Hypersomnie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter Hypersomnie versteht der Mediziner die Schlafsucht. Die Schlafsucht äußert sich in einem übermäßigem Tageschlafbedarf, die sich ganz unterschiedlich äußern kann. Betroffene sind hauptsächlich Männer mittleren Alters. Meist tritt eine Hypersomnie im Zusammenhang mit anderen, meist psychischen Krankheiten oder mit einer ausgeprägten Schlafapnoe auf.
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Was ist Hypersomnie?
Die Hypersomnie äußert sich in einem vermehrten Bedarf an Schlaf während des Tages, ohne dass es zu häufigen oder lang andauernden, bewusst wahrgenommenen Wachphasen während des Nachtschlafs gekommen ist.
Der Tagesschlaf kann sich ganz unterschiedlich äußern und reicht von kurzen Schlafattacken, die den Betroffenen überfallartig heimsuchen bis hin zu einer andauernden Müdigkeit während des gesamten Tages. Die Betroffenen leiden stark unter dem Krankheitsbild, da die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Teilnahme am Straßenverkehr beispielsweise ist meist nicht mehr möglich.
Die Hypersomnie wird anhand ihres Schweregrads eingeteilt in leichte, mittlere und schwere Hypersomnie. Bei der leichten Hypersomnie kommt der unfreiwillige Schlaf nicht jeden Tag vor, bei der mittleren Hypersomnie täglich und bei der schweren Hypersomnie mehrmals täglich.
Ursachen
Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen Drogen- und Alkoholmissbrauch und der Schlafsucht beobachtet. Die häufigste Ursache - so haben verschiedene Aufzeichnungen in Schlaflaboren gezeigt - ist die Schlafapnoe. Leidet ein Patient unter Schalfapnoe, so setzt während des Nachtschlafs häufig die Atmung aus. Das kann mehrmals pro Stunde vorkommen und minutenlang andauern.
Die Aussetzung der Atmung führt zu einem Sauerstoffmangel im Körper. Der Nachtschlaf ist dann, ohne dass der Betroffene es merkt, wenig erholsam. Die andauernde Wecksituation verursacht außerdem enormen Stress.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das zentrale Symptom einer Hypersomnie ist die Tagesschläfrigkeit. Die Müdigkeit am Tag ist dabei sehr stark ausgeprägt und tritt nicht einmalig, sondern regelmäßig oder dauerhaft auf. Betroffene können sich oft nicht oder nur schwer wachhalten.
Darüber hinaus können Konzentrationsstörungen ein Hinweis auf eine Hypersomnie sein. Infolgedessen kann die Arbeitsleistung abnehmen und die Wahrscheinlichkeit für Fehler nimmt zu. Die Konzentrationsschwäche und die Müdigkeit können sich auch in motorischer Unsicherheit ausdrücken.
Ein weiteres mögliches Symptom einer Hypersomnie sind Gedächtnisprobleme. Diese stehen zum Teil mit den Konzentrationsschwierigkeiten im Zusammenhang. Je nachdem, welche Krankheit der Hypersomnie zugrundeliegt, kann der Schlaf als erholsam oder nicht erholsam empfunden werden. Narkoleptiker fühlen sich nach kurzem Schlaf tagsüber typischerweise erfrischt, während dies bei anderen Formen der Hypersomnie nicht der Fall sein muss.
Die Tagesschläfrigkeit wirkt sich bei Autofahrern häufig auf die Fahrtüchtigkeit aus. Je nach Art der Hypersomnie reicht das Spektrum dabei von allgemeiner Unachtsamkeit und fehlender Konzentration bis hin zu narkoleptischen Einschlafattacken. Auch bei anderen Hypersomnien als Narkolepsie können Autofahrer in einen Sekundenschlaf verfallen.
Dabei schlafen sie für einige Sekunden am Steuer ein, zum Teil ohne es zu bemerken. Des Weiteren können psychische Symptome wie [Depressive Verstimmung|depressive Verstimmungen]] auftreten. Umgekehrt kann eine Hypersomnie auch auf eine Depression, Schizophrenie oder andere psychische Krankheit zurückgehen.
Diagnose & Verlauf
Um eine sichere Diagnose stellen zu können, ist ein Aufenthalt in einem Schlaflabor anzuraten. In einem Schlaflabor wird der Nachtschlaf des Patienten überwacht. Hierzu wird er an EEG und EKG angeschlossen, was die Überwachung der Gehirnströme sowie die Herzaktivität ermöglicht.
Außerdem werden die Bewegungsaktivität und der Atemfluss aufgezeichnet. Der Patient erhält darüber hinaus einige Fragebögen und wird unterschiedlichen Tests unterzogen - z.B. wird die Pupillenweite während der Nacht oder die Konzentrationsfähigkeit bei monotonen Tätigkeiten gemessen - die ebenfalls Aufschluss über seinen Nacht- und seinen Tagesschlaf geben. Liegen alle Ergebnisse vor, kann ein erfahrener Schlafmediziner die Diagnose "Hypersomnie" stellen.
