Gestose (hypertensive Schwangerschaftserkrankung)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Gestose ist eine von Bluthochdruck begleitete Schwangerschaftserkrankung. Sie tritt in verschiedenen Formen auf und ihre Ursache ist noch weitgehend unbekannt. Eine Gestose sollte so früh wie möglich behandelt werden, da sie sonst zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen kann.
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Was ist eine Gestose?
Gestose ist eine Erkrankung, die nur während der Schwangerschaft (lateinisch gestatio) vorkommt. Kennzeichen einer Gestose ist unter anderem ein erhöhter Blutdruck (hypertensiv = blutdrucksteigernd).
Ursprünglich bezeichnete man alle Krankheiten, die durch eine Schwangerschaft ausgelöst werden, als Gestosen und teilte sie nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens in Frühgestosen und Spätgestosen ein. So gehörte die Morgenübelkeit zu den Frühgestosen, Präeklampsie und Bluthochdruck zu den Spätgestosen.
Heute verwendet man den Begriff Gestose ausschließlich für Krankheiten während der Schwangerschaft, die einen erhöhten Blutdruck verursachen. Die verschiedenen Formen von Gestosen sind Eklampsie und Präeklampsie, Bluthochdruck, das HELLP-Syndrom und die Pfropfeklampsie.
Die frühere Bezeichnung »EPH-Gestose«, die sich an den Symptomen Ödeme (engl.edema), vermehrte Eiweißausscheidung (Proteinurie) und erhöhter Blutdruck (Hypertonie) orientierte, ist heute nicht mehr üblich.
Ursachen
Die genauen Auslöser für eine Gestose sind noch nicht eindeutig geklärt. Früher vermutete man eine Art Vergiftung des Körpers und nannte Gestosen deshalb auch Schwangerschaftsvergiftung. Dieser Ansatz hat sich jedoch nicht bestätigt.
Heute geht man davon aus, dass die Gebärmutter während der Schwangerschaft Impulse an den Körper abgibt, die dazu führen, dass der Blutdruck steigt. Allerdings hat man noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wodurch dieser Vorgang genau ausgelöst wird und wie er abläuft. Man vermutet, dass der Körper nicht fähig ist, sich auf die Schwangerschaft einzustellen und von den vielfältigen Veränderungen überfordert ist.
Es existieren allerdings auch einige Faktoren, deren Vorliegen das Risiko einer Gestose erhöhen. Dies sind beispielsweise verschiedene Vorerkrankungen wie Diabetes], Nierenfunktionsstörungen oder das Antiphospholid Syndrom. Aber auch Schwangere, die stark übergewichtig sind oder älter als 40 Jahre, tragen ein erhöhtes Risiko für eine Gestose.
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Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Zu den Symptomen einer Gestose gehören unter anderem Bluthochdruck, vermehrte Eiweißausscheidung im Urin, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Ödeme, Krampfanfälle, Schmerzen im rechten Oberbauch oder Sehstörungen. Allerdings kann die Gestose in eine Früh- und eine Spätgestose eingeteilt werden.
Die Frühgestose ist in der Regel harmlos und tritt im ersten Drittel der Schwangerschaft auf. Sie macht sich hauptsächlich durch Übelkeit und Erbrechen bemerkbar und klingt in der 12. Schwangerschaftswoche wieder ab. Nach einer Gestose freien Zeit kann es im letzten Drittel der Schwangerschaft bei einigen wenigen Frauen zu einer Spätgestose mit sehr heftigen Beschwerden kommen.
Bis zu zehn Prozent der Schwangeren leiden an der sogenannten Präeklampsie, einer Spätgestose, die durch erhöhte Eiweißkonzentrationen im Urin, Ödeme und stark erhöhten Blutdruck gekennzeichnet ist. Die Präeklampsie kann sich zur sogenannten Eklampsie mit lebensbedrohlichen Komplikationen wie Hirnödem, Thrombose oder akutem Nierenversagen entwickeln. Da die Komplikationen für Mutter und Kind lebensgefährlich sind, ist sofortige ärztliche Nothilfe erforderlich.
