Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einem Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel handelt es sich um einen erblich bedingten Mangel des Enzyms Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase, welches eine wichtige Rolle im Zuckerstoffwechsel spielt. Die Symptome des Mangels sind sehr variabel, wobei es in schweren Fällen zu einer Zerstörung der roten Blutkörperchen in Form einer Hämolyse kommen kann. Durch Verzicht auf bestimmte Lebensmittel und Medikamente ist die Erkrankung gut beherrschbar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel?

Säuglinge können durch den Mangel auch an einer Gelbsucht erkranken. Falls der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel durch ein Medikament oder durch ein Lebensmittel ausgelöst wird, muss der Betroffene dieses wieder absetzen.
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Der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel kennzeichnet einen Mangel oder eine fehlerhafte Wirkungsweise des Enzyms Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Die Folgen dieses Mangels sind unterschiedlich ausgeprägt. So variieren die Symptome von Symptomlosigkeit bis zu hämolytischen Krisen. Da die Erkrankung über das X-Chromosom vererbt wird, sind Frauen meist schwächer betroffen als Männer. Hauptsächlich in Malariagebieten ist dieser Enzym-Mangel weit verbreitet.

Auslöser von hämolytischen Krisen sind häufig Bohnen (Fava-Bohnen) und bestimmte Medikamente wie Primaquin, Nitrofurantoin oder Sulfanilamid. Aufgrund der Auslösung durch Fava-Bohnen wird der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel bei Vorliegen von Symptomen auch als Favismus bezeichnet.

Weltweit sind circa 400 Millionen Menschen von diesem Enzymdefekt betroffen. Die meisten Menschen, hauptsächlich Frauen, entwickeln gar keine Symptome. In der Regel sind Lebensqualität und Lebenserwartung bei einem Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel nicht eingeschränkt. Nur Hämolyse auslösende Lebensmittel und Medikamente sollten bei schweren Formen gemieden werden.

Ursachen

Ursache des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels ist eine Mutation des G6PD-Gens auf dem X-Chromosom. Dieses Gen ist verantwortlich für die Codierung des Enzyms Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Die Ausprägung der Symptome ist abhängig von der speziellen Mutation und vom Geschlecht des Menschen. Bisher sind circa 150 Mutationen dieses Gens bekannt. Dabei wird nicht bei jeder Mutation die Funktion des Enzyms gleichermaßen eingeschränkt.

Mädchen und Frauen besitzen zwei G6PD-Allele. Meist wird dadurch das defekte Gen heterozygot weitergegeben. Es existieren also noch genügend gesunde G6PD-Gene des anderen Elternteils. Bei Männern fehlt das zweite Gen, sodass der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel stärker zum Tragen kommt. Des Weiteren entscheidet die vorliegende Mutation über die Restaktivität des Enzyms.

Das Enzym Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase spielt eine entscheidende Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel. Es ist verantwortlich für die Umwandlung des oxidierten NADP+ in das reduzierte NADPH. NADH stellt wiederum einen Kofaktor des Enzyms Glutathionreduktase dar. Glutathionreduktase reduziert das dimer vorliegende oxidierte Glutathion zu zwei Monomeren von reduziertem Glutathion. In seiner reduzierten Form ist Glutathion ein starkes Antioxidans und fängt freie Radikale ab.

Bei einem Mangel an reduziertem Glutathion reicht oft die Kapazität für die Vernichtung von freien Radikalen nicht aus. Das gilt besonders, wenn durch Zufuhr äußerer Substanzen viele radikalische Intermediärprodukte entstehen. So enthalten Fava-Bohnen, Erbsen oder Johannisbeeren bestimmte Alkaloide, die radikalische Abbauprodukte entstehen lassen. Ähnliches gilt für bestimmte Medikamente. Wenn zu wenig reduziertes Glutathion vorhanden ist, werden die freien Radikale nur unzureichend abgebaut.

Ihre Konzentration kann so weit steigen, dass sie die Erythrozyten unter Auslösung einer Hämolyse zerstören. Der Mangel an reduziertem Glutathion ist wiederum die Folge eines Mangels an NADH. Da die Bildung von NADH durch Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase katalysiert wird, führt eine unzureichende Aktivität dieses Enzyms auch zu einer unzureichenden Neubildung von NADH aus NAD+.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel äußert sich unterschiedlich. Dabei werden in groben Umrissen drei unterschiedliche Ausprägungsformen unterschieden. So existiert eine symptomfreie Form des Enzym-Mangels. In diesen Fällen sind noch genügend aktive Enzyme vorhanden, die den Mangel kompensieren können.

Eine zweite Form ist die akute hämolytische Anämie, die durch Fava-Bohnen, Sulfonamide, Vitamin K, Naphthalin oder Acetylsalicylsäure ausgelöst wird. Am seltensten wird die chronisch hämolytische Anämie beobachtet, bei welcher dauerhaft rote Blutkörperchen absterben. Die Neubildung der Blutkörperchen kann hier ihren Abbau nicht vollständig kompensieren. Bei Ausprägung der Symptome kommt es unter anderem zu Schüttelfrost, Fieber, Schwäche, Schock, Rückenschmerzen oder Bauchschmerzen.

Der Urin färbt sich schwarz. Des Weiteren tritt eine Gelbsucht auf. Neugeborene mit Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel können an einer Neugeborenengelbsucht leiden. In seltenen Fällen können sogar die Nieren komplett versagen. Im Allgemeinen finden im Körper kompensatorische Prozesse statt, sodass die hämolytische Krise schnell beendet ist. Die Prognose der Erkrankung ist gut. In seltenen Fällen ist jedoch auch ein tödlicher Ausgang möglich.

Diagnose

Zur Diagnose eines Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels wird der Arzt zunächst eine Anamnese der Krankengeschichte vornehmen. Treten Symptome wie Anämie, Gelbsucht und Hämolyse-Merkmale auf, besteht der Verdacht auf Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel bei bestimmten ethnischen Gruppen und Personen, bei denen in der Verwandtschaft bereits Fälle der Erkrankung vorkamen.

Des Weiteren werden Laboruntersuchungen auf Leberenzyme, Retikulozytenzahl, Laktatdehydrogenase, Haptoglobin oder ein unmittelbarer Antiglobintest (Coombs-Test) durchgeführt. Wird beim Coombs-Test eine immunologische Ursache für die Hämolyse ausgeschlossen, erhärtet sich der Verdacht auf einen Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel.

Über den sogenannten Beutler-Test kann NADH direkt festgestellt werden. Wenn keine Fluoreszenz der Blutzellen beobachtet wird, bedeutet das einen positiven Beutler-Test. Damit kann die Diagnose Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel gesichert werden.

Komplikationen

Der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel muss nicht in jedem Fall zu Komplikationen oder zu Beschwerden führen. So tritt der Mangel auch dann auf, wenn es aktive Enzyme gibt. Sollte dies allerdings nicht der Fall sein, so kann der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel auch zum Absterben der roten Blutkörperchen führen. Dieses Absterben hat relativ schwerwiegende Folgen und Symptome, die einer gewöhnlichen Fiebererkrankung ähneln.

Es kommt dabei zu Fieber, Gliederschmerzen und zu Schüttelfrost. Ebenso können auch Bauch und Rücken von Schmerzen betroffen sein, sodass es für den Patienten zu einer starken Einschränkung im Alltag kommt. Die Lebensqualität nimmt durch den Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel drastisch ab. Im schlimmsten Falle kommt es zu einer Niereninsuffizienz, welche sogar zum Tode führen kann.

Säuglinge können durch den Mangel auch an einer Gelbsucht erkranken. Falls der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel durch ein Medikament oder durch ein Lebensmittel ausgelöst wird, muss der Betroffene dieses wieder absetzen. Dabei kommt es in den meisten Fällen nicht zu weiteren Komplikationen. Eine kausale Behandlung ist dabei nicht möglich. Falls der Mangel behoben werden kann, kommt es nicht zu einer Reduktion der Lebenserwartung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die in ihrem familiären Umfeld Angehörige haben, die an einem Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel erkrankt sind, sollten zur Abklärung einen Gentest durchführen lassen. Kommt es zu Erscheinungen wie Schüttelfrost, Gliederschmerzen oder Fieber besteht Anlass zur Sorge.

Die grippeähnlichen Symptome müssen von einem Arzt kontrolliert werden. Halten die Beschwerden unvermindert über mehrere Tage an, muss ein Arzt konsultiert werden. Allgemeine Schwäche, Schmerzen im Bereich des Rückens oder Bauchschmerzen sollten untersucht und behandelt werden.

Eine erhöhte Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder innere Unruhe sind von einem Arzt abklären zu lassen. Kommt es zu einem Schock, ist unverzüglich ein Arzt zu konsultieren. In schweren Fällen muss ein Rettungsdienst informiert werden. Bis zu dessen Eintreffen sind den Anweisungen des Notfallpersonals Folge zu leisten. Verfärbungen des Urins gelten als ungewöhnlich. Bei einer Schwarzfärbung muss schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden.

Ein Arztbesuch ist ebenfalls bei einer Gelbfärbung der Haut notwendig. Treten Beschwerden der Nieren auf, ist ein Kontrollbesuch bei einem Arzt zu empfehlen. Kommt es zu Funktionsstörungen der Nieren, Schmerzen oder einer Verminderung der Leistungsfähigkeit, wird ein Arzt benötigt. Wird aufgrund der Beschwerden die Flüssigkeitsaufnahme verweigert, ist ein Arztbesuch erforderlich, da eine Dehydration droht. Bei einem Nierenversagen muss ein Notarzt gerufen werden. Es besteht Lebensgefahr für den Betroffenen.

Behandlung & Therapie

Derzeit gibt es keine ursächliche Therapie des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels. Bei einer akuten hämolytischen Anämie ist unter Umständen eine Bluttransfusion notwendig. Ansonsten besteht die Therapie in der Vermeidung von Favismus auslösenden Lebensmitteln und Wirkstoffen.

Dazu zählen Bohnen (hauptsächlich Fava-Bohnen), Erbsen, Johannisbeeren, Vitamin K, Acetylsalicylsäure, Sulfonamide, Naphthalin und Anilinderivate. Werden diese Auslöser gemieden, treten keine Symptome auf. Die Lebenserwartung ist bei einem Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel nicht reduziert.

Aussicht & Prognose

Der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel ist eine genetisch bedingte Erkrankung. Da die Genetik des Menschen aus rechtlichen Gründen nicht verändert werden darf, gibt es für die Störung keine Heilungsaussicht. Die Therapie ist daher auf die Linderung der Symptome ausgerichtet.

Bei einer Vielzahl der Patienten treten trotz der diagnostizierten Erkrankung keine Beeinträchtigungen auf. Sie erleben im Verlauf ihres Lebens keine Auffälligkeiten oder Beschwerden. Die Prognose ist daher bei ihnen sehr günstig und eine Behandlung nicht notwendig.

Der Betroffene sollte sich jedoch regelmäßigen Kontrolluntersuchungen stellen, damit bei Veränderungen oder Besonderheiten schnellstmöglich reagiert werden kann. Im Normalfall steht die Verringerung der Beschwerden, die durch die Mangelerscheinung auftreten, im Fokus der medizinischen Betreuung.

Die Prognose ist günstig, wenn sich der Patient an bestimmte Vorgaben hält. In einem gut erstellten Behandlungs- und Therapieplan wird die Verbesserung der Gesundheit angestrebt. Hält der Patient einen speziellen Diätplan ein, kommt es zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden. Vorrangig sollte die Zufuhr von bestimmten Lebensmittel vermieden werden.

Insbesondere Bohnen, Erbsen oder Johannisbeeren sind für eine gute Prognose vom Ernährungsplan zu streichen. Werden sie konsumiert, nehmen die Unregelmäßigkeiten in kurzer Zeit erneut zu. Die Diät muss lebenslang eingehalten werden, damit das Wohlbefinden gestärkt und die Gesundheit des Patienten gefördert werden.


Vorbeugung

Da der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel erblich bedingt ist, besteht keine Möglichkeit zu seiner Vorbeugung. Lediglich die Symptome einer hämolytischen Anämie können durch Vermeiden von auslösenden Substanzen verhindert werden.

Nachsorge

Besondere Möglichkeiten der Nachsorge sind beim Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel in der Regel nicht möglich und auch nicht notwendig. Der Betroffene ist dabei in erster Linie auf die direkte Behandlung dieser Beschwerde angewiesen, um weitere Komplikationen zu verhindern. Dabei wirkt sich vor allem eine frühe Diagnose sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus und kann helfen, die Beschwerden zu lindern.

Die Lebenserwartung wird durch diese Krankheit oft nicht negativ beeinflusst. Beim Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel ist der Patient auf die Einnahme von Medikamenten und anderen Ergänzungsmitteln angewiesen, um die Beschwerden zu lindern. Ebenso sollten Wirkstoffe, die die Beschwerden auslösen, möglichst vermieden werden, um den Körper zu schonen. Bei der Einnahme der Arzneimittel ist auf eine regelmäßige Einnahme zu achten.

Dabei sind auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten, wobei auch der Arzt um Rat gebeten werden kann. Der Arzt kann dem Betroffenen auch einen Ernährungsplan zur Verfügung stellen, um eine richtige Diät zu garantieren.

Sollten die Beschwerden des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels stark auftreten, ist es besser, einen Notarzt zu rufen oder direkt das Krankenhaus aufzusuchen. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels kann dabei sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt, welcher für den Alltag hilfreich sein kann.

Das können Sie selbst tun

In den meisten Fällen kann der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel relativ gut behandelt werden, indem der Betroffene auf bestimmte Lebensmittel verzichtet. Dadurch können die meisten Beschwerden eingeschränkt werden, sodass auch eine direkte medizinische Behandlung nicht immer notwendig ist. Allerdings eignet sich hierbei immer ein Ernährungsplan, der auch mit einem Ernährungsberater erstellt werden kann.

In einem akuten Notfall wird der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel in der Regel durch eine Bluttransfusion ausgeglichen. Im weiteren Verlauf sollte der Betroffene auf Bohnen und Erbsen in seinem Essen verzichten. Auch Johannisbeeren oder Vitamin K wirken sich negativ aus und können die Erkrankung fördern. Ebenfalls sollte der Patient kein Aspirin und keine Anilinderivate einnehmen. Falls diese Inhaltsstoffe und Lebensmittel gemieden werden, können die Beschwerden des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel vollständig behandelt werden.

In vielen Fällen wirkt sich dabei auch der Kontakt zu anderen Patienten der Erkrankung sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus, wobei es zu einem Informationsaustausch kommen kann. Bei einer strikten Ernährung treten die Beschwerden nicht wieder auf, sodass auch keine Bluttransfusionen notwendig sein. In der Regel wirken sich die Verzichte auf die auslösenden Lebensmittel nicht besonders negativ auf die Lebensqualität des Patienten aus.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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