Kommt eine organische Ursache in Betracht, schließen sich an die Tests im Schlaflabor eine internistische oder psychiatrische Diagnostik an. Der Verlauf einer Hypersomnie ist sehr unterschiedlich. Bei einer leichten Hypersomnie leidet der Patient meist nicht unter der Schlafsucht, oft nimmt er sie nicht einmal als Krankheit wahr.
Erst wenn der individuelle Tagesrhythmus des Betroffenen gestört ist oder aufgrund eines gestörten Nachtschlafs Folgeerkrankungen - etwa Herz-Kreislaufprobleme - aufgetreten sind, wird der Betroffene die Krankheit wahrnehmen.
Komplikationen
Der Schlaf des Patienten ist dabei sehr tief und hält lange an. Oft fällt das Aufstehen schwer. Nicht selten leiden die Betroffenen auch an Schlafstörungen und benötigen daher an anderen unregelmäßigen Zeiten Schlaf. Der Alltag wird durch die Hypersomnie durcheinandergebracht und für den Patienten erschwert. In vielen Fällen ist es dabei nicht mehr möglich, einer Arbeit oder einer gewöhnlichen Tätigkeit nachzukommen.
Weiterhin kann es auch zu Beschwerden am Herzen oder am Kreislauf des Patienten kommen, wobei es im schlimmsten Falle zum Tode kommen kann. Die Behandlung der Hypersomnie erfolgt in der Regel kausal und führt nicht zu besonderen Komplikationen. Allerdings kann nicht vorausgesagt werden, wie einfach die Grunderkrankung behandelt werden kann. In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung allerdings nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In Phasen höherer körperlicher oder emotionaler Anforderungen, ist ein erhöhter Schlafbedarf ganz natürlich. Ein Arztbesuch ist in diesen Fällen nicht notwendig, da sich im Normalfall automatisch nach der erfolgreichen Bewältigung der Situation ein normales Schlafverhalten einstellt. Sofern der Schlafbedarf nicht mehr als neun bis zehn Stunden am Tag überschreitet, besteht kein Anlass zur Besorgnis. Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn der Schlafbedarf sich erhöht oder er ohne einen nachvollziehbaren Grund eintritt.
Fühlt sich der Betroffene trotz eines ausreichenden Nachtschlafes bereits durch die Verrichtung leichter Aufgaben abgeschlagen und müde, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Halten die Schlafbeschwerden über mehrere Monate an, ist ein Arztbesuch ebenfalls empfehlenswert. Kommt es zu einem plötzlichen Schlafanfall, gilt dies als ungewöhnlich. Wird die Verrichtung alltäglicher oder beruflicher Aufgaben durch ein unverhofftes Einschlafen unterbrochen, benötigt der Betroffene Hilfe.
Ist der Betroffene benommen, zeigt er eine gedrückte Stimmung, leidet er unter fortdauernden Aufmerksamkeitsdefiziten oder nimmt er Umwelteinflüsse nur vage wahr, muss ein Arztbesuch erfolgen. Treten Störungen der Atmung auf, kommt es vermehrt zu Schlafunterbrechungen oder fühlt sich der Betroffene trotz einer guten Schlafhygiene nie wirklich fit, sind Kontrolluntersuchungen anzuraten. Neben einem Nährstoffmangel können Ergebnisse eines Schlaflabors helfen, um die Ursache zu finden.
Behandlung & Therapie
Da die Schlafsucht meist die Folge einer anderen Erkrankung ist, gilt es, die Ursache zu behandeln. Schlafapnoe, eine der häufigsten Ursachen der Hypersomnie, wird meist durch Übergewicht oder durch verengte Atemwege ausgelöst.
Sofern hier die Ursache für die Schlafsucht liegt, hilft es meist, an Gewicht zu verlieren oder die Atemwege operativ zu korrigieren bzw. zu erweitern. Außerdem kann es dem Betroffenen helfen, während des Nachtschlafs eine Atemmaske zu tragen, welche die Atmung unterstützt und damit das Aussetzen der Atmung verhindert.
In äußerst seltenen Fällen bei Vorliegen einer schweren Hypersomnie können Medikamente verabreicht werden. Die Medikamente - allesamt Amphetamine - können die Schlafsucht zwar überwinden, sie weisen jedoch ein extrem hohes Suchtpotenzial auf. Von einer Selbstmedikation ist dringend abzuraten.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Hypersomnie ist gebunden an die vorliegende Ursache sowie Gesamtdiagnose des Patienten. Leidet der Betroffene an einer psychischen Störung wie Angst, Zwang, Depression oder einer Suchterkrankung, besteht das Risiko eines chronischen Krankheitsverlaufs. Eine Linderung der Beschwerden erfolgt im Normalfall erst, wenn die psychische Erkrankung therapiert wird und eine Verbesserung der emotionalen Stabilität eintritt.
