Strophanthin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Strophantin handelt es sich um ein Herzglykosid, welches aus afrikanischen Bäumen, Sträuchern und Schlingpflanzen gewonnen wird. Die Substanz greift in den Natrium-Kalium-Haushalt der Zellen ein. Dieser Effekt wurde von der Medizin genutzt, um eine Steigerung der Kontraktionskraft des Herzmuskels zu erreichen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Strophantin?

Strophantin wird genutzt, um eine Steigerung der Kontraktionskraft des Herzmuskels zu erreichen.

Der herzwirksame Effekt des Strophantins wurde europäischen Ärzten bereits im Jahr 1859 als Teilnehmer der Livingston-Expedition in Westafrika bekannt. Einheimische verwendeten damals einen Extrakt aus Strophantussamen als Pfeilgift. Ein Forscher nahm versehentlich den Samen einer Lianenart zu sich, die zu den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae) gehört und bemerkte an sich selbst die Wirksamkeit auf das Herz.

Im Laufe der Zeit wurden bei verschiedenen Mitgliedern der Familie der Hundsgiftgewächse der Inhaltsstoff Strophantin gefunden. Es gibt sowohl Bäume und Büsche, aber auch in die Höhe kletternde Lianen, die zu den Strophantus-Arten gehören. So zählen Strophantus eminii, Strophantus gratus, Strophantus hispidus und Strophantus kombé zu den Lieferanten des natürlichen Herzglykosids. Die Pflanzen können unterschiedliche Strophantin-Arten enthalten. So wird in der Medizin zwischen k-Strophantin aus der Pflanzenart Strophantus kombé, g-Strophantin aus Strophantus gratus, e-Strophantin aus Strophantus eminii und h-Strophantus aus Strophantus hispidus unterschieden. Zu medizinischen Zwecken wird vor allem das g-Strophantin genutzt. In hohen Dosen wirkt der giftige Stoff tödlich.

Der schottische Arzt Thomas Richard Fraser isolierte im Jahr 1862 das k-Strophantin. Im Jahr 1888 hat der Franzose Arnaud aus dem Afrikanischen Ouabaiobaum g-Strophantin extrahiert. Es wurden zahlreiche Tinkturen mit unterschiedlichen Konzentrationen des Herzglykosids Strophantus angeboten. Der therapeutische Effekt war zunächst unsicher, auch wenn die Behandlung in Kliniken vorgenommen wurde.

Albert Fraenkel, ein Landarzt aus Badenweiler, erforschte neben seiner Praxistätigkeit am Pharmakologischen Institut an der Universität Heidelberg und an der Universitätsklinik in Straßburg Substanzen, von denen er sich als Herzmedikament Nutzen für seine Patienten versprach. Er fand heraus, dass die intravenöse Gabe von Strophantin einen guten therapeutischen Effekt bei Herzerkrankungen brachte. Um die erwünschte Wirkung zu erzielen und die Patienten durch die Gabe von Strophantin nicht zu gefährden, wurden standardisierte Lösungen für die intravenöse Gabe entwickelt.

Strophantin galt bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts als ein Standardmedikament bei allen Arten von Herzinsuffizienzen. Es wird bei Anomalien des Herzschlags, bei einer Schwächung oder Schädigung des Herzmuskels nach einem Herzinfarkt, nach Grippeerkrankungen oder nach einer Entzündung des Herzmuskels bei Diphtherie, bei Angina pectoris und erhöhtem Blutdruck eingesetzt.

Pharmakologische Wirkung

Die pharmakologische Wirkung von Strophantin besteht in dem Einfluss des Herzglykosides auf die Natrium-Kalium-Pumpe. Dabei handelt es sich um ein in den Zellmembranen vorkommendes Transportsystem auf der Basis eines Proteins. Dieses Eiweiß (Protein) hält den Strom von Natriumionen aus der Zelle und Kaliumionen in die Zelle hinein im Gleichgewicht. Die einwandfreie Funktion der Natrium-Kalium-Pumpe spielt für die Herzmuskelzellen und für die Nervenzellen eine lebenswichtige Rolle. Bei Herzinsuffizienzen kann es zu Ungleichgewichten im Ionenaustausch kommen. Dies hat einen schwächenden Einfluss auf die Funktionalität der Herzzellen.

Durch die intravenöse Gabe von Strophantin wird der Transport von Kaliumionen aus der Zelle verlangsamt. Gleichzeitig wird der Kalziumgehalt in der Zelle erhöht. Durch diese Voraussetzungen wird die Kontraktionsfähigkeit der Herzmuskelzellen gesteigert. Durch eine höhere Dosis wird die Natrium-Kalium-Pumpe gehemmt. Dagegen wird bei einer geringen oralen Gabe von Strophantin der Ionenaustausch angeregt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Strophantin ist das Herzglykosid, dessen Wirkung von allen zur Verfügung stehenden Herzglykosiden am schnellsten eintritt. Bis in das Jahr 1992 wurde Strophantin in den offiziellen Lehrbüchern als Standardtherapie bei akuter Herzinsuffizienz erwähnt. Ampullen mit dem Herzglykosid waren im Koffer eines jeden Notarztes vorhanden. In den folgenden Jahren und bis heute wird zugunsten anderer herzwirksamer Stoffe wie Digoxin, einer chemischen Verbindung des Fingerhuts (Digitalis purpurea), in der Therapie von Erkrankungen des Herzens kaum noch Strophantin eingesetzt. Mittlerweile liegen nur noch veraltete Studien vor, die den heutigen wissenschaftlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen, obwohl die Wirksamkeit von Strophantin in einer langen Forschungsgeschichte nachgewiesen und dokumentiert wurde.

In der universitären Medizin wird das Herzglykosid Strophantus kaum noch eingesetzt. In der alternativen Heilkunde gibt es jedoch noch homöopathische Zubereitungen, die für die Linderung von chronischen Erkrankungen des Herzens genutzt werden. Das Arzneimittelbild empfiehlt Strophantus beispielsweise bei Mitralklappeninsuffizienz, die sehr häufig mit Ödemen einhergeht. Strophantus regt nicht nur die Herzmuskulatur an, es unterstützt auch die Entwässerung des Gewebes.


Risiken & Nebenwirkungen

Bei der Einnahme oder intravenöser Gabe von einer standardisierten Lösung von Strophantus sind kaum Nebenwirkungen zu befürchten. Strophantin galt über viele Jahrzehnte als das Herzmedikament, welches gut wirksam und am besten verträglich war. Es wurde in einigen Fällen lediglich eine leicht abführende Wirkung beobachtet.

Auch bei einem homöopathisch potenzierten Medikament sind keine unerwünschten Wirkungen zu erwarten, wenn das Strophantin nach der individuellen Symptomenlage des Patienten verordnet wurde.

Hohe Dosen, die unkontrolliert eingenommen werden, können dagegen lebensbedrohlich wirken.

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