Idiopathische interstitielle Pneumonie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die idiopathische interstitielle Pneumonie vereint eine große Gruppe von Lungenerkrankungen, die die Komponenten Entzündung und Lungenvernarbung in unterschiedlichen Ausprägungen gemeinsam haben. Die Ursachen sind unbekannt. Therapeutisch wird in erster Linie der Entzündungsprozess unterdrückt, damit der Krankheitsprozess idealerweise gestoppt wird. Bei Therapieversagen ist frühzeitig an eine Lungentransplantation zu denken.
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Was ist eine idiopathische interstitielle Pneumonie?
Die idiopathische interstitielle Pneumonie ist ein Überbegriff für eine große Gruppe von Erkrankungen der Lunge mit einer Entzündungsreaktion und Lungenvernarbung (Fibrose) des Bindegewebes, Kapillaren und/oder Alveolen. Es werden verschiedene Formen der Erkrankung darunter subsumiert, die sich in Ausmaß der Lungenschädigung, Pathologie, Symptome, Krankheitsverlauf sowie therapeutischen Möglichkeiten unterscheiden.
2002 wurden von den Fachgesellschaften American Thoracic Society und European Respiratory Society eine gemeinsame Klassifikation der idiopathischen interstitiellen Pneumonie veröffentlicht. Es werden derzeit insgesamt sieben Krankheitsformen unterschieden:
- idiopathische pulmonale Fibrose
- nicht spezifische interstitielle Pneumonie
- kryptogene organisierende Pneumonie
- akute interstitielle Pneumonie
- respiratorische Bronchiolitis mit interstitieller Lungenerkrankung
- desquamative interstitielle Pneumonie
- lymphoide interstitielle Pneumonie.
Ursachen
Diese Entzündungszellen geben bestimmte Botenstoffe ab, die zur Migration von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) in die Alveolen führt. Das wiederum aktiviert Granulozyten, die nun Proteasen und toxische Sauerstoffmetabolite freisetzen. Das führt zur weiteren Schädigung von Alveolen und zur Störung der Surfactantbildung in den Alveolen, die daraufhin kollabieren.
Zudem vermehren sich über eine lymphozytär geprägte Entzündung Fibroblasten, die das Bindegewebe, die Kapillaren und die Alveolen narbig umbauen. Dadurch werden die Alveolen zusätzlich von der Blut- und Sauerstoffversorgung abgeschnitten und die weitere Bildung von Narbenfeldern nimmt zu. Die restlichen noch belüfteten Alveolen werden kompensatorisch überbläht und bilden sich zu zystischen Hohlräumen um, die Honigwaben ähneln.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die idiopathische interstitielle Pneumonie hat als Leitsymptome Atemnot und einen trockenen Husten. Zu Beginn wird die Atemnot nur bei körperlicher Belastung bemerkt und schreitet im Laufe der Erkrankung weiter voran, sodass dann auch eine Ruheatemnot hinzukommt. Im Endstadium kann es zur respiratorischen Insuffizienz mit Erschöpfung der Atmung kommen.
Die Symptomatik respiratorischen Insuffizienz der Atemnot und des trockenen Hustens besteht bei den meisten Patienten chronisch, das heißt seit Monaten oder Jahren, bis es zur Diagnosenstellung kommt. Aufgrund des bindegewebigen Umbaus ist der Gasaustausch der Lunge gestört, sodass es zum Sauerstoffmangel (Hypoxämie) im Blut kommt. Die Hypoxämie bewirkt, dass sich die Haut und Schleimhäute sichtbar bläulich verfärben, eine sogenannte Zyanose.
Insbesondere die Lippen, Finger und Zehen werden zyanotisch. Bei länger bestehender Zyanose entwickeln sich typischerweise Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel. Meist manifestiert sich die Erkrankung in der zweiten bis vierten Lebensdekade. Die Patienten mit idiopathischer pulmonaler Fibrose sind meist älter als 60 Jahre.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose der idiopathischen, interstitiellen Pneumonie wird klinisch, radiologisch und pathologisch gestellt. Zu Beginn steht die Anamnese und körperliche Untersuchung. Anamnestisch werden die aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, die Medikamenteneinnahme sowie die Familienanamnese abgefragt.
