Retinitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Mediziner verstehen unter dem Begriff Retinitis eine Entzündung der Augennetzhaut. Ausgelöst durch unterschiedliche Faktoren kann sie im weiteren Verlauf bis zum vollständigen Verlust der Sehkraft führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Retinitis?

Bei einer Retinitis handelt es sich um eine Entzündung der Netzhaut (Retina), die häufig durch Infektionen ausgelöst wird. Der Verlauf der Erkrankung kann von harmlosen Symptomen geprägt sein, aber auch zur vollständigen Erblindung führen.

Ursachen

Einer Retinitis wird in den meisten Fällen durch eine Entzündung verursacht, die auf die Retina übergreift. Die beschädigte Netzhaut degeneriert sich zunehmend, indem das feine Gewebe allmählich zurückbildet. Häufig wird diese Entzündung durch eine Infektion ausgelöst.

Ein Herpes-Simplex-Virus ist in der Absonderung der Tränenflüssigkeit nachweisbar. Er kann sich in der Retina manifestieren und lokale Entzündungsherde auslösen, die rasch zur Erblindung führen. Eine Herpes-Simplex-Retinitis wird oft im Anschluss an eine HSV-Erkrankung beobachtet, kann jedoch nach Monaten oder Jahren auftreten.

Auch die durch den Biss einer Zecke ausgelöste Borreliose steht im Verdacht. Die Ursachen für die Entstehung sind vielfältig. Auch genetische Faktoren oder massive mechanische Einwirkungen spielen eine Rolle

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Wärmebildung bei Entzündungen ist für den Organismus ein enormer Kraftakt, wobei verschiedene Stoffwechselprozesse auch Schäden am Gewebe entstehen lassen.
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Auf Entzündungen reagiert der Körper mit bestimmten Reizen. Er erkennt somit die schädlichen Fremdstoffe und zeigt dabei Entzündungssymptom wie Gewebeschwellung, Rötung oder Wärmeentwicklung bis Fieber. Zahlreiche Abwehrprozesse greifen ineinander. Die Schwellung des Gewebes entsteht durch einen erhöhten Flüssigkeitsgehalt, der schädliche Erreger aus dem Körper ausspülen soll.

So führt bei einer Retinitis die Rötung der Netzhaut zu einer stärkeren Durchblutung und zugleich besseren Versorgung des Gewebes. Die Wärmebildung bei Entzündungen ist für den Organismus ein enormer Kraftakt, wobei verschiedene Stoffwechselprozesse auch Schäden am Gewebe entstehen lassen. Im Normalfall repariert der Körper diese nach der Akutphase.

Verläuft die Reparatur bei einer Retinitis erfolgreich, klingt die Entzündung ohne Beeinträchtigungen ab. Die Netzhaut kann sich erholen und das betroffene Auge ist wieder komplett einsatzfähig. Falls jedoch der Ablauf keine normale Reaktion zeigt, sind mitunter bleibende Schäden zu erwarten.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Sobald eine Verdachtsdiagnose feststeht, ist bei einer Retinitis der genaue Krankheitsverlauf oft noch unklar. Dazu müssen erst noch die jeweiligen Auslöser der Erkrankung ermittelt werden. Weiterhin ist die Retinitis in Untergruppen mit verschiedenen Spezifizierungen oder Klassifikationen gegliedert.

Es gibt die Retinitis centralis, bei der hauptsächlich der mittlere Netzhautbereich betroffen ist. Somit ist hier nicht die gesamte Fläche des Auges betroffen, sondern nur das Netzhautzentrum. Dieser Bereich enthält eine Vielzahl an Sehzellen, die für die Scharfstellung des optischen Bildes zuständig sind.

Ein schwerer Krankheitsverlauf der Retinitis centralis ist deshalb meist mit bleibenden Schäden und dem Verlust der Sehkraft für das mittlere Sichtfeld des betroffenen Auges verbunden. Retinitis mit Blutungen sind als Retinitis haemorrhagica bekannt. Aus einer Sepsis (Blutvergiftung) kann eine septische Retinitis. entstehen und eine Retinitis syphilitica, ist die Folge einer Syphilis.

Eine Aderhautentzündung (Chlorioretinitis) ist häufig im Zusammenhang mit der Retinitis exsudativa zu beobachten. Typische Symptome sind ausgeprägte Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme), vereinzelt auch Blutungen. In der weiteren Folge zeigen sich bedingte Netzhautablösungen, die unmittelbar darauf zu Ausfallerscheinungen im zentralen Bereich der Netzhaut führen.

Retinitis kann ebenfalls zur Entstehung das Harada-Syndrom auslösen. Hier liegt zusätzlich noch eine Meningoenzephalitis (Entzündung der Hirnhäute und des Gehirn) vor. Die Symptome zeigen sich in den typischen Gleichgewichtsstörungen, Hörproblemen, Pigmentverlust und Haarausfall. Fast jeder zehnte Betroffene überlebt die Konstellation der Retinitis mit Meningoenzephalitis nicht.