Während der Schwangerschaft ist eine Heilung der Gestose nicht möglich. Nach der Geburt des Kindes bilden sich die Symptome aber wieder zurück. Eine noch schwerere Verlaufsform der Präeklampsie ist das sogenannte HELLP-Syndrom. Das HELLP-Syndrom zeichnet sich durch starke Schmerzen im Oberbauch sowie Übelkeit und Erbrechen aus. In Extremfällen kann es in wenigen Stunden zum Tod führen. Aber auch hier normalisiert sich der Zustand von Mutter und Kind nach der Geburt schnell wieder.
Diagnose & Verlauf
Das typische Symptom der Gestose ist der erhöhte Blutdruck, der meist nach der 20. Schwangerschaftswoche auftritt. Von einer Gestose spricht man, wenn in aufeinander folgenden Messungen der systolische Wert höher als 140 mmHg und der diastolische höher als 90 mmHg ist.
Bei einmaligen Messungen wird ab einer Höhe von 160 mmHg eine Gestose vermutet. Meist kommen noch weitere Anzeichen dazu, wie eine vermehrte Ausscheidung von Eiweiß (Proteinurie) im Urin und Wasseransammlungen (Ödeme) in Beinen, Füßen, Händen oder auch im Gesicht. Von Proteinurie spricht man, wenn in einem Liter Urin mehr als 300 mg Eiweiß enthalten sind. Um dies genau messen zu können, muss die Schwangere den ausgeschiedenen Urin über 24 Stunden sammeln.
Wird die Gestose nicht behandelt, so kann sie für Mutter und Kind zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen. Es kann zu einer Eklampsie kommen mit Übelkeit und Erbrechen, Magen- und Kopfschmerzen, Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen.
Um einem solchen schweren Verlauf vorzubeugen, ist eine frühzeitige Diagnosestellung wichtig. Bei ersten Anzeichen von Bluthochdruck sollte der Arzt die Eiweißkonzentration im Urin messen sowie eine umfassende Blutuntersuchung durchführen. Weitere mögliche Untersuchungen sind die Sonographie (Ultraschall) und die Kardiotokographie (CTG, Aufzeichnen der Herztöne des Kindes).
Komplikationen
Die häufigste Komplikation einer nicht erkannten oder zu spät behandelten hypertensiven Schwangerschaftserkrankung ist eine Frühgeburt – auch wenn diese abgewandt werden kann, treten in einigen Fällen Wachsstumsstörungen oder Leber- und Nierenschäden beim Ungeborenen auf. Eine schwere Form der Gestose – auch Eklampsie genannt – verursacht Krampfanfälle, in deren Folge sich die Plazenta ablösen kann.
Das Leben von Mutter und Kind ist in diesem Fall akut gefährdet. Weitere mögliche Folgen sind akutes Nierenversagen, Hirnödeme, Thrombosen oder starke Blutungen. Sauerstoffmangel während eines Krampfanfalls kann zu einer Beeinträchtigung der Hirnfunktion der Mutter bis hin zum Koma oder dem Tod führen. Eine seltene, aber für Mutter und Kind ebenfalls lebensbedrohliche Komplikation der Gestose stellt das HELLP-Syndrom dar: Durch ein Nachlassen der Leberfunktion steigen die Leberwerte im Blut stark an, die Blutgerinnung verschlechtert sich.
Ein HELLP-Syndrom kann sich innerhalb weniger Stunden entwickeln und macht sich durch starke Oberbauchschmerzen bemerkbar, die oft von Übelkeit und Sehstörungen begleitet werden. Wird die Schwangerschaft nicht schnellstens durch eine Kaiserschnittentbindung beendet, können ein Leberriss, eine Gehirnblutung oder die Ablösung der Plazenta die Folge sein. Eine überstandene Gestose erhöht das Risiko erneut auftretender Komplikationen bei einer Folgeschwangerschaft.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Schwangere sollten grundsätzlich an den angebotenen Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft teilnehmen. Zur Absicherung der Gesundheit von Mutter und Kind und der Überprüfung des Entwicklungsverlaufes ist es ratsam, das vorhandene Angebot zu nutzen. Hat die werdende Mutter das diffuse Gefühl einer Anomalie oder Auffälligkeit, wird empfohlen, einen Termin bei einem Arzt zu vereinbaren.