Bei der körperlichen Untersuchung wird die Lunge perkutiert und mit dem Stethoskop auskultiert. Dabei sind häufig ein trockenes endinspiratorisches Knistern sowie feinblasige Rasselgeräusche zu hören. Bei fortgeschrittener Erkrankung können eine Zyanose, Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger als Hauterscheinung auftreten. Bei Verdacht auf eine idiopathische interstitielle Pneumonie erfolgt im Anschluss eine Lungenfunktion sowie eine bildgebende Diagnostik mit einem Röntgenbild beziehungsweise einer hochauflösenden Computertomografie (CT).
Typische Zeichen sind dabei fleckige, retikuläre Verdichtungen, Aussackungen der Bronchien und eine Honigwabenbildung. Sollte nach der Bildgebung die Diagnose noch unklar sein, ist eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage und Biopsie angezeigt. Die Lungenbiopsie ist generell die zuverlässigste Methode, um die Diagnose der Erkrankung zu sichern und eine adäquate Therapie einzuleiten.
Der Krankheitsverlauf ist zum Teil sehr variabel, jedoch schreiten die meisten Erkrankungen schleichend voran. Teilweise konsultieren Patienten, die seit Monaten oder Jahren einen chronischen Husten oder Atemnot haben, erst spät einen Arzt. Dadurch wird erst spät die entsprechende Diagnose gestellt und es ist bereits zum fibrotischen Umbau gekommen.
Komplikationen
Durch die Atembeschwerden werden Organe und Extremitäten oft nicht mit genügend Sauerstoff versorgt und können dadurch beschädigt werden. Ebenso ist der Patient nicht mehr so stark belastbar und kann keine besonderen körperlichen Tätigkeiten oder Sportarten ausüben. Durch diese Krankheit wird die Lebensqualität des Patienten stark eingeschränkt. Durch die Atemnot kann es weiterhin auch zu Bewusstseinsverlust kommen, bei welchem sich der Betroffene durch Stürze verletzen kann.
Die Behandlung der Erkrankung findet in der Regel mit Hilfe von Medikamenten statt. Es ist leider keine ursächliche Behandlung möglich, sodass vor allem die Symptome eingeschränkt werden müssen. Dabei kommt es allerdings nicht in jedem Fall zum Erfolg. Sollte die Behandlung ohne Erfolg verlaufen und keine Lunge für den Betroffenen gefunden werden, ist der Tod des Patienten nahezu unvermeidbar.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei Störungen der Atemtätigkeit ist ein Arztbesuch erforderlich. Halten die Auffälligkeiten über mehrere Tage oder Wochen an, muss ein Arzt die Lungentätigkeit sowie die Atemwege untersuchen. Hustenreiz, eine erschwerte Atmung, Atemaussetzer oder Mundtrockenheit sind Hinweise, denen nachgegangen werden sollte. Bei einem Druckgefühl im Brustkorb, einer schnellen Ermüdung bei körperlicher Betätigung sowie Atemgeräuschen ist ein Arztbesuch vonnöten. Oftmals leidet der Betroffene unter einem schleichenden Prozess der Veränderungen. Da in schweren Fällen eine Organtransplantation notwendig wird, ist ein rechtzeitiger Kontrollbesuch bei den ersten Anzeichen bei einem Arzt anzuraten.
Stellen sich Verfärbungen der Haut ein, ist die Erkrankung bereits fortgeschritten. Blaufärbungen der Lippen, Zehen oder Finger sollten daher schnellstmöglich einem Mediziner vorgestellt werden. Hat der Betroffene ein diffuses Krankheitsgefühl, bemerkt er ein allgemeines Unwohlsein oder sinkt das gewohnte Leistungsniveau, ist ein Arzt zu konsultieren. Veränderungen oder Verformungen der Finger gelten als ungewöhnlich und sind ärztlich abklären zu lassen. Bei Ängsten, panischem Verhalten oder Erstickungsgefühlen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Setzt Schwindel ein, treten Gangunsicherheiten auf oder können gewohnte sportliche Aktivitäten nicht mehr ausgeführt werden, ist ein Arztbesuch notwendig, um die Ursache zu ermitteln. Bei Schlafstörungen, einer erhöhten Reizbarkeit oder Störungen der Aufmerksamkeit sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Behandlung & Therapie
Das Hauptziel der Behandlung besteht in der Verhinderung des Fortschreitens der Lungenfibrose, da diese unumkehrbar ist. Bekannte Auslöser sollten beseitigt und der akute oder chronische Entzündungsprozess aggressiv unterdrückt werden. Zwei Medikamentengruppen kommen hauptsächlich bei der Therapie zum Einsatz.
Zum einen die Glukokortikoide und zum anderen die Immunsuppressiva. Je nach Erkrankungsart ist die Wirksamkeit der Medikamente unterschiedlich. Die idiopathische pulmonale Fibrose beispielsweise war bisher nicht effektiv mit Glukokortikoiden oder Immunsuppressiva behandelbar, jedoch wurden mittlerweile die Präparate Pirfenidon und Nintedanib zugelassen.
Es sind antifibrotische Medikamente, welche den Erkrankungsverlauf verlangsamen. Andere Unterformen der idiopathischen interstitiellen Pneumonie sprechen gut auf die entzündungshemmende Therapie an. Bei einer bestehenden Hypoxämie in Ruhe oder bei Belastung sollte eine Sauerstofftherapie erwogen werden. Bei vielen Patienten verläuft die Erkrankung, trotz Therapie, chronisch und irreversibel, sodass frühzeitig eine Lungentransplantation erwogen werden sollte.
Aussicht & Prognose
Die Prognose einer idiopathischen interstitiellen Pneumonie ist individuell und muss nach dem persönlichen Gesundheitszustand des Patienten gestellt werden. Grundsätzlich wird sie als ungünstig eingestuft, da eine Heilung nicht zu erwarten ist. Die Schäden des Entzündungsprozesses der Lunge sind nach dem derzeitigen wissenschaftlichen und medizinischen Stand trotz aller Bemühungen nicht reparabel.
In schweren Fällen drohen eine Organtransplantation oder das vorzeitige Ableben des Betroffenen, da die Gefahr eines Organversagens vorhanden ist. Gelingt eine erfolgreiche Therapie, verbessert sich die Prognose. Bei einer frühen Diagnosestellung sowie einem schnellstmöglichen Beginn der Behandlung kann der Krankheitsfortschritt stark beeinflusst werden. Die chronisch fortschreitende Entzündung kann durch die Gabe von Medikamenten gehemmt werden.
Wird der Weg einer Spenderlunge notwendig, um das Überleben des Patienten zu erhalten, sind die üblichen Risiken und Nebenwirkungen des operativen Eingriffs zu beachten. Dennoch besteht die Möglichkeit einer deutlichen Verbesserung der Gesundheit sowie einer Lebensverlängerung. Sollte der Organismus das Spenderorgan jedoch abstoßen, verschlechtert sich die Prognose.
Die Erkrankung löst bei vielen Patienten Folgeerscheinungen aus. Angst, Einschränkungen der Lebensführung sowie die Umstrukturierung des Alltags können zu Belastungen führen und neue Erkrankungen auslösen. Dies führt zu einer Verschlechterung der Gesamtprognose, da die Psyche einen erheblichen Anteil im Genesungsprozess hat.
