Supinatortunnelsyndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Supinatortunnelsyndrom handelt es sich um ein selten auftretendes Engpass-Syndrom. Es entsteht durch Schädigungen des Nervus radialis innerhalb der Unterarmsupinatorloge.
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Was ist das Supinatortunnelsyndrom?
In der Medizin trägt das Supinatortunnelsyndrom auch die Bezeichnungen Supinatorlogensyndrom, untere Radialislähmung oder Interosseus-posterior-Syndrom. Gemeint ist damit ein Nervenkompressionssyndrom, das sich am Unterarm in Ellenbogennähe zeigt. Dort nimmt der Nervus radialis seinen Verlauf, der zu den wichtigen Armnerven gehört. Dabei zieht er durch den Musculus supinator.
Kommt es in dieser Region zu einer Kompression des Nervus radialis, hat dies ein Supinatortunnelsyndrom zur Folge. Davon betroffen ist der Ast des Radialisnervs, was zur Schwächung oder Lähmung einiger Muskeln führt. Ein kompletter Funktionsausfall ist jedoch nicht zu befürchten. Der Nervus radialis ist auch als Speichennerv bekannt.
Er zählt zu den gemischten Nerven und verfügt sowohl über sensible als auch über motorische Fasern. Am Ellenbogen erfolgt seine Aufteilung in einen sensiblen sowie einen motorischen Abschnitt. Während sich der sensible Teil in Richtung Handrücken erstreckt, verläuft der motorische Teil durch den Supinatormuskel. Dort versorgt er die Muskeln für die Handstreckung.
Die Beschwerden bei einem Supinatortunnelsyndrom hängen davon ab, an welchem Bereich es zu einer Schädigung kommt. Findet die Schädigung im oberen Abschnitt statt, leidet der Betroffene unter Sensibilitätsstörungen. Bei Schädigungen des motorischen Bereichs sind dagegen Ausfallerscheinungen der Muskeln möglich. Bei Schädigungen in der Oberarmregion können auch beide Beschwerdebilder bestehen.
Ursachen
Eine weitere mögliche Ursache ist das Auskugeln des Speichenköpfchens aus dessen Bandführung. Infolgedessen droht an der Eintrittsstelle zum Supinatormuskel eine Einengung. In manchen Fällen kommen auch Fettgeschwülste, Entzündungen oder Tumore am Nervendurchtritt für ein Supinatortunnelsyndrom infrage. Das Gleiche gilt für eine Muskulaturvermehrung im Musculus supinator.
Sie bildet sich zumeist durch sich ständige wiederholende Tätigkeiten wie Tennisspielen oder Klavierspielen. Ein anderer Grund für das Entstehen eines Supinatorlogensyndroms ist permanenter äußerer Druck. Dieser wird in der Regel durch einseitiges Tragen von schweren Lasten ausgelöst.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Bemerkbar macht sich ein Supinatortunnelsyndrom durch Schwächegefühle beim Strecken der Finger. Mitunter fällt die Schwäche derart intensiv aus, dass sich die Finger überhaupt nicht mehr strecken lassen. Weil ausschließlich der motorische Teil des Nervus radialis betroffen ist, kommt es auch ausschließlich am motorischen Teil zu Beeinträchtigungen.
Dagegen bleibt der sensible Nervenanteil von Beschwerden verschont, sodass keine Empfindungsstörungen am Arm oder an den Fingern auftreten. Besonders betroffen von der Streckschwäche sind der dritte und vierte Finger. Des Weiteren leidet die betroffene Person unter einem dumpfen Spontanschmerz am Unterarm in Nähe des Ellenbogens. Bei Druck verschlimmern sich die Schmerzen noch.
Am häufigsten zeigen sich die schmerzhaften Beschwerden, wenn der Patient die Fläche seiner Hand in die obere Richtung bewegt. Mitunter sind nach mehreren Drehbewegungen des Unterarms auch Ermüdungserscheinungen des Muskels zu verspüren. In einigen Fällen strahlen die Schmerzen bis ins Handgelenk aus.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Um ein Supinatortunnelsyndrom zu diagnostizieren, befasst sich der Arzt zunächst mit der Krankengeschichte (Anamnese) des Patienten. Nächster Schritt ist eine körperliche Untersuchung. Durch einen Nervenarzt lässt sich außerdem das Leistungstempo des geschädigten Nervs ermitteln. So liegt bei einer Beeinträchtigung von Nerv und Nervenscheide meist eine deutliche Verringerung der Nervenleitungsgeschwindigkeit vor.
Weitere wichtige Untersuchungsverfahren sind eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung), das Anfertigen von Röntgenaufnahmen sowie das Durchführen einer Kernspintomographie (MRT). Während sich mit einer Röntgenuntersuchung Fettgeschwülste oder gutartige Weichteiltumore wie Ganglien finden lassen, können mit einer Röntgenuntersuchung Knochenbrüche von Speiche und Elle aufgespürt werden.
Mit der Kernspintomographie ist es möglich, die einengenden Strukturen bildlich darzustellen. Wie ein Supinatortunnelsyndrom verläuft, ist schwer vorherzusagen. So hängt die Prognose von Ausmaß und Dauer der Nervenschädigung ab. Mitunter dauert es sogar Monate, bis ein Nerv, der bereits vorgeschädigt war und zu Lähmungen geführt hat, wieder komplett geheilt ist, obwohl keine Druckeinwirkung mehr vorliegt.
Komplikationen
Aufgrund des Supinatortunnelsyndroms leiden die Patienten in erster Linie an starken Bewegungseinschränkungen. Diese treten dabei vor allem in den Fingern auf, sodass die Finger nicht mehr richtig gestreckt werden können. In schwerwiegenden Fällen ist eine Bewegung der Finger vollständig eingeschränkt. Weiterhin können auch die benachbarten Areale von Lähmungen oder Gefühlsstörungen betroffen sein.
Aufgrund dieser Einschränkungen wird der Alltag des Patienten deutlich erschwert, sodass viele Betroffene an Depressionen oder an anderen psychischen Verstimmungen erkranken. Auch Schmerzen an den Fingern oder in der Hand können dabei auftreten und in einigen Fällen auch bis in das Handgelenk ausstrahlen. Da die Schmerzen häufig auch in der Nacht auftreten, kann es durch das Supinatortunnelsyndrom auch zu Schlafbeschwerden und damit zu einer Gereiztheit des Betroffenen kommen. Bei Kindern führt das Supinatortunnelsyndrom zu einer eingeschränkten und verzögerten Entwicklung.
Die Behandlung des Syndroms richtet sich nach der Ursache. In erster Linie wird dabei die Belastung eingestellt, die für die Lähmungen verantwortlich ist. Durch verschiedene Medikamente und Therapien können auch die anderen Beschwerden und Schmerzen eingeschränkt werden. Operative Eingriffe sind dabei nur selten notwendig. In den meisten Fällen kommt es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf und die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Erkrankung nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Supinatortunnelsyndrom ist der Betroffene auf einen Besuch bei einem Arzt angewiesen. Da es bei dieser Krankheit auch nicht zu einer Selbstheilung kommen kann, ist eine Behandlung durch einen Arzt unumgänglich. In der Regel wirkt sich auch eine frühzeitige Diagnose positiv auf den weiteren Verlauf des Supinatortunnelsyndroms aus und kann weitere Komplikationen und auch eine Verschlechterung der Beschwerden verhindern. Der Arzt ist beim Supinatortunnelsyndrom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene seine Finger nicht mehr richtig ausstrecken kann.
In der Regel ist das Ausstrecken mit starken Schmerzen verbunden und kaum mehr möglich. Auch Empfindungsstörungen im Arm des Betroffenen können auf diese Krankheit hindeuten und sollten ebenso durch einen Arzt untersucht werden. Auch in den Armen kann es zu starken Schmerzen kommen. Diese können ohne einen besonderen Grund und vor allem dauerhaft auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken.
Bei den ersten Anzeichen des Supinatortunnelsyndroms kann ein Allgemeinarzt oder ein Orthopäde aufgesucht werden. Die weitere Behandlung richtet sich nach der genauen Ursache des Syndroms. In der Regel verringert sich durch diese Krankheit nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung eines Supinatortunnelsyndroms kann entweder konservativ oder operativ vorgenommen werden. Ist eine ungewöhnliche Belastung für das Syndrom verantwortlich und wird diese abgestellt, erholt sich der Radialisnerv oft von selbst wieder, wodurch die Beschwerden zurückgehen. Zur Therapie von akuten Schmerzen eignen sich schmerzlindernde Mittel wie Ibuprofen oder Diclofenac. Neben der Linderung der Schmerzen wird auch die Entzündung von diesen Präparaten bekämpft.
Als hilfreiche Maßnahmen gelten weiterhin krankengymnastische Übungen sowie Wärme- oder Kälteanwendungen. Führen die konservativen Therapiemaßmaßnahmen nicht zur Besserung der Beschwerden, kann eine Operation sinnvoll sein. Liegen Lähmungen vor, muss der chirurgische Eingriff so rasch wie möglich durchgeführt werden. Im Rahmen der Operation legt der Chirurg den tiefgelegenen motorischen Ast des Nervus radialis frei.
Dabei ist jedoch besondere Vorsicht aufgrund der Feinheit des Nervs geboten. Außerdem wird die Eintrittsstelle des Radialisnervs in den Muskel erweitert, weil ihn bindegewebige Fasern überziehen, die seine Einklemmung verursachen können. Eingrenzende Strukturen wie Bindegewebe oder Faserzüge werden durchtrennt.
Vorbeugung
Präventive Maßnahmen gegen einen Supinatortunnelsyndrom sind nicht bekannt. Nach einer Operation werden Vollbäder empfohlen, um Bewegungsstörungen am Ellenbogen vorzubeugen.
Nachsorge
Für eine erfolgreiche Nachsorge ist der Verzicht auf Belastung das erste Mittel der Wahl. Bei intraoperativem Befund erfolgt die Ruhigstellung durch einen Oberarmgips in 120° Grad Position. Der Gips verbleibt für 10 bis 14 Tage. Während dieser Zeit können Schulter und Finger bewegt werden. Im weiteren Verlauf darf der Arm nur leicht belastet werden. Dinge des alltäglichen Lebens können problemlos ausgeführt werden. Unterstützend kann Krankengymnastik verschrieben werden.
Alternativ bietet sich eine Unterwasserbelastungstherapie an. Das algetische Supinatorsyndrom wird im Rahmen der Nachsorge medikamentös begleitet. Verordnet werden Ibuprofen und Diclofenac in niedriger Dosierung für einen Zeitraum von maximal drei Wochen. Dauerhafte Belastungsstörungen sind bei fachgerechtem Verlauf der Behandlung ausgeschlossen. Eine erneute Erkrankung am Supinatortunnelsyndrom ist jedoch möglich.
Tritt im Rahmen der Nachsorge eine CRPS (Morbus Sudeck) auf, wird Ergotherapie und Physiotherapie verordnet. CRPS (Morbus Sudeck) entsteht in Folge einer Verletzung von Gewebe, oder durch operative Eingriffe. Sie tritt mehrere Wochen nach dem operativen Eingriff auf und verursacht heftige Schmerzen im operierten Bereich. Die Fäden werden bei positivem Heilungsverlauf ab dem 12. Tag nach dem Eingriff gezogen. Die Entfernung ist schmerzfrei und von wenigen Minuten Dauer.
Das können Sie selbst tun
Wird das Supinatortunnelsyndrom konservativ oder operativ behandelt, ist es wichtig starke Belastungen zu vermeiden. Schmerzlindernde Medikamente, wie Diclofenac oder Ibuprofen sind bei mittleren bis starken Schmerzen empfehlenswert, damit sich der Schmerz nicht chronifiziert. Ist das Engpass-Syndrom aufgrund einer zu starken Belastung des Radialnervs entstanden, erholt sich dieser meist alleine, wenn die Belastung ausbleibt. Eine starke körperliche Belastung ist aus diesem Grund zu vermeiden.
Krankengymnastik ist eine weitere Möglichkeit die Symptome im Alltag zu reduzieren. Durch die kontrollierten Bewegungen in der Therapie wird der Radialnerv entlastet und kann sich auf diese Weise besser regenerieren. Auch eine Kälte- und Wärmetherapie kann dabei helfen die Schmerzen zu reduzieren und das Engpass-Syndrom zu kurieren. Üblicherweise wird die Kältetherapie beim Vorliegen von Entzündungen angewendet und die Wärmetherapie bei Schmerzen in den Muskeln und Gelenken. Muskel- und Gelenkschmerzen treten aufgrund des Einnehmens der Schonhaltung häufig beim Engpass-Syndrom auf.
Die Rotlichtlampe ist in der Wärmetherapie beliebt und ist für den Gebrauch zu Hause ideal. Auch Heißluft und das Einsetzen der heißen Rolle bringt bei Schmerzen im Radialnerv eine Entlastung. Um den Schmerz im Alltag zu reduzieren, helfen auch Wickel, Packungen und Naturmoor. Welche Variante dem/der Betroffenen am meisten hilft, hängt vom Einzelfall ab und ist auszutesten.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015