Dorfman-Chanarin-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Dorfman-Chanarin-Syndrom handelt es sich um eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung, welche die Speicherung von Triglyzeriden betrifft. Dieses Syndrom gehört zu den sogenannten Speichererkrankungen. Aufgrund der genetischen Grundlage ist eine ursächliche Behandlung der Erkrankung nicht möglich.
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Was ist das Dorfman-Chanarin-Syndrom?
Das Dorfman-Chanarin-Syndrom ist eine extrem seltene Speichererkrankung mit unnormaler Speicherung von Triglyzeriden (Neutralfetten) in verschiedenen Körperzellen. So werden die Fette hauptsächlich in den Fibroblasten, den Leberzellen, der Muskulatur, den Nervenzellen und in den Leukozyten gespeichert. Dort findet jedoch kein Triglyzeridabbau mehr statt.
Nach allgemeinen Schätzungen beträgt die Häufigkeit dieser Erkrankung 1 zu 1 Million. Bisher wurden weltweit lediglich 50 Fälle beschrieben. Die meisten Betroffenen stammen aus Indien und dem Mittleren Osten. Die Speicherstörung geht einher mit einer Ichthyose (Fischschuppenerkrankung). Manchmal ist dies das einzige Symptom. Dabei muss die Erkrankung jedoch gegen andere Formen der Neutrallipidspeicherstörungen abgegrenzt werden.
Es gibt auch Neutrallipidspeichererkrankungen ohne Ichthyose aber mit Myopathie, welche auch als NLSDM bezeichnet werden. Das Dorfman-Chanarin-Syndrom ist jedoch eine Neutralfettspeicherstörung mit Ichthyose und wird auch als NLSDI bezeichnet. Erstmalig wurde das Syndrom durch den Dermatologen Dorfman im Jahre 1974 beschrieben.
Andere Bezeichnungen für diese Erkrankung lauten Chanarin-Dorfman-Syndrom, Lipidose mit Triglyzerid-Speicherkrankheit, Myopathie mit Neutralfettspeicherung oder Neutralfett-Speicherkrankheit. Die Erkrankung besteht bereits von Geburt an. Trotz einiger körperlicher Einschränkungen ist die Lebenserwartung der Betroffenen jedoch oft nicht verringert.
Ursachen
Als Ursache für das Dorfman-Chanarin-Syndrom kommt eine Mutation im ABHD5-Gen infrage. Dabei wurden verschiedene Mutationen dieses Gens festgestellt, welche das Enzym für den Abbau der Neutralfette funktionsunfähig machen. Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt. So gibt es Einzelbeschreibungen von Fällen, wo beispielsweise Verwandtenehen zur Ausprägung dieses Syndroms geführt haben.
Ursache der Symptome der Erkrankung ist eine abnorme Ansammlung von neutralen Fetten (Triglyzeride) in den Leukozyten, Nervenzellen, Fibroblasten, Leberzellen und Muskelzellen. Entweder fehlt das Triglyzerid abbauende Enzym oder seine Funktion ist eingeschränkt. In der Folge können keine Neutralfette mehr abgebaut werden.
Diese sammeln sich in den entsprechenden Zellen an und verursachen Funktionsstörungen der entsprechenden Organe. Wo es möglich ist, wird das überschüssige Fett aus den Zellen transportiert und über den Darm in Form von Fettstühlen aus den Körper entfernt. Das meiste Fett wird jedoch dauerhaft gespeichert und verändert die Funktionsweise der Zellen.
So stört die Lipidspeicherung in den Keratinozyten die natürliche Permeabilitätsbarriere der Haut. Zum Ausgleich werden ständig neue Keratinozyten gebildet, die schließlich zu einer fischschuppenartigen Verdickung der Haut führen. Auf diese Weise wird zwar eine gewisse Barriere aufgebaut, aber die Haut kann ihre normale Funktion des Wärmeaustausches nicht mehr korrekt erledigen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Dorfman-Chanarin-Syndrom äußert sich hauptsächlich in einer angeborenen und alle Hautpartien betreffende Ichthyose. Dabei ist die Hautschicht durch eine Hyperkeratose verdickt und bildet eine schuppige Körperoberfläche. Die Haut ist außerdem entzündlich gerötet. Manchmal bleibt die Ichthyose das einzige Symptom der Erkrankung.
