Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom wird eine angeborene Fehlbildung der Gefäße bezeichnet. Die Betroffenen leiden dabei unter Riesenwuchs an ihren Gliedmaßen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom?

Ein Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom zu diagnostizieren, ist aufwendig. So gilt es, sämtliche Gefäße des Körpers zu untersuchen, um das genaue Ausmaß der Erkrankung festzustellen.
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Beim Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom handelt es sich um einen Symptomkomplex, der angeboren ist. Dabei treten Missbildungen am Gefäßsystem auf. Ein weiteres Merkmal sind erhebliche Wachstumsstörungen an den Armen und Beinen. Die Erkrankung trägt auch die Bezeichnungen Klippel-Trenaunay-Syndrom, angiektatischer Riesenwuchs oder Angio-osteohypertrophisches Syndrom.

Das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom ist angeboren und zeigt sich nur sehr selten. So konnten bislang erst circa 1000 Krankheitsfälle dokumentiert werden. Benannt wurde das Syndrom nach den französischen Ärzten Maurice Klippel (1858-1942) und Paul Trenaunay (1875-1938), die die Erkrankung erstmals beschrieben. Anteil an dieser Beschreibung hatte zudem der englische Mediziner Frederik Parkes Weber (1863-1962).

Ursachen

Die genauen Ursachen des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms ließen sich bisher nicht klären. Bekannt ist, dass in den ersten beiden Schwangerschaftsmonaten eine Störung der Gefäßentwicklung auftritt, von der die Blut- und Lymphgefäße betroffen sind. Dadurch kommt es zur Entstehung von Gefäßen, die unreif und nicht voll funktionsfähig sind. Das Ausmaß der Fehlentwicklung zeigt sich dabei individuell unterschiedlich. So handelt es sich stets um einzigartige Krankheitsbilder.

Störungen der Durchblutung sowie der Blutzirkulation können an den betroffenen Körperstellen Wachstumsstörungen hervorrufen. Darüber hinaus sind auch verschiedene Begleiterkrankungen wie ein Schiefstand des Beckens, eine Skoliose, Funktionseinbußen an den Beckenklappen oder eine Kniegelenksarthrose bei Kindern möglich.

Ob die übermäßige Bildung von Gefäßen der Grund für den Riesenwuchs des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms ist, ließ sich nicht eindeutig feststellen. So können auch andere Ursachen dafür in Betracht kommen, die bislang noch unbekannt sind.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zu den typischen Beschwerden des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms zählen Gefäßfehlbildungen. Außerdem zeigt sich ein Riesenwuchs, der in der Regel einseitig auftritt. In manchen Fällen ist aber auch der gegenteilige Effekt, also Minderwuchs, zu verzeichnen. Bemerkbar machen sich die Deformitäten der Gefäße durch Lymphangiome. Dabei handelt es sich um gutartige Tumore an den Lymphgefäßen. Des Weiteren bilden sich Feuermale auf der Haut, die eine auffallende Größe erreichen.

Der Riesenwuchs hat außerdem eine Hypoplasie oder Aplasie an den Beinvenen sowie das Entstehen von Krampfadern zur Folge. Ferner tritt eine Weichteilhypertrophie auf. Bei manchen Betroffenen können an den Armen und Beinen auch arteriovenöse Fisteln vorkommen. Da die Beine der Patienten eine unterschiedliche Länge aufweisen, leiden die Betroffenen nicht selten unter Gangstörungen.

Es sind aber noch weitere Probleme durch das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom im Bereich des Möglichen. Dazu gehören unter anderem Blutungen. Während sie bei Kindern nur durch Verletzungen, die auch geringfügig sein können, auftreten, leiden ältere Menschen unter spontanen Blutungen von erweiterten Gefäßen. Durch ein Blutgerinnsel (Thrombose) besteht die Gefahr einer schmerzhaften Anschwellung der Gliedmaßen. Im schlimmsten Fall ruft die Thrombose eine lebensgefährliche Lungenembolie hervor.

Da es an der betroffenen Gliedmaße zu einer verstärkten Blutfülle kommt, können dort vermehrte Schweißausbrüche eintreten. Diese empfinden die Patienten oft als überaus unangenehm. Ein weiteres häufiges Symptom sind Schmerzen am betroffenen Arm oder Bein. Es wird vermutet, dass die Beschwerden durch den Anstau des Blutes entstehen. So wird durch ihn Druck auf die Gelenkkapseln, Muskeln oder Nerven ausgeübt.

Diagnose & Therapie

Ein Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom zu diagnostizieren, ist aufwendig. So gilt es, sämtliche Gefäße des Körpers zu untersuchen, um das genaue Ausmaß der Erkrankung festzustellen. Aus diesem Grund erfolgen an den Arterien eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung), eine Druckmessung sowie eine Angiographie. Eine Ultraschalluntersuchung findet auch an den Venen statt.

Darüber hinaus werden an ihnen eine Lichtreflexrheographie, eine Phlebographie und eine Verschlussplethysmographie vorgenommen. Zur Untersuchung der Lymphgefäße kommen eine direkte Lymphographie sowie eine Lymphszintigraphie infrage. Knochen und Weichteile untersucht der Arzt durch Röntgenaufnahmen, eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT).

Welche Untersuchung letztendlich stattfindet, unterscheidet sich von Patient zu Patient. Aufgrund der Komplexität der Gefäßfehlbildungen lässt sich keine Heilung des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms erreichen. Außerdem gilt eine komplette Normalisierung der Gefäße als unmöglich.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom zu verschiedenen Fehlbildungen, die vor allem an den Gefäßen der Betroffenen aufkommen. Nicht selten tritt dabei ein Riesenwuchs auf, von welchem vor allem die Gliedmaßen des Patienten betroffen sind. Der Betroffene selbst kann allerdings auch an einem Minderwuchs leiden.

Die Gefäße sind dabei deformiert und es bilden sich Tumore an diesen aus. In der Regel sind die Tumore allerdings gutartig, wobei sich weiterhin Feuermale unter der Haut ausbilden können. Die Patienten leiden nicht selten an Gangstörungen oder an anderen Beschwerden beim Gehen oder Laufen. Auch die Beine können dabei eine unterschiedliche Länge aufweisen.

Durch das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom kommt es verstärkt zu Blutungen und auch zu Blutgerinnseln. Im weiteren Verlauf kann der Patient auch an einer Lungenembolie erkranken, welche unbehandelt zum Tode des Patienten führen kann. Die Gelenke sind von Schmerzen betroffen und es kommt im Allgemeinen zu einer verringerten Belastbarkeit des Patienten.

Die Behandlung des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms findet mit Hilfe von operativen Eingriffen statt und kann viele Beschwerden einschränken. In einigen Fällen ist auch eine psychologische Behandlung notwendig, bei welcher es allerdings nicht zu besonderen Komplikationen kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom wird oft unmittelbar nach der Geburt des Kindes festgestellt. Ist dies nicht der Fall, müssen die Eltern den Arzt informieren, sobald ungewöhnliche Symptome oder Beschwerden bemerkt werden. So sollten Anzeichen eines Minder- oder Riesenwuchses in jedem Fall von einem Facharzt abgeklärt werden. Auch Fisteln, Gangstörungen oder Blutungen sind deutliche Warnzeichen. Eltern von betroffenen Kindern sollten zeitnah mit dem Kinderarzt sprechen, wenn eines oder mehrere der genannten Symptome auftreten. Dieser kann das Kind untersuchen und das Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom ausschließend oder diagnostizieren.

Liegt das KTWS zugrunde, wird er die Eltern an eine Fachklinik für genetische Erkrankungen verweisen. Die einzelnen Symptome müssen von verschiedenen Fachärzten untersucht und behandelt werden. So ist bei Gangstörungen ein Besuch beim Orthopäden notwendig, während Hautveränderungen einem Dermatologen vorgestellt werden sollten. Die Betroffenen sind meist weniger belastbar und anfälliger für Blutungen und Blutgerinnsel. Eine engmaschige ärztliche Überwachung verhindert medizinische Notfälle und trägt zu einer raschen Genesung des Kindes bei. Die medizinische Therapie kann durch eine therapeutische Beratung gestützt werden.

Behandlung & Therapie

Eine Behandlung des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms ist nicht leicht. So lassen sich weder eine Heilung noch eine Wiederherstellung des Gefäßsystems erzielen. Eine wichtige Rolle spielt jedoch die Früherkennung in den ersten Lebensjahren. So ist es möglich, einen schweren Krankheitsverlauf oder Spätfolgen durch eine rechtzeitige Behandlung zu vermeiden.

In manchen Fällen werden Operationen vorgenommen, die zur Entfernung von übermäßig angelegten Teilen des Gefäßsystems dienen. Dabei handelt es sich zumeist um größere Hämangiome (Blutschwämmchen) oder Krampfadern. Außerdem besteht die Option, das Längenwachstum eines Armes oder Beines zu beeinflussen.

Einzelne Gefäße lassen sich durch den Einsatz eines Katheters verschließen. Ebenfalls möglich ist die gezielte Ausschaltung von Venen oder Arterien, die zu groß angelegt sind. Zu diesem Zweck wird ein kleiner künstlicher Stopfen oder Flüssigkunststoff injiziert. Darüber hinaus können verschiedene Laser zum Einsatz gelangen, mit denen Gefäße an der Oberfläche oder in tieferen Bereichen verschlossen werden.

Eine weitere Therapieoption stellen physiotherapeutische Maßnahmen wie eine Lymphdrainage oder krankengymnastische Übungen dar. Sie sind sinnvoll, um die Gelenkbeweglichkeit oder die Beweglichkeit der Gliedmaßen zu verbessern. Zur Steigerung der Lebensqualität tragen Absatzerhöhungen bei verkürzten Beinen oder Kompressionstrümpfe beziehungsweise Kompressionsärmel bei. Ebenfalls wichtig kann eine Psychotherapie sein, da sie den Patienten hilft, besser mit ihrer Erkrankung umzugehen.


Aussicht & Prognose

Die Ursache des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms ist bis heute nicht vollständig erklärt. Dies führt dazu, dass die Behandlungsmaßnahmen individuell erfolgen und keine einheitliche Therapie angewendet wird. Obwohl Forscher und Wissenschaftler bis heute intensiv an einer Ursachenforschung arbeiten, ist der entscheidende Durchbruch bislang noch nicht erfolgt. Ärzte erhalten die aktuellen Erkenntnisse der Mediziner und versuchen diese bei der Erstellung des Behandlungsplanes bestmöglich zu integrieren. Die Fehlbildungen der Gefäße werden nach den jeweiligen Gegebenheiten behandelt und haben häufig das Ziel einer Symptomlinderung. Eine vollständige Genesung wird oftmals nicht erreicht.

Der Beginn der ersten Therapie ist abhängig von der Diagnosestellung und entscheidend für den weiteren Krankheitsverlauf. Je eher Maßnahmen ergriffen werden können, desto besser sind die langfristigen Ergebnisse. Bei einigen Patienten kommt es zu einem oder mehreren operativen Eingriffen. Diese sind mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Treten keine weiteren Komplikationen auf, verbessert sich die Gesamtsituation im Normalfall nach einer Operation.

Patienten des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms müssen sich einer Langzeittherapie über die gesamte Lebensspanne unterziehen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind notwendig, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend reagieren zu können. Die verschiedenen Belastungen durch die Erkrankung führen bei einigen Betroffenen zu psychischen Folgeerkrankungen. Diese verschlechtern die Gesamtsituation um ein weiteres und müssen bei der Prognosestellung berücksichtigt werden.

Vorbeugung

Dem Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom vorzubeugen ist nicht möglich. So handelt es sich um eine angeborene Erkrankung. Außerdem ließen sich die genauen Ursachen des Syndroms nicht feststellen.

Nachsorge

Beim Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom sollte in erster Linie eine frühzeitige Diagnose der Krankheit erfolgen, damit es nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden kommt. Eine frühe Diagnose wirkt sich dabei in der Regel immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus, sodass der Betroffene schon bei den ersten Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen sollte.

Da es sich bei diesem Syndrom um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, sollte bei einem Kinderwunsch eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, um das erneute Auftreten des Syndroms zu verhindern. Die meisten Betroffenen sind dabei auf die Maßnahmen einer Krankengymnastik und einer Physiotherapie angewiesen. Dabei können einige der Übungen aus diesen Therapien auch im eigenen Zuhause wiederholt werden, wodurch die Heilung beschleunigt wird.

Ebenso ist die Unterstützung und die Hilfe von anderen Menschen oder den Eltern im Alltag des Betroffenen sehr wichtig. Dadurch können auch mögliche psychische Beschwerden oder Depressionen verhindert werden. Beim Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom sind weiterhin regelmäßige Untersuchungen bei einem Arzt sehr wichtig, damit weitere Schäden an den Gefäßen früh erkannt werden können. In der Regel verringert diese Krankheit nicht die Lebenserwartung der Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind beim Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom sehr stark eingeschränkt. Einen wichtigen Punkt stellt hierbei die frühzeitige Erkennung und Diagnose des Syndroms dar, da dadurch weitere Komplikationen und schwerwiegende Beschwerden verhindert werden können.

Schon in den frühen Lebensjahren muss daher eine Therapie beginnen. Die meisten Beschwerden werden dabei in der Regel durch operative Eingriffe korrigiert und gelindert. Nach den operativen Eingriffen sind die Patienten auf Maßnahmen der Physiotherapie und der Krankengymnastik angewiesen, um die Beweglichkeit der Gliedmaßen wiederherzustellen. Die verschiedenen Übungen können dabei meist auch im eigenen zu Hause durchgeführt werden, was den Heilungsprozess beschleunigen kann. Weiterhin kann sich das Tragen von Kompressionsstrümpfen positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken und mögliche Einschränkungen im Alltag lindern.

Im Allgemeinen sind die Patienten jedoch auf Hilfe im Alltag angewiesen. Hierbei wirkt sich vor allem die Hilfe durch enge Freunde oder durch die eigenen Eltern und Angehörigen gut auf den Krankheitsverlauf aus. Im Falle von psychischen Beschwerden sind einfühlsame Gespräche mit vertrauten Personen ebenfalls hilfreich. Häufig kann auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Klippel-Trenaunay-Weber-Syndroms hilfreich sein, da es dadurch zu einem Informationsaustausch kommt, welcher die Lebensqualität steigern kann. Im Vordergrund steht jedoch immer noch die frühe Erkennung der Krankheit.

Quellen

  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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