Zur Feststellung einer Retinitis mit deren multiplen Erscheinungsformen stehen zahlreiche Untersuchungsmethoden zur Verfügung. In erster Linie erfolgt die Untersuchung des Auges mittels einer Spaltlampe für den vorderen, mittleren und hinteren Augenbereich. Zur Darstellung des Augenhindergrundes erfolgt die Spiegelung mit Hilfe eines Ophthalmoskops. Das Spektrum der Diagnoseverfahren reicht von der Messung des Augeninnendruckes, über die Hornhauttopographie bis hin zur Feststellung des Auflösungsvermögens der Augennetzhaut mittels Retinometer.

Komplikationen

Eine Retinitis zeigt sich als Symptom bei unterschiedlichen Erkrankungen. Die möglichen Komplikationen sind daher abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Häufig verläuft eine Retinitis sogar asymptomatisch. In schweren Fällen kann sie jedoch bis zur Erblindung führen. Die Grundkrankheiten können sowohl erblich bedingt als auch erworben sein.

Erworbene Formen der Retinitis werden nicht selten vo Infektionen oder Autoimmunerkrankungen ausgelöst. Bestimmte Formen der Retinitis können zu vielen kleinen Blutungen in der Netzhaut führen. Besonders Diabetiker besitzen ein größeres Risiko, eine Retinitis haemorrhagica (Netzhautblutungen) zu entwickeln. Häufig kommt im Zusammenhang mit einer Retinitis auch eine Aderhautentzündung vor, die durch Wassereinlagerungen im Gewebe, kleine Blutungen in der Netzhaut und Netzhautablösungen gekennzeichnet sind.

Eine Retinitis entwickelt sich auch im Rahmen des sogenannten Vogt-Koyanagi-Harada-Syndroms. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die aufgrund einer Autoimmunreaktion gegen körpereigene Melanozyten gerichtet ist. Diese Form der Retinitis ist mit einer Hirnhautentzündung, Pigmentstörungen, Haarausfall und einer gesteigerten Empfindlichkeit für hohe Töne verbunden. Das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom führt in zehn Prozent der Erkrankungsfälle zum Tod.

Manchmal kann die Sehfähigkeit bei den verschiedenen Formen der Retinitis auch noch nach dem Abheilen der Entzündung stark beeinträchtigt sein. Das ist besonders dann der Fall, wenn sich Vernarbungen auf der Hornhaut gebildet haben. Diese können zu Geschwüren und kleinen Einrissen führen, welche dann die Grundlage für starke Sehbeschwerden bilden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es bei einer Retinitis nicht zu einer selbstständigen Heilung kommt, muss diese Krankheit auf jeden Fall durch einen Mediziner untersucht und behandelt werden. Nur durch eine medizinische Untersuchung können weitere Komplikationen vermieden werden. Ein Arzt ist bei der Retinitis dann aufzusuchen, wenn der Betroffene im Bereich der Augen an einer deutlichen Schwellung leidet. Sollte die Schwellung nicht wieder von alleine verschwinden, so sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Dadurch kann auch das Sichtfeld des Betroffenen gestört werden. Da es sich bei dieser Erkrankung um eine Entzündung handelt, kann sie auch von Fieber begleitet werden.

In der Regel wird die Retinitis von einem Augenarzt behandelt. Dabei kommt es nicht zu besonderen Komplikationen und der Krankheitsverlauf ist meist positiv. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Erkrankung nicht eingeschränkt. Allerdings kann der Betroffene im schlimmsten Falle die Sehkraft vollständig verlieren, falls die Retinitis nicht behandelt wird.

Behandlung & Therapie

In Vorbereitung der Behandlung und Therapie wird der Facharzt in einem intensiven Anamnesegespräch mögliche Risikofaktoren ermitteln. Die Angaben über derzeitige Erkrankungen, infektiöse Prozesse oder genetisch bedingte Erbkrankheiten innerhalb der Familie sind für den weiteren Behandlungsverlauf dringend erforderlich. Je nach ursächlicher Erkrankung erfolgt die individuelle Therapie.

Wird die Retinitis durch Bakterien verursacht, findet eine Anwendung mit Antibiotika statt. Das ist beispielsweise bei der Beteiligung einer Aderhautentzündung (Chorioretinitis) der Fall. Hier werden meist antibiotikahaltige Augentropfen verabreicht. Bei einer Virusinfektion helfen Virostatika.

In seltenen Fällen bilden sich nach einer abgeklungenen Entzündung Vernarbungen auf der Hornhaut des Auges. Es kommt zur Bildung von Geschwüren oder auch kleinen Einrissen der Hornhaut, die anfangs kaum wahrgenommen werden, später jedoch enorme Sehbeschwerden auslösen. Durch einen chirurgischen Eingriff wird eine Amnionmembran (gewonnenes Gewebe aus der Plazenta) auf die betroffene Stelle aufgenäht.

Diese wirkt wie eine entzündungshemmende Schutzschicht und unterstützt gleichzeitig die Heilung des Auges durch bestimmte Wundheilungsstoffe. Der nur wenige Minuten dauernde Eingriff erfolgt unter örtlicher Betäubung Sobald die Risserscheinungen unter der Schutzmembran abgeheilt sind, wird die Amnionmembran wieder entfernt.


Vorbeugung

Eine Retinitis tritt oft erst in einem späten Stadium als Folge von infektiösen Erkrankungen oder anderen gesundheitlichen Beschwerden auf. Daher ist eine Vorbeugung der Netzhautentzündung nicht möglich. Allerdings kann das Immunsystem gestärkt werden, um Viren und Bakterien abzuwehren.

Als generelle Maßnahmen gelten besonders eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, sportlichen Aktivitäten, Aufenthalt im Freien und angemessene Ruhephasen. Sollten jedoch Auffälligkeiten am Auge mit Schmerzen und Rötungen auftreten, ist schnellstens ärztlicher Rat einzuholen. Unabhängig davon, schützen regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt vor bösen Überraschungen.

Nachsorge

Das primäre Ziel einer Nachsorge bei Retinitis ist der Erhalt des Augenlichts. Eine fortschreitende Ablösung der Netzhaut sowie eine rasche Zerstörung der Sehzellen sollen verlangsamt werden, da sie langfristig zur Erblindung führen würden. Etwa die Hälfte der Patienten erkrankt während des Verlaufs zusätzlich an einer Linsentrübung (Katarakt). Auch hier können im Zuge der Nachsorge vorbeugende Maßnahmen getroffen werden.

Die Krankheit ist erblich bedingt, eine Heilungsmethode gibt es nach dem derzeitigen Stand noch nicht. Wird die Diagnose bereits im Jugendalter des Betroffenen gestellt, sind die Behandlungsmöglichkeiten noch größer als zu einem späteren Zeitpunkt. Bei der Nachbehandlung muss der Augenarzt den derzeitigen Zustand des Patienten beachten.

Ein Teil der Betroffenen ist annähernd beschwerdefrei. Andere Erkrankte, bei denen die Retinitis schon weit fortgeschritten ist, sind in ihrer Sehfähigkeit bereits stark eingeschränkt. In diesem Stadium sind neben den Stäbchen auch die Zapfen der Retina betroffen. Je nach Ausprägung der Symptome werden die Patienten bei der Nachsorge behandelt.

Falls die Beschwerden der Retinitis den Erkrankten emotional stark belasten, empfiehlt sich zudem eine psychotherapeutische Betreuung. Dabei werden Möglichkeiten erarbeitet, wie der Betroffene seinen Alltag trotz der Sehbehinderung einfacher bewältigen kann. Die Entstehung einer Depression wird bei den Therapiesitzungen ebenfalls präventiv behandelt.

Das können Sie selbst tun

Retinitis kann bislang nicht ursächlich behandelt werden. Die einzige wirksame Therapie besteht darin, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Beschwerden zu lindern.

Die Betroffenen können ihre Lebensqualität erhöhen, indem sie enge Rücksprache mit dem Augenarzt halten und ihre Spezial-Brille regelmäßig anpassen lassen. Spezielle Kantenfiltergläser mit UV-Schutz sorgen für zusätzlichen Schutz der Augen. Begleitend dazu kann ein Orientierungs- und Mobilitätstraining in Anspruch genommen werden. In diesem Rahmen lernen die Betroffenen wie sie sich mit eingeschränkter Sehkraft fortbewegen und orientieren können. Einzelne Komplikationen wie Grauer Star oder Zellstörungen der Macula lutea müssen individuell behandelt werden.

Im Alltag sollten die Betroffenen außerdem auf ausreichend Ruhe und Entspannung achten. Die Retinitis stellt eine große psychische Belastung dar, welche die Lebensqualität erheblich reduzieren kann. Umso wichtiger ist es, diesen Verlust durch ein ausgefülltes Leben zu kompensieren. Betroffene müssen die regelmäßigen Verlaufskontrollen durch den Arzt in Anspruch nehmen und sich überdies mit verschiedenen Fachärzten in Verbindung setzen, da stets neue Behandlungsmöglichkeiten für die Retinitis pigmentosa erarbeitet werden, die für Patienten mit den nötigen Grundvoraussetzungen in Frage kommen könnten.

Quellen

  • Dahlmann, C., Patzelt, J.: Basics Augenheilkunde. Urban & Fischer, München 2014
  • Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

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