Erdheim-Chester-Erkrankung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheiten Erdheim-Chester-Erkrankung
Bei der Erdheim-Chester-Krankheit handelt es sich um eine sogenannte nicht-Langerhanssche Art einer Histiozytose. Dies ist eine Multisystem-Krankheit, die zum Beispiel mit Skelettbeschwerden beziehungsweise Schmerzen in den Knochen oder auch Diabetes insipidus einhergeht. Darüber hinaus sind Schädigungen der Nieren sowie des zentralen Nervensystems in Verbindung mit kardiovaskulären Symptomen möglich. Die Erdheim-Chester-Erkrankung wird in vielen Fällen mit der Abkürzung ECD bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist die Erdheim-Chester-Krankheit?
Die Erdheim-Chester-Erkrankung stellt eine enorm seltene Form einer Histiozytose dar. In der bisherigen Medizingeschichte seit 1930 sind lediglich circa 500 Fälle der ECD bekannt. Weniger als 15 Fälle traten im Kindesalter auf. Im Durchschnitt sind die betroffenen Personen bei Beginn der Krankheit 53 Jahre alt.
Dabei zeigt sich jedoch keine familiäre Häufung der Erkrankung, sodass nach aktuellem Kenntnisstand nicht von einer Vererbung der Erdheim-Chester-Erkrankung ausgegangen wird. Die ECD wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Jakob Erdheim, einen österreichischen Pathologen, entdeckt. Zum Zeitpunkt der Entdeckung hielt sich Erdheim im Rahmen eines Forschungsaufenthalts in Wien auf. Im Jahr 1930 wurde die Erkrankung vom britischen Arzt für Herzkrankheiten William Chester zum ersten Mal beschrieben.
Ursachen
Die Ursachen für die Entstehung der Erdheim-Chester-Erkrankung sind nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Forschung noch nicht bekannt. Jedoch stehen sowohl reaktive als auch neoplastische Ursachen in der Diskussion über potentielle Gründe für die Erkrankung. Bei Patienten, die an der Erdheim-Chester-Erkrankung leiden, wurden gesteigerte Werte von Interleukin, Interferon-Alpha sowie Monozyten-Chemoattraktions-Protein 1 gefunden.
Gleichzeitig haben sich herabgesetzte Werte von IL-4 gezeigt. Die Befunde geben insgesamt Hinweise darauf, dass es sich bei der Krankheit um eine systemische und Th-1-orientierte Immunstörung handelt. Darüber hinaus wurden bei über der Hälfte der untersuchten betroffenen Patienten Mutationen im BRAF-Proto-Onkogen gefunden. Dies gibt einen weiteren Hinweis darauf, dass die Ursachen für die Erdheim-Chester-Erkrankung sehr komplex sind.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die möglichen Symptome und Beschwerden, die im Rahmen der Erdheim-Chester-Erkrankung auftreten können, sind sehr vielfältig. Grundsätzlich sind bei ECD mehrere Organsysteme von der Krankheit betroffen, sodass die Symptome je nach Ausprägung sehr unterschiedlich ausfallen. In circa der Hälfte der Fälle leiden die betroffenen Patienten an Beschwerden des Skelettsystems.
Dabei sind Schmerzen in den Knochen in Verbindung mit symmetrischen osteosklerotischen Änderungen an den langen Röhrenknochen die häufigsten Symptome. Zudem wurden Symptome am Retroperitonealraum, der Lunge sowie der Niere beobachtet. In den meisten Fällen beginnt die Erdheim-Chester-Erkrankung im Erwachsenenalter im Zeitraum zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.
Die Erkrankung tritt dabei bei Männern dreimal so häufig auf wie bei Frauen. Der Verlauf schwankt stark je nach Patient und Ausprägung der Erkrankung. In einigen Fällen, insbesondere zu Beginn der Krankheit, zeigen sich keinerlei Symptome. In schwerwiegenden Fällen sind die Beschwerden jedoch multisystemisch und werden lebensbedrohlich. Eines der Merkmale der ECD ist eine Osteosklerose, die an den langen Röhrenknochen auftritt.
In der Folge kommt es zu Knochenschmerzen, von denen insbesondere die unteren Extremitäten betroffen sind. Wird die Hypophyse im Rahmen der Erkrankung infiltriert, folgt meist Diabetes insipidus. Seltener sind auch ein Mangel an Gonadotropin sowie eine Hyperprolaktinämie möglich. Generelle Symptome der Erdheim-Chester-Erkrankung sind starker Gewichtsverlust und Schwächegefühle.
Werden andere Organe infiltriert, kann es zu einem gesteigerten intrakraniellen Druck, einem Papillenödem, Exophthalmus oder einer Nebenniereninsuffizienz kommen. Durch eine Beteiligung des zentralen Nervensystems sind Kopfschmerzen, kognitive Beeinträchtigungen und Krampfanfälle möglich.
Auch können sensorische Störungen und Lähmungen der Hirnnerven auftreten. Zudem bilden sich im Rahmen der ECD oftmals kardiovaskuläre Veränderungen heraus, etwa die sogenannte beschichtete Aorta.
Diagnose
Die Erdheim-Chester-Erkrankung wird anhand der Kombination von typischen Symptomen gestellt, die bei anderen Krankheiten in dieser Form nicht auftreten. Zeigen sich im Rahmen von histologischen Untersuchungen xantho-granulomatöse beziehungsweise xanthomatöse Gewebeinfiltrationen in Verbindung mit histiozytären Schaumzellen, gilt die Diagnose der ECD als gesichert.
Bei Röntgenuntersuchungen weist eine symmetrische und bilaterale kortikale Osteosklerose an den langen Röhrenknochen auf die Erkrankung hin. Wird eine abdominale CT-Untersuchung durchgeführt, zeigt sich bei circa der Hälfte der betroffenen Personen eine sogenannte haarige Niere. In diesem Fall empfiehlt sich die Durchführung einer Biopsie. Im Rahmen der Differentialdiagnose sind zum Beispiel Histiozytosen an den Langerhansschen Zellen, eine Takayasu-Arteriitis sowie eine primäre Hypophysitis auszuschließen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Anhaltende Schmerzen der Knochen und Gelenke sind von einem Arzt untersuchen und behandeln zu lassen. Breiten sich die Schmerzen am Körper aus oder nehmen sie an Intensität zu, wird ein Arzt benötigt. Vor der Einnahme eines schmerzstillenden Medikamentes sollte die Rücksprache mit einem Mediziner gesucht werden, damit Risiken und Nebenwirkungen besprochen und abgeklärt werden können. Kommt es durch die Beschwerden zu einer Fehlhaltung des Körpers oder einseitigen Belastungen, ist ein Arztbesuch notwendig.
Es drohen ohne eine Korrektur dauerhafte Schäden des Skelettsystems. Störungen der Bewegungskoordination und Gangunsicherheiten sind mit einem Arzt zu besprechen. Bei einem ungeplanten und unverhofften Gewichtsverlust oder einer allgemeinen Schwäche, ist ein Arzt aufzusuchen. Krämpfe, Kopfschmerzen oder Verminderungen der Leistungsfähigkeit gelten als besorgniserregend, wenn sie über mehrere Tage unverändert auftreten.
Kommt es zu Konzentrationsstörungen oder wiederholten Aufmerksamkeitsdefiziten, sollte ein Arzt konsultiert werden. Beschwerden in der Nierenregion gelten als ungewöhnlich und sind ärztlich abklären zu lassen, wenn sie über mehrere Tage vorhanden sind. Veränderungen des Urins oder Probleme beim Wasserlassen müssen mit einem Arzt besprochen werden. Bei Fieber, einem Krankheitsgefühl oder Funktionsstörungen einzelner Systeme, ist ein Arzt aufzusuchen. Werden Hautveränderungen oder Strukturveränderungen der Knochen bemerkt, besteht ebenfalls Anlass zur Sorge und ein Arzt sollte konsultiert werden.
Behandlung & Therapie
Bei der Therapie der Erdheim-Chester-Erkrankung kommen Steroide und Cyclophosphamid sowie Bisphosphonate und Etoposid zum Einsatz. Insbesondere die Bisphosphonate sind in der Lage, die Schmerzen in den Knochen zu verringern. Derzeit wird die Verwendung von Vemurafenib und Infliximab geprüft, die bereits gewisse Erfolge gegen ECD gezeigt haben.
Die Heilungschancen und Prognosen bei der Erdheim-Chester-Erkrankung sind abhängig von der Ausprägung der Erkrankung und dem Grad der Betroffenheit der inneren Organe. Ist die Therapie wirkungslos, stirbt ein Großteil der Patienten circa zwei bis drei Jahre nach Stellung der Diagnose an Lungenentzündung, kongestivem Herzversagen oder Nierenversagen. Grundsätzlich hängt die Lebenserwartung davon ab, wie stark die Organe geschädigt sind.
Aussicht & Prognose
Die Erdheim-Chester-Erkrankung gehört zu den extrem selten auftretenden Krankheiten. Die Ursachen für die Erkrankung sind ungeklärt. Weltweit sind etwa 500 Menschen betroffen. Die Erdheim-Chester-Erkrankung führt zu einer Ballung spezifischer Symptome. Vom Schweregrad der Symptome und der daraufhin eingetretenen Organschädigungen hängt es ab, welche Prognose für den Betroffenen genannt wird.
Die Folgen der Erdheim-Chester-Erkrankung wiegen meist schwer. Mehrere Organsysteme sind von Schädigungen und Krankheitsfolgen betroffen. Je nach Schädigungsgrad können Lebensqualität und Lebenserwartung mehr oder weniger stark herabgesetzt sein. Es können bei den milderen Formen medizinische Fortschritte in Richtung auf Heilung erzielt werden. Die Fortschritte beruhen auf einer medikamentösen Behandlung.
Schwierig ist, dass die Erdheim-Chester-Erkrankung als Multisystem-Erkrankung so viele Aspekte hat. In der Summe ergeben diese oft ein schweres Krankheitsbild. Dieses kann in seinen einzelnen Komponenten nur schwer behandelt werden. Die Prognose der Erdheim-Chester-Erkrankung kann daher sehr unterschiedlich ausfallen. Generell gilt, dass eine Beteiligung des Zentralnervensystems für eine schlechtere Prognose sorgt.
Früher überlebten Patienten die Erdheim-Chester-Erkrankung nur um anderthalb Jahre. Dank moderner Behandlungsansätze konnte diese Zeitspanne mittlerweile verlängert werden. Ein Viertel der Betroffenen stirbt in einem Zeitraum von 19 Monaten nach Diagnosestellung. Fast 70 Prozent der Betroffenen überleben mittlerweile die nächsten fünf Jahre. Sie haben es allerdings mit schweren Symptomen zu tun.
Vorbeugung
Da die Erdheim-Chester-Erkrankung bisher noch nicht ausreichend erforscht ist, bestehen auch keine bekannten wirksamen Methoden zur Vorbeugung der Krankheit. Bei ersten Anzeichen der Erkrankung ist umgehend ein Arzt zu konsultieren.
Nachsorge
Die sehr selten auftretende Erdheim-Chester-Erkrankung tritt meistens im Alter jenseits der Fünfzig auf. In noch selteneren Fällen ist sie bereits bei Kindern und Jugendlichen anzutreffen. Als Erkrankungsgrund wird eine Genmutation angenommen - und damit wird die Nachsorge schwierig. Sie kann derzeit keine Gesundung zum Ziel haben, sondern lediglich eine Linderung und Überwachung der vielen Krankheitszeichen leisten.
Da es im Laufe der unterschiedlich schweren Erkrankung zu Organschäden kommen kann, hängt die Betreuungsfrequenz vom Verlauf der Erkrankung ab. Zu dieser gehören starke Knochenschmerzen und Knochenveränderungen, Fieber, Diabetes insipidus, starker Gewichtsverlust, Organschäden oder Schaden am ZNS. Daher handelt es sich bei der Erdheim-Chester-Erkrankung um eine Multisystemerkrankung.
Die medizinische Nachsorge der Erdheim-Chester-Erkrankung sollte eine möglichst große Lebensqualität sicherstellen. Das ist weitgehend nur über Medikamentengaben möglich. Diese können starke Nebenwirkungen entfalten. Die Behandlung ist auch wegen der Seltenheit der Erdheim-Chester-Erkrankung schwierig. Ohne eine Behandlung wird jedoch das Gewebe inklusive der Organe fibrotisch. Es droht ein Versagen der befallenen Organe.
In der Nachsorge kann sich die langfristige Verabreichung von Antibiotika oder anderen Präparaten als hilfreich erweisen. Hilfreich sind außerdem physikalische Therapien oder Ergotherapie, sowie bei entsprechenden Indikationen auch Sprach- oder Schlucktherapie. Mitunter sind die Betroffenen auf den Rollstuhl angewiesen.
Das können Sie selbst tun
Die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD) ist eine Multisystem-Erkrankung mit Skelettsymptomen. Die Krankheit ist sehr selten und ihre Ursachen bisher kaum erforscht. Der Patient kann also keine Maßnahmen ergreifen, die kausal wirken. Der beste Beitrag zur Selbsthilfe besteht darin, die Störung möglichst früh zu erkennen und behandeln zu lassen. Die Prognose für den Krankheitsverlauf und die Überlebenschancen des Patienten hängen stark davon ab, welche Organe zu Beginn der Behandlung bereits betroffen sind und wie weit die Schädigung bereits fortgeschritten ist.
Die Symptome und das Krankheitsbild bei ECD sind äußerst heterogen und hängen davon ab, welche Organe betroffen sind. Personen mit multiplen Organstörungen sollten, selbst wenn die Symptome zunächst harmlos wirken und scheinbar wieder abklingen, unbedingt zeitnah einen Arzt aufsuchen. Zur Behandlung von ECD können die Patienten selbst nicht viel beitragen, sie können aber kontraproduktive Verhaltensweisen einstellen.
Lungenentzündungen sind eine häufige Begleiterscheinung bei ECD. Betroffene sollten deshalb die Lunge nicht unnötig belasten und insbesondere das Rauchen einstellen. Eine gesunde Lebensführung, die das Allgemeinbefinden verbessert und das Immunsystem stärkt, unterstützt die ärztlich verordnete Therapie und erhöht die Heilungschancen.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013