Remifentanil

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Remifentanil handelt es sich um ein hochwirksames Opioid, welches insbesondere im Rahmen der Anästhesie angewendet wird. Das Betäubungs- bzw. Sedierungsmittel hat dabei eine Wirkung, die rund 200 Mal stärker als die von Morphium ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Remifentanil?

Bei Remifentanil handelt es sich um ein hochwirksames Opioid, welches insbesondere im Rahmen der Anästhesie angewendet wird.

Remifentanil gehört zu der Gruppe von Wirkstoffen, die oftmals dann eingesetzt werden, falls das bewährte Morphium im Zuge einer Schmerzbehandlung oder als Betäubungsmittel keine ausreichende Wirkung erzielt.

Eingesetzt wird das Opium sowohl als Sedierungsmittel als auch im Zuge der Anästhesie, was sich unter anderem aus der hervorragenden Steuerbarkeit des Wirkstoffes ergibt. In der Praxis kommt das Mittel daher oftmals im Rahmen von Operationen zum Einsatz. Eine wesentliche Eigenschaft des Medikamentes besteht unter anderem darin, dass es glycinhaltig ist. Daher darf das Arzneimittel nicht im Zuge einer Spinalanästhesie zum Einsatz kommen.

Remifentanil wird nicht nur im Rahmen der Anästhesie angewendet, sondern in der Praxis ebenfalls häufig zur Sedierung genutzt. Zur Atemdepression wird das Medikament ebenfalls häufiger verwendet. Da der Abbau des Wirkstoffes unabhängig von den Organen erfolgt, ist eine Anpassung der Dosierung von Remifentanil bei eingeschränkter Funktion der Leber oder den Nieren nicht notwendig.

Pharmakologische Wirkung

Die Wirkung von Remifentanil zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass das Medikament sowohl schmerzlindernd als auch stark beruhigend (sedierend) wirkt.

Als sogenannter selektiver µ-Opioid-Agonist besteht die Wirkung vor allem darin, dass deren Eintritt sehr schnell und gut kalkulierbar erfolgt. Im Normalfall tritt die gewünschte Wirkung bereits eine Minute nach Verabreichung des Medikamentes ein. Ebenso charakteristisch für die Wirkung ist, dass diese lediglich von kurzer Dauer ist. Die Halbwertszeit wird in der Regel mit einer Dauer zwischen zwei und zehn Minuten angegeben.

Aus dem Grund ist es zum Beispiel im Zuge einer Narkose wichtig, dass der Wirkstoff kontinuierlich zugeführt wird. Die Wirkung auf den Organismus kann durch sogenannte Opiod-Antagonisten, wie zum Beispiel Naloxon, aufgehoben werden.

Aufgrund der beschriebenen Wirkung wird Remifentanil oftmals auch als „Soft Drug“ (sanfte Droge) bezeichnet. Wichtig ist bezüglich der Wirkung zu beachten, dass die Dosierung von Remifentanil unbedingt dem jeweiligen Alter des Patienten anzupassen ist.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Opioid Remifentanil kommt in der Praxis auf verschiedenen Wegen zur Anwendung. Am häufigsten wird es im Zuge einer Narkose genutzt, die im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen verabreicht wird. In diesem Rahmen wird der Wirkstoff in erster Linie bei einer totalen intravenösen Anästhesie eingesetzt.

Meistens erfolgt dann eine Kombination mit Propofol. Darüber hinaus kommt Remifentanil ebenfalls zum Einsatz, falls eine Analgesie im Zuge einer direkten postoperativen Periode fortgesetzt werden soll. Ohnehin wird Remifentanil gerne zur Analgesie sowie zur Sedierung im Rahmen der Intensivpflege eingesetzt. Wegen der bereits erwähnten relativ kurzen Halbwertzeit erfolgt die Verabreichung des Opioids in aller Regel über eine sogenannte Spritzenpumpe.

Ein Vorteil besteht aufgrund der kurzen Wirkungsdauer darin, dass es im Normalfall keine Wirkungsüberhänge gibt. Besonders wegen dieser sehr guten Steuerbarkeit ist Remifentanil heutzutage vor allem im Bereich der ambulanten Anästhesie sehr verbreitet und wird häufig angewendet. Aber auch bei etwas weniger schmerzhaften Maßnahmen, wie zum Beispiel bei einer Lithotripsie (Behandlung von Blasen- und Nierensteinen), kann Remifentanil angewendet werden.


Verabreichung und Dosierung

Remifentanil ist ein extrem potentes, kurz wirksames Opioid-Analgetikum, das in der Anästhesie zur Schmerzlinderung und als Teil einer Allgemeinanästhesie verwendet wird. Es wird typischerweise intravenös verabreicht und zeichnet sich durch eine sehr schnelle Wirkung und eine ebenso schnelle Erholungszeit aus, was es für chirurgische Eingriffe besonders geeignet macht.

Bei der Verabreichung von Remifentanil müssen mehrere Faktoren sorgfältig berücksichtigt werden:

Dosierung: Die Dosierung von Remifentanil muss individuell angepasst werden, basierend auf dem Gesundheitszustand, Gewicht, Alter des Patienten und der Art des chirurgischen Eingriffs. Es wird oft in Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Minute dosiert. Wegen seiner hohen Potenz und schnellen Wirkdynamik sollte die Dosierung stets von einem erfahrenen Anästhesisten oder unter dessen Aufsicht vorgenommen werden.

Überwachung: Während der Verabreichung von Remifentanil ist eine kontinuierliche Überwachung der Vitalzeichen des Patienten erforderlich. Dazu gehören Herzfrequenz, Blutdruck, Atmung und Sauerstoffsättigung. Aufgrund der atemdepressiven Wirkung von Opioiden muss besonders auf Anzeichen einer Atemdepression geachtet werden.

Nebenwirkungen: Zu den Nebenwirkungen von Remifentanil gehören Atemdepression, Hypotension, Bradykardie, Übelkeit und Muskelsteifigkeit. Diese Effekte müssen während der Anwendung überwacht und entsprechend behandelt werden.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Remifentanil kann Wechselwirkungen mit anderen sedierenden Medikamenten oder Substanzen haben, was das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen kann. Daher ist es wichtig, dass der Anästhesist über alle Medikamente und Substanzen informiert ist, die der Patient einnimmt.

Nach der Verabreichung: Aufgrund der kurzen Wirkdauer von Remifentanil sollten Pläne für die postoperative Schmerzbehandlung bereits vor der Operation festgelegt werden, um eine kontinuierliche Schmerzlinderung sicherzustellen.

Die sorgfältige Handhabung und Überwachung während der Verwendung von Remifentanil ist essentiell, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten und die Wirksamkeit der Anästhesie zu optimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Da es sich bei Remifentanil um ein effektiv und gezielt wirkendes Mittel handelt, kann es nach der Verabreichung in manchen Fällen durchaus zu Nebenwirkungen kommen.

In erster Linie handelt es sich dabei um Nebenwirkungen, die allgemein sehr typisch für Opioide sind. Es ist zu beachten, dass die Thoraxrigidität – vor allem im Vergleich zu vielen anderen Opioiden - in höherem Maße ausgeprägt sein kann. Grundsätzlich gehören zum Beispiel Atemdepressionen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung zu den typischen Nebenwirkungen, die nach der Verabreichung von Remifentanil auftreten können.

Zu den weiteren möglichen Nebenwirkungen von Remifentanil zählen darüber hinaus Hypotension oder auch Muskelrigidität. Zu allen möglichen Nebenwirkungen kann der behandelnde Arzt eine Auskunft erteilen.

Kontraindikationen

Remifentanil, ein stark wirksames Opioid, wird hauptsächlich in der Anästhesie verwendet, aber wie alle Medikamente hat es bestimmte Kontraindikationen, bei denen die Verwendung vermieden werden sollte:

Allergien gegen Opioide: Patienten, die eine bekannte Überempfindlichkeit oder allergische Reaktionen auf Remifentanil oder andere Opioide gezeigt haben, sollten dieses Medikament nicht erhalten. Symptome einer Allergie können Hautausschlag, Juckreiz, Schwierigkeiten beim Atmen oder Schwellungen im Gesicht und Halsbereich umfassen.

Schwere Atemdepression: Patienten mit unzureichender Atemfunktion oder schwerer Atemdepression, die nicht überwacht und unterstützt wird, sollten kein Remifentanil erhalten, da es die Atemfunktion weiter unterdrücken kann.

Schwere Leber- oder Nierenerkrankungen: Obwohl Remifentanil hauptsächlich durch Plasmaesterasen metabolisiert und nicht direkt über die Niere oder Leber ausgeschieden wird, sollten Patienten mit schweren Leber- oder Nierenerkrankungen unter besonderer Vorsicht behandelt werden, da die Wirkung des Medikaments verlängert sein könnte.

Gebrauch bei Schwangerschaft und Stillzeit: Remifentanil sollte bei schwangeren oder stillenden Frauen nur verwendet werden, wenn der Nutzen das potenzielle Risiko für den Fötus oder das Neugeborene überwiegt. Besonders während der Geburt ist Vorsicht geboten, da das Medikament die Atemfunktion des Neugeborenen beeinträchtigen kann.

Myasthenia Gravis: Bei Patienten mit dieser neuromuskulären Erkrankung könnte Remifentanil die Muskelschwäche verstärken und sollte daher mit Vorsicht verwendet werden.

