Oxygenierung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Oxygenierung bezeichnet die Bindung des roten Blutfarbstoffs an Sauerstoffmoleküle. Das Gegenteil wird auch Deoxygenierung genannt und findet bei zu hohen CO-Konzentrationen oder zu niedrigem ph-Wert im Blut statt. Die fortschreitende Deoxygenierung bringt bei Kohlenmonoxidintoxikationen die Sauerstoffversorgung der Organe in Gefahr.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Oxygenierung?

Die Oxygenierung bezeichnet die Bindung des roten Blutfarbstoffs an Sauerstoffmoleküle.

Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin gibt den roten Blutkörperchen ihre Farbe und erfüllt außerdem wichtige Funktionen in der Atmungskette. Das Hämoglobin enthält dazu eine zweiwertige Eisenverbindung, die sich an Sauerstoff binden kann. Es wird deswegen auch als sauerstoffaffin bezeichnet. Die Sauerstoffbindung des roten Blutfarbstoffes nennt sich in der medizinischen Fachsprache Oxygenierung.

Das Blut erfüllt bei der Atmung somit die Aufgabe eines Transportmediums und bringt den Sauerstoff zu einzelnen Organen und Geweben. Sauerstoff liegt im Blut sowohl in der gebundenen, als auch in physikalisch gelöster Form vor. Die gelöste Form spielt insbesondere für den Sauerstoffaustausch zwischen den Lungenalveolen und dem Plasma eine Rolle. Auch der Sauerstoffaustausch zwischen dem Blutplasma und dem Interstitium ist auf gelösten Sauerstoff angewiesen, da dieser Prozess über Diffusion realisiert wird.

Sauerstoff ist allerdings nur begrenzt löslich. Der hämoglobingebundene Sauerstofftransport erhält trotz der begrenzten Löslichkeit die lebenswichtige Zellversorgung mit Sauerstoff aufrecht.

Funktion & Aufgabe

Bei der Oxygenierung bindet sich Sauerstoff an Hämoglobin. In Folge dessen verändert das Molekül seine Konformation, also die räumliche Anordnung. Bei diesem Prozess ändert vor allem das zentrale Eisenatom des Blutfarbstoffs seine Lage. So erreicht die Bindung einen dynamischen Funktionszustand. Es kommt bei der Oxygenierung also nicht zu einer echten Oxidation oder chemisch aufwendigen Reaktion.

Ungebundenes Hämoglobin wird auch als Desoxyhämoglobin bezeichnet und tritt als gespannte T-Form in Erscheinung. Erst durch die Bindung an Sauerstoffatome wird der Blutfarbstoff in die entspannte R-Form überführt, die auch als Oxyhämoglobin bekannt ist. Die Affinität des Hämoglobins zu Sauerstoff hängt so zum Beispiel von Faktoren wie der Konformation der Moleküle ab. In der entspannten R-Form ist der rote Blutfarbstoff affiner als in der gespannten T-Form.

Auch der pH-Wert spielt für die Sauerstoffbindungsaffinität des Hämoglobins eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit steigendem pH-Wert steigt auch die Bindungsaffinität des Hämoglobins. Einen ebenso großen Einfluss auf die Bindungsaffinität des roten Blutfarbstoffes hat die Temperatur. So nimmt die Affinität mit absteigenden Temperaturen zu und verliert sich in einer Konsequenz dessen bei zu hohen Kerntemperaturen. Die Bindungsaffinität von Hämoglobin ist neben diesen Faktoren auch von der Kohlendioxidkonzentration abhängig.

Die Abhängigkeit von den Faktoren Kohlenstoffdioxidgehalt und ph-Wert des Bluts wird als sogenannter Bohr-Effekt zusammengefasst. Bei hohem pH-Wert und niedrigem Kohlendioxidgehalt besteht eine hohe Affinität. Die Konzentration an Oxyhämoglobin steigt zu diesen Bedingungen dementsprechend an. Folgerichtig sinkt die Bindungsaffinität bei hohem Kohlendioxidgehalt und niedrigem pH-Wert.

Der Blutkreislauf des Körpers berücksichtigt diese Faktoren natürlicherweise beim Sauerstofftransport. In den Kapillaren der Lunge liegt zum Beispiel ein geringer Kohlendioxidgehalt und relativ hoher pH-Wert vor. Die Bindungsaffinität des Hämoglobins ist in den Lungen also entsprechend hoch. Es kommt so zur Oxygenierung des roten Blutfarbstoffes. Außerhalb der Lungenkapillaren liegt damit verglichen ein relativ hoher CO2-Gehalt bei niedrigem pH-Wert vor. Die Bindungsaffinität des Hämoglobins nimmt dementsprechend ab und setzt den Sauerstoff Stück für Stück wieder frei, der daraufhin von den Geweben und Organen aufgenommen wird.

Dies Dissoziierung des Sauerstoffs von den Hämoglobinmolekülen wird als Desoxygenierung bezeichnet und ist für die Sauerstoffversorgung des Körpers ähnlich wichtig, wie die Oxygenierung.


Krankheiten & Beschwerden

Bei einer Kohlenmonoxidintoxikation ist die Oxydierung des Hämoglobins eingeschränkt oder sogar vollständig außer Kraft gesetzt. Denn die Bindungaffinität von Hämoglobin zu Kohlenmonoxid ist verglichen mit der Bindungsaffinität zu Sauerstoff etwa 300 Mal so hoch. Somit lagert sich bei einer Rauchvergiftung in kürzester Zeit Kohlenmonoxid an das Hämoglobin an und lässt auf diese Weise Carboxyhämoglobin entstehen. Dadurch besteht eine Blockade für die Sauerstoffaufnahme und der Sauerstoffgehalt fällt im Blut Stück für Stück ab.

Starke CO-Vergiftungen lösen daher eine Hypoxie aus, das heißt eine allgemeine Unterversorgung des Körpergewebes und der Organe mit Sauerstoff. Wenn der CO-Gehalt im Blut einen gewissen Prozentsatz erreicht, wird der Betroffene aufgrund dieser Unterversorgung ohnmächtig. Wenn der Gehalt nach der Ohnmacht weiter ansteigt, tritt ab einer bestimmten Konzentration der Tod ein. Bei Unterversorgungen mit Sauerstoff stirbt Körpergewebe irreversibel ab.

Zur Behandlung von verminderten Sauerstoffkonzentrationen im arteriellen Blut stehen Sauerstofftherapien zur Verfügung. Diese Therapien sind auch bei Lungenembolien hilfreich. Dasselbe gilt für Herzinfarkte, Ateminsuffizienzen oder Herzinsuffizienzen. Bei vielen kardiopulmonalen Erkrankungen droht eine Hypoxie.

Die Hypoxie droht auch bei einer Blutarmut, da bei dieser Erkrankung zu wenig rote Blutkörperchen im Plasma vorhanden sind. Je weniger Hämoglobin, desto weniger Sauerstoff kann daher in der gebundenen Form in die Organe transportiert werden. Blutarmut kann im Rahmen von Blutverlusten entstehen, aber auch durch einen Mangel an Eisen oder Folsäure verursacht werden.

Auch bei Erkrankungen der Blutbildung kann es zu anämischen Phänomenen kommen, die unter Umständen mit weiteren Blutbildungsstörungen und anderen Begleitsymptomen einhergehen. Anämien werden abhängig von ihrer Ursache behandelt und bilden sich im Rahmen von Mangelerscheinungen wieder zurück, sobald der ursächliche Mangel behoben ist.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009

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