Im Fall des Überlebens im Koma sind umfangreiche Behandlungs- und Pflegemaßnahmen notwendig, solange der Patient überlebt. In fünf Prozent aller Fälle von Schädel-Hirn-Traumata ist das der Fall. Oft liegen Polytraumata vor. Das erschwert die Behandlung ebenso wie die Nachsorge.

Je nach Zustand des Patienten kann die Nachsorge bei der Compressio cerebri sehr umfangreich ausfallen. Vielfach ist medizinisch geschultes Personal erforderlich, um die Nachsorgemaßnahmen in professionelle Hände zu legen. Physiotherapie, Sprachtherapie oder Atemtherapie sind mögliche Maßnahmen. Oftmals können die notwendigen Nachsorgemaßnahmen bei einer schweren Compressio cerebri nur im klinischen Bereich geleistet werden. Es kann auch nach der Akutbehandlung zu Komplikationen kommen, die umgehend behandelt werden müssen.

Das können Sie selbst tun

Bei Schädigungen des Gehirns, sind die Möglichkeiten zur Selbsthilfe begrenzt. Dennoch kann der Betroffene darauf achten, dass er seinen Kopf möglichst keinen ruckartigen Bewegungen aussetzt. Schnelle Drehbewegungen, hüpfen, springen und auch laufen sollten vermieden werden.

Damit eine Hirnschwellung sich möglichst schnell zurückbildet, sind Vibrationen des Kopfes aller Art zu reduzieren oder vollständig untersagt. Sportliche Aktivitäten können bis zu einer Genesung nur begrenzt durchgeführt werden. Die Teilnahme an Ballsportarten darf auf keinen Fall stattfinden.

Beim Fahren eines Autos oder Fahrrades sollte eine ruhige und sehr besonne Fahrweise stattfinden, damit Vollbremsungen oder durch Bodenwellen ausgelöste Erschütterungen aus dem Weg gegangen wird. Der Kopf ist möglichst häufig zu entlasten und sollte nur langsamen Bewegungsabläufen ausgesetzt werden. Regelmäßige Pausen und das Ablegen des Kopfes unterstützen den Heilungsprozess, da sie zur Entlastung beitragen.

Anstrengende kognitive Belastungen sind ebenfalls zu vermeiden. Streitgespräche, intellektuelle Aufgaben oder Stress erhöhen die Gehirntätigkeit und regen dadurch die Durchblutung sowie die Versorgung der Nerven an. Ratsam ist es auch, wenn die Sinnessysteme keinen starken Belastungen ausgesetzt werden. Lesen bei schwachem Licht oder das Hören von lauten Musikstücken führen zu einer erhöhten Aktivität der Muskeln, Nerven und den zur Verarbeitung gehörigen Hirnarealen. Hilfreich hingegen sind entspannende sowie beruhigende Umgebungseinflüsse.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Henne-Bruns, D., Barth, H.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

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