Im Laufe der Zeit entwickeln sich jedoch häufig auch noch Funktionsstörungen anderer Organe. Durch die Fettspeicherung in der Leber entsteht eine Hepatosplenomegalie (Lebervergrößerung durch Fetteinlagerung). Des Weiteren kommt es zu einer Leukozytenanomalie (Jordans-Anomalie) mit progressiver [[Muskelschwund [Muskeldystrophie)|Muskeldystrophie]]. Auch in den Augen lagern sich Fette ab, die zu einem Katarakt und Nystagmus führen.
Die Beteiligung des Nervensystems verursacht Minderbegabung, motorische Störungen und Hörverluste. Eine Ataxie entwickelt sich meist erst ab dem mittleren Lebensalter. Oftmals leiden die Patienten auch an Kleinwuchs. Die in der Leber gespeicherten Fette verursachen sogenannte Fettstühle.
Diagnose
Bei der Diagnose des Dorfman-Chanarin-Syndroms müssen zunächst andere ebenfalls mit Ichthyose einhergehende Erkrankungen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Die Cholesterin- und Fettwerte im Blut sind in der Regel normal.
Lediglich die Leberwerte und die Muskelenzyme können erhöht sein. Zusätzlich können die Granulozyten histologisch über die Lipidfärbung untersucht werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn zu der charakteristischen Hyperkeratose weitere Symptome hinzukommen, sollte in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden. Funktionsstörungen anderer Organe sowie Störungen des Nervensystems bedürfen einer raschen Abklärung. Wer erste Anzeichen motorischer Störungen oder eines Hörverlustes bemerkt, der spricht am besten mit dem zuständigen Mediziner. Auch Symptome von Katarakt und Nystagmus sowie regelmäßige Fettstühle sind typische Warnzeichen dafür, dass das Dorfman-Chanarin-Syndrom einen schweren Verlauf nimmt.
Auch wenn diese Folgesymptome ausbleiben, sollte mit der Stoffwechselstörung regelmäßig zum Arzt gegangen werden. Der Mediziner muss den Verlauf überwachen und sicherstellen, dass dieser positiv ist. Zudem muss die Medikation gelegentlich angepasst werden, was nur der Arzt durchführen kann.
Vor allem die von Anfang an bestehende Ichthyose muss dauerhaft behandelt werden, um Infektionen, Juckreiz und andere unangenehme Hautreaktionen zu verhindern. Sollten sich Blutungen oder Infektionen entwickeln, muss ein Arzt konsultiert werden. Bei starken Beschwerden kann außerdem der ärztliche Notdienst oder das nächstgelegene Krankenhaus kontaktiert werden.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung des Dorfman-Chanarin-Syndroms kann nur symptomatisch erfolgen, da es eine genetisch bedingte Erkrankung ist. Um eine weitere Fettspeicherung zu vermeiden, wird den Betroffenen eine fettarme und proteinreiche Diät empfohlen. Des Weiteren sollen zusätzlich Triglyzeride mit Fettsäuren mittlerer Kettenlänge supplementiert werden.
Damit kann das Dorfman-Chanarin-Syndrom zwar nicht geheilt, aber sein Fortschreiten verlangsamt werden. Alle anderen Behandlungen beziehen sich auf die Linderung der Symptome. Das Hauptsymptom ist zunächst die Ichthyose. Wie bei allen Ichthyosen ist dessen Behandlung sehr aufwendig. Dabei ist es wichtig, die Haut häufig einzucremen und zu baden. Des Weiteren werden Keratolytika angewendet, welche die Hornhaut aufweichen und leichter abtragen lassen.
Bei den meisten Ichthyosen hat sich Harnstoff (Urea) als Keratolytikum bewährt. Urea wird in Form von harnstoffhaltigen Cremes und Salben angewendet. Falls die Behandlung der Haut versäumt wird, bilden sich schmerzhafte Risse in der trockenen Haut, welche dessen Funktion noch weiter einschränkt. Die schweren Formen der Ichthyose können jedoch mit einer systemischen Retinoidtherapie behandelt werden, wobei sowohl keratolytische als auch die Verhornung hemmende Prozesse ablaufen.
Allerdings kann es bei dieser Behandlung zu unumkehrbaren Nebenwirkungen kommen. Mithilfe dieser Therapien können zwar die Abschuppung der Haut und deren Abwehr von Infektionen unterstützt werden. Eine ursächliche Behandlung des Dorfman-Chanarin-Syndroms ist jedoch nicht möglich.
Aussicht & Prognose
Beim Dorfman-Chanarin-Syndrom handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung. Aus diesem Grund ist eine ursächliche Therapie dieser Krankheit in der Regel nicht möglich, sodass die Patienten immer auf eine symptomatische Behandlung angewiesen sind.
