Mitralklappeninsuffizienz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer Mitralklappeninsuffizienz ist die zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer befindliche Herzklappe nicht mehr in der Lage, vollständig zu schließen. Die Mitralklappeninsuffizienz ist mit einer Inzidenz von etwa 2 bis 3 Prozent der zweithäufigste Klappenfehler des Erwachsenenalters.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Mitralklappeninsuffizienz?

Eine Mitralklappeninsuffizienz kann im Rahmen einer Auskultation (Abhören) mit dem Stethoskop anhand des hörbaren Blutrefluxes durch die betroffene Mitralklappe diagnostiziert werden.
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Eine Mitralklappeninsuffizienz liegt vor, wenn die Verschlussfunktion der Herzklappe, die sich zwischen dem linken Vorhof (Atrium cordis) und der linken Kammer (Ventriculus cordis) befindet, so vermindert ist, dass während des Herzschlags das Blut partiell wieder aus der Herzkammer in den Vorhof zurückfließt (Regurgitation).

In der Folge pendelt eine bestimmte Blutmenge dauerhaft zwischen linkem Atrium und Ventrikel hin und her (Pendelvolumen), wobei ab einem Pendelvolumen von 15 Prozent des Schlagvolumens von einer relevanten Mitralklappeninsuffizienz gesprochen wird. Infolge dieser ständigen Pendelbewegung des Blutes dehnen sich Ventrikel und Atrium zunehmend aus (Dilation), während die linke Herzkammer gleichzeitig in ihrer Leistungsfähigkeit mehr und mehr restringiert wird (Linksherzschwäche).

Infolge des erhöhten Blutvolumens im linken Vorhof kann es zu einer Rückstauung des Blutes in die Lunge kommen. Der dort erhöhte Blutdruck (pulmonale Hypertonie) führt langfristig dazu, dass das im Blut befindliche Wasser in die Lunge gepresst wird. Die rechte Herzkammer ist zunehmend weniger in der Lage die Lunge mit Blut zu versorgen. Es kommt zu einer dauerhaften Überlastung und schließlich zu einer Rechtsherzschwäche.

Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern, Blutgerinnsel im betroffenen Atrium, verminderte Leistungsfähigkeit, Atemnot sowie Ödeme bei Beteiligung der rechten Herzkammer sind charakteristische Symptome einer Mitralklappeninsuffizienz.

Ursachen

Eine Mitralklappeninsuffizienz ist in den meisten Fällen auf eine rheumatische oder bakteriell bedingte Endokarditis zurückzuführen.

Infolge der Entzündung der Herzinnenschicht entwickelt sich Narbengewebe, das eine Verengung und Undichtigkeit der Mitralklappe verursachen kann. Zudem kann rheumatisches Fieber im Anschluss an eine Streptokokkeninfektion neben den Gelenken und das Gehirn auch die Herzstrukturen bzw. die Mitralklappe betreffen und eine Insuffizienz nach sich ziehen.

Darüber hinaus wird eine Mitralklappeninsuffizienz mit einem Mitralklappenprolaps (fehlgebildeter Mitralklappenapparat), Myokardinfarkten (Herzinfarkten), hypertropher obstruktiver und dilativer Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) sowie Kalzifikationen (Verkalkungen) des Klappenrings assoziiert. Ferner können Mitralklappeninsuffizienzen angeboren oder traumatisch (Riss der Sehnenfäden) bedingt sein.

Typische Symptome & Anzeichen

Diagnose & Verlauf

Eine Mitralklappeninsuffizienz kann im Rahmen einer Auskultation (Abhören) mit dem Stethoskop anhand des hörbaren Blutrefluxes durch die betroffene Mitralklappe diagnostiziert werden.

Durch ein EKG (Echokardiogramm) und eine Röntgenaufnahmen lassen sich die charakteristischen Veränderungen am Herzen (vergrößerter linker Vorhof) sowie potenzielle Lungenödeme nachweisen. Zudem kann im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung, bei welcher unter lokaler Narkose ein Katheder über eine größere Körpervene zum Herzen vorgeschoben wird, das genaue Pendelvolumen und somit das Erkrankungsstadium bestimmt werden.

