Nervus alveolaris inferior

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Nervus alveolaris inferior

Der Nervus alveolaris inferior ist im Unterkiefer zu finden und enthält sensible Fasern, die für die Zähne, das Kinn und die Unterlippe zuständig sind. Darüber hinaus umfasst der Nervus alveolaris inferior einen motorischen Ast, der den Musculus mylohyoideus und den Musculus digastricus steuert. Die Zahnmedizin nutzt die Nervenbahn zum Teil für eine örtliche Betäubung (Leitungsanästhesie).

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Nervus alveolaris inferior?

Der Nervus alveolaris inferior steuert den Musculus mylohyoideus, der im Deutschen auch Kiefer-Zungenbein-Muskel heißt. Der Muskel beteiligt sich einerseits an der Öffnung des Mundes und andererseits am Schlucken.
© bekirevren – stock.adobe.com

Der Nervus alveolaris inferior ist ein Ast des Nervus mandibularis, der am Nervus trigeminus, dem 5. Hirnnerv, beginnt. Das Ganglion semilunare schaltet die Fasern auf postganglionäre Nervenzellen um.

Dieser Nervenstrang verlässt als Nervus mandibularis die Schädelhöhle durch die ovale Öffnung (Foramen ovale) und erreicht die Unterschläfengrube (Fossa infratemporalis), die sich in der Nachbarschaft des großen Keilbeinflügels (Ala major ossis sphenoidalis) befindet.

An diesem Punkt zweigen mehrere Äste des Nervus mandibularis ab, darunter auch der Nervus alveolaris inferior. Er gehört zu den peripheren Nerven und besteht sowohl aus sensiblen Nervenfasern, die Informationen wie Druck und Schmerz an das Gehirn weiterleiten, als auch aus motorischen Nervenfasern, die Muskeln steuern.

Der Nervus alveolaris inferior ist mit dem Alveolarnerv des Unterkiefers identisch.

Anatomie & Aufbau

Der Nervus alveolaris inferior verfügt über vier Äste. Einer davon, der Nervus mylohyoideus, versorgt sowohl den Musculus mylohyoideus als auch den Musculus digastricus mit Befehlen zur Bewegungssteuerung.

Die Rami dentales oder Zahnäste führen zu den Wurzeln der Zähne. Darüber hinaus beteiligen sich die Fasern aus diesem Ast am Plexus dentalis inferior. Die übrigen Nervenbahnen dieses Geflechts stammen aus den Rami gingivales inferiores, die sich vom Plexus dentalis inferior zum Zahnfleisch (Gingiva) erstrecken. Der dritte Ast des Nervus alveolaris inferior ist der Ramus incisivus, der ebenfalls aus sensiblen Nervenfasern besteht und die vorderen Zähne innerviert.

Der Nervus alveolaris inferior beginnt am Nervus mandibularis und verläuft unter dem äußeren Flügelmuskel (Musculus pterygoideus lateralis) hindurch. Dieser Muskel wird von einem anderen Ast des Nervus mandibularis versorgt – namentlich vom Nervus pterygoideus lateralis. Der Nervus alveolaris inferior begibt sich anschließend zum Foramen mandibulae, um kurz darauf in den Unterkieferkanal (Canalis mandibulae) überzugehen. Sein Verlauf führt den Nervus aveolaris inferior schließlich zum Foramen mentale. Als vierter Ast zweigt dort der Nervus mentalis vom Nervus alveolaris inferior ab. Er ist auch als Kinnnerv bekannt und erstreckt sich bis zur Unterlippe.

Funktion & Aufgaben

Beim Nervus alveolaris inferior handelt es sich um einen gemischten Nerv mit motorischen und sensiblen Fasern. Letztere machen dabei den größeren Anteil aus, da sie sich in drei Äste des Nervs teilen, während nur eine Abzweigung des Nervus alveolaris inferior für die Steuerung von Muskeln verantwortlich ist. Der motorische Ast ist der Nervus mylohyoideus.

Er steuert den Musculus mylohyoideus, der im Deutschen auch Kiefer-Zungenbein-Muskel heißt. Der Muskel beteiligt sich einerseits an der Öffnung des Mundes und andererseits am Schlucken. Darüber hinaus bildet er einen großen Teil des Mundbodens. Auch der Musculus digastricus ist auf die neuronale Versorgung durch den Nervus mylohyoideus angewiesen. Der Musculus digastricus besitzt zwei Bäuche und wirkt auch am Öffnen des Mundes sowie am Schlucken mit. Dabei versorgt der Nervus facialis ebenfalls einen Teil des Muskels.

Die sensiblen Äste des Nervus alveolaris inferior geben die Reizung von den Zahnwurzeln, dem Zahnfleisch und der Unterlippe an das zentrale Nervensystem weiter. Die Rami dentales zeichnen sich dabei für die Seitenzähne verantwortlich. Den dritten Ast des Nervus alveolaris inferior bildet der Ramus incisivus. Er ist wie die Rami dentales dafür zuständig, somatosensible Informationen der Zähne zu befördern – doch im Gegensatz zu den Rami dentales ist der Ramus incisivus für die Schneidezähne (Dentes incisivi) und den Eckzahn (Dens caninus) der entsprechenden Körperseite verantwortlich.

Den vierte und letzten Ast des Nervus alveolaris inferior verkörpert der Nervus mentalis, der ebenfalls über mehrere Abzweigungen verfügt. Mit ihnen erreicht der Nerv die Unterlippe und nimmt Informationen wie Druck, Vibration, Berührung, Schmerz und Temperatur auf. Die Empfindungen stammen in diesem Fall sowohl aus der Haut der Unterlippe als auch aus der Schleimhaut.


Krankheiten

In der Zahnmedizin dient der Nervus alveolaris inferior als eine von mehreren Möglichkeiten, um eine lokale Betäubung durchzuführen.

Dazu injiziert der Zahnarzt ein geeignetes Medikament, das einen vorübergehenden Ausfall des Nervs hervorruft. Die sensiblen Nervenbahnen können nun keine Signale mehr weiterleiten – und der Patient fühlt dementsprechend keinen Schmerz, wenn der Zahnarzt an den Zähnen arbeitet. Bei dieser Art der Betäubung handelt es sich um eine sogenannte Leitungsanästhesie.

Ein ungewollter Ausfall des Nervus alveolaris inferior ist zum Beispiel nach einer Verletzung möglich. Auch in diesem Fall ist eine Taubheit des Gewebes möglich. Diesen Zustand bezeichnet die Medizin als Parästhesie. Die Parästhesie kann sich auch als Kribbeln, Einschlafen oder Störung bei der Wahrnehmung von Wärme und Kälte manifestieren.

Infolge einer Läsion des Nervus alveolaris inferior sind Schwierigkeiten beim Öffnen des Kiefers sowie Schluckbeschwerden möglich. Häufiger als Schäden, die nur den Nervus alveolaris inferior betreffen, sind neurologische Probleme auf höherer Eben, zum Beispiel im Nervus mandibularis oder im Nervus trigeminus. Zu den zahlreichen möglichen Ursachen gehören neben Verletzungen auch Tumore, Entzündungen, Blutungen, Quetschungen und neurodegenerative Erkrankungen, welche die sensiblen Kerne im Hirnstamm befallen.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

Das könnte Sie auch interessieren