Enterobacter

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter der Bezeichnung Enterobacter wird eine Gruppe von Bakterien aus der, sehr viele Arten umfassenden, Familie der Enterobakterien (Enterobacteriaceae) zusammengefasst. Es handelt sich um eine Gruppe gramnegativer, begeißelter Stäbchenbakterien, die fakultativ anaerob leben und im Darm Bestandteil der Darmflora sind. Einige wenige Arten sind pathogen und können Meningitis, Atemwegs- und Harnwegsentzündungen verursachen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Enterobacter?

Gramnegative Enterobacter aus der Familie der Enterobacteriaceae haben sich viele Lebensbereiche erobert, in denen sie als freilebende Bakterien überdauern.
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Enterobacter ist eine gramnegative Art von normalerweise begeißelten Stäbchenbakterien aus der sehr großen Familie der Enterobakterien (Enterobacteriaceae). Die Bakterien sind fast allgegenwärtig und bilden im Darm des Menschen in Vergesellschaftung mit anderen Bakterien einen Teil der gesunden Darmflora. Ihr Anteil an der gesamten Darmflora macht allerdings nur etwa 1 Prozent aus.

Die Bakterien beziehen ihre Energie meist aus organischen Stoffen, die sie abbauen und unter anaeroben Bedingungen die 2,3-Butandiolgärung zur Energiegewinnung nutzen. Unter aeroben Bedingungen sind sie in der Lage, Energie über die Oxidation organischer Stoffe und deren Abbau zu Kohlendioxid und Wasser zu beziehen. Ein Charakteristikum aller Enterobacter-Arten ist, dass bei keinem seiner Stoffwechselwege Säuren wie Milch- oder Essigsäure entstehen.

Einige wenige Arten von Enterobacter sind pathogen und treten als Verursacher von Harnwegs- und Atemwegsentzündungen auf. In sehr seltenen Fällen können sie auch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) verursachen. Die Mehrzahl der Enterobacter-Arten ist entweder nicht oder nur fakultativ pathogen, falls sie durch irgendeinen Umstand direkt in den Blutkreislauf oder in innere Organe gelangen oder wenn das Immunsystem geschwächt oder künstlich unterdrückt (supprimiert) ist.

In den letzten Jahren sind Enterobacter-Arten zunehmend bei Krankenhausinfektionen (nosokomiale Infektionen) als Mitverursacher identifiziert worden.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Gramnegative Enterobacter aus der Familie der Enterobacteriaceae haben sich viele Lebensbereiche erobert, in denen sie als freilebende Bakterien überdauern. Die sogenannte Gramfärbung, die auf den dänischen Bakteriologen Hans Christian Gram zurückgeht, dient der Klassifizierung von Bakterien in grampositive und gramnegative Arten. Es handelt sich um eine bestimmte Einfärbung, die im Lichtmikroskop darüber Aufschluss gibt, ob die Bakterienwand aus einer einzigen Schicht Murein (Peptidoglykan) oder aus mehreren Schichten aufgebaut ist. Im ersteren Fall reagiert die Färbung grampositiv und im letzteren Fall gramnegativ.

Enterobacter sind in Lebensmitteln, in Pflanzen, im Boden und in Gewässern zu finden. Als Darmbakterien leben sie meist in Vergesellschaftung mit vielen anderen Bakterienarten. Die stäbchenförmige Bakterie der Art Enterobacter ist mit einem Durchmesser von 0,6 bis 1,0 Mikrometer und einer Länge von 1,2 bis 3,0 Mikrometer sehr klein. Ihr gemeinsames Merkmal ist die peritriche Begeißelung, also eine Begeißelung am gesamten Körper, die fast alle Enterobacter-Arten aufweisen. Die Geißeln, auch Flagellen genannt, bestehen aus fadenähnlichen Gebilden, mit denen sich die Bakterien mittels propellerartiger Bewegungen aktiv fortbewegen können.

Ein weiteres Merkmal, das gleichzeitig zur Unterscheidung einzelner Arten dient, sind sogenannte Antigene, die Enterobacter an ihren Flagellen präsentieren. Meist handelt es sich um den Typ H-Antigene, die aus thermolabilen Geißelproteinen bestehen und die das Bakterium umbilden kann, um möglichst dem Immunsystem zu entgehen. Die Antigene provozieren eine Immunantwort in Form spezifischer Antikörper, die an das Antigen binden können und weitere Immunreaktionen auslösen.

Einige Enterobacter-Arten können sich mit einer Kapsel aus schleimartigen Polysacchariden einhüllen, um dem Angriff von Makrophagen und damit einer Phagozytose zu entgehen. Als besonderes Merkmal von Enterobacter gilt ihr Stoffwechsel, der es ihnen erlaubt, Energie über den aeroben Atmungszyklus (Citratzyklus) oder über den anaeroben Gärungsstoffwechsel zu beziehen. Im letzteren Fall entstehen als Stoffwechselprodukte Alkohole und Butandiol.

Enterobacter können Citrat als alleinige Kohlenstoffquelle nutzen. Die chemoorganotrophe Lebensweise lässt Enterobacter in seiner Eigenschaft als Darmbakterie als leicht parasitär bis neutral erscheinen. Besonders die Verwertung von unverdauten Nahrungsresten im Dickdarm begründet die Annahme, dass die Bakterien dem menschlichen Stoffwechsel keinen Schaden zufügen und auch nicht parasitär Nahrung entziehen, da jegliche „Resteverwertung“ im Dickdarm mangels Resorptionsfähigkeit des Dickdarmepithels nicht als parasitär eingestuft werden kann. Bakterien der Gattung Enterobacter, die einen Teil der Darmflora bilden, können prinzipiell als nicht pathogen bzw. als fakultativ pathogen eingestuft werden, es sei denn sie treffen auf ein geschwächtes oder künstlich unterdrücktes Immunsystem (Immunsuppression) und gelangen in den Blutkreislauf, über den sie andere Organe infizieren können.

Bedeutung & Funktion

Enterobacter lebt im Darm in Vergesellschaftung mit einer großen Varietät anderer Bakterien und sonstigen Mikroorganismen. Enterobacter ist damit Teil der gesunden Darmflora. Die Darmflora übt als Gesamtsystem wichtige gesundheitsrelevante Aufgaben und Funktionen aus. Die Verdauung wird unterstützt durch enzymatische Aufspaltung bestimmter Nahrungsbestandteile und die Darmperistaltik wird angeregt.

Besonders wichtig für die Gesundheit ist die Versorgung des Körpers mit Vitaminen wie Thiamin, Riboflavin, B12 und weiterer wichtiger Mikronährstoffe. Darüber hinaus übt die gesunde Darmflora modulierenden Einfluss auf das Immunsystem aus. Das Immunsystem wird dauernd gefordert und „in Übung“ gehalten. Tendenziell werden allergische Reaktionen und Autoimmunreaktionen vermindert.

Es lässt sich nur sehr schwer feststellen, welcher Anteil der positiven Eigenschaften der Darmflora auf das Konto von Enterobacter zurückgeführt werden kann. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit so, dass die positiven Eigenschaften der nicht pathogenen oder der nur fakultativ pathogenen Arten die ansonsten parasitäre Lebensweise deutlich überwiegen.


Krankheiten & Beschwerden

Einige wenige Unterarten von Enterobacter wie E. aerogenes, E. cloacae und Cronobacter sakazakii können bei Vorliegen günstiger Infektionsvoraussetzungen, bei gleichzeitig geschwächtem oder künstlich supprimiertem Immunsystem, in eher seltenen Fällen, als Erreger von Atemwegs- oder Harnwegsinfekten auftreten. In einigen Fällen wurden Enterobacter auch als Verursacher einer Hirnhautentzündung identifiziert.

In Kliniken sind bereits nosokomiale Infektionen im Zusammenhang mit bestimmten Arten von Enterobacter bekannt geworden. Die Beachtung einer Grundhygiene verringert die Gefahren einer Infektion deutlich. Mit Grundhygiene ist besonders Händewaschen nach einem Toilettengang gemeint. Hygienische Verhältnisse in Bad und Toilette gehören ebenfalls zur Grundhygiene. Im Falle kontaminierter Lebensmittel tötet Erhitzen auf mindestens 70 Grad Enterobacter ab und macht die Bakterien unschädlich.

Eine grundsätzliche Bekämpfung von Bakterien der Art Enterobacter ist nicht sinnvoll, da Enterobacter normaler Bestandteil der Darmflora sind und nicht hinreichend bekannt ist, ob und gegebenenfalls welchen Nutzen sie für den Menschen haben. Insbesondere sind die spezifischen Wirkungen von nicht-pathogenen Enterobacter-Arten auf die Darmperistaltik, auf den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel und den Elektrolythaushalt nicht eingehend geklärt.

Quellen

  • Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
  • Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
  • Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016

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