Protozoeninfektion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Protozoeninfektionen sind parasitäre Krankheiten, die durch diejenigen Organismen verursacht werden, die innerhalb der biologischen Systematik früher in das Reich der Protozoa eingestellt wurden. Bedeutende Beispiele von Verursachern von Protozoenerkrankungen sind Entamoeba histolytica als Erreger der Amöbenruhr, Plasmodium falciparum als Auslöser von Malaria tropica, Giardia lamblia, den rund zehn Prozent der Weltbevölkerung in ihrem Darm tragen oder Trypanosoma brucei, welcher über die infizierte Tsetsefliege die Afrikanische Schlafkrankheit auslöst.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Protozoeninfektion?

Allgemein äußert sich eine Protozoeninfektion durch Fieber, grippeähnliche Symptome und allgemeines Unwohlsein.
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Eine Protozoeninfektion ist derjenige pathologische Zustand, der sich aus der Invasion des Körpers durch pathogene Protozoen ergibt. Die Protozoonose, wie die Protozoeninfektion auch genannt wird, ist eine durch eine Reihe von Einzellern, den Protozoen, bedingte Erkrankung. Damit sind Protozoeninfektionen gleichzeitig auch eine Untermenge der Parasitosen; mithin alle diejenigen Erkrankungen, die durch Parasiten hervorgerufen werden können.

Die Bezeichnung Infektion ist in diesem Zusammenhang dadurch berechtigt, dass hierbei die typisierende Abfolge von Eindringen, Vermehrung und Reaktion vorliegt. Aufgrund des beständigen Erkenntnisfortschritts in der Biologie ist die systematische Kategorisierung in einem Taxon Protozoa veraltet. Die phylogenetischen Relationen der als Protozoen zusammengefassten Gruppen zeigten sich hier weit komplexer, als ursprünglich aus der morphologischen Betrachtung der „Urtierchen“ vermutet werden konnte.

Eine durch die biologische Systematik begründete Definition von Protozoen ist damit nicht mehr möglich. Die Beibehaltung von Bezeichnungen wie Protozoologie oder eben auch Protozoeninfektion dient dabei allein praktischen Erwägungen. Denn der gemeinsame systematische Nenner der gemeinhin als Protozoen bezeichneten Organismen geht zurück bis auf die biologische Domäne der Eukaryoten.

Ursachen

Die Ursachen der Protozoeninfektion bei dem Menschen liegen bei krankmachenden Mikroorganismen, die als Parasiten auf ihm als Wirtsorganismus angewiesen sind. Auslöser der Protozoonosen beruht dabei auf eine Vielfalt unterschiedlicher Organismen. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene Internationale Klassifikation der Krankheiten ICD-10 führt durch Protozoen verursachten Krankheiten in den Abschnitten A06 bis A07 sowie B50 bis B64 auf.

Zu beachten ist hierbei, dass sich die ICD-10 im Hinblick der Protozoonosen in ihrer Systematik auf die Übersicht zum verursachten Krankheitsbild stützt. Allgemein bedingt geschieht eine Infektion mit Protozoen über die Aufnahme von verunreinigter Nahrung Wasser, durch kontaminiertes Trink- beziehungsweise Badewasser oder über den Weg des Zwischenwirts. Die verursachenden Organismen sind daher in der nachfolgenden Aufstellung gegebenenfalls beispielhaft beigefügt, „spec.“ bezeichnet dabei mehrere oder unbekannte Arten einer Gattung:

