Atemtherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine richtige Atmung ist für die Gesundheit von großer Bedeutung und wird von vielen Faktoren wie Stress, körperlicher Verfassung und Luftqualität beeinflusst. Eine Atemtherapie wird angewandt bei verschiedenen Arten von Atemdefiziten, Atemwegserkrankungen, bei Stress, Erschöpfungszuständen und psychischen Erkrankungen oder zum Erlernen unterschiedlicher Atemtechniken.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Atemtherapie?

Zu der Atemphysiotherapie gehören auch bestimmte Atemtechniken und das Erlernen von Körperhaltungen. Zu den erlernbaren Atemtechniken gehören Lippenbremse, Bauch- und Zwerchfellatmung.

Der Atem wird vom Gehirn gesteuert. Er verläuft meist unbewusst und oft wird erst dann wahrgenommen und beobachtet, wenn Kurzatmigkeit oder eine Erkältung das Atmen erschweren.

Bei den Atemtherapien lässt sich unterscheiden zwischen medizinischen Therapien der Atmung, wenn eine Krankheit oder Funktionsstörung z.B. durch Asthma, Rauchen oder Luftverschmutzung vorliegt, und auf der anderen Seite Therapien mit dem Atem, die in der alternativen Körper- oder Psychotherapie eingesetzt werden.

Eine medizinische Atemtherapie dient z.B. der Verbesserung der Lungenfunktion bei konstant schwacher Lunge und hat das Ziel, das Atmungs- und Bronchialsystem zu stärken. Diese Art der Atemtherapie wird häufig in Spezialkliniken angeboten. Sie kann auch bei entsprechend ausgebildeten Krankengymnasten durchgeführt werden.

Die alternative Atemtherapie bezieht die emotionale Situation und Körpersprache eines Patienten mit ein. Der Atem wird als eine Kraft betrachtet, die für besseres Selbstempfinden, Entspannung und Gelassenheit nutzbar gemacht werden kann. In dieser Form der Atemtherapie gibt es die unterschiedlichsten Ansätze und Verfahren. Sie wird beispielsweise in der Praxis eines Atemtherapeuten oder in Rehabilitationszentren durchgeführt.

Geschichte & Entwicklung

Die Atemtherapie hat eine lange Geschichte, die in verschiedenen Kulturen und Epochen ihre Wurzeln hat. Schon im alten Indien wurde im Rahmen des Yoga das bewusste Atmen (Pranayama) praktiziert, um Körper und Geist zu harmonisieren. Ähnliche Atemtechniken fanden sich auch in der traditionellen chinesischen Medizin, insbesondere im Qigong, wo kontrollierte Atmung als wesentlicher Bestandteil zur Stärkung der Lebensenergie (Qi) galt.

Im Westen begann die systematische Untersuchung der Atemphysiologie im 19. Jahrhundert, als Ärzte und Forscher die Bedeutung des Atmens für die Gesundheit und Heilung erkannten. Eine Schlüsselentwicklung war die Erkenntnis, dass kontrollierte Atmung den Sauerstoffgehalt im Blut beeinflusst und positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System hat. Im frühen 20. Jahrhundert entwickelte der deutsche Arzt Johannes Heinrich Schultz das autogene Training, bei dem Atemübungen zur Entspannung und Stressbewältigung integriert wurden.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts gewann die Atemtherapie an Bedeutung durch die Arbeit von Ilse Middendorf, die das Konzept des „erfahrbaren Atems“ entwickelte. Ihre Methode betonte das bewusste Wahrnehmen des Atems, um körperliche und seelische Blockaden zu lösen. Gleichzeitig wurden Atemübungen in der Rehabilitation von Lungenkrankheiten, insbesondere in der Behandlung von Asthma, COPD und nach Operationen, zunehmend eingesetzt. Heute ist die Atemtherapie eine anerkannte Methode in der Physiotherapie und psychosomatischen Medizin, die sowohl zur körperlichen Rehabilitation als auch zur Stressbewältigung eingesetzt wird.

Einsatz & Indikation

Eine Atemtherapie wird durchgeführt, wenn die natürliche Atemfunktion gestört ist oder wenn Atemtechniken zur Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität beitragen können. Sie ist besonders notwendig bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) oder Bronchitis. In diesen Fällen hilft die Atemtherapie dabei, die Atemmuskulatur zu stärken, Schleim zu lösen und die Atmung effizienter zu gestalten, was die Luftzufuhr verbessert und die Atemnot verringert.

Nach Operationen, insbesondere nach Eingriffen im Brust- oder Bauchbereich, ist die Atemtherapie ebenfalls wichtig. Sie wird eingesetzt, um postoperative Atemprobleme wie flache Atmung oder die Ansammlung von Schleim in den Lungen zu verhindern, die zu Komplikationen wie einer Lungenentzündung führen könnten.

