Medizinischer Kunststoff
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Medizinischer Kunststoff ist bioresistenter und bioverträglicher Kunststoff. Sowohl in der Prothetik, als auch in der Geräteherstellung oder der Chirurgie wird heute Kunststoff verwendet. Die einzelnen Arten reichen von Weinsäure-Polymeren bis hin zu Silikonharzen.
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Was ist medizinischer Kunststoff?
Die medizinische Verwendung von Kunststoff beginnt im 20. Jahrhundert. In den 50er Jahren begann der Siegeszug von Kunststoffen und schon in den 80er Jahren hat das künstlich geschaffene Material Stahl als vorrangigen Werkstoff abgelöst. Zelluloid ist der bekannteste und früheste Kunststoff, der vor allem als Elfenbeinersatz diente.
Schon vor der Revolution des Kunststoffs fertige der Amerikaner Feinbloom Kontaktlinsen aus PMMA-Kunststoff an. In etwa zu Mitte des 20. Jahrhunderts implantierte Ridley die erste Intraokularlinse aus PMME. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Kunststoff auch in die Prothetik ein. Auch Kanülen, Infusionsbeutel und Einwegspritzen werden seit den 60er Jahren aus Kunststoff hergestellt. Eine der neuesten Entwicklungen dreht sich um medizinische Kunststoffe im nanotechnologischen Bereich.
Der Begriff des medizinischen Kunststoffes zielt vor allem auf Biokompatibilität als Eigenschaft ab. Medizinische Kunststoffe gibt es heute in verschiedenen Varianten. Sie alle sind direkt und indirekt gesundheitsverträglich. Auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem biologischen Milieu zählt zu ihren Charakteristika.
Formen, Arten & Typen
Das trifft zum Beispiel auf die antimikrobiellen Sortierungen von medizinischem Kunststoff zu. Diese Kunststoffe sind eine Sonderform des medizinischen Kunststoffs. Die antimikrobiellen Eigenschaften dieser Sortierungen verringern die Infektionsgefahr durch Keime im medizinischen Bereich deutlich. Thermoplaste werden heute zum Beispiel mit Metallsalzen oder Silberionen antimikrobiell gestaltet und auf diese Weise selbstwirkend desinfiziert.
Chemisch widerstandsfähige Silikonharze und Polyamid haben sich wegen ihrer Gesundheitsverträglichkeit und Stabilität dagegen als medizinischer Kunststoff in der Prothetik und der Orthetik durchgesetzt. Ein weiteres Beispiel für die Revolution von Kunststoffen in der medizinischen Branche ist die Nanotechnologie. Mithilfe dieser neuen Entwicklung lassen sich nicht nur beschichtete Implantate, sondern auch antimikrobielle Flächen herstellen. Sogar als Träger für medizinische Wirkstoffe können Nanopartikel zukünftig eingesetzt werden und somit Medikamente durch den menschlichen Körper transportieren.
Aufbau & Funktionsweise
Für medizinischen Kunststoff sind verschiedene Eigenschaften entscheidend. Allen voran geht es um die Biokompatibilität. Jeder medizinisch verwendete Kunststoff muss im direkten und indirekten Kontakt mit dem menschlichen Organismus also verträglich sein. Er muss außerdem Resistenz gegenüber dem Milieu innerhalb des Organismus aufweisen, sofern er in den Körper integriert werden soll. Chemische Resistenz ist eine weitere Erfordernis, da Kunststoffe im medizinischen Bereich mit Desinfektionsmitteln und Säuren in Kontakt geraten. Für Prothesen spielen zusätzliche Faktoren eine Rolle. Knie- oder Hüftgelenke aus Kunststoff müssen zum Beispiel abriebfest sein, damit sie den hohen Belastungen während der Bewegung standhalten können.
Heute können Kunststoffe begradigend eingesetzt werden, aber auch stützende Funktionen im menschlichen Körper erfüllen und beispielsweise die Bauchwand ersetzen. Auch bei der Korrektur von Deformationen können künstlich hergestellten Materialien mit einer gewissen Stabilität, aber auch Flexibilität helfen. Die Funktionalität beweglicher Körperbestandteile lässt sich durch speziell dazu hergestellte Kunststoffe unterstützen und mittlerweile sogar wiederherstellen.
Auch Medikamente werden heute in Kunststoffkapseln verabreicht. Diese Kapseln sorgen dafür, dass der Wirkstoff länger haltbar bleibt und nicht verunreinigt wird. Im menschlichen Körper lösen sie sich in einer genau definierten Zeitspanne auf und geben die aktiven Inhaltsstoffe des Medikaments an den Organismus ab.
Die Art des medizinischen Kunststoffs variiert also, je nachdem in welchem medizinischen Bereich das Material Verwendung findet. Die Kapseln von Medikamenten sind zum Beispiel oft aus Weinsäure-Polymeren. Selbstauflösende Fäden aus Kunststoff sind demgegenüber meist aus Polymilchsäure, einem Polyester natürlich vorkommender Milchsäure. Diese Fäden zersetzen sich in einer genau einstellbaren Zeit enzymatisch.
Gesundheitlicher Nutzen
Wie wichtig Kunststoff heute in der Prothetik und Orthetik ist, zeigen Beispiele wie das des Michael Teuber. Als dessen Beine nach einem Verkehrsunfall gelähmt war, wurden ihm Orthesen aus Polyamid gegeben. Bei den Paralympics verhalfen ihm diese Orthesen auf das Siegerpodest. In der Prothetik und Orthetik punkten medizinische Kunststoffe vor allem mit Eigenschaften wie ihrem leichten Gewicht. Der Prothesenträger ist so weniger in der Bewegungsfähigkeit behindert, als mit Prothesen aus anderen Materialien.
Auch in der Chirurgie bilden Kunststoffe heute unersetzliche Instrumente, um organische Schäden auszugleichen. Herzklappen können mittlerweile zum Beispiel durch Kunststoffklappen ersetzt werden, wodurch sich Leben retten lassen.
Auch wenn es um medizinische Geräte geht, hat Kunststoff einen unersetzlich hohen Nutzen für den medizinischen Bereich und die gesamte Gesundheitsbranche. Gerätschaften wie Dialysegeräte würden ohne Kunststoff zum Beispiel kaum funktionieren. Kurzum käme die moderne Medizin nicht ohne medizinischen Kunststoff aus. Ein nicht zu unterschätzender Teil des medizinischen Fortschritts ist daher dem Einsatz von Kunststoffen zuzurechnen.