Vorbeugung
Da die genauen Ursachen des Erkrankungskomplexes unbekannt sind, lassen sich derzeit keine konkreten Maßnahmen benennen, die zur Vorbeugung dienen. Lediglich allgemeingültige Verhaltensweisen können formuliert werden. Nikotin-, Drogen- oder Medikamentenabusus sollten unterlassen werden. Körperliche Aktivität und gesunde Ernährung sind allgemein vorteilhaft.
Nachsorge
Bei der idiopathischen interstitiellen Pneumonie hängt die Nachsorge eng mit der Therapie zusammen. Das Ziel besteht darin, den Prozess der Entzündung zu unterdrücken und die fortschreitende Lungenfibrose zu verhindern. So lässt sich der Krankheitsverlauf im Idealfall anhalten. Dafür verschreiben die Ärzte Medikamente, welche die Auslöser beseitigen.
Gleichzeitig wirken die Medikamente aktiv dem Entzündungsprozess entgegen. Die Patienten sollten sich genau an die ärztlichen Hinweise halten und die antifibrotischen Mittel nach Vorschrift einnehmen. Auf diese Weise gelingt es ihnen, den weiteren Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Abhängig von der Art der Erkrankung kann auch eine entzündungshemmende Behandlung zum Einsatz kommen.
Wenn es sich um eine Hypoxämie handelt, empfiehlt der Arzt möglicherweise eine Sauerstofftherapie. Bei der Entscheidung für die richtige Behandlungsform benötigen die Patienten eine fachärztliche Beratung. Zudem ist es wichtig, regelmäßige Kontrolltermine wahrzunehmen, um festzustellen, wie sich die Erkrankung entwickelt. Auch mit einer gezielten Therapie kann die Krankheit irreversibel fortschreiten, und dann ist gegebenenfalls eine Lungentransplantation sinnvoll.
Die eigentlichen Auslöser für die Erkrankung sind oft nicht zu erkennen. Darum gibt es keine konkreten Hilfsmaßnahmen, lediglich Hilfestellungen für eine gesundheitsbewusste Lebensweise. Der Verzicht auf Nikotin, Drogen und Medikamente hat zusammen mit einer ausgewogenen Ernährungsweise und körperlichen Aktivitäten eine positive Wirkung.
Das können Sie selbst tun
Das oberste Anliegen für Patienten mit Idiopathischer interstitieller Pneumonie besteht darin, die Entzündung in der Lunge zu stoppen und die ärztlichen Bemühungen zu unterstützen. Bedingt durch die Ernsthaftigkeit der Erkrankung haben die Anweisungen des Arztes Vorrang vor allen anderen Hinweisen und Selbsthilfemaßnahmen. Zudem sind alle selbstständigen Ansätze vorher mit dem Mediziner zu besprechen.
Üblicherweise erhalten Patienten mit Idiopathischer interstitieller Pneumonie diverse Medikamente, die pünktlich und regelmäßig einzunehmen sind. Da es sich unter anderem um Immunsuppressiva handelt, achten die Betroffenen vermehrt darauf, ihr Immunsystem nicht zu stark zu belasten. So wenden die Betroffenen geeignete Hygienemaßnahmen an und vermeiden auch im Kontakt mit anderen Menschen, sich mit Infektionen anzustecken. Förderlich ist es in diesem Sinne auch, sich bei der Idiopathischen interstitiellen Pneumonie regelmäßig auszuruhen.
Sportliche Aktivitäten sind oftmals nicht mehr im gleichen Ausmaß wie vor der Erkrankung durchführbar. Ein gänzlicher Verzicht auf körperliches Training ist jedoch nicht in jedem Fall notwendig oder förderlich. Der Arzt überweist den Patienten häufig an einen Physiotherapeuten, der ein auf die Idiopathische interstitielle Pneumonie angepasstes Trainingskonzept aufstellt. Wie bei allen Lungenerkrankungen ist es auch bei der Idiopathischen interstitiellen Pneumonie unerlässlich, das Rauchen sofort vollständig aufzugeben.
Quellen
- Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013