  • A06 - Amöbiasis: Infektion durch Entamoeba histolytica.
  • A07 - Sonstige Darmkrankheiten durch Protozoen: Infektionen durch Balantidium coli, Giardia intestinalis, Cryptosporidium spec. ...
  • B50 - Malaria tropica: Infektion durch Plasmodium falciparum.
  • B51 - Malaria tertiana: Infektion durch Plasmodium vivax.
  • B52 - Malaria quartana: Infektion durch Plasmodium malariae.
  • B53 - Sonstige parasitologisch bestätigte Malaria: Infektionen durch Plasmodium ovale oder Affen-Plasmodien.
  • B54 - Malaria, nicht näher bezeichnet: Klinisch diagnostizierte Malaria ohne parasitologische Bestätigung.
  • B55 - Leishmaniose: Infektionen durch Leishmania spec.
  • B56 - Afrikanische Trypanosomiasis: Infektionen durch Trypanosomiasis gambiensis, Trypanosomiasis rhodesiensis ...
  • B57 - Chagas-Krankheit: Infektion durch Trypanosoma cruzi.
  • B58 - Toxoplasmose: Infektion durch Toxoplasma gondii.
  • B59 - Pneumozystose: Infektionen durch Pneumocystis carinii, Pneumocystis jirovecii ...
  • B60 - Sonstige Protozoenkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert: Infektionen durch Babesi spec., Acantamoeba spec., Naegleria fowleri ...
  • B64 - Nicht näher bezeichnete Protozoenkrankheit.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptomatik kann je nach auslösenden Parasiten erheblich variieren. Allgemein äußert sich eine Protozoeninfektion durch Fieber, grippeähnliche Symptome und allgemeines Unwohlsein. Mitunter sind die Erkrankten gereizter und weise eine erhöhte Herzfrequenz auf. Deutlich erkennbare Signale für eine Erkrankung

sind das Auftreten von Übelkeit, Gewichtsverlust und Erbrechen. Auch Beschwerden in der Magengegend, ausgelöst durch Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen,sprechen oft für eine Infektion. Mitunter können Blutungen aus dem Rektum vorkommen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Über mikroskopische Verfahren lassen sich eine ganze Reihe von durch Protozoen bedingten Infektionen diagnostizieren. Bei der Amöbenruhr kommt es nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen zu sehr häufigem Stuhl, die sich bei heftigen Krämpfen auf mehrere dutzendmale pro Tag belaufen können. Unbehandelt kann die Amöbiasis zum Tode führen.

Eine Malaria tropica macht sich anhand einer Verminderung der Hämoglobinkonzentration sowie häufig durch einen Fieberverlauf bemerkbar, der rhythmisch erfolgt. An neurologischen Komplikationen können Bewusstseinsstörungen auftreten. Es besteht das Risiko, dass die Malaria tropica zum Tode führt. Eine Lamblieninfektion kann leicht unbemerkt bleiben. Dies trifft auf die Mehrzahl der rund zehn Prozent der Weltbevölkerung, die Giardia lamblia in ihrem Darm tragen, zu.

Gleichwohl treten gelegentlich Beschwerden im Magenbereich auf, die sich durch Druckschmerz, Durchfall und Gewichtsverlust bemerkbar machen können. Bei der Afrikanischen Schlafkrankheit erfolgt die Diagnose über die mikroskopische Identifikation der auslösenden Trypanosomen aus einer Gewebeprobe. Diese basiert in den meisten Fällen über eine Blutuntersuchung.

Daneben besteht die Möglichkeit eines diagnostischen Nachweises über trypanosomaspezifische Antikörper, welcher allerdings aufgrund der diesbezüglichen Variabilität des Parasiten mit einiger Unsicherheit behaftet ist. Der Krankheitsverlauf gestaltet sich zweistufig. Die hämolymphatische Phase ist gekennzeichnet durch Fieber, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Juckreiz. Die Phasen der Fieberschübe treten dabei in Intervallen auf.

Daneben können starke Schwellungen der Lymphknoten auftreten. In der zweiten Phase der Erkrankung - die neurologische Phase - tritt ein, wenn der Parasit beginnt, in das zentrale Nervensystem einzudringen. Hierbei gelingt es den Trypanosomen, die Blut-Hirn-Schranke zu durchdringen.

Als Folge erleben infizierte Personen einen gestörten Schlaf-Wach-Zyklus. Diese typische Symptomatik war namensgebend für die Schlafkrankheit. Ohne Behandlung verläuft die Schlafkrankheit tödlich.

