Thermogenese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Thermogenese ist die Produktion von Wärme im Körper, wie sie bei der Thermoregulation zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur vorgenommen wird. Thermogenese findet entweder in den Muskeln oder im braunen Fettgewebe statt. Verminderte und gesteigerte Thermogenese können schwerwiegende Folgen für den Körper haben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Thermogenese?

Die Thermogenese ist die Produktion von Wärme im Körper, wie sie bei der Thermoregulation zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur vorgenommen wird.

Der menschliche Körper steht permanent in Wärmeaustauschprozessen mit der Umgebung. Diese Prozesse heißen Thermoregulation und gewährleisten die Konstanz der Körpertemperatur. Die konstante Körpertemperatur bietet den Körperprozessen ideale Arbeitstemperaturen. In stark wechselnden Hoch- und Niedertemperaturen könnte das Blut zum Beispiel nicht mehr fließen und die Körpergewebe würden aufgrund von Sauerstoffmangel eingehen.

Zur Aufrechterhaltung der konstanten Körpertemperatur baut der Mensch beispielsweise umso mehr Wärme ab, je höher die Außentemperaturen sind. Analog dazu produziert er Wärme, wenn es draußen kalt ist.

Die Wärmeproduktion des Körpers wird als Thermogenese bezeichnet und findet vor allem im Rahmen der Stoffwechselprozesse statt. So entsteht als Nebenprodukt des Energiestoffwechsels, der Muskelaktivität und der Verdauung zum Beispiel unvermeidlich Wärme. In diesem Zusammenhang wird zwischen muskulärer, biochemischer und postprandialer Thermogenese unterschieden.

Abhängig von der Umgebungstemperatur wird die bei der Thermogenese produzierte Wärme zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur entweder gespeichert oder abgegeben.

Funktion & Aufgabe

Viele Tierarten besitzen spezialisierte Mechanismen zur Thermoregulation. Die Wärmeerzeugung entspricht in der Regel entweder muskulärer und biochemischer Thermogenese. In den Skelettmuskeln entsteht Wärme bei Arbeit, erhöhtem Muskeltonus und Kältezittern.

Selten übersteigt der Wirkungsgrad der Skelettmuskeln 20 Prozent. Die Energie aus körperlicher Arbeit wird daher zum Großteil zu Wärme umgesetzt. Im Körper kommt es so zu einer Erwärmung, falls die Wärme nicht abgegeben wird. Wer in kalter Umgebung die Muskeln angespannt und damit den Muskeltonus anhebt, erzeugt Wärme im Körper. Dieses Prinzip ist für das Kältezittern der Thermoregulation entscheidend, was den Organismus bis zu einem gewissen Grad vor dem Auskühlen schützt.

Das sichtbare Zittern der Muskeln ist kennzeichnend für hohen Muskeltonus. Kältezittern wird vom Gehirn in kalter Umgebung automatisch eingeleitet, um die Körpertemperatur trotz der Kälte aufrechterhalten zu können. Die aktivierten Muskeln kontrahieren, wobei gleichzeitig agonistische und antagonistische Muskelgruppen Kontraktionen vornehmen. Bei physiologischen Bewegungsabläufen ist eine gleichzeitige Aktivierung von Agonisten und Antagonisten unter anderen Umständen nicht vorstellbar.

Die durch Kältezittern erzielte Wärmeleistung kann zwischen 320 und 400 Watt liegen. Dieser Wert entspricht etwa dem fünffachen Wert des Wärmegrundumsatzes. Echtes Kältezittern ist energetisch betrachtet Schwerstarbeit und lässt sich daher maximal zwei Stunden lang durchstehen.

Von dieser muskulären Wärmeerzeugung ist die biochemische Thermogenese zu unterscheiden. Im Ruhezustand erzeugt der Mensch im Rahmen der basalen Thermogenese einen Grundumsatz an Körperwärme. Wenn die Stoffwechselrate steigt, tritt Thermogenese ein. Wenn es zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur erforderlich ist, verbrennt der Körper daher zusätzlich Fettsäuren und erzeugt so Wärme in der Leber und im braunen Fettgewebe. Die Thermogenese im Fettgewebe ist nicht an ATP-Synthese gebunden und daher am effