Sotos-Syndrom

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Sotos-Syndrom ist eine seltene genetisch bedingte Erkrankung. Es zeichnet sich durch ein beschleunigtes Körperwachstum und eine etwas verzögerte motorische und sprachliche Entwicklung im Kindesalter aus. Im Erwachsenenalter sind die typischen Symptome kaum noch auffällig.
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Was ist das Sotos-Syndrom?
Das Sotos-Syndrom stellt ein sporadisch auftretendes seltenes Fehlbildungssyndrom dar. Dabei kommt es bereits vorgeburtlich beginnend zu einem beschleunigten Wachstum mit einem überproportionalen Schädelumfang (Makrocephalus) und einem fortgeschrittenen (akzelerierten) Knochenalter. Die motorische, kognitive und sprachliche Entwicklung ist verlangsamt. Im Erwachsenenalter entwickelt sich häufig eine normale Intelligenz und die typischen körperlichen Symptome werden unauffällig.
Erstmalig wurde das Sotos-Syndrom im Jahre 1964 von dem amerikanischen Endokrinologen Dr. Juan F. Sotos beschrieben. Dabei stellte er am Beispiel von fünf Kindern die typischen Symptome der Erkrankung fest. Mittlerweile wurden mehr als 200 Fälle beschrieben. Die Erkrankung ist sehr selten. Ihre Häufigkeit liegt bei circa 1 von 14.000 Neugeborenen. Eine familiäre Häufung kommt nicht vor. Die Erkrankung tritt sporadisch auf, wobei es sich meist um eine Neumutation handelt. Das Sotos-Syndrom wird auch als cerebraler Gigantismus bezeichnet.
Ursachen
Die Nachkommen Betroffener können die Erkrankung nach dem autosomalen dominanten Erbgang zu 50 Prozent erben. Das Wiederholungsrisiko für das nochmalige Auftreten des Sotos-Syndroms liegt bei gesunden Eltern unter einem Prozent.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Sotos-Syndrom ist durch ein exzessives Wachstum im Kindesalter gekennzeichnet. Bereits pränatal wird ein beschleunigtes Wachstum beobachtet, sodass die Geburt oftmals vorzeitig eingeleitet werden muss. Auch das Knochenwachstum ist beschleunigt. Dabei ist das biologische Knochenalter höher als das chronologische Alter. Das Gesicht erlangt eine charakteristische Gestalt.
ist lang und schmal mit breiter und gewölbter Stirn und einem hohen Stirnhaaransatz sowie einem spitzen Kinn. Dabei entwickelt sich eine Schädelanomalie mit vergrößertem Abstand der Augen und einem verbreiterten Nasenrücken (Hypertelorismus). Der Gaumen ist hoch und spitz und es kommt zu einem frühen Durchbruch der Zähne. Die Körperlänge ist exzessiv mit einem großen Kopfumfang.
Diese Symptome sind sehr typisch und lassen bereits frühzeitig an die Diagnose Sotos-Syndrom denken. Es gibt jedoch auch nicht konstante Symptome, die bei den einzelnen Betroffenen in unterschiedlichem Maße auftreten. So können Herzfehler, Skoliose, Missbildungen des Urogenitaltraktes, gesteigerte Sehnenreflexe oder Krampfanfälle auftreten. Das Risiko für verschiedene Tumoren ist oft erhöht. Die motorische und kognitive Entwicklung ist von Patient zu Patient unterschiedlich stark verzögert.
Entwicklungsverzögerungen treten häufig bei der Fein- und Grobmotorik auf. Es gibt Probleme mit der Koordination der Bewegung und der Konzentration. Auch das Erlernen des Sprechens ist verzögert, wobei das Sprachverständnis größer ist. Dabei können jedoch alle Entwicklungsschritte trotz der verlangsamten Entwicklung erreicht werden. Kinder mit Sotos-Syndrom weisen sehr unterschiedliche Intelligenzquotienten auf. Eine geistige Behinderung ist für die Erkrankung nicht typisch, kann aber vorkommen.