Diese Kontraindikationen erfordern eine sorgfältige Bewertung durch medizinisches Fachpersonal, um das Risiko unerwünschter Wirkungen zu minimieren und die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten. Bei der Entscheidung, Remifentanil zu verwenden, muss immer eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Remifentanil, ein potentes Opioid, das in der Anästhesie verwendet wird, kann bedeutende Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufweisen, die dessen Wirkung verstärken oder abschwächen können. Die Kenntnis dieser Interaktionen ist entscheidend, um die Sicherheit der Patienten während der Anwendung zu gewährleisten.

Zentralnervensystem-Depressiva: Die gleichzeitige Verwendung von Remifentanil mit anderen zentral dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Alkohol, Barbituraten oder anderen Opioiden kann zu einer verstärkten Sedierung, verstärkten Atemdepression und Hypotonie führen. Dies erhöht das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen und erfordert eine sorgfältige Überwachung der Vitalzeichen.

Anästhetika: Volatile Anästhetika wie Isofluran oder Sevofluran können die opioid-induzierte Atemdepression verstärken, wenn sie zusammen mit Remifentanil verwendet werden. Die Dosis von Remifentanil oder des Anästhetikums muss eventuell angepasst werden, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten.

Serotoninergika: Medikamente, die das serotonerge System beeinflussen, wie bestimmte Antidepressiva (SSRIs, SNRIs), können in Kombination mit Opioiden das Risiko für ein Serotoninsyndrom erhöhen, eine potenziell lebensbedrohliche Zustand.

Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer): Die Verwendung von Remifentanil bei Patienten, die MAO-Hemmer einnehmen, kann zu einer unvorhersehbaren Verstärkung der opiaten Wirkung führen. MAO-Hemmer können die Wirkung von Opioiden auf das kardiovaskuläre System verstärken, was zu schwerer Hypotonie oder anderen kardiovaskulären Komplikationen führen kann.

Aufgrund dieser Wechselwirkungen ist es wichtig, dass Anästhesisten und medizinisches Fachpersonal eine vollständige Medikamentenanamnese des Patienten erheben und potenzielle Wechselwirkungen vor der Verwendung von Remifentanil berücksichtigen. Die Dosisanpassungen und engmaschige Überwachung sind entscheidend, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten und die Wirksamkeit der Anästhesie zu optimieren.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Remifentanil aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht verwendet werden kann, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, die in der Anästhesie oder zur Schmerzbehandlung eingesetzt werden können. Diese Alternativen ermöglichen eine flexible Anpassung der Schmerztherapie an individuelle Patientenbedürfnisse.

Fentanyl: Ähnlich wie Remifentanil ist Fentanyl ein potentes Opioid, das jedoch eine längere Halbwertszeit besitzt. Es wird häufig für die Schmerzkontrolle während und nach chirurgischen Eingriffen verwendet, besonders wenn eine längere Schmerzunterdrückung benötigt wird.

Morphin: Als eines der ältesten und am häufigsten verwendeten Opioide bietet Morphin eine effektive Schmerzlinderung, ist aber mit einer langsameren An- und Abflutung im Vergleich zu Remifentanil verbunden. Es ist geeignet für Patienten, die eine stetige Schmerzlinderung über einen längeren Zeitraum benötigen.

Hydromorphon: Dieses Opioid ist besonders nützlich für die kontrollierte Schmerzbehandlung bei Patienten mit Niereninsuffizienz, da es weniger renale Metaboliten produziert.

Dexmedetomidin: Dieser Alpha-2-Agonist bietet sedative und schmerzlindernde Eigenschaften ohne die atemdepressive Wirkung von Opioiden. Es wird oft in der Intensivmedizin oder für sedierende Zwecke in der Anästhesie verwendet.

Lokalanästhetika: Substanzen wie Ropivacain oder Bupivacain können lokal oder als Teil einer regionalen Anästhesie eingesetzt werden, um spezifische Körperbereiche zu betäuben. Dies ist besonders nützlich bei Eingriffen, die keine vollständige Narkose erfordern.

Nicht-opioide Analgetika: NSAIDs (nichtsteroidale Entzündungshemmer) oder Paracetamol können als zusätzliche oder alternative Schmerzbehandlung verwendet werden, insbesondere bei leichteren bis mittelschweren Schmerzen.

Jede dieser Alternativen hat eigene Vor- und Nachteile und sollte in Abhängigkeit von den spezifischen medizinischen Bedingungen, der Schmerzintensität und der gesundheitlichen Vorgeschichte des Patienten gewählt werden. Es ist wichtig, dass diese Entscheidungen in enger Absprache mit einem qualifizierten Mediziner getroffen werden, um die Sicherheit und Effektivität der Schmerztherapie zu gewährleisten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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