Komplikationen

In der Regel führt die Protozoeninfektion zu Symptomen, die einer Grippe sehr stark ähneln. Aus diesem Grund ist eine vorzeitige Diagnose oder Erkennung dieser Krankheit in vielen Fällen nicht möglich. Die Patienten leiden dabei an einem hohen Fieber und auch an einer starken Abgeschlagenheit. Ebenso kommt es dabei zu einem Unwohlsein und zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Die Herzfrequenz des Betroffenen wird durch die Protozoeninfektion ebenso erhöht.

Die Patienten verlieren im Laufe der Erkrankung an Gewicht und leiden an Erbrechen und an Übelkeit. Auch Durchfall oder Bauchschmerzen können auftreten und damit die Lebensqualität des Betroffenen erheblich verringern. In vielen Fällen führt die Protozoeninfektion auch zu sehr schmerzhaften Krämpfen, sodass die Betroffenen auch an Bewegungseinschränkungen leiden.

Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, so führt diese Krankheit in der Regel zum Tode des Betroffenen. Auch Schmerzen im Kopf oder an den Gelenken können durch diese Krankheit auftreten. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt mit Hilfe von Antibiotika und führt in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf. Besondere Komplikationen treten in der Regel nicht auf, falls die Behandlung schon frühzeitig eintritt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Protozoeninfektion muss in jedem Falle durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Es kommt bei dieser Krankheit in der Regel nicht zu einer Selbstheilung und im schlimmsten Falle zu deutlichen Einschränkungen im Leben. Eine frühe Diagnose und Behandlung wirken sich immer sehr positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus und können weitere Komplikationen verhindern.

Ein Arzt sollte bei der Protozoeninfektion dann aufgesucht werden, wenn es zu grippeähnlichen Symptomen kommt. Der Betroffene ist gereizt und fühlt sich im Allgemeinen unwohl. Die Beschwerden treten ohne einen besonderen Grund auf und werden von Gewichtsverlust und Übelkeit begleitet. Weiterhin führt die Protozoeninfektion häufig auch zu Erbrechen. In einigen Fällen können auch starke Bauchschmerzen, die mit Blähungen und Durchfall verbunden sind, auf die Protozoeninfektion hindeuten und müssen durch einen Arzt untersucht werden.

Die Erkrankung kann durch einen Allgemeinarzt oder in einem Krankenhaus diagnostiziert werden. Bei der Behandlung ist der Betroffene auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. In einigen Fällen kann es auch zu einer verringerten Lebenserwartung kommen.

Behandlung & Therapie

Die medikamentöse Behandlung erfolgt im Allgemeinen mittels Antibiotika. Bei der Amöbenruhr sind dies Metronidazol sowie Tetrazykline; daneben wird hierzu Chloroquin, ein enantiomeres Chininderivat, eingesetzt. Als Therapiemöglichkeit bei Malaria, insbesondere bei Malaria tropica, steht klassisch Chinin zur Verfügung. Bei einer Giardiasis ist eine Behandlung nicht in allen Fällen notwendig.

In der Regel sind die körpereigenen Abwehrkräfte hinreichend, um die Infektion zu überwinden. Bei akutem Krankheitsverlauf oder bei Bestehen beeinträchtigender Symptome wird eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Hierzu werden Nitroimidazole wie Metronidazol, Tinidazol, Secnidazol oder Ornidazol eingesetzt. Die Therapie der Afrikanischen Schlafkrankheit erfordert üblicherweise eine stationäre Behandlung.

Die hierzu eingesetzten Medikamente bedingen insbesondere im zweiten Stadium der Krankheit die Auslösung erheblicher Nebenwirkungen. Während für die Behandlung im ersten Stadium medikamentös Suramin gereicht werden kann, erfordert das Folgestadium den Einsatz von arsenhaltigen Verbindungen.


Vorbeugung

Zur Vermeidung einer Protozoeninfektion ist Vorbeugung anzuraten. In erster Linie bedeutet dies die Vermeidung hierzu epidemiologisch relevanter Gebiete. Daneben sind die bekannten Vorsichtsmaßnahmen zu beachten: Durchgaren der Speisen, Abkochen des Trinkwassers, Einsatz von Moskitonetzen und Anti-Insekten-Mitteln.

