Lymphogranuloma inguinale
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Lymphogranuloma inguinale ist eine Geschlechtskrankheit, die durch den Erreger Chlamydia trachomatis ausgelöst wird. In der westlichen Welt kommt die Geschlechtskrankheit jedoch eher selten vor.
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Was ist Lymphogranuloma inguinale?
Lymphogranuma inguinale ist auch unter den Namen Lymphogranuloma venereum, venerisches Granulom oder Nicola-Durand-Favre-Krankheit. Die Erkrankung wird sexuell übertragen. In der westlichen Welt ist sie nur äußerst selten zu finden. Sie kommt überwiegend in den Tropen vor. Erreger sind unterschiedliche Formen von Chlamydia trachomatis. Unbehandelt kann die Krankheit chronisch werden. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Antibiotika.
Ursachen
Ursächlich für Lymphogranuloma venerum sind die Serotypen L1 bis L3. Chlamydia trachomatis gehört weltweit zu den häufigsten Erregern von sexuell übertragbaren Infektionen. Jährlich gibt es etwa 90 Millionen Neuinfektionen mit Chlamydien. Meistens handelt es sich dabei aber um andere Serotypen. Die Inzidienz an Lymphogranuloma inguinale nimmt weltweit eher ab. In Afrika, Asien, Südamerika und in der Karibik ist die Krankheit allerdings immer noch weit verbreitet.
Die meisten Infektionen finden zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr statt. In der Regel sind Menschen mit einem niedrigeren sozialen Status häufiger betroffen. In Deutschland finden sich seit dem Jahr 2000 wieder einige Infektionen. Insbesondere HIV-infizierte Männer sind betroffen. Vorherrschend ist hier der Seroytp L2.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Von der Ansteckung bis zum Auftreten der ersten Symptome vergehen drei bis zwölf Tage. Am Infektionsort bildet sich ein schmerzloses Bläschen. Die klinische Manifestation dieses Primärstadiums ist abhängig von der Eintrittsstelle von Chlamydia trachomatis. Bei Befall von Penis oder Scheide zerfällt das Bläschen recht schnell. Es bildet sich ein Geschwür. Dieses ist nur wenige Millimeter groß und ebenfalls schmerzlos. Nach einigen Tagen bildet sich das Geschwür spontan zurück.
Wurde der Erreger beim Analverkehr übertragen, ist der Enddarm befallen. Hier verläuft das Primärstadium in der Regel unbemerkt. Nach Oralverkehr kann es auch zu einem Befall der Mund- und Rachenschleimhaut kommen. Diese Variante der Erkrankung ist allerdings eher selten.Wird das Lymphogranuloma inguinale im ersten Stadium nicht behandelt, schließt sich das Sekundärstadium an. Nach einer Latenzzeit von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen breiten sich die Erreger über die Lymphbahnen im Körper aus. Es kommt zu einer Entzündung der Lymphwege (Lymphangitis) und zu einer Entzündung der Lymphknoten (Lymphadenitis).
Insbesondere die Lymphknoten sind äußerst schmerzhaft. Man spricht hier auch von druckdolenten „Bubonen“. Befindet sich die Eintrittspforte im Bereich der Genitalien, so sind die genitalen Lymphknoten, die Leistenlymphknoten und die Lymphknoten rund um den Anus betroffen. Im Laufe der Entzündung kommt es zu einer Gewebseinschmelzung. Die Folge sind Abszesse und Fisteln. Die Haut über den Lymphknoten wird blau. Das Gewebe im Bereich der Entzündungen wird immer dünner, bis schließlich die Abszesse durchbrechen und ihren Eiter nach außen entleeren.
Diese Symptomatiken sind meist begleitet von Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen und Gelenkschmerzen. Bei Frauen kann es unter Umständen zudem zu einer Entzündung der Gebärmutter (Zervizitis) oder der Eierstöcke (Salpingitis) kommen. Bei einer Entzündung der Gebärmutter kommt es zu Schmerzen und Juckreiz. Charakteristisch ist zudem ein eitriger Vaginalausfluss. Auch die Salpingitis geht mit Schmerzen und Ausfluss einher.
Eine rektale Infektion kann eine Proktitis oder eine Proktokolitis zur Folge haben. Ohne Behandlung chronifiziert sich die Erkrankung und geht in das Tertiärstadium über. Typisch ist hier eine Fistelbildung in den betroffenen Abschnitten des Lymphsystems. Teile des Systems werden zudem bindegewebig umgebaut (Fibrose). Dadurch wird der Lymphabfluss gestört, sodass Lymphödeme entstehen können. Sehr ausgeprägte Lymphödeme können in eine Elephantiasis im Genitalbereich münden.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Ziel der Diagnostik ist ein Erregernachweis. Aus einem Abstrich der Bläschen oder aus der Flüssigkeit aus einem Lymphknoten wird mittels PCR die DNA des Erregers nachgewiesen. Es können aber auch Methoden wie der Immunfluoreszenz-Direktnachweis (DFA) oder der ELISA-Suchtest zum Einsatz kommen. Die Anzüchtung des Erregers auf speziellen Medien ist allerdings eher schwer und sehr aufwendig und wird deshalb nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Wichtig bei der Diagnosestellung ist die Abgrenzung zu ähnlichen Erkrankungen wie Granuloma venereum, Syphilis oder Ulcus molle.
Komplikationen
Auch ein Geschwür kann sich dabei ausbilden und die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. Weiterhin wird auch der Geschlechtsverkehr des Betroffenen durch die Lymphogranuloma inguinale deutlich eingeschränkt, sodass es zu Spannungen mit dem Partner kommen kann. Weiterhin kann sich die Krankheit auch in den Mundbereich übertragen.
Patienten leiden weiterhin auch an Gelenkschmerzen oder an Kopfschmerzen. Auch die Belastbarkeit des Betroffenen sinkt durch die Lymphogranuloma inguinale deutlich ab und bei Frauen können Entzündungen an der Gebärmutter auftreten. In der Regel kann die Lymphogranuloma inguinale mit Hilfe von Antibiotika behandelt werden.
Dabei treten keine Komplikationen auf. In der Regel verschwinden die Beschwerden nach wenigen Tagen wieder und es kommt zu einem positiven Krankheitsverlauf. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch die Lymphogranuloma inguinale in der Regel nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Mit Hautveränderungen im Intimbereich sollte in jedem Fall zum Urologen oder Gynäkologen gegangen werden. Vor allem Geschwüre und Eiterblasen müssen rasch abgeklärt werden, da akute Entzündungsgefahr besteht. Der Mediziner kann die Lymphogranuloma inguinale feststellen bzw. ausschließen und im Anschluss therapeutische Maßnahmen einleiten. Eine ärztliche Abklärung ist alleine aus Gründen der Ansteckungsgefahr notwendig. Spätestens, wenn Muskelschmerzen, ausgeprägte Lymphödeme oder Anzeichen einer Fibrose auftreten, muss ein Termin mit der Arztpraxis vereinbart werden, damit die Lymphogranuloma inguinale diagnostizert werden kann.
Die Lymphogranuloma inguinale tritt vorwiegend nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr auf. Betroffen sind vor allem Menschen zwischen 20 und 30, hauptsächlich aus niedrigeren Bildungsschichten stammend. Bereits der bloße Kontakt mit einer erkrankten Person kann zur Übertragung des Erregers genügen. Wer im Hinblick auf diese Risikofaktoren den Verdacht auf eine Erkrankung hat, sollte den Hausarzt konsultieren. Weitere Ansprechpartner sind der Hautarzt, Urologe, Gynäkologe oder Lymphologe. Sollte es infolge der Infektion zu seelischen Beschwerden kommen, ist der Rat eines Therapeuten einzuholen.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung des Lymphogranulomas inguinale erfolgt durch orale Antibiotikagabe. Zum Einsatz kommen Antibiotika wie Erythromycin, Tetracyclin oder Doxycyclin. Die Medikamente müssen von den Betroffenen über mindestens drei Wochen eingenommen werden. Wichtig ist, dass der oder die Sexualpartner ebenfalls behandelt werden. Andernfalls kommt es zum sogenannten Ping-Pong-Effekt, sprich: eine erneute Infektion mit einer Geschlechtskrankheit durch Sex mit einem früheren Geschlechtspartner, der nicht mitbehandelt wurde. Der Erreger wird also quasi wie beim Ping-Pong „hin und her gespielt“.
Aussicht & Prognose
Die Geschlechtserkrankung hat eine günstige Prognose, wenn der Erkrankte unverzüglich einen Arzt aufsucht und Behandlungsmaßnahmen einleiten lässt. Durch die Gabe von Medikamenten wird meist binnen weniger Wochen eine Beschwerdefreiheit sowie eine Genesung erzielt. Die Wirkstoffe in den Arzneien unterstützen den Organismus bei der Bewältigung der Erkrankung. Der Krankheitserreger wird getötet, abtransportiert und im Anschluss vom Körper ausgeschieden. Die Beschwerden bilden sich innerhalb der nächsten drei Wochen kontinuierlich zurück, bis eine Heilung eintritt.
Bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf kommt es zur Bildung eines Geschwürs. Im Normalfall bildet es sich ebenfalls während der medikamentösen Therapie schrittweise zurück. Gelingt dies nicht, ist in Einzelfällen eine Entfernung der Gewebeveränderungen angezeigt. Dabei handelt es sich um einen routinierten Eingriff, der dennoch mit den üblichen Risiken einer Operation verbunden ist. Unbehandelt kann sich der Krankheitserreger im Organismus ungehindert ausbreiten.
Die Prognose ist in diesen Fällen deutlich verschlechtert. Das Bakterium löst eine Vielzahl von Beschwerden und Unannehmlichkeiten aus. Darüber hinaus ist es ansteckend und kann beim Sexualakt auf den Partner übertragen werden. Die Lebensqualität ist stark eingeschränkt und es kann zu einem chronischen Krankheitsverlauf kommen. Es bilden sich Lymphödeme, die sich erheblich auf die Gesundheit des Betroffenen auswirken. Bewegungseinschränkungen sind möglich und Folgeerkrankungen entwickeln sich.
Vorbeugung
Gegen das Lymphogranuloma inguinale gibt es keine Impfung. Vorgebeugt werden kann der Erkrankung ausschließlich durch Verhütung. Dafür ist es wichtig auch in Entwicklungsländern Aufklärungsarbeit zu leisten, denn nur so kann die Verbreitung von sexuell übertragbaren Erkrankungen eingedämmt werden. Safer Sex sollte aber auch in Deutschland eine Selbstverständlichkeit sein, denn Kondome schützen nicht nur vor Lymphogranuloma inguinale, sondern auch vor vielen weiteren sexuell übertragbaren Erkrankungen.
Nachsorge
Wichtig ist, dass die verschriebenen Medikamente unbedingt wie vom Arzt empfohlen regelmäßig und vollumfänglich eingenommen werden. Nur so kann die Infektion sicher bekämpft und ein Wiederauftreten vermieden werden. Ist dies gewährleistet, bleibt die Lymphogranuloma inguinale meist folgenlos und bedarf keiner weiteren Behandlung.
Eine unzureichende oder ausbleibende Behandlung kann unter Umständen sowohl für Männer als auch für Frauen eine Unfruchtbarkeit zur Folge haben. Dennoch sollte die Nachsorge auch die Vermeidung des sogenannten "Ping-Pong-Effekts" beinhalten. Ping-Pong-Effekt bezeichnet die Ansteckung weiterer Partner, mit denen Geschlechtsverkehr und Intimitäten vollzogen wurden. Diese sollten umgehend über die Diagnose der Lymphogranuloma inguinale informiert werden und selbst auf eine mögliche Ansteckung untersucht werden.
Es empfiehlt sich, alle Sexualpartner der letzten 60 Tage vor Diagnose der Infektion zu informieren. Im Fall einer bestehenden Schwangerschaft sollte auch das ungeborene Kind getestet werden - eine Ansteckungsgefahr besteht. Eine künftige regelmäßige gynäkologische beziehungsweise urologische Untersuchung, sowie die Verwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr gehören unabdinglich Nachsorge. Während der medikamentösen Behandlung sollte zudem auf Geschlechtsverkehr verzichtet werden.
Das können Sie selbst tun
Patienten mit Lymphogranuloma inguinale leiden unter einer krankheitsbedingt reduzierten Lebensqualität und verspüren aufgrund der Geschlechtskrankheit häufig Scham und Minderwertigkeitskomplexe. Maßnahmen zur Selbsthilfe sind bei dieser Erkrankung jedoch nur bedingt möglich, da eine wirksame Therapie in erster Linie die Gabe von Antibiotika erfordert. Deshalb wenden sich die Betroffenen trotz ihrer Schamgefühle so rasch wie möglich an einen Arzt, um die Behandlung einzuleiten.
Ohne Behandlung leiden die Patienten an Bläschen, entzündeten und schmerzenden Lymphknoten sowie eitrigen Abszessen. Zudem ist die Belastbarkeit stark eingeschränkt und es kommt zu Schmerzen in Kopf und Muskeln. Um die körperlichen Beschwerden zu lindern, stellen die Patienten ihre Erwerbsarbeit nach Möglichkeit vorübergehend ein und gönnen sich viel Schlaf und Erholung zu Hause. Doch selbst wenn die Symptome erträglich erscheinen, ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen.
Die Patienten nehmen das Antibiotikum wie verschrieben ein und berichten dem Arzt etwaige Nebenwirkungen. Essentiell für eine erfolgreiche Therapie ist die Mitbehandlung des Sexualpartners, der die Krankheit übertragen hat. Andernfalls infiziert sich der Patient bei erneutem Geschlechtsverkehr mit dieser Person wieder mit der Krankheit und die Therapie beginnt von vorn. Deshalb ist es wichtig, auch den Partner zu einem raschen Arztbesuch zu bewegen.
Quellen
- Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
- Haag, P., Harnhart, N., Müller, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Urologie. Für Studium und Praxis 2014/15. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
- Suttorp, N., et al.: Infektionskrankheiten. Thieme, Stuttgart 2004