Auch bei neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose, die die Atemmuskulatur schwächen können, hilft die Atemtherapie, die Atemfunktion zu unterstützen. Zudem wird sie häufig bei Stress oder psychosomatischen Erkrankungen angewendet, da kontrolliertes Atmen nachweislich Stress reduziert, das Nervensystem beruhigt und zur Entspannung beiträgt.

Im Rahmen der Rehabilitation nach einer COVID-19-Erkrankung wird die Atemtherapie ebenfalls zunehmend eingesetzt, um die Lungenfunktion wiederherzustellen und die Atemkapazität zu verbessern. Sie hilft Patienten, die aufgrund der Erkrankung Atemprobleme und Erschöpfung erleben, wieder zu einer normalen Atmung zurückzufinden.

Vorteile & Nutzen

Die Atemtherapie bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, da sie eine nicht-invasive und natürliche Herangehensweise zur Verbesserung der Atemfunktion darstellt. Im Gegensatz zu medikamentösen Therapien hat die Atemtherapie keine Nebenwirkungen und kann von den Patienten langfristig und eigenständig angewendet werden. Dies macht sie zu einer sicheren und effektiven Methode, insbesondere für Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen wie Asthma oder COPD, die auf eine nachhaltige Verbesserung ihrer Atemfunktion abzielen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Atemtherapie nicht nur die physische Atmung verbessert, sondern auch positive Auswirkungen auf den psychischen Zustand hat. Durch das Erlernen von Atemtechniken können Stress und Angstzustände reduziert werden, was sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirkt. Viele Patienten berichten von einer verbesserten Entspannungsfähigkeit und einer besseren Kontrolle über ihre Atemmuster, was besonders bei psychosomatischen Beschwerden hilfreich ist.

Darüber hinaus fördert die Atemtherapie die Eigenverantwortung des Patienten. Durch regelmäßiges Üben können Patienten ihre Atemmuskulatur stärken und Techniken erlernen, die ihnen im Alltag helfen, akute Atemnot zu vermeiden oder zu lindern. Dies erhöht die Lebensqualität, ohne auf Medikamente oder invasive Maßnahmen angewiesen zu sein, und bietet eine ganzheitliche Unterstützung der Gesundheit.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die medizinische Atemtherapie kommt bei einem großen Spektrum unterschiedlicher Atemwegserkrankungen sowie bei unzureichender Atemmechanik zum Einsatz. Eine tiefere Atmung erzeugt eine bessere Sauerstoffversorgung des Körpers. Die medizinische Atemtherapie nimmt einen wichtigen Platz in der Orthopädie, Internistik und Chirurgie ein, ebenso bei der Schwangerschaftsvorbereitung.

Die chronisch atemwegsverengende Lungenerkrankung (auch Raucherlunge genannt) sowie die chronisch obstruktive Bronchitis sind Volkskrankheiten, bei denen eine Atemtherapie erfolgversprechend eingesetzt wird. Besonders bei Asthma, chronischem Husten und Atemnot, ist eine medizinische Atemtherapie sinnvoll, um einen Anfall durch spezielle Atemtechnik zu zu mildern und Luftnot zu beheben.

Eine Atemphysiotherapie (Krankengymnastik) kann erfolgen mit Hilfe eines Gerätes, das den Patienten veranlasst, gegen einen Widerstand auszuatmen. Dies erweitert die Bronchien und ermöglicht besseres Abhusten des Schleims. Außerdem wird damit die Lungenfunktion trainiert. Zu der Atemphysiotherapie gehören auch bestimmte Atemtechniken und das Erlernen von Körperhaltungen wie dem Kutschersitz, die eine leichtere Atmung ermöglichen.

Zu den erlernbaren Atemtechniken gehören Lippenbremse, Bauch- und Zwerchfellatmung. Medizinische Atemtherapie wird außerdem zur Vorsorge von Lungenentzündung eingesetzt, zur Stärkung der Brustmuskulatur und Erhöhung der Lungenkapazizät. Letztlich führt die Atemtherapie zu einer allgemeinen Leistungssteigerung der Patienten.

Alternative Atemtherapien basieren auf völlig anderen Ansätzen und zielen nicht nur auf Patienten mit geschwächter Atemfunktion, sondern allgemein auf Menschen, die ihr Körperbewusstsein und ihre innere Ausgeglichenheit erhöhen möchten. Hier wird davon ausgegangen, dass der Atem eng mit allen körperlichen und psychischen Funktionen vernetzt ist. Daraus wird gefolgert, dass durch Atemtherapie alle menschlichen Ebenen positiv beeinflusst werden können.

Zwar verläuft das Atmen unwillkürlich, doch ist es bewusst steuerbar, was sich die alternativen Atemtherapien zunutze machen. Unter Anderem zählen hierzu Methoden wie der Erfahrbare Atem nach I. Middendorf, die Eutonie nach G. Alexander, das Pranayama des Yoga, das Qigong der tradtionellen chinesischen Medizin und das Holotrope Atmen nach S. Grof. Zu den psychischen Erkrankungen, in denen die alternative Atemtherapie einen zentralen Platz einnimmt, gehören Angstzustände und Depressionen.