Bei einer Krebserkrankung ist die Heilung des auslösenden Tumors notwendig, damit die Hypersomnie reduziert wird oder sich vollständig zurückbildet. Oftmals tritt eine Genesung erst nach mehreren Jahren der Therapie ein und wird begleitet mit Phasen eines Rückfalls. Leidet der Patient unter einer chronischen oder progredient verlaufenden Erkrankung wie Parkinson oder Multipler Sklerose, ist die Aussicht auf eine Heilung der Hypersomnie gering. Mit der fortschreitenden Grunderkrankung kommt es zu einer Manifestation der bestehenden Begleitsymptome. In schweren Fällen droht dem Patienten eine Zunahme der Beschwerden.
Wird die Hypersomnie aufgrund vorhandener Lebens- und Begleitumstände ausgelöst, kann eine Änderung der alltäglichen Prozesse oder der Umgebungseinflüsse zu einer Beschwerdefreiheit beim Patienten führen. Die Schlafhygiene muss in diesen Situationen überarbeitet und optimiert werden. Oftmals ist eine Anpassung des Tagesablaufes an die menschlichen Bedürfnisse sowie eine veränderte mentale Einstellung zu den alltäglichen Herausforderungen notwendig, damit eine Linderung der Schlafbeschwerden eintreten kann.
Vorbeugung
Einer Hypersomnie selbst kann nicht vorgebeut werden. Da sie meist Folge einer anderen Erkrankung ist - häufig Schlafapnoe aufgrund von Übergewicht - ist es ratsam, auf ein niedriges Körpergewicht zu achten. Der Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum ist ebenso hilfreich wie der konsequente Verzicht auf Drogen und eine gesunde Ernährung.
Nachsorge
Für Patienten mit einer Hypersomnie ist in der Nachsorge besonders zu beachten, dass die schlafhygienischen Regeln eingehalten werden. Hierzu zählt vor allem ein kontrollierter Verlauf des Tag-Nacht-Rhythmusses in Verbindung mit der Einhaltung des Schlaf-Wach-Rhythmusses. Schlafmangel und Schlafentzug sind zu vermeiden. Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist im einzelnen auf den jeweiligen Patienten abzustimmen und auszurichten.
So können optimale Schlaf- und Wachphasen im 24-Stunden-Tagesablauf fest etabliert werden. Schlafphasen während der Tagesphase sollten Ausnahmen darstellen und ebenfalls mit dem Verhalten und den Gewohnheiten des Patienten abgestimmt sein. Ein Schlaf-Wach- oder Müdigkeit-Wach-Tagebuch ist empfehlenswert. Damit wird es für den Patienten besser möglich, seine Aktivitäten in den Tagesabläufen sinnvoll und effektiv unterzubringen.
Tätigkeiten und Verrichtungen die zur Routine gehören, können dann zum Beispiel eher in die Phasen der Tagesmüdigkeit verlegt werden. Außerdem ist ein gesunder Lebensstil für Patienten mit einer Hypersomnie außerordentlich wichtig. Auf Alkohol sollte aufgrund der ermüdenden Wirkungsweise absolut verzichtet werden. Eine eher leichte, Kohlenhydrat arme Kost über mehrere kleine Mahlzeiten im Tagesverlauf verteilt ist sinnvoll.
Zur Nachsorge gehört ebenfalls die Aufklärung der unmittelbaren Familienangehörigen aber auch des sozialen Umfeldes. Auch die weitere Lebensplanung des Patienten beispielsweise hinsichtlich Ausbildung, Umschulung oder Beruf spielt eine entscheidende Rolle beim Leben mit einer Hypersomnie.
Das können Sie selbst tun
Die Symptomatik der Erkrankung ist häufig auf erhöhten Stress und Unzufriedenheit zurückzuführen. Der allgemeine Lebensstil sollte überprüft und optimiert werden. Die Zufuhr der Lebensmittel ist zu verbessern und sollte vitamin- sowie ballaststoffreich sein. Übergewicht ist zu vermeiden und ausreichende Bewegung oder sportliche Aktivitäten fördern das allgemeine Wohlbefinden. Der Genuss von Alkohol oder Nikotin ist zu unterlassen. Aufputschmittel in Form von Drogen oder einem übermäßigen Medikamentenkonsum sind ebenfalls zu vermeiden.
Die Schlafhygiene ist nach den Bedürfnissen des Betroffenen zu verändern. Hilfreich und sehr informativ ist ein Besuch im Schlaflabor. Störquellen während der Ruhe– und Erholungsphasen sind zu eliminieren. Der Tagesablauf sollte nach Möglichkeit gut strukturiert und regelmäßig aufgebaut werden. Treten plötzliche Schlafanfälle auf, müssen Gefahrenquellen beseitigt werden. Die Teilnahme am Straßenverkehr sollte ohne eine Begleitperson nicht stattfinden. Tätigkeiten, die eine hohe Verletzungsgefahr darstellen, sind ebenfalls nicht ohne Aufsicht sowie Schutzbekleidung durchzuführen.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013