Kommt es zu Herzrasen, ist der Blutdruck erhöht oder steigt die innere Körperwärme ungewöhnlich an, ist ein Arztbesuch erforderlich. Bei Krampfanfällen oder starken Schmerzen sollte ein Notarzt gerufen werden. Bis zu dessen Eintreffen ist den Anweisungen und Hinweisen des Rettungsdienstes zu folgen. Ein Notarzt wird ebenfalls benötigt, wenn es zu Bewusstseinsstörungen oder Ausfällen des Bewusstseins kommt. Tritt ein Ohnmachtsgefühl ein, sollte sich die Schwangere unverzüglich hinsetzen und im Anschluss den Notruf alarmieren.
Leidet die werdende Mutter unter ungewöhnlich starken Wassereinlagerungen in den Beinen, Händen oder im Gesicht, sollte sie einen Arzt konsultieren. Nehmen diese stark zu, sodass es zu Beeinträchtigungen bei der Fortbewegung kommt oder durch den optischen Makel seelische Probleme auftreten, ist ein Arztbesuch notwendig. Können beim Urinieren Unregelmäßigkeiten wahrgenommen werden, ist ebenfalls ein Arzt aufzusuchen.
Behandlung & Therapie
Die Therapie einer Gestose richtet sich nach ihrem Schweregrad und nach eventuell bestehenden Krankheiten der Schwangeren. Im Anfangsstadium und bei leichten Symptomen helfen oft schon Bettruhe und Schonung. Ziel einer Behandlung ist vorrangig, die lebensbedrohliche Eklampsie zu verhindern.
Um den Blutdruck zu senken, verabreicht man in der Regel blutdrucksenkende Medikamente, allerdings werden diese erst bei Werten ab 170 /110 mmHg eingesetzt. Gegen die Proteinurie muss die Schwangere vermehrt Eiweiß zu sich nehmen. Um eventuellen Krampfanfällen vorzubeugen, wird Magnesiumsulfat verordnet.
Begleitend sollte auf jeden Fall Bettruhe eingehalten werden. Sind die Symptome bereits fortgeschritten, so wird die Patientin in der Regel in die Klinik eingewiesen, um dauerhaft überwacht werden zu können.
Stationär wird oft ein Dauerblasenkatheter gelegt, mit dem man die Urinausscheidung kontrollieren kann und es wird ein Dauerblutdruckmesser installiert, der in bestimmten kurzen Zeitintervallen die Messwerte aufzeichnet. In sehr schweren Fällen einer Gestose kann eine frühzeitige Entbindung durch Kaiserschnitt erforderlich sein.
Aussicht & Prognose
Gestosen sind vor allem im ersten und im letzten Trimester der Schwangerschaft ein Thema. Das zweite Trimester, das sogenannte Toleranzstadium, verläuft oft sehr ruhig und ohne Gestosen. Während des ersten Drittels können sie allerdings dazu führen, dass die Schwangerschaft als Ganzes gefährdet ist, wenn sie besonders heftig auftreten. Im letzten Drittel führen sie schlimmstenfalls dazu, dass die Geburt zu früh eingeleitet wird und ein Frühchen zur Welt kommt, das in seinen ersten Lebenswochen medizinische Unterstützung braucht.
Inzwischen werden die meisten Gestosen einerseits durch die Schwangerschaftsvorsorge frühzeitig erkannt und andererseits gibt es wirksame Behandlungsmöglichkeiten, sodass Risiken für Mutter und Kind gering gehalten werden können und die Schwangere nicht unnötig leidet. Dabei ist zwischen Gestosen und sogenannten Pfropfgestosen zu unterscheiden. Letztere bestanden als Erkrankung schon vor der Schwangerschaft und wurden in ihrer Symptomatik durch diese jetzt noch verschlimmert.
Wenn die Frau vor der Schwangerschaft medikamentös gegen eine Grunderkrankung behandelt wurde, müssen Wirkstoff oder Dosis gegebenenfalls angepasst werden, denn nicht alle Medikamente und Wirkstoffe eignen sich für schwangere Frauen. Gestosen bilden sich nach der Geburt des Kindes in der Regel schnell wieder zurück, sobald sich der Hormonhaushalt der Frau wieder normalisiert. Einige verschwinden auch schon nach einigen Wochen wieder, beispielsweise die Morgenübelkeit zu Beginn einer Schwangerschaft.
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Vorbeugung
Man kann einer Gestose erfolgreich vorbeugen, wenn man bei bestehenden Erkrankungen oder Faktoren, die ein erhöhtes Risiko darstellen, von Anfang an regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchführen lässt. Wird eine Gestose frühzeitig erkannt, so kann sie einfacher und zuverlässiger behandelt werden.
Nachsorge
Bei einer Gestose sind die Möglichkeiten zur Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt. Dabei steht im Vordergrund die frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Erkrankung, um weitere Komplikationen zu verhindern. Wird die Gestose dabei erst spät erkannt oder behandelt, kann es im schlimmsten Fall zum Tod der Mutter und des Kindes kommen.
In den meisten Fällen wird die Krankheit mit Hilfe von Medikamenten behandelt, die den Blutdruck der Betroffenen senken sollen. Diese Medikamente sollten daher auch richtig und regelmäßig eingenommen werden, um diese Beschwerden vollständig zu lindern. Die Patientin sollte bei der Gestose auch regelmäßig ihren Blutdruck kontrollieren. In Zweifelsfällen ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
Weiterhin sind die Betroffenen auf eine strikte Bettruhe angewiesen. Dabei sind Anstrengungen oder andere stressige Tätigkeiten zu vermeiden, um die Heilung zu beschleunigen. Weiterhin sind auch regelmäßige Kontrollen durch den Arzt sinnvoll, um den Zustand des Kindes regelmäßig zu überprüfen.
Sollte die Gestose früh erkannt und behandelt werden, kommt es meistens zu keinen weiteren Komplikationen oder Beschwerden und damit auch zu keiner veränderten Lebenserwartung der Mutter und des Kindes. In einigen Fällen sind die Betroffenen jedoch auf einen Kaiserschnitt angewiesen.
Das können Sie selbst tun
Wurde eine Gestose festgestellt, muss sich die betroffene Frau schonen. Gerade im Anfangsstadium helfen Bettruhe und Entspannung dabei, die Symptome zu lindern und eine Eklampsie zu verhindern. Zur Senkung des Blutdrucks werden neben dem Einsatz von Medikamenten auch moderate Bewegung, eine Umstellung der Ernährung sowie Stressvermeidung empfohlen. Gegen die Proteinurie wird eine eiweißhaltige Diät empfohlen.
Krampfanfälle lassen sich durch die Einnahme von Magnesium-Präparaten vermeiden. Alternativ dazu können Präparate aus der Homöopathie getestet werden, zum Beispiel Schüßler-Salze oder das Präparat Cuprum metallicum C 200. Bevor alternative Mittel verwendet werden, sollte jedoch mit dem Arzt gesprochen werden. Begleitend dazu darf der Körper nicht übermäßig angestrengt werden.
Bei einer fortgeschrittenen Gestose muss die Patientin ein Krankenhaus aufsuchen. Meist ist dann eine dauerhafte Überwachung vonnöten. Eine Gestose stellt für die meisten Frauen auch eine große psychische Belastung dar. Darum sollte nach dem Ende der Schwangerschaft therapeutische Hilfe eingeholt werden, um die schwierige Lebensphase zu verarbeiten. Manchen Frauen hilft auch der Kontakt mit anderen Betroffenen. Welche Möglichkeiten für Selbsthilfegruppen und Co. zur Verfügung stehen, kann der zuständige Arzt beantworten.
Quellen
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
- Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013