Die Prognose und der Verlauf hängen bei Mitralklappeninsuffizienzen stark von der Ausprägung und dem Progressionsgrad der Erkrankung ab. Durchschnittlich leben nach fünf Jahren nach der Diagnosestellung etwa 25 bis 40 Prozent der Betroffenen, an denen keine Operation durchgeführt wurde, während die Letalität bei einem Klappenersatz erheblich abnimmt (20-40 Prozent).

Komplikationen

Durch die Mitralklappeninsuffizienz kommt es beim Patienten zu schwerwiegenden Beschwerden am Herzen. Diese können dabei im schlimmsten Falle auch zum Tode des Patienten führen, wenn eine Behandlung dieser Krankheit nicht eingeleitet wird. In der Regel leiden die Betroffenen dabei an einem Herzstolpern oder an Herzrasen.

Ebenso können Störungen des Herzrhythmus auftreten, sodass es auch zu ungewöhnlichen Geräuschen am Herzen kommt. Die Betroffenen leiden auch an einer Müdigkeit oder an einer geringen Belastbarkeit. Weiterhin können auch Atembeschwerden auftreten, sodass es zu einem Bewusstseinsverlust oder zu Schäden den an den inneren Organen kommen kann.

Ohne Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz wird die Lebenserwartung des Patienten deutlich verringert. Nicht selten leiden die Betroffenen Menschen auch an Depressionen oder häufig an einer Todesangst, wenn es zu einem beklemmenden Gefühl oder zu einem Stechen in der Brust kommen. Die Lebensqualität wird durch die Mitralklappeninsuffizienz aus diesem Grund deutlich eingeschränkt.

Die Behandlung dieser Krankheit richtet sich nach den Symptomen und den Ursachen. In der Regel ist allerdings ein operativer Eingriff notwendig, welcher nicht zu besonderen Komplikationen führt. Weiterhin ist in der Regel auch die Einnahme von Medikamenten notwendig, um Entzündungen und Infekte vorzubeugen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Veränderungen und Auffälligkeiten des Herzrhythmus sind schnellstmöglich einem Arzt vorzustellen. Kommt es zu Unterbrechungen des Herzrhythmus, Herzrasen oder einem starken Herzklopfen, muss ein Arzt konsultiert werden. Bei hörbaren und ungewohnten Herzgeräuschen besteht Anlass zur Besorgnis. Ein Arztbesuch ist notwendig, damit die Ursache der Symptome ermittelt werden kann. Eine Abnahme der üblichen Leistungsfähigkeit, eine geringere emotionale wie körperliche Belastbarkeit sowie eine erhöhte Ermüdbarkeit sind untersuchen und behandeln zu lassen. Menschen, die unter Schlafstörungen leiden, eine innere Unruhe verspüren oder einen Konzentrationsmangel erleben, sollten eine ärztliche Kontrolluntersuchung durchführen lassen.

Im Erwachsenenalter empfiehlt sich zudem die grundsätzliche Teilnahme an den angebotenen medizinischen Vorsorgeuntersuchungen zum Zweck der Früherkennung von Krankheiten. Stellt sich eine Atemnot ein oder entwickeln sich Ängste aufgrund einer verminderten Sauerstoffzufuhr, wird ein Arzt benötigt. Bei einer Thrombose oder der Entwicklung von Ödemen ist ein Arztbesuch notwendig. Eine Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen sowie Verhaltensauffälligkeiten weisen auf Unregelmäßigkeiten hin, die mit einem Arzt besprochen werden sollten. Können die alltäglichen oder sportlichen Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden, kommt es zu einem verminderten Wohlbefinden sowie einem Rückzug aus der Teilhabe am sozialen Leben, empfiehlt sich ein Arztbesuch. Eine Klärung der Ursache wird empfohlen, damit sich kein lebensbedrohlicher Zustand einstellt.

Behandlung & Therapie

Die therapeutischen Maßnahmen hängen bei einer Mitralklappeninsuffizienz von der Ausprägung der Erkrankung ab, wenngleich heute in aller Regel frühzeitig operiert wird. Eine leichte Herzinsuffizienz wird zunächst medikamentös behandelt. Zur Reduzierung der Nachlast werden unter anderem ACE-Hemmer eingesetzt.

Parallel werden Grunderkrankungen wie arterielle Hypertonie oder Endokarditis, die ein Fortschreiten der Insuffizienz begünstigen, konsequent therapiert. Bei angeborenen Beeinträchtigungen des Mitralklappenapparates und ausgeprägten Mitralklappeninsuffizienzen mit Rechtsherzinsuffizienz, stark verschlechterter Funktionsfähigkeit des linken Ventrikels ist in aller Regel ein operativer Eingriff indiziert.

Standardmäßige Operationsverfahren sind die Mitralklappenrekonstruktion und der Ersatz der Mitralklappe durch eine mechanische oder biologische Klappenprothese, wobei die Klappenrekonstruktion in Deutschland mittlerweile häufiger zum Einsatz kommt als der Klappenersatz. Hierbei wird der Betroffene an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, während mit Hilfe von Gewebe und synthetischen Sehnenfäden (i.a.R. aus Goretex) die Mitralklappe rekonstruiert und durch einen speziellen, auf die Mitralklappe aufgenähten Stützring stabilisiert wird.

Kann die Mitralklappe nicht wiederhergestellt werden, wird diese durch eine Klappenprothese aus synthetischen (pyrolytischer Kohlenstoff, Edelstahlgehäuse) oder biologischen (Gewebe von Rind oder Schwein) Material ersetzt. Darüber hinaus wird zur Vermeidung von Blutgerinnseln im erweiterten linken Vorhof die Blutgerinnung medikamentös (u.a. mit Phenprocoumon, Warfarin) gehemmt.

Prophylaktisch kommt bei Vorliegen einer Mitralklappeninsuffizienz zudem immer dann eine Antibiotika-Therapie zur Vermeidung einer bakteriellen Infektion und somit zusätzlichen Schädigung der Klappe zum Einsatz, wenn erhöhte Infektionsgefahr (u.a. zahnärztliche Eingriffe) besteht.

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Aussicht & Prognose

Aufgrund des sehr individuellen und unterschiedlichen Verlaufs einer Mitralklappeninsuffizienz ist auch dessen Prognose für Patienten relativ verschieden. Heutzutage geht man allerdings davon aus, dass Patienten die an einer nur leichten Mitralklappeninsuffizienz leiden und ansonsten keinerlei weitere Herzerkrankungen haben, eine ganz normale Lebenserwartung haben können.

Betroffene, bei denen eine Indikation zur einer Operation nach gegenwärtigen Leitlinien diagnostiziert und gestellt wurde, haben eine 89 prozentige Überlebensrate, über acht Jahre gesehen. Studien über die Jahre 1980 bis 1989 verdeutlichen dabei eine Abhängigkeit von der Prognose zu der Pumpleistung des linken Ventrikels wie sie vor der Operation war.

Hier liegt die Überlebensrate der Patienten mit einer eher normalen Ventrikel Funktion, der sogenannten Ejektionsfraktion von über 60 Prozent, für 10 Jahre bei rund 72 Prozent. Dies entspricht damit einer Überlebensrate von Gleichaltrigen ohne eine Herzoperation. Währenddessen die Überlebensrate der Betroffenen bei einer Ejektionsfraktion von weniger als 50 Pozent, mit 32 Prozent deutlich geringer anzusehen ist.

Plötzliche Todesfälle bei den Betroffenen mit einer Mitralklappeninsuffizienz sind recht selten. Denn sie treten bei Patienten nur mit einer äußerst geringen Häufigkeit von knapp 0,8 Prozent auf. Haben Betroffene jedoch gleichzeitig noch andere Herzerkrankungen wie beispielsweise Vorhofflimmern, können plötzliche Todesfälle mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von rund 4,8 Prozent auftreten.

Vorbeugung

Einer Mitralklappeninsuffizienz kann vorgebeugt werden, indem bakterielle Infekte und andere auslösende Grunderkrankungen konsequent therapiert werden, um das Risiko für Beeinträchtigungen der Herzklappen zu reduzieren. Angeborenen Mitralklappenfehlern, die zu einer Insuffizienz führen, kann hingegen nicht vorgebeugt werden.

Nachsorge

Nach einer operativen Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz erholen sich die Patienten in der Regel relativ schnell. Dennoch ist eine konsequente Nachsorge wichtig. So sollte sich die betroffene Person zunächst schonen und spezielle Arzneimittel zu sich nehmen. Wird die Mitralklappeninsuffizienz durch Clipping versorgt, muss der Operierte die Nacht noch auf der Intensivstation verbringen.

Dort erfolgt eine gründliche Überwachung von Atmung und Herz-Kreislauf-System. Einen Tag später wird der Patient auf eine normale Station des Krankenhauses verlegt, wo er etwa drei bis fünf Tage bleibt. In diesem Zeitraum darf er bereits wieder aufstehen und sich bewegen. Oft wird schon in den ersten Tagen festgestellt, dass sich die Symptome der Mitralklappeninsuffizienz wie Atemnot gebessert haben und der Körper wieder mehr belastbar ist.

Zur Nachsorge zählt auch die Einnahme von speziellen Medikamenten. So wird circa einen Monat lang der Thrombozytenaggressionshemmer Clopidogrel verabreicht, der das Verklumpen der Blutplättchen verhindert. Auf diese Weise lässt sich einem Blutgerinnsel in den Arterien entgegenwirken. Bis zu sechs Monate kann die Darreichung von Acetylsalicylsäure vorgenommen werden. Das Arzneimittel ist ebenfalls ein Thrombozytenaggressionshemmer, weist jedoch eine schwächere Wirkung als Clopidogrel auf.

Etwa 30 Tage lang darf der Patient keine schweren Lasten anheben oder tragen. Leichtes körperliches Ausdauertraining, das in einer Herzsportgruppe unter ärztlicher Aufsicht stattfinden kann, ist jedoch durchaus möglich.

Das können Sie selbst tun

Bei leichter bis mittelgradiger Insuffizienz der Mitralklappe sollten im Alltag Situationen vermieden werden, die zu einem sprunghaften Anstieg des Blutdrucks führen oder zu sprunghaft steigenden Spitzenbelastungen in der körperlichen Leistungsanforderung. Ein plötzlich ansteigender Blutdruck aufgrund eines Adrenalinschubes durch den Sympathikus führt zu einer unkontrollierbar starken Druckbelastung der beiden Segel der Mitralklappe, so dass es während der Systole zu einer Vorwölbung der Segel in den Vorhof kommen kann, was den Blutrückfluss in den linken Vorhof verstärkt.

Zur Verbesserung des eigenen Wohlbefindens tragen Ausdauersportarten wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen bei. Allerdings sollte der Sport nicht bis zur jeweiligen Leistungsgrenze betrieben werden. Von einer relativ gleichmäßigen Belastung profitieren Betroffene am meisten. Die individuelle Belastbarkeit kann stark variieren je nach Erscheinungsform und Schwere der Klappeninsuffizienz. Das oberste Gebot heißt keineswegs Schonung und keineswegs keinen Sport, sondern die Selbsthilfe im Alltag besteht in angepassten Abläufen mit möglichst wenig unkalkulierbaren Stressspitzen, aber durchaus mit moderater Belastung.

Zur Unterstützung einer eventuellen medikamentösen Behandlung mit Betablockern und ACE-Hemmern sind auch mentale Entspannungstechniken wie Yoga und Meditation gut geeignet. Hilfreich ist es, im Alltag ein wenig auf körperliche Symptome zu achten, ohne darauf fixiert zu sein.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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