Die Beschwerden sind sehr vielfältig und werden verstärkt, wenn keine Behandlung eintritt. Es kommt dabei zu Hörbeschwerden und zu Sehbeschwerden, wobei die meisten Betroffenen auch an einer verringerten Intelligenz und an einer Minderbegabung leiden. Ebenso leiden viele Patienten an Kleinwuchs und an motorischen Störungen. Die Entwicklung des Kindes wird durch das Dorfman-Chanarin-Syndrom erheblich verlangsamt und eingeschränkt, sodass es auch im Erwachsenenalter zu Komplikationen kommt.
Die Therapie richtet sich dabei nach den genauen Beschwerden und zielt vor allem auf eine gewöhnliche Entwicklung des Kindes. Mit Hilfe intensiver Therapien und verschiedener Fördermaßnahmen können die motorischen Störungen behoben werden. Auch die verringerte Intelligenz kann dadurch eingeschränkt werden. Eine vollständige Heilung wird dabei jedoch nicht erreicht.
Mit Hilfe verschiedener Cremes können auch die Hautbeschwerden gelindert werden, sodass die Lebensqualität des Betroffenen erhöht wird. Das Dorfman-Chanarin-Syndrom wirkt sich in der Regel nicht negativ auf die Lebenserwartung aus. Es kann allerdings auch zu starken psychischen Beschwerden bei den Eltern oder bei den Angehörigen führen.
Vorbeugung
Da das Dorfman-Chanarin-Syndrom eine genetisch bedingte Erkrankung ist, gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen zu dessen Verhinderung. Wichtig ist es jedoch, die bereits von Anfang an bestehende Ichthyose dauerhaft zu behandeln, um Infektionen und unangenehme Hautreaktionen zu verhindern.
Nachsorge
In der Regel stehen dem Betroffenen beim Dorfman-Chanarin-Syndrom keine besonderen oder direkten Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Bei diesem Syndrom ist in erster Linie die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Beschwerden notwendig, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden kommt. Da es sich dabei auch um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann auch keine vollständige Heilung erfolgen.
Sollte beim Patienten ein Kinderwunsch bestehen, kann eine genetische Beratung hilfreich sein, um das Vererben des Dorfman-Chanarin-Syndroms eventuell zu verhindern. In den meisten Fällen sind die Betroffenen auf die Einnahme von Medikamenten und weiterhin auch auf die Benutzung von Cremes und Salben angewiesen. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung zu achten, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern.
Die Beschwerden sollten in regelmäßigen Abständen von einem Arzt kontrolliert werden. Da es durch das Dorfman-Chanarin-Syndrom auch nicht selten zu psychischen Verstimmungen kommen kann, sind dabei auch intensive Gespräche mit Freunden oder mit den eigenen Eltern sehr sinnvoll. In der Regel verringert das Dorfman-Chanarin-Syndrom nicht die Lebenserwartung des Patienten.
Das können Sie selbst tun
Das Dorfman-Chanarin-Syndrom ist eine äußerst seltene angeborene Stoffwechselstörung, die mit einer abnormen Speicherung von Triglyceriden einhergeht. Die Krankheit ist genetisch bedingt, der Patient kann keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen, die ursächlich wirken. Er kann aber dazu beitragen die Symptome zu lindern.
Dies gilt insbesondere bei der fast immer auftretenden Ichthyose (Fischschuppenerkrankung). Die erkrankte Haut muss von den Betroffenen sehr sorgfältig gepflegt werden. Gute Ergebnisse werden mit warmen Bädern erzielt, die mit Salz vom Totem Meer angereichert sind. Nach dem Baden muss die Haut gründlich abgetrocknet und eingecremt werden.
Besonders effektiv sind Salben, die den Wirkstoff Urea (Harnstoff) enthalten, da dieser hornlösend wirkt. Die tägliche Pflegeroutine sollte der Patient keinesfalls ausfallen lassen. Eine Vernachlässigung der betroffenen Hautareale führt sehr schnell zu einer Verschlimmerung der Symptome. Häufig bilden sich schmerzende oder blutende Risse und Schrunden, die mit einem gesteigerten Risiko für Sekundärinfektionen einhergehen. In diesen Fällen sollte immer sofort ein Arzt konsultiert werden.
Die abnorme Einlagerung der Triglyceride im Körper kann durch eine adäquate Diät zwar meist nicht verhindert, aber doch zumindest stark gemildert werden. Die Betroffenen sollten eine fettarme, vitaminreiche Kost bevorzugen. Patienten lassen sich bei der erforderlichen Ernährungsumstellung am besten von einem Ökotrophologen beraten.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003