Schmerztherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. November 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wenn man von Schmerztherapie spricht so meint man in der Regel alle medizinischen Maßnahmen, die eine Reduktion des Schmerzgefühls einleiten. Bei chronischen Schmerzen wird nicht selten auch der Begriff des Schmerzmanagement benutzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Schmerztherapie?

Wenn man von Schmerztherapie spricht so meint man in der Regel alle medizinischen Maßnahmen, die eine Reduktion des Schmerzgefühls einleiten. Abbildung zeigt Schmerztherapie mit Magnetstimulation.

Schmerz ist ein Signal des Körpers. Er zeigt uns an, dass irgend etwas im Körper nicht richtig funktioniert und zwingt uns zur Schonung des schmerzenden Körperteils oder Organs, so dass dieses die Möglichkeit hat, sich zu regenerieren und zu heilen.

Man unterscheidet zwischen dem akuten und dem chronischen Schmerz. Dementsprechend wird der akute Schmerz anders therapiert, als der chronische.

Während der chronische Schmerz eine langfristige Therapie erfordert, ist der akute Schmerzmoment als Notfall zu werten und bedarf unter Umständen kurzfristigen einer hochdosierten Gabe von Medikamenten.

Dabei gibt es neben der medikamentösen Therapie zahlreiche Möglichkeiten, Schmerzen zu behandeln und zu lindern. All diese Formen zur Linderung diverser Schmerzarten nennt man in der Medizin Schmerztherapie.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte der Schmerztherapie reicht Tausende von Jahren zurück. Bereits in der Antike suchten Menschen nach Mitteln zur Linderung von Schmerzen. In Mesopotamien und Ägypten wurden Heilpflanzen wie Opium aus dem Schlafmohn zur Schmerzlinderung verwendet, eine Tradition, die später von den Griechen und Römern übernommen wurde. Hippokrates, der "Vater der Medizin", dokumentierte die Verwendung von Weidenrinde, die Salicylate enthält, dem Vorläufer von Aspirin.

Im Mittelalter wurde die Schmerztherapie oft mit Kräutern, Ritualen und spirituellen Praktiken verbunden. Erst im 19. Jahrhundert erlebte die Schmerztherapie mit der Entdeckung und Einführung moderner Anästhetika bedeutende Fortschritte. 1846 wurde die erste erfolgreiche Äthernarkose zur Schmerzausschaltung in der Chirurgie in den USA durchgeführt. Chloroform und Lachgas folgten als weitere Anästhetika, was die Chirurgie revolutionierte.

Die Entwicklung von Opioiden als Schmerzmittel begann ebenfalls im 19. Jahrhundert, als Morphium aus Opium isoliert wurde und in der medizinischen Praxis Einzug hielt. Im 20. Jahrhundert führte die Entdeckung synthetischer Schmerzmittel wie Aspirin (1897 von Bayer) und später Paracetamol zu neuen Möglichkeiten der Schmerzbehandlung. Ab den 1970er Jahren wurde das Wissen über Schmerzmechanismen durch die Entdeckung der Endorphine und Opioidrezeptoren erweitert. Heute umfasst die Schmerztherapie eine Kombination aus medikamentösen, interventionellen und psychologischen Ansätzen, basierend auf einem besseren Verständnis der Schmerzphysiologie.

Einsatz & Indikation

Eine Schmerztherapie wird durchgeführt, wenn Schmerzen chronisch werden oder nicht mehr mit einfachen Mitteln wie rezeptfreien Medikamenten kontrolliert werden können. Akute Schmerzen, beispielsweise nach einer Operation oder Verletzung, werden oft gezielt behandelt, um die Heilung zu unterstützen und das Wohlbefinden des Patienten zu verbessern. Wenn diese Schmerzen jedoch anhalten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, wird eine spezialisierte Schmerztherapie notwendig.

Chronische Schmerzen, definiert als Schmerzen, die länger als drei bis sechs Monate andauern, erfordern eine umfassendere Herangehensweise. Erkrankungen wie chronische Rückenschmerzen, Migräne, Arthritis, Fibromyalgie oder Nervenschmerzen (Neuropathien) sind häufige Gründe für die Einleitung einer Schmerztherapie. Auch Patienten mit Krebserkrankungen oder degenerativen Erkrankungen benötigen häufig spezialisierte Schmerzbehandlungen, um die Symptome zu lindern und den Alltag erträglicher zu machen.

Eine Schmerztherapie wird notwendig, wenn Schmerzen die körperliche Funktion einschränken, den Schlaf stören oder zu psychischen Belastungen wie Angst oder Depression führen. In solchen Fällen kann ein interdisziplinärer Ansatz hilfreich sein, der medikamentöse Behandlung mit physikalischer Therapie, psychologischer Unterstützung und alternativen Methoden kombiniert, um die Schmerzen umfassend zu bewältigen und das Leben der Betroffenen zu verbessern.

Vorteile & Nutzen

Eine Schmerztherapie bietet den Vorteil, eine ganzheitliche und patientenzentrierte Behandlung von Schmerzen zu ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Behandlungsmethoden, die oft nur kurzfristige Linderung bieten oder sich ausschließlich auf die physische Ursache konzentrieren, adressiert die Schmerztherapie sowohl die körperlichen als auch die emotionalen und sozialen Aspekte des Schmerzes. Dies ist besonders wertvoll für Patienten mit chronischen Schmerzen, bei denen der Schmerz oft ein komplexes Zusammenspiel von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren ist.

Durch eine Kombination verschiedener Ansätze, wie medikamentöser Therapie, physikalischer Therapie, psychologischer Unterstützung und alternativen Verfahren, kann die Schmerztherapie eine umfassendere und nachhaltigere Schmerzlinderung bieten. Die individuelle Anpassung der Behandlungsstrategie ermöglicht es, die Therapie optimal auf die Bedürfnisse und das Schmerzprofil des Patienten abzustimmen, was die Erfolgsrate erhöht.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Schmerztherapie ist die Reduzierung der Abhängigkeit von starken Schmerzmitteln, insbesondere Opioiden. Durch den Einsatz multimodaler Ansätze kann die Dosierung dieser Medikamente oft gesenkt werden, was das Risiko von Abhängigkeit und Nebenwirkungen minimiert. Zudem verbessert die Schmerztherapie häufig die körperliche Funktion und Lebensqualität, indem sie es den Patienten ermöglicht, wieder aktiver und selbstständiger am täglichen Leben teilzunehmen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Eine der effektivsten Sofortmaßnahmen bei vielen Schmerzen ist die Wärmetherapie, also die Anwendung von wärmenden Hilfsmitteln, beispielsweise einer Wärmflasche, Wärmepflastern, Kirschkern- oder Dinkelkissen.

Auch Bäder können Schmerzen lindern und werden unter anderem erfolgreich in der Geburtsmedizin eingesetzt, um der Gebärenden die schmerzenden Wehen zu erleichtern. Die Wärme wirkt wohltuend und lindert leichte bis mittelstarke Schmerzen an der entsprechenden Stelle. Zudem entspannt Wärme und kann so Verspannungen des Bewegungsapparates lösen.

Im individuellen Fall kann auch Bewegung Schmerzen lindern. So baut zum Beispiel Radfahren den Knorpel auf und kann so gegen Kniebeschwerden helfen. Bei Schmerzen des Bewegungsapparates hat sich gezielte, auf den Schmerz abgestimmte sportliche Betätigung bewährt, vor allem der Muskelaufbau entlastet das Knochengerüst und kann so Schmerzen lindern.

Generell kommt es bei Bewegung zur Ausschüttung von Dopamin und weiteren Neurotransmittern, die eine stimmungsaufhellende und somit zugleich schmerzlindernde Wirkung haben.

Auch hat man beobachtet, dass die psychische bzw. psychosoziale Komponente in der Behandlung von Schmerzen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Wer glücklich ist, verspürt grundsätzlich weniger Schmerz. Glückshormone (Endorphine) wirken wie körpereigenes Morphium und stillen das Leiden.

Zudem konzentriert sich ein Mensch in einem glücklichen Moment nicht unnötig auf seinen Schmerz. Aus diesem Grund sind gerade bei chronischen Schmerzen häufig Beschäftigungstherapieformen angezeigt. Schon die Pflege sozialer Kontakte und das Beisein von Freunden und Familie kann Schmerzen lindern. In Institutionen wie Pflegeheimen und in der Palliativmedizin werden nicht zuletzt auch deshalb Beschäftigungstherapie, wie Sitztanz, Gesprächskreise oder ähnliche sogenannte Aktivierungsmaßnahmen angeboten.

Hilft keine der bereits erwähnten Methoden, bleibt letztlich die medikamentöse Therapie von Schmerzen. Da Schmerzen unterschiedlicher Natur sein können, gilt es neben der schmerzlindernden Maßnahme, die Ursache des Schmerzes herauszufinden (causale Therapie) und möglichst zu beseitigen. Eine rein schmerzstillende Behandlung hilft meist nicht langfristig. In der medikamentösen Therapie wird zwischen der lokalen und der systemischen Therapieform unterschieden.

Das bedeutet, dass ein Medikament entweder lokal angewendet werden kann oder der Schmerz im Körper, z. B. mittels einer Tablette oder einer Injektion, gestillt werden kann. Wir alle kennen "leichte" Schmerzmittel, wie ASS (Acetylsalicylsäure), Paracetamol oder Ibuprofen. Diese Mittel können bei akuten Schmerzzuständen als Selbstmedikation eingenommen werden, sollten aber nicht dauerhaft ohne ärztliche Aufsicht eingenommen werden.


Durchführung & Ablauf

Eine Schmerztherapie beginnt mit einer umfassenden Anamnese und Diagnostik, um die genaue Ursache und Art der Schmerzen zu ermitteln. Der Arzt oder Schmerztherapeut führt dabei ein ausführliches Gespräch, in dem der Patient seine Schmerzsymptome, die Schmerzintensität, Dauer und mögliche Auslöser beschreibt. Auch die psychische und soziale Situation des Patienten wird berücksichtigt, um ein vollständiges Bild der Schmerzerkrankung zu erhalten. Anschließend werden körperliche Untersuchungen und gegebenenfalls bildgebende Verfahren wie MRT oder Röntgen eingesetzt, um die Diagnose zu bestätigen.

Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickelt der Arzt einen individuellen Behandlungsplan, der oft mehrere Ansätze kombiniert. Dazu gehören medikamentöse Therapien, bei denen Schmerzmittel wie NSAR, Opioide oder Co-Analgetika eingesetzt werden. Physikalische Therapien, wie Physiotherapie oder Massagen, helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Verspannungen zu lösen. Psychologische Unterstützung, beispielsweise durch Gesprächstherapie oder Entspannungsverfahren, wird ebenfalls angeboten, um den Umgang mit Schmerzen zu erleichtern.

In manchen Fällen kommen auch interventionelle Verfahren zum Einsatz, wie Nervenblockaden oder Injektionen. Die Therapie wird kontinuierlich überwacht und angepasst, um die bestmögliche Schmerzlinderung zu erreichen. Ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem verschiedene Fachleute wie Ärzte, Physiotherapeuten und Psychologen zusammenarbeiten, ist entscheidend, um den Patienten umfassend zu behandeln.

Nebenwirkungen, Risiken & Gefahren

Auch sie haben Nebenwirkungen und können bei längerer Einnahme zur Abhängigkeit führen. In manchen Behandlungsformen von chronischen Schmerzen, geht man inzwischen auch dazu über, dem Patienten Stimmungsaufheller zu verabreichen, da - vereinfacht gesprochen - dem Patienten der Schmerz dann "weniger ausmacht", was natürlich nicht bedeutet, dass der Behandler den Schmerz seines Patienten nicht ernst nimmt.

Letztlich werden auch Morphiumpräparate angewendet. Diese Mittel kommen allerdings nur bei stärksten Schmerzzuständen, wie beispielsweise in der Krebstherapie oder weit fortgeschrittenen rheumatischen Erkrankungen zum Einsatz, da sie abhängig machen können und schlimmstenfalls lebensverkürzend wirken können.

Die Verordnung von Morphiumpräparaten fällt unter das Betäubungsmittelgesetz. Eine exakte Dokumentation und die Anwendung unter ärztlicher Aufsicht sind auch deshalb unumgänglich. In der Schmerztherapie gilt in erster Linie, erlaubt ist, was gut tut und subjektiv lindert. Ein Patentrezept in der Behandlung und Beseitigung von Schmerzen gibt es grundsätzlich nicht. Der Patient entscheidet, welche Maßnahmen ihm Linderung verschaffen und was zu seinem Wohlbefinden beiträgt.

Alternativen

Wenn eine klassische Schmerztherapie nicht möglich ist, gibt es verschiedene alternative Verfahren, die Schmerzlinderung bieten können. Akupunktur ist eine häufig genutzte Methode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der dünne Nadeln an bestimmten Körperpunkten gesetzt werden, um die körpereigene Schmerzkontrolle zu aktivieren und Entzündungen zu reduzieren. Akupunktur ist besonders hilfreich bei chronischen Rückenschmerzen, Migräne und Arthritisschmerzen.

Physiotherapie ist eine weitere Alternative, bei der gezielte Übungen und manuelle Techniken eingesetzt werden, um die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern. Sie kann auch die Körperhaltung korrigieren und die Belastung auf schmerzende Bereiche reduzieren.

Chiropraktik oder osteopathische Behandlungen sind ebenfalls Optionen, die durch manuelle Anpassungen des Bewegungsapparats helfen können, Schmerzen zu lindern, insbesondere bei Beschwerden der Wirbelsäule und des Bewegungsapparats. Diese Methoden können Verspannungen lösen und die Funktion von Gelenken und Muskeln verbessern.

Psychologische Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie (CBT) sind hilfreich bei der Schmerzbewältigung, insbesondere bei chronischen Schmerzen. Diese Therapie hilft Patienten, den Umgang mit Schmerz zu verbessern, Stress abzubauen und die emotionale Belastung durch Schmerzen zu verringern.

Zusätzlich können Entspannungstechniken wie Meditation, Atemübungen und Yoga eine bedeutende Rolle spielen, indem sie die Stressreaktion des Körpers mindern und die Schmerzempfindlichkeit senken. Biofeedback, eine Methode, bei der Patienten lernen, körperliche Prozesse wie Muskelspannung zu steuern, wird auch zur Schmerzreduktion eingesetzt.

Quellen

  • Agarwal-Kozlowski, K.: Ganzheitliche Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kröner-Herwig, B., Frettlöh, J., Klinger, R., Nilges, P. (Hrsg.): Schmerzpsychotherapie. Springer, Berlin 2011
  • Striebel, H.W.: Therapie chronischer Schmerzen. Schattauer, Stuttgart 2002

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