Immunmodulation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter Immunmodulation wird eine teilweise Neuausrichtung der Immunantworten des Immunsystems verstanden. Eine Immunmodulation kann besonders bei überschießenden allergischen Reaktionen und bei Autoimmunreaktionen, die sich gegen eigenes Gewebe richten, dazu beitragen, die unerwünschten und schädlichen Immunantworten einzudämmen und die erwünschten und lebensnotwendigen Reaktionen zu stimulieren. Immunmodulationen können durch chemische Substanzen und durch gezieltes „Training“ des Immunsystems erreicht werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Immunmodulation?

Unter Immunmodulation wird eine teilweise Neuausrichtung der Immunantworten des Immunsystems verstanden. Es wird versucht die unerwünschten und schädlichen Immunantworten einzudämmen und die erwünschten und lebensnotwendigen Reaktionen zu stimulieren.

Reaktionen des Immunsystems auf bestimmte Reize wie chemische Substanzen, bakterielle oder viröse Pathogene oder auf entartete körpereigene Zellen können von der angeborenen, genetisch festgelegten, oder von der adaptiven, erlernten, Immunabwehr ausgelöst werden.

Das Immunsystem verkörpert ein äußerst komplexes System von Reaktionsmöglichkeiten zur Abwehr von Krankheitskeimen und schädlichen Substanzen. Dazu gehört auch die Erkennung und Vernichtung körpereigener entarteter Tumorzellen. Die Immunantworten auf bestimmte Reize hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Stärke des Immunsystems und von seiner Ausrichtung.

Durch die vielen Herausforderungen, denen sich das Immunsystem stellen muss, kann es plötzlich oder allmählich zu unerwünschten und schädlichen Immunantworten kommen. Typischerweise sind in diesem Zusammenhang allergische Überreaktionen auf bestimmte „Allergene“ oder Autoimmunreaktionen zu nennen, die sich in einem Angriff auf körpereigenes Gewebe äußern.

Um die schädlichen Reaktionen, die in gravierenden Fällen lebensbedrohlich sein können, wird das Immunsystem entweder unterdrückt (Suppression) oder es wird der Versuch gestartet, das Immunsystem zu modulieren, das heißt, seine spezifischen Reaktionen auf bestimmte Reize zu verändern. Beispielsweise entspricht die Desensibilisierung des Immunsystems auf bestimmte Allergene einer Immunmodulation.

Funktion, Wirkung & Ziele

Immunantworten auf eingedrungene pathologische Keime entspringen einem äußerst komplexen Zusammenspiel der einzelnen Komponenten des Immunsystems.

Bei Erstinfektionen springt zunächst das angeborene – weniger spezifische - Immunsystem mit seinen natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) ein, und das adaptive Immunsystem bildet eine absolut spezifische Abwehr aus, dessen „Programm“ nach Überwindung der Infektion in Form von Gedächtniszellen mit entsprechenden Antigenen erhalten bleibt, so dass das Immunsystem bei einer erneuten Infektion schneller reagieren kann und sich eine Immunität einstellt. Die Einstellung des Immunsystems auf spezifische Erreger entspricht dabei einer körpereigenen Immunmodulierung, weil das adaptive oder erworbene Immunsystem über eine Art Selbststeuerung für eine erweiterte Reaktion „moduliert“ wird. Die Modulierung geschieht dabei über ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Komponenten des Immunsystems.

Die Erkennung schädlicher Bakterien und die Erkennung mit Viren befallener eigener Körperzellen läuft über eine Negativauslese ab. Mit Viren infizierten Zellen und Bakterien fehlt in der Regel ein bestimmter Marker an ihrer Oberfläche. Es fehlt ihnen sozusagen der Ausweis, an dem das Immunsystem erkennen würde, dass es sich um körpereigene Zellen handelt. Ein ähnlicher Prozess läuft ab, wenn das Immunsystem gealterte oder entartete tumoröse Zellen nicht mehr als körpereigen erkennt und sie deshalb phagozytiert und in ihre Bestandteile zerlegt, um Teile davon für das Recycling im körpereigenen Stoffwechsel freizugeben und die restlichen Bestandteile über die Nieren oder die Leber zu entsorgen.