Atemtherapie ist schließlich auch für einige Berufsgruppen besonders wichtig, wie etwa Sänger, Musiker, Schauspieler und Tänzer.


Durchführung & Ablauf

Eine Atemtherapie beginnt in der Regel mit einer eingehenden Untersuchung durch einen Arzt oder Therapeuten, um die Atemprobleme und individuellen Bedürfnisse des Patienten zu verstehen. Dabei wird die Atmung beobachtet, die Lungenkapazität geprüft und mögliche Verspannungen oder Fehlhaltungen identifiziert, die die Atmung beeinträchtigen könnten.

Der eigentliche Ablauf der Therapie umfasst verschiedene Atemübungen, die darauf abzielen, die Atemmuskulatur zu stärken, die Atemtiefe zu verbessern und die Atemtechnik zu optimieren. Zu den Grundtechniken gehört oft die Bauchatmung oder Zwerchfellatmung, bei der der Patient lernt, die Luft tiefer in die Lunge zu ziehen, anstatt nur oberflächlich in den Brustkorb zu atmen. Dies fördert eine effizientere Sauerstoffaufnahme und reduziert Atemnot.

Lagerungstechniken können ebenfalls Teil der Therapie sein, insbesondere bei Patienten mit Lungenproblemen wie COPD. Bestimmte Positionen, wie die Kutschersitzhaltung oder das Liegen mit erhöhtem Oberkörper, erleichtern das Atmen und fördern den Schleimabtransport.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das Atemtraining unter Belastung, bei dem der Patient lernt, auch während körperlicher Aktivität eine ruhige und kontrollierte Atmung zu bewahren. Zusätzlich kommen Entspannungstechniken zum Einsatz, um den Atemrhythmus zu beruhigen und Stress abzubauen.

Je nach Ziel der Therapie wird das Programm regelmäßig angepasst, und der Patient erhält Übungen, die er zu Hause fortführen kann, um langfristig die Atemkapazität und -kontrolle zu verbessern.

Risiken & Gefahren

Von einer unsachgemäß angewandten oder oberflächlich vermittelten Atemtherapie ist dringend abzuraten, da diese schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann.

So stellt beispielsweise die Therapie des Holotropen Atmens, durch das der Betroffene über Hyperventilation in einen "anderen Bewusstseinzustand" gelangen soll, eine Gefahr für Menschen mit Blutdruckerkrankungen oder Schwangere dar.

Vorsicht gegenüber einer Atemtherapie ist auch bei manchen psychischen Erkrankungen geboten, die sich in Folge der Atemübungen verschlimmern können. Daher sollte vor Beginn einer Atemtherapie unbedingt eine gute Qualifikation des Behandelnden sichergestellt werden sowie, dass bei den Beschwerden nichts gegen eine Atemtherapie spricht.

Alternativen

Wenn eine Atemtherapie nicht möglich ist oder nicht den gewünschten Erfolg bringt, gibt es mehrere alternative Verfahren, die zur Verbesserung der Atemfunktion beitragen können. Ein gängiger Ansatz ist der Einsatz von Atemhilfsgeräten, wie CPAP- (Continuous Positive Airway Pressure) oder BiPAP- (Bilevel Positive Airway Pressure) Geräten. Diese Geräte unterstützen die Atmung mechanisch, indem sie während der Ein- und Ausatmung einen kontinuierlichen Luftdruck aufrechterhalten, was insbesondere bei Patienten mit Schlafapnoe oder chronischen Atemwegserkrankungen hilfreich ist.

Medikamentöse Therapie, wie die Verabreichung von Bronchodilatatoren oder Kortikosteroiden, ist eine weitere Option. Diese Medikamente entspannen die Atemwege, reduzieren Entzündungen und erleichtern die Atmung, besonders bei Erkrankungen wie Asthma oder COPD.

Inhalationstherapie mit Medikamenten oder Kochsalzlösungen ist ebenfalls eine bewährte Methode, um die Lungenfunktion zu verbessern und Schleim zu lösen. Hierbei werden Medikamente über spezielle Inhalationsgeräte direkt in die Lungen eingebracht, was eine schnelle Wirkung erzielt.

Für Patienten mit schwereren Atemproblemen kann eine Sauerstofftherapie notwendig sein. Dabei wird über eine Maske oder Nasenbrille zusätzlicher Sauerstoff verabreicht, um die Sauerstoffsättigung im Blut zu erhöhen.

Körperliche Rehabilitation, wie z. B. Physiotherapie, kann ebenfalls eine Alternative sein, bei der die Verbesserung der allgemeinen Fitness und die Kräftigung der Atemmuskulatur im Vordergrund stehen. Diese Ansätze können helfen, die Atemfunktion zu unterstützen, wenn eine herkömmliche Atemtherapie nicht durchführbar ist.

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Quellen

  • Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012

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