Nervus auricularis magnus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Nervus auricularis magnus ist ein sensibler Nerv des Halsgeflechts. Der Nerv versorgt die dorsale Ohrenhaut und Anteile der Kopfhaut sensibel. Eine Schädigung des Nervs hat Sensibilitätsstörungen zur Folge.
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Was ist der Nervus auricularis magnus?
Das Halsnervengeflecht ist unter Medizinern besser als Plexus cervicalis bekannt. Es besteht aus den anterioren Ästen oder Rami der Spinalnerven aus den Segmenten C1 bis C4 und führt außerdem Anteilen von Spinalnerven des Segments C5. Die Nervenäste des Plexus laufen zwischen Musculus scalenus anterior und Musculus scalenus medius hinab in die tiefere Halsregion.
Neben motorischen und gemischten Nerven führt der Plexus cervicalis eine Reihe rein sensibler Nerven. Dazu zählt zum Beispiel der Nervus auricularis magnus, der auch als großer Ohrnerv bezeichnet wird. Der Nerv entstammt dem zweiten und dritten Halssegment C2 und C3 im Rückenmark und ist damit ein sensibler Spinalnerv, dessen Ursprungsfasern gemeinsam mit anderen Halsnerven im Halsgeflecht artikulieren. Sensible Nerven zeigen einen afferenten Verlauf. Sie transportieren Erregung also aufsteigend in Richtung zentrales Nervensystem, während efferente Nerven Erregung in die andere Richtung und damit aus dem Zentralnervensystem herausleiten.
Beim Nervus auricularis magnus handelt es sich um den größten Nerv der aufsteigenden Nervenäste im Plexus cervicalis. Da der Nervus auricularis magnus nicht durchgehend nur aus einem Ramus besteht, ist die Bezeichnung als ein Nerv eigentlich irreführend. Es handelt sich konkreter um zwei Nervenäste desselben Nervs.
Anatomie & Aufbau
Im Punctum nervosum oder Erb'schen Punkt taucht der Nerv zusammen mit Nervus transversus colli, Nervus occipitalis minor und Nervi supraclaviculares wieder auf und erscheint am Hinterrand des Skelettmuskels. In seinem Verlauf durchstößt der Nerv wie viele andere Nerven des Halsgeflechts die oberflächliche Halsfaszie. Nach der Durchstoßung zieht er sich auf dem Muskel in kranialer Richtung unter dem Platysmas fort und erreicht die Glandula parotis. An dieser Stelle teilt sich der Nervus auricularis magnus in einen anterioren und einen posterioren Ast oder Ramus.
Im Bereich der Parotis kommuniziert der sensible Nervenstrang mit Fasern des Nervus facialis. Der Nervus auricularis magnus ist ein rein sensibler Nerv. Motorische Nerven können niemals rein motorisch efferent sein, sondern enthalten immer auch sensibel afferente Fasern. Bei sensiblen Nerven ist die Ausschließlichkeit der sensiblen Faserart dagegen die Regel. Wie alle anderen Nervenfasern ist der Nervus auricularis magnus von Gliazellen umhüllt und entspricht einem Fortsatz von Nervenzellen.
Funktion & Aufgaben
Die Funktion von sensiblen Nerven ist der Transport von Erregung ins zentrale Nervensystem. Die sensiblen Nerven sind in der Peripherie mit sogenannten Rezeptoren verbunden. Die Rezeptoren nehmen Reize wie Druck, Berührung, Temperatur und Schmerz wahr und übertragen diese Reize abhängig von der Reizintensität in die Sprache des zentralen Nervensystems.
Das geschieht über die Bildung eines Aktionspotenzials, das die afferent sensiblen Nervenfasern entlang schließlich aus dem Gewebe ins zentrale Nervensystem wandert. Dort beginnt die endgültige Verarbeitung des Signals und die Reizwahrnehmung erreicht zum Beispiel das Bewusstsein. Rein sensible Nerven sind nicht zur Leitung von tiefensensiblen Informationen gedacht. Die Tiefensensibilität besteht aus Reizwahrnehmungen der Muskelspindel und des Golgi-Sehnenorgans. Sie setzt sich aus Informationen über die aktuelle Stellung von Gelenken und Muskeln zusammen und wird über die aufsteigenden Anteile von gemischt sensibel-motorischen Nerven ins Zentralnervensystem transportiert.
Die rein sensiblen Nerven haben mit der Tiefensensibilität also nichts zu tun. Der Nervus auricularis magnus leitet demnach nur Temperatur-, Schmerz- und Berührungsreize weiter. Er übernimmt die sensible Innervation der dorsalen Hautteile im Bereich der Ohrmuschel und der Kopfhaut hinter dem Ohr. Außerdem versorgt er die Haut über dem Processus mastoideus sensibel und innerviert außerdem ein Hautareal oberhalb der Ohrspeicheldrüse und des Musculus masseter.
Krankheiten
Bei einer Läsion seines Gewebes stellen sich Sensibilitätsstörungen in den weiter oben genannten Versorgungsbereichen ein. Diese Störungen können sich auf verschiedene Art und Weise äußern. Neben Taubheitsgefühlen können sich Missempfindungen wie gestörtes Schmerzempfinden oder Warm-Kalt-Empfinden einstellen. Auch ein anhaltendes Kribbeln kommt als Symptom infrage. Peripher vermittelte Sensibilitätsstörungen treten zum Beispiel auf, wenn das Halsnervengeflecht zwischen Musculus scalenus anterior und scalenus verklemmt ist. Das kann nach einer Größenzunahme der beiden Muskeln der Fall sein, die zum Beispiel durch übermäßige Belastung bedingt sein kann.
Auch im Rahmen von Polyneuropathien kommt es zu peripher vermittelten Sensibilitätsstörungen, die auf eine Demyelinisierung peripherer Nervenäste zurückzuführen sind. Eine solche Demyelinisierung degeneriert die isolierenden Zellen um die Nerven herum. Reize werden also noch immer detektiert, aber die auf die Reizwahrnehmung hin generierte Erregung verliert sich auf dem Weg ins zentrale Nervensystem teilweise oder vollständig. Auch Traumata, periphere Entzündungen, Infektionen oder Mangelernährung und Vergiftungen können Sensibilitätsstörungen zur Folge haben.
Zentral vermittelte Sensibilitätsstörungen des Nervus auricularis magnus sind in der Regel mit Verletzungen des zugehörigen Spinalnervs verbunden und können zum Beispiel auf Rückenmarksinfarkte oder die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose zurückzuführen sein.
Quellen
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
- Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010