Nicht nur pathogene Bakterien oder Viren können Immunreaktionen auslösen, sondern auch bestimmte Substanzen – meist biologisch aktive Stoffe wie Pollen, bestimmte Aerosole oder toxische Stoffe, die in den Körper auf verschiedenste Weise, auch beispielsweise über die Atemwege eindringen können. Auch in diesen Fällen reagiert das Immunsystem mit Phagozytose. Das bedeutet, dass spezialisierte Lymphozyten die Substanzen in sich aufnehmen, unschädlich machen und abtransportieren. Bei Allergikern reagiert ihr Immunsystem zu stark auf derartige chemische Reize (Allergene). Das Immunsystem produziert größere Mengen von Histaminen und lockt damit weitere spezialisierte Lymphozyten herbei. Es entsteht eine Art Entzündungsreaktion, die zu Asthmaanfällen und anderen gravierenden gesundheitlichen Problemen führen können.

Um das Problem nicht nur symptomatisch zu therapieren, sondern ursächlich zu bekämpfen, muss versucht werden, das Immunsystem über den Prozess der Desensibilisierung neu zu modulieren, so dass sich die allergischen Reaktionen abschwächen oder sogar gänzlich ausbleiben. Ein anderes Problem kann in Autoimmunreaktionen des Immunsystems liegen. In diesen Fällen werden Zellen eines bestimmten Körpergewebes nicht mehr als körpereigen erkannt und angegriffen. Bekannte Krankheiten, die auf Autoimmunreaktionen beruhen, sind beispielsweise Multiple Sklerose (MS), bei der das Immunsystem das eigene Nervensystem angreift und rheumatoide Arthritis. Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse.

Die genauen Ursachen für Autoimmunerkrankungen sind (noch) nicht hinreichend bekannt. Neben einer gewissen genetischen Disposition werden Ursachen auch bei einem zu wenig „trainierten“ Immunsystem diskutiert, so dass ein Immuntraining mit beabsichtigter Immunmodulation Autoimmunkrankheiten sogar ursächlich bekämpfen könnte. Immunmodulationen können durch „Training“ des Immunsystems und durch Konfrontierung mit bestimmten Stimulanzien erzielt werden, die Immunantworten provozieren, aber auch durch Entspannungsübungen und Saunagänge. In der Naturheilkunde wird einigen sekundären Pflanzenstoffen die Fähigkeit zur Immunmodulation zugesprochen.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Direkte Risiken und Gefahren im Zusammenhang mit einem allgemeinen Immuntraining oder einer Immunmodulation sind nicht bekannt. Falls Immunmodulationen durch Extrakte unterstützt werden, die aus Heilpflanzen gewonnen werden, ist eine gewisse Vorsicht angeraten.

Beispielsweise gelten Inhaltsstoffe des Roten Sonnenhuts als immunmodulierend. Ähnliche Wirkungen werden Inhaltsstoffen der Hanfpflanze (Cannabis) zugesprochen. Eine der größten „Gefahren“ einer Immunmodulierung liegt darin, dass schlimmstenfalls das Ziel der Verbesserung allergischer Reaktionen oder der Eindämmung von Autoimmunreaktionen nicht erreicht wird. Falls konkrete Ziele, die mit einem Immuntraining verbunden werden, nicht erreicht werden, ist zumindest als positive Nebenwirkung eine Stärkung des Immunsystems zu erwarten, das sich in einer verminderten Anfälligkeit für Infektionen und Erkältungen äußern sollte.

Quellen

  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011
  • Suttorp, N., et al.: Infektionskrankheiten. Thieme, Stuttgart 2004

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