Gelegentlich finden sich Hinweise von Behörden in Form von Badeverboten an thermischen Quellen. Möglichkeiten zur medikamentösen Prophylaxe bestehen bei der Malaria. Zu beachten ist hierbei, dass auch die Chemoprophylaxe durch Medikamente wie Chloroquin oder Proguanil nur einen unvollständigen Schutz bieten kann.

Nachsorge

Da Protozoen potentiell alle Organe befallen können und es auch nach einer erfolgreichen Behandlung einer Protozoeninfektion möglich ist, dass einige Protozoen im Körper verbleiben, sind nach einer Protozoeninfektion regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen notwendig. Waren die Schleimhäute infiziert, sollten in regelmäßigen Abständen Abstriche der Schleimhäute erfolgen. Zusätzlich müssen beim Hausarzt regelmäßig Untersuchungen des Blutes erfolgen.

Hierbei sollte nicht nur auf die Protozoen untersucht werden, sondern es sollten auch die Organwerte gemessen werden, um einen eventuellen Organbefall als Langzeitfolge der Protozoeninfektion frühzeitig zu erkennen. Werden schlechte Organwerte gemessen oder war ein Organ von der Protozoeninfektion betroffen, sollten außerdem Entnahmen von Gewebeproben (Biopsien) des jeweiligen Organs erfolgen. Daneben können hier bildgebende Verfahren (MRT, Ultraschall) angezeigt sein, um einen eventuellen Organbefall zu erkennen.

Zusätzlich sollte zur Vermeidung einer erneuten Protozoeninfektion eine hoher Hygienestandard eingehalten werden. Dieser besteht insbesondere aus einer regelmäßige Händedesinfektion, sowie dem Vermeiden des Aufsuchens von öffentlichen Toiletten. Lässt sich das Aufsuchen einer öffentlichen Toilette nicht vermeiden, sollte danach eine intensive Desinfektion aller Körperregionen erfolgen, die mit Gegenständen innerhalb der öffentlichen Toilette in Kontakt gekommen sind. Kleidung sollte nach einer Protozoeninfektion mit Hygienespüler gewaschen werden, damit keine Protozoen in der Kleidung verbleiben. Zudem sollte der Kontakt mit Tieren, die Protozoen übertragen können, vermieden werden.

Das können Sie selbst tun

Die Behandlung einer Protozoeninfektion hängt davon ab, welcher Organismus im Körper des Patienten gefunden wurde. Da einige Protozoen lebensgefährliche Erkrankungen auslösen können, ist eine gewissenhafte Diagnostik mit entsprechenden mikroskopischen Untersuchungen wichtig. Der Patient sollte sich danach streng an die Verordnungen des Arztes halten, insbesondere was die Einnahme von Antibiotika betrifft.

Bis es zur Diagnose kommt, haben die Patienten meist einen längeren Leidensweg hinter sich, waren abgeschlagen, litten an Übelkeit, Durchfall und/oder Erbrechen und haben oft auch stark abgenommen. Daher sollten sie in der Rekonvaleszenzzeit ganz besonders auf einen gesunden Lebensstil achten. Dazu gehört, dass die Betroffenen nicht rauchen und wenig bis gar keinen Alkohol trinken sollten. Um das Körpergewicht wieder zu stabilisieren, sollten regelmäßig gesunde, ballaststoffreiche Mahlzeiten mit viel frischem Obst und Gemüse eingenommen werden.

Zu einem gesunden Lebensstil gehört aber auch ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus mit ausreichend viel Schlaf. Stress sollte in dieser Zeit gemieden werden. Empfehlenswert ist in dieser Zeit auch, viel Wasser zu trinken. Es hilft, Gift- und andere überschüssigen Stoffe aus dem Körper auszuscheiden. Auch weitere entgiftende Maßnahmen wie Saunagänge, Dampfbäder und schweißtreibender Sport sind hilfreich. Über weitere Möglichkeiten der Entgiftung beraten naturheilkundlich orientierte Ärzte und Heilpraktiker.

Quellen

  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Suttorp, N., et al.: Infektionskrankheiten. Thieme, Stuttgart 2004
  • Suttorp et al.: Infektionskrankheiten verstehen, erkennen, behandeln. Thieme, Stuttgart 2003

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