Auch das Verhalten der Kinder ist oft nicht auffällig. In Einzelfällen wurde jedoch von Wutanfällen und aggressivem Verhalten, Schlafproblemen, geringen sozialen Kontakten sowie zwanghaftem Verhalten berichtet. Inwieweit diese Persönlichkeitsstörungen mit dem Sotos-Syndrom zusammenhängen, ist nicht geklärt. Denkbar ist auch, dass es sich um die Folge etwaiger Ausgrenzung handelt.
Vielleicht überschätzen manche Bezugspersonen aber auch die Selbstständigkeit der Kinder aufgrund des beschleunigten Körperwachstums. Das kann die Gefahr einer Überforderung heraufbeschwören und zu aggressivem Verhalten der Kinder führen. Bei der Entwicklung der Kinder kann es jedoch auch zu einigen Schwierigkeiten kommen. So treten in Neugeborenenalter häufig Krämpfe, Fieberkrämpfe, Neugeborenengelbsucht, Saugschwierigkeiten mit Trink- und Atemproblemen sowie häufige Infekte der oberen Atemwege auf. Aufgrund des fortgeschrittenen Knochenalters beim Sotos-Syndrom ist auch der Eintritt der Pubertät verfrüht.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Bereits die charakteristischen Symptome eines beschleunigten Körperwachstums lassen den Arzt schnell die Verdachtsdiagnose Sotos-Syndrom stellen. Die Differenzialdiagnosen zum Sotos-Syndrom wie das Weaver-Syndrom, das Beckwith-Wiedemann-Syndrom, das Fragile-X-Syndrom, das Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom oder das Deletion-22qter-Syndrom sollten ausgeschlossen werden. Des Weiteren kann das NSD1-Gen auf eine Gen-Mutation untersucht werden.
Komplikationen
Sie leiden an Herzfehler und häufig an Krampfanfällen. Auch eine geistige Behinderung tritt dabei ein, sodass die Betroffenen an Beschwerden bei der Koordination und beim Denken haben. Ebenso treten Wutanfälle oder ein allgemeines aggressives Verhalten auf. Die betroffenen Kinder leiden auch an Schlafbeschwerden und sind dadurch sehr häufig gereizt.
Aufgrund der Atembeschwerden sind viele Tätigkeiten oder sportliche Aktivitäten für die Betroffenen nicht ohne Weiteres möglich, sodass es zu deutlichen Einschränkungen im Alltag kommt. Die Atemwege sind dabei häufig von Infekten und Entzündungen betroffen. Die Behandlung des Sotos-Syndroms erfolgt rein symptomatisch und ist in der Regel nicht mit Komplikationen verbunden.
Allerdings kommt es bei diesem Syndrom zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten. Aufgrund verschiedener Maßnahmen, die vor allem im frühen Kindesalter erfolgen sollten, können viele alltägliche Beschwerden gelindert werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Sotos-Syndrom ist immer eine medizinische Behandlung durch einen Arzt notwendig. Dabei kann es nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Patient immer auf eine Behandlung durch den Arzt angewiesen ist. Nur durch eine frühzeitige Erkennung des Syndroms können weitere Komplikationen verhindert werden. Da es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann diese nicht vollständig und nicht kausal therapiert werden. Ein Arzt ist beim Sotos-Syndrom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einem deutlich beschleunigten Wachstum leidet. Dabei sind die einzelnen Körperteile auch übermäßig groß, was in der Regel mit dem Auge direkt zu erkennen ist.
Weiterhin deuten häufig auch Herzbeschwerden oder starke Krämpfe auf das Sotos-Syndrom hin. Auch Tumore oder eine starke geistige Behinderung können dabei auf das Sotos-Syndrom zeigen und sollten dabei immer durch einen Arzt untersucht werden. Die Betroffenen zeigen nicht selten auch ein aggressives Verhalten oder andere psychische Störungen.
Bei den ersten Anzeichen des Sotos-Syndroms kann in der Regel ein Allgemeinarzt oder ein Kinderarzt aufgesucht werden. Die weitere Behandlung richtet sich nach den genauen Beschwerden und wird durch einen Facharzt durchgeführt.
Behandlung & Therapie
Eine ursächliche Behandlung des Sotos-Syndroms ist nicht möglich. Wichtig ist eine multidisziplinäre Behandlung der Patienten von Beginn an. Dabei können jedoch nur symptomatische Therapien durchgeführt werden. Bereits im Säuglingsalter sind je nach Komplikationen Fototherapien bei Ikterus, Behandlung von Trinkschwierigkeiten sowie die Kontrolle des Blutzuckerspiegels im Hinblick auf mögliche Hypoglykämien notwendig.
Allgemeine pädiatrische Kontrolluntersuchungen sollen Komplikationen wie Skoliose oder Fieberkrämpfe erkennen, um möglichst schnell Therapien einleiten zu können. Aufgrund der Entwicklungsverzögerungen sollten frühzeitig Fördermaßnahmen mithilfe von Ergotherapie, Logopädie, Frühförderung oder Musiktherapie unternommen werden. Alle Fördermaßnahmen sind in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand des Kindes zu planen.
Die Prognose der Erkrankung ist gut. Im Erwachsenenalter wird beim Sotos-Syndrom bei entsprechenden Förderungen in der Regel ein normaler Entwicklungsstand erreicht. Auch die körperlichen Symptome werden unauffällig.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung vor dem Sotos-Syndrom ist nicht möglich. Es ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die meist sporadisch auftritt. Da das Sotos-Syndrom jedoch autosomal dominant weitervererbt wird, können die Kinder eines erkrankten Elternteils zu 50 Prozent davon betroffen sein.
Nachsorge
In der Regel stehen dem Betroffenen beim Sotos-Syndrom nur sehr wenige oder gar keine besonderen und direkten Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, sodass der Betroffene bei dieser Erkrankung idealerweise schon sehr früh einen Arzt aufsuchen sollte, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Es kann auch keine vollständige Heilung erfolgen, da es sich dabei um eine erblich bedingte Krankheit handelt.
Aus diesem Grund sollte der Betroffene bei einem Kinderwunsch auf jeden Fall eine genetische Untersuchung und Beratung durchführen lassen, damit das Sotos-Syndrom nicht erneut bei den Nachfahren auftreten kann. Da keine selbstständige Heilung eintreten kann, sollte der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Erkrankung einen Arzt aufsuchen.
Die Betroffenen sind dabei auf verschiedene Therapien angewiesen, durch welche die Beschwerden eingeschränkt werden können. Mitunter ist die Hilfe und Pflege durch die eigene Familie sehr wichtig und sinnvoll und kann helfen, die Entstehung von Depressionen und anderen physischen Beschwerden zu verhindern. In der Regel ist auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Sotos-Syndroms sehr sinnvoll, da es dadurch häufig zu einem Austausch an Informationen kommt.
Das können Sie selbst tun
Patienten mit einem diagnostizierten Sotos-Syndrom sollten darauf hingewiesen werden, dass sich mit einem fortschreitenden Lebensalter im Normalfall einige Beschwerden wieder regulieren werden.
Insbesondere das beschleunigte Wachstum stellt im Jugendalter oder spätestens im Erwachsenenleben im Normalfall keine weiteren Beeinträchtigungen dar. Daher sind Kinder umfassend über die Symptome der Erkrankung aufzuklären. Darüber hinaus sollten die Menschen aus dem nahen sozialen Umfeld ebenfalls über die gesundheitliche Störung sowie die weitere Entwicklung informiert werden. Dieses Vorgehen beugt unangenehmen Situationen vor und kann bei der Bewältigung der Erkrankung im Alltag für das Kind sehr hilfreich sein.
Da es zu Problemen der Bewegungsabläufe kommt, ist es zu dem anzuraten, dass Eltern täglich mit dem Kind motorische Feinheiten trainieren. Wenngleich im Behandlungsplan zu physiotherapeutischen Maßnahmen vorgesehen sind, sollten gezielte Trainings auch im Alltag eigenverantwortlich und selbstständig durchgeführt werden. Dies verbessert die Mobilität und unterstützt das Wohlbefinden.
Im Umgang mit dem Patienten sind besonders Ruhe und Souveränität wichtig. Die Verhaltensauffälligkeiten können sehr stressfördernd für alle Betroffenen sein. Regelmäßige Auszeiten helfen vor allem den Erziehungsberechtigten, um mit den Widrigkeiten besser umgehen zu können. Da eine Vielzahl der Betroffenen lebenslang auf eine Unterstützung aus dem sozialen Umfeld angewiesen ist, sollte frühzeitig eine soziale Stabilität aufgebaut werden.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003