Stimmgabeltest
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Verschiedene Stimmgabeltests dienen der Erkennung von Funktionsbeeinträchtigungen peripherer Nerven und der Feststellung und Differenzierung von Hörproblemen nach Schallleitungs- und Schallempfindungsstörungen. In ärztlichen Praxen kommt in der Regel eine spezialisierte Stimmgabel zum Einsatz, die bei Hörtests mit 128 Hertz und bei Vibrationstests der Nerven mit aufgesetzten kleinen Gewichten mit der halben Frequenz, mit 64 Hertz, schwingt.
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Was ist der Stimmgabeltest?
Stimmgabeltests werden an bestimmten Punkten des Körpers zur Funktionsprüfung peripherer Nerven genutzt und zur Feststellung von Beeinträchtigungen des Hörvermögens. Verschiedene Stimmgabeltests lassen dabei die Unterscheidung zwischen Schallleitungs- und Schallempfindungsstörungen zu. Schallleitungsprobleme betreffen den mechanischen Teil des Hörorgans, also äußeres Ohr (Ohrmuschel und äußerer Gehörgang) mit Trommelfell und das Mittelohr mit der mechanisch-akustischen Weiterleitung der Schallwellen an die Hörschnecke (Cochlea).
In der Cochlea im Innenohr werden die ankommenden Schallwellen durch die Haarzellen in elektrische Nervensignale umgewandelt, die vom Hörnerv (Nervus vestibulocochlearis) in das Zentralnervensystem (ZNS) weitergeleitet werden. Bei einer Minderung des Hörvermögens, das auf Umwandlungs-, Weiterleitungs- oder Verarbeitungsproblemen der Schallreize beruht, also auf dem elektrisch-nervlichen Teil des Hörorgans, handelt es sich um Schallempfindungsstörungen. Drei verschiedene, einfach durchzuführende, Stimmgabelhörtests stehen zu Verfügung, um Schallleitungs- von Schallempfindungsstörungen unterscheiden zu können. Die Hörtests werden mit der sogenannten Rydel-und-Seiffer-Stimmgabel mit 128 Hz durchgeführt.
Bei neurologischen Stimmgabeltests zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven, macht man sich zu Nutze, dass eine bestimmte Art schnell adaptierender und besonders auf Vibrationen ansprechender Mechanorezeptoren in der Haut, die Vater-Pacini-Körperchen, sehr sensibel Nervenleitprobleme widerspiegeln. Die neurologischen Vibrationstests werden – wie auch die Hörtests – mit der Reidel-und-Seiffer-Stimmgabel durchgeführt, allerdings mit der gegenüber den Hörtests halbierten Schwingung von 64 Hz. Am Stiel der Stimmgabel kann auf einer Skala von 0 – 8 abgelesen werden, ab welcher Stärke die Vibrationen wahrgenommen werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Ebenso können durch die Vibrationstests Rückschlüsse auf Funktionsausfälle bestimmter Regionen im Gehirn, etwa nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma, gezogen werden. Für die einfach durchzuführenden Stimmgabel- oder Vibrationstests wird die Rydel-und-Seiffer-Stimmgabel mit einer Schwingungsrate von 64 Hz genutzt. Die Schwingungsrate liegt im Reaktionsspektrum der in der Haut häufig vorkommenden Vater-Pacini-Zellen, besonders sensibel reagierende Sinneszellen, die zur Klasse der schnell adaptierenden Mechanorezeptoren gehören.
Typische Punkte zur Überprüfung des Vibrationsempfindens sind der Außen- und Innenknöchel des Fußes, am Schienbein unterhalb der Kniescheibe am Ansatzpunkt der Oberschenkelmuskulatur, am Beckenkamm und am Brustbein. Die spezialisierte Stimmgabel ermöglicht die Ermittlung eines (subjektiven) Schwellenwertes für das Vibrationsempfinden auf einer Skala von 0 bis 8, wobei 8 die niedrigste Stärke repräsentiert. Vibrationstests, die pathologische Werte an bestimmten Körperregionen ergeben, müssen mit anderen Diagnoseverfahren zur Verifikation und differenzierteren Aussage weiter abgeklärt werden. Für die relativ simpel durchzuführenden Hörtests stehen drei verschiedene Verfahren, der Weber-, der Rinne- und der Gellé-Versuch zur Verfügung.
Im Weber-Versuch wird die Stimmgabel angeschlagen und der Fuß fest auf die Mitte des Schädels (Scheitel) gehalten. Der Ton überträgt sich auf den Schädelknochen und wird bei einem Normalhörigen auf beiden Ohren gleichstark wahrgenommen. Wird der Ton auf einem Ohr lauter wahrgenommen, deutet das auf eine einseitige Schallleitungsstörung auf dem Ohr hin, mit dem der Knochenschall besser wahrgenommen wird oder es liegt ein Schallempfindungsproblem auf dem anderen Ohr vor. Der anschließende Rinne-Versuch gibt dann Klarheit darüber, welche Art von Hörminderung tatsächlich vorliegt.
Die schwingende Stimmgabel wird auf den Knochenfortsatz hinter der Ohrmuschel gehalten. Wenn der Patient den schwächer werdenden Ton nicht mehr wahrnimmt, wird die noch leise schwingende Stimmgabel vor die Ohrmuschel gehalten. Wenn der Patient jetzt den Ton über die Luftleitung durch den äußeren Gehörgang wieder hört, aber gleichzeitig an vermindertem Hörvermögen leidet, deutet der Befund auf eine Schallempfindungsstörung hin. Wenn bei dem Patienten eine Otosklerose, eine Verkalkung der Gehörknöchelchen im Mittelohr vermutet wird, kann der Verdacht durch den Gellé-Versuch bestätigt oder widerlegt werden.
Die Stimmgabel wird wie bei dem Rinne-Versuch auf den Knochenfortsatz hinter der Ohrmuschel gehalten und gleichzeitig der äußere Gehörgang verschlossen und ein geringer Überdruck aufgebaut, der die Gehörknöchelchenkette ein wenig versteift und das Hörvermögen vorübergehend vermindert. Falls sich nach dem Druckaufbau der Ton der Stimmgabel leiser anhört, ist die Schallleitung im Bereich der Gehörknöchelchenkette in Ordnung. Falls sich die Lautstärke nicht verändert, kann das als Bestätigung des Verdachts auf Otosklerose gewertet werden.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Die Gefahr einer Fehlinterpretation der Ergebnisse ist ebenfalls denkbar gering. Im Zweifelsfall können weitere Diagnoseverfahren zur Abklärung der Ergebnisse zum Einsatz kommen. Bei der Untersuchung neuronaler Probleme sollten Messungen an den gleichen Körperpunkten mehrmals wiederholt werden, um sicherzustellen, dass es sich nicht um Ausrutscher in der einen oder anderen Richtung handelt.
Quellen
- Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009