Darmperistaltik
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Peristaltik werden die Muskeltätigkeit und die daraus resultierenden Bewegungen von Hohlorganen bezeichnet. Die Darmperistaltik dient vorrangig der Durchmischung des Speisebreis und seiner Fortleitung in Richtung Enddarm bzw. After. Teilweise wird der Begriff Darmperistaltik synonym zu Begriffen wie Darmbewegungen oder Darmmotilität genutzt. Darmperistaltik umfasst allerdings eigentlich allein die propulsive und die nicht-propulsive Peristaltik. Alle anderen Darmbewegungen fallen eher unter den Begriff Darmmotilität.
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Was ist die Darmperistaltik?
Ein Bewegungsmuster von Hohlorganen, das durch eine synchrone Aktivität der Zellen der glatten Muskulatur entsteht, wird Peristaltik genannt. Typische Peristaltiken verlaufen wellenförmig mit abwechselnden Phasen von Kontraktion und Entspannung der Muskulatur.
Die Darmperistaltik beruht auf der Kontraktion und der Entspannung der Längs- und Ringmuskulatur des Darms. Sie findet sich im gesamten Darm, das heißt sowohl in den Abschnitten des Dünndarms als auch im Dickdarm.
Für diese Funktion verfügt der Darm über einen speziellen Wandaufbau. Die innerste Schicht der Darmwand ist die Tunica mucosa, eine Schleimhautschicht. Auf dieser liegt eine Muskelschicht, bestehend aus einer Ringmuskelschicht (Stratum circulare bzw. Stratum anulare) und einer Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale). Die äußerste Darmschicht heißt Tunica adventitia. Nur durch die Längs- und die Ringmuskulatur ist die spezielle Darmperistaltik überhaupt möglich.
Funktion & Aufgabe
Bei der propulsiven Peristaltik kontrahiert zwar auch die ringförmige Muskulatur, die Bewegung wird aber unter Einbeziehung der Längsmuskulatur fortgeführt. Man spricht hier auch von einer tonischen Dauerkontraktion der Darmmuskulatur. Die propulsive Peristaltik dient dem Weitertransport des Chymus in Richtung Anus.
Zusätzlich zu diesen beiden Formen der Darmperistaltik kann zwischen einer retrograden und einer orthograden Peristaltik differenziert werden. Bei der orthograden Peristaltik wird der Darminhalt in die richtige Richtung, sprich in Richtung Enddarm, transportiert. Bei der retrograden Peristaltik ist die Transportrichtung umgekehrt. Um eine Verlangsamung der Durchlaufzeit des Speisebreis durch den Darm zu erreichen, kann dieser Zustand beim Menschen chirurgisch hergestellt werden.
Die Steuerung der Darmperistaltik unterliegt den sogenannten Schrittmacherzellen. Sie geben den Rhythmus der Peristaltik vor. Die Schrittmacherzellen in der glatten Muskulatur des Gastrointestinaltrakts werden auch interstitielle Cajal-Zellen (ICC) genannt. Es handelt sich dabei um spindelförmige Zellen, die sich in der Längsmuskelschicht des Darms befinden. Sie fungieren als eine Art Vermittler zwischen den Muskelzellen und den erregenden sowie hemmenden Nervenzellen des Darms.
Es existiert noch eine weitere Gruppe von Cajal-Zellen in der Darmmuskulatur. Diese bilden eine verzweigte Verbindung zwischen der Längs- und der Ringmuskulatur und bilden die eigentlichen Schrittmacher. Sie stehen in enger Verbindung mit dem sogenannten Auerbach-Plexus. Der Auerbach-Plexus ist ein Nervengeflecht in der Darmwand und ist für die Darmperistaltik und insbesondere für die Steuerung der Kontraktionen der glatten Muskelzellen zuständig. Die Schrittmacherzellen unterliegen wiederum der Steuerung des vegetativen Nervensystems. Die Muskulatur verfügt zwar auch über eine gewisse Eigenrhythmik, je nach Nahrungsaufnahme kann aber eine verstärkte Peristaltik erforderlich sein.
Der peristaltische Reflex ist verantwortlich für eine verstärkte Darmperistaltik nach der Nahrungsaufnahme. Innerhalb der Magenwand und der Darmwand befinden sich Mechanorezeptoren, die auf Dehnung reagieren. Werden Magen oder Darm durch die aufgenommene Nahrung gedehnt, so schütten die Zellen des enterischen Nervensystems Serotonin aus. Dadurch werden andere Nervenzellen in der Darmwand, unter anderem die Schrittmacherzellen, angeregt. Diese wiederum bewirken die Muskelkontraktionen der Darmmuskelzellen.
Krankheiten & Beschwerden
Häufigster Auslöser eines paralytischen Ileus ist eine Entzündung im Bauchraum wie beispielsweise eine Blinddarmentzündung, Gallenblasenentzündung oder Bauchspeicheldrüsenentzündung. Auch Gefäßverschlüsse, Schwangerschaft oder verschiedene Medikamente wie Opiate, Antidepressiva und Medikamente gegen die parkinsonsche Erkrankung können einen paralytischen Ileus zur Folge haben.
Während beim paralytischen Ileus die Darmperistaltik komplett zum Erliegen kommt, ist sie beim mechanischen Ileus zum Teil sogar verstärkt. Beim mechanischen Ileus wird die Darmpassage durch ein mechanisches Hindernis im Darminneren verhindert. Einem mechanischen Ileus können Kotballen, Fremdkörper, Gallensteine, Darmeinklemmungen oder Darmverschlingungen zugrunde liegen.
Ein mechanischer Ileus kann auch als Komplikation eines Nabel- oder Leistenbruchs auftreten. Der Darm versucht bei einem mechanischen Ileus verstärkt den Speisebrei an dem Verschluss vorbei zu transportieren. Deshalb ist die Peristaltik in dem Darmabschnitt vor dem Hindernis verstärkt.
Typische Symptome eines Darmverschlusses sind Erbrechen, eventuell sogar Koterbrechen, Blähungen innerhalb des Darms sowie kompletter Stuhl- und Windverhalt. Durch einen Ileus kann die Darmwand schwer geschädigt werden, sodass Bakterien aus dem Darm in den Bauchraum übertreten und dort eine lebensbedrohliche Entzündung des Bauchfells (Peritoneum) zur Folge haben können.
Beim Reizdarmsyndrom ist fast immer auch die Darmperistaltik gestört. Das Reizdarmsyndrom ist die häufigste Erkrankung des Darms. Es handelt sich dabei um eine chronische Funktionsstörung mit unbekannter Ursache. Die Symptome des Reizdarms sind sehr vielfältig. Durch die gestörte Peristaltik kommt es zu Durchfällen im Wechsel mit Verstopfung, Magenschmerzen, Völlegefühl und Blähbauch. Die Stuhlentleerung ist oft schmerzhaft. Der Zustand der Patienten verschlechtert sich insbesondere in Stresssituationen. Einige Mediziner zählen das Reizdarmsyndrom deswegen zu den psychosomatischen Erkrankungen.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013