Desoxygenierung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Desoxygenierung
Die Deoxygenierung ist die Dissoziierung der Sauerstoffmoleküle von den Hämoglobinmolekülen im menschlichen Blut. Die Sauerstoffversorgung des Körpers baut auf einem Kreislauf aus Oxygenierung und Deoxygenierung auf. Bei Erscheinungen wie der Rauchvergiftung ist dieser Kreislauf gestört.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist die Deoxygenierung?
Bei der chemischen Deoxygenierung lösen sich aus einer atomaren Bindung die Sauerstoffatome. Die Medizin bezieht den Begriff auf den Zerfall der Sauerstoffbindungen am Hämoglobin. Das Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff, der zweiwertige Eisenatome enthält. Bei der menschlichen Atmung dient das Hämoglobin dank dieser sauerstoffaffinen Eisenbindung als Transportmedium.
Alle Organe und Gewebe des Körpers benötigen Sauerstoff. Das Blut transportiert die Sauerstoffatome bis in die dünnsten Äste der Blutbahnen und versorgt damit sämtliche Gewebe.
Sauerstoff verfügt lediglich über begrenzte Löslichkeit. Daher liegt er im Blutplasma nicht nur in freier, sondern auch in hämoglobingebunder Form vor. Diese Bindung wird auch Oxygenierung genannt und ist das Gegenteil der Deoxygenierung.
Die Bindungsaffinität von Hämoglobin zu Sauerstoff verändert sich in den verschiedenen Milieus des Körpers. Wenn die Affinität sinkt, findet Deoxygenierung statt. Die Sauerstoffatome werden so an die einzelnen Gewebe und Organe des Körpers abgegeben. Bindungsloses Hämoglobin wird auch Desoxyhämoglobin genannt. Analog dazu heißt sauerstoffgebundenes Hämoglobin Oxyhämoglobin.
Funktion & Aufgabe
Zur Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung aller Zellen ist aufgrund der begrenzten Löslichkeit aber auch die Bindung an das Hämoglobin ein lebenswichtiger Prozess. Bei der Oxygenierung des Hämoglobins verändert sich seine Konformation. Mit dieser Lageveränderung ordnet sich das zentrale Eisenatom im roten Blutfarbstoff räumlich neu an und das Hämoglobin nimmt einen dynamischen Funktionszustand an.
Ohne Sauerstoffbindung ist Hämoglobin eigentlich Desoxyhämoglobin und weist so eine gespannte T-Form auf. Mit der Oxygenierung verändert sich die Form des Hämoglobins in eine entspannte R-Form. Die Rede ist dann von Oxyhämoglobin. Die Affinität des Hämoglobins zu Sauerstoff ändert sich mit der jeweiligen Form und räumlichen Anordnung der Moleküle. In seiner entspannten Form ist der rote Blutfarbstoff so sauerstoffaffiner als in seiner gespannten Form.
Auch der pH-Wert hat Einfluss auf die Affinität. Je höher der pH-Wert im jeweiligen Körpermilieu, desto höher auch die Sauerstoffbindungsaffinität des Hämoglobins. Zusätzlich beeinflussen die Temperaturen die Bindungseigenschaften. So steigt die Bindungsaffinität zu Sauerstoff zum Beispiel mit Temperaturabfall.
Daneben ist die Sauerstoffbindungsaffinität vom Kohlenstoffdioxidgehalt abhängig. Diese Abhängigkeit von der Kohlendioxid-Konzentration wird zusammen mit der pH-Abhängigkeit als Bohr-Effekt bezeichnet. Die Bindungsaffinität des Hämoglobins zu Sauerstoff fällt bei steigendem Kohlendioxidspiegel und niedrigem pH-Wert. Bei niedrigem Kohlendioxidspiegel und hohem ph-Wert steigt die Affinität also. Aus diesem Grund oxygeniert das Hämoglobin während der Atmung in den alveolaren Kapillaren der Lungen, denn dort liegt ein sinkender Kohlendioxidgehalt vor und der Blut-pH-Wert steigt an.
Im Blutsystem des weiteren Körperkreislaufes liegen dagegen relativ hohe CO2-Konzentrationen zu niedrigen pH-Werten vor. Die Bindungsaffinität des roten Blutfarbstoffes nimmt so ab. Der Sauerstoff dissoziiert von den Molekülen des Hämoglobins und die Desoxygenierung findet statt.
Ohne die Desoxygenierung wäre das Blut daher kein effektives Transportmedium für Sauerstoff. Wenn die Sauerstoffmoleküle nämlich dauerhaft an das Eisen des Hämoglobins gebunden blieben, würden weder die Körpergewebe, noch die Organe von dem Transport profitieren.
Krankheiten & Beschwerden
Bei einer starken Vergiftung ist von Anoxie die Rede. Eine solche Erscheinung ist das vollständige Fehlen von Sauerstoff im Gewebe des Körpers. Während die Anoxie fast immer mit Rauchgasvergiftungen in Zusammenhang steht, kann die Ursache für eine Hypoxie auch eine Anämie oder eine Embolie sein. An einer chronischen Anämie leiden zum Beispiel Patienten der Sichelzellenanämie. Ihr abnormes Hämoglobin neigt zum Verklumpen, verstopft so Blutgefäße und oxygeniert nicht mehr ausreichend. Daher kann auch die Sichelzellenanämie eine Hypoxie verursachen. Dasselbe gilt für die sogenannte Alpha-Thalassämie, bei der die Synthese der Alpha-Ketten im Proteinanteil des Hämoglobin gestört ist.
Im Rahmen einer Hypoxie kommt es im Körper immer zu einem gestörten Zellstoffwechsel. Die Körperzellen nehmen durch die Mangelversorgung mit Sauerstoff also immer Schaden. Wie schwerwiegend die Folgen der Mangelversorgung sind, hängt zum Beispiel davon ab, wie schnell sie wieder behoben werden kann. Die Sauerstoffgabe ist für die meisten Mangelversorgungen ein wichtiger Behandlungsschritt. Bei Blutbildungskrankheiten oder Hämoglobinstörungen sind Bluttransfusionen meist unerlässlich.
Quellen
- Dormann, A., Luley, C., Heer, C.: Laborwerte. Urban & Fischer, München 2005
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Schänzler, N., Bieger, W.P.: Laborwerte. Gräfe und Unzer, München 2009