Herz-Lungen-Wiederbelebung

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Behandlungen Herz-Lungen-Wiederbelebung
Bei einem Atemstillstand wird das Gehirn nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt. Bereits nach kurzer Zeit sterben die ersten Gehirnzellen ab. Zwei bis drei Minuten darauf kommt es zum Herzstillstand. Deshalb ist rasches Handeln mit Hilfe der Herz-Lungen-Wiederbelebung erforderlich, wenn ein Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand festgestellt wurde.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist eine Herz-Lungen-Wiederbelebung?

Die Herz-Lungen-Wiederbelebung oder kardiopulmonale Reanimation hat zum Ziel, das Blut durch Beatmung mit Sauerstoff zu versorgen und durch eine Herzdruckmassage einen Blutdruck aufzubauen. Auf diese Weise können lebenswichtige Organe, wie das Gehirn, ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Damit wird die Grundlage dafür geschaffen, dass der Rettungsdienst mit Hilfe von Medikamenten und durch Defibrillation das Herz wieder in Gang setzen kann.
Bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung werden Basismaßnahmen, welche im Rahmen lebensrettender Sofortmaßnahmen auch von Laien durchgeführt werden können, von erweiterten Maßnahmen unterschieden.
Geschichte & Entwicklung
Die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Erste Ansätze zur Wiederbelebung durch Mund-zu-Mund-Beatmung sind bereits aus dem alten Ägypten bekannt. Im 18. Jahrhundert entwickelten europäische Ärzte gezielte Methoden zur Reanimation. 1740 empfahl die Pariser Medizinische Akademie Mund-zu-Mund-Beatmung für Ertrunkene.
Ein bedeutender Fortschritt erfolgte 1891, als Friedrich Maass in Deutschland erstmals externe Thoraxkompressionen beschrieb. Dennoch blieb die Technik bis ins 20. Jahrhundert wenig verbreitet. 1956 entdeckten James Elam und Peter Safar, dass die Kombination aus Mund-zu-Mund-Beatmung und Thoraxkompressionen effektiver ist als frühere Methoden. Kurz darauf bewiesen William Kouwenhoven, Guy Knickerbocker und James Jude die Wirksamkeit der modernen kardiopulmonalen Wiederbelebung.
1960 wurde die HLW als Standardverfahren etabliert. Die American Heart Association (AHA) begann mit der breiten Schulung von medizinischem Personal. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Techniken durch Automatisierte Externe Defibrillatoren (AEDs) und standardisierte Algorithmen weiter verbessert. Heute gilt die HLW als essenzielle Notfallmaßnahme, die weltweit gelehrt und angewendet wird.
Einsatz & Indikation
Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) wird durchgeführt, wenn eine Person einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet. Dies tritt ein, wenn das Herz aufhört zu schlagen oder in einer lebensbedrohlichen Rhythmusstörung wie Kammerflimmern gefangen ist. Dadurch wird der Körper nicht mehr mit Sauerstoff versorgt, was innerhalb weniger Minuten zu irreversiblen Schäden führen kann.
Typische Ursachen für einen Herzstillstand sind Herzinfarkt, schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, Ertrinken, Stromschläge oder schwere Traumata. Ebenso kann ein Atemstillstand, etwa durch eine Überdosis Drogen oder Ersticken, zu einem Kreislaufstillstand führen. In solchen Fällen ist schnelles Handeln entscheidend.
Die HLW ist notwendig, wenn eine Person bewusstlos ist, nicht normal atmet und keinen fühlbaren Puls hat. Zunächst sollte ein Notruf abgesetzt werden. Dann beginnt die Wiederbelebung mit kräftigen Thoraxkompressionen in der Mitte des Brustkorbs, idealerweise in einer Frequenz von etwa 100 bis 120 Mal pro Minute. Falls verfügbar, kann ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) eingesetzt werden. Die Beatmung wird in vielen Fällen empfohlen, insbesondere bei Ertrinken oder Drogenüberdosen. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollte die HLW ohne Unterbrechung fortgeführt werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung wird bei Notfällen durchgeführt, bei denen es zu einem Atem- oder Kreislaufstillstand gekommen ist. Für Letzteren ist der plötzliche Herztod die häufigste Ursache. Für diesen können Herzrhythmusstörungen, Schlaganfälle, Herzinfarkte oder auch äußere Faktoren wie Unfälle, Selbstmordversuche, allergische Reaktionen, Fremdkörper in den Atemwegen, Vergiftungen oder Stromschläge die Auslöser sein.
Basismaßnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung können von Laien ebenso angewendet werden, wie von professionellem medizinischen Personal. Hierzu gehören das Erkennen eines Kreislaufstillstandes, das Anrufen des Notrufs, das Freimachen der Atemwege und die eigentlichen Wiederbelebungsmaßnahmen wie Herzdruckmassage und Beatmung. Auch die Verwendung eines automatisierten externen Defibrillators zählt zu den Basismaßnahmen einer Herz-Lungen-Wiederbelebung.
Ein Kreislaufstillstand ist daran erkennbar, dass der Betroffene nicht bei Bewusstsein ist, nicht atmet, keine Vitalfunktionen vorweist und keinen Puls hat. Weitere Anzeichen sind blasses Aussehen und einer Blauverfärbung der Lippen. Vor der Herz-Lungen-Wiederbelebung ist der Patient flach auf den Rücken zu legen und dafür zu sorgen, dass die Atemwege frei sind. Fremdkörper, Erbrochenes oder Zahnprothesen sind aus der Mundhöhle zu entfernen. Der sogenannte Lebensrettende Handgriff (siehe auch: Stabile Seitenlage) sorgt dafür, dass die Atemwege frei gehalten werden.
Dazu wird der Patient an Kinn und Stirn gefasst und der Kopf durch Anheben des Kinns vorsichtig nach hinten gebeugt. Sobald davon auszugehen ist, dass der Betroffene nicht atmet, selbst wenn darüber keine vollkommene Sicherheit besteht, sollte sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden.
Die Durchführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung als Kombination von Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung kann von Notfallzeugen, die darin ausgebildet sind und sich diese Maßnahme zutrauen, durchgeführt werden.
Bei der Wiederbelebung Erwachsener wird mit 30-mal Drücken auf das Brustbein begonnen, anschließend erfolgt eine zweimalige, je eine Sekunde andauernde Beatmung und danach wieder 30-mal die Herzdruckmassage. Der Rhythmus von 30 Thoraxkompressionen und zwei Atemspenden gilt unabhängig davon, ob ein oder zwei Helfer anwesend sind. Zur Herz-Lungen-Wiederbelebung von Kindern wird mit fünf Atemspenden begonnen und im Anschluss daran die Reanimation ebenfalls im Verhältnis 30 : 2 weitergeführt.
Alle ein bis zwei Minuten sollte geprüft werden, ob die Herz-Lungen-Wiederbelebung Wirkung zeigt. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung ist durchzuführen, bis die Person wieder selbst zu atmen beginnt oder bis zum Eintreffen des Notarztes.
Oft gehen Kreislaufstillstände mit Kammerflimmern einher. Dieser Zustand kann unter Umständen durch Elektroschocks aufgehoben werden. Hierbei sind die Erfolgschancen in der ersten Minute am größten. Immer häufiger finden sich in U-Bahnhöfen und an viel frequentierten öffentlichen Plätzen an Wänden oder Säulen Koffer mit Defibrillationsgeräten. Diese AED-Geräte, AED steht für automatisierte externe Defibrillation, funktionieren vollautomatisch. Sprachanweisungen führen von einem Handgriff zum folgenden. Daher sind diese Geräte zur Herz-Lungen-Wiederbelebung auch von Laien bedienbar.
Vorteile & Nutzen
Die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) bietet entscheidende Vorteile gegenüber anderen Notfallmaßnahmen, da sie sofort lebensrettend wirkt. Während viele medizinische Behandlungen erst nach einer Diagnose oder in einer Klinik erfolgen können, ist die HLW eine Ersthilfe-Maßnahme, die direkt am Notfallort angewendet wird. Sie überbrückt die Zeit, bis professionelle Hilfe eintrifft, und kann das Überleben erheblich verbessern.
Ein wesentlicher Vorteil ist die schnelle Durchführbarkeit durch Laien. Im Gegensatz zu komplexen medizinischen Verfahren erfordert die HLW nur grundlegende Kenntnisse, die in Erste-Hilfe-Kursen vermittelt werden. Dadurch kann praktisch jeder in einer Notsituation eingreifen. Studien zeigen, dass eine sofort begonnene HLW die Überlebensrate um ein Vielfaches steigern kann.
Im Vergleich zu anderen Maßnahmen wie der Defibrillation oder medikamentöser Therapie benötigt die HLW keine spezielle Ausrüstung. Während ein Defibrillator oft erst von Rettungskräften gebracht wird, kann die HLW unmittelbar begonnen werden. Sie hält den Blutkreislauf aufrecht und versorgt lebenswichtige Organe mit Sauerstoff. Besonders das Gehirn profitiert davon, da bereits nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff irreversible Schäden auftreten. Durch die Kombination mit einem Automatisierten Externen Defibrillator (AED) steigt die Erfolgsrate weiter an.
Durchführung & Ablauf
Die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) beginnt mit einer schnellen Beurteilung der Situation. Zunächst wird geprüft, ob die Person ansprechbar ist. Reagiert sie nicht, muss überprüft werden, ob eine normale Atmung vorhanden ist. Ist keine Atmung oder nur ein unregelmäßiges Schnappen feststellbar, wird sofort der Notruf (112) abgesetzt und mit der HLW begonnen.
Die Wiederbelebung erfolgt in einem Zyklus aus 30 Thoraxkompressionen und 2 Beatmungen. Für die Kompressionen legt man die Hände übereinander auf die Mitte des Brustkorbs und drückt mit gestreckten Armen etwa 5–6 cm tief mit einer Frequenz von 100–120 Mal pro Minute. Nach 30 Kompressionen erfolgen zwei Beatmungen: Der Kopf der betroffenen Person wird überstreckt, die Nase zugehalten, und Luft wird zweimal kräftig in den Mund geblasen, sodass sich der Brustkorb sichtbar hebt.
Falls ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) verfügbar ist, sollte er sofort eingesetzt werden. Die Elektroden werden auf den Brustkorb geklebt, und das Gerät gibt Sprachanweisungen. Falls ein Schock empfohlen wird, muss dieser ausgelöst werden. Die HLW wird fortgeführt, bis professionelle Hilfe eintrifft oder die Person wieder normal atmet. Ohne durchgehende Wiederbelebung sinken die Überlebenschancen rapide.
Risiken & Gefahren
Die Herz-Lungen-Wiederbelebung ist nicht ganz ohne Gefahren. So kann es beim Patienten zu Rippen- oder Brustbeinfrakturen und zu Leber- und Milzverletzungen kommen.
Zudem können Luft oder Blut in den Pleuraspalt zwischen Brustfell und Lungenfell eindringen (Pneumo- oder Hämatothorax). Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung kann auch das Eindringen von Blut in den Herzbeutel (Herzbeuteltamponade) oder Erbrechen und Aspiration zur Folge haben.
Trotz dieser Risiken sollte im Ernstfall schnellstmöglich mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden. Sie ist die einzige Möglichkeit, den Betroffenen wirkungsvoll Hilfe zu leisten. Wird damit aus Angst vor den Folgen gewartet, bis der Rettungsdienst kommt, hat dieser kaum eine Chance, noch etwas für den Patienten zu tun.
Alternativen
Wenn eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) nicht möglich oder nicht effektiv ist, gibt es alternative Verfahren, die in bestimmten Situationen angewendet werden können. Eine dieser Methoden ist die Herzdruckmassage ohne Beatmung, die vor allem bei Laienhelfern empfohlen wird, wenn sie keine Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen können oder wollen. Hierbei werden nur kontinuierliche Thoraxkompressionen durchgeführt, um den Kreislauf aufrechtzuerhalten.
Ein weiteres Verfahren ist die extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (ECPR), die in spezialisierten Kliniken verfügbar ist. Dabei wird eine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt, um den Kreislauf und die Sauerstoffversorgung des Körpers mechanisch zu übernehmen. Diese Methode kommt vor allem bei Patienten infrage, bei denen eine normale HLW nicht ausreicht oder wenn eine schnelle Wiederbelebung erfolglos bleibt.
In bestimmten Fällen kann auch eine Notfall-Thorakotomie durchgeführt werden. Dabei wird der Brustkorb chirurgisch geöffnet, um das Herz direkt zu massieren. Dieses Verfahren wird in Notaufnahmen oder bei schweren Traumata angewandt, insbesondere wenn eine HLW aufgrund innerer Verletzungen nicht erfolgreich ist.
Zudem gibt es mechanische Reanimationsgeräte, die automatische Thoraxkompressionen durchführen. Sie werden von Rettungsdiensten und Krankenhäusern genutzt, um eine gleichmäßige und effektive Wiederbelebung zu gewährleisten, wenn manuelle HLW nicht praktikabel ist.
Erste Hilfe Set kaufen: Ausgezeichnete Erste-Hilfe-Sets günstig hier bei Amazon.de kaufen. |
Quellen
- Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
- Müller, S.: Notfallmedizin. Thieme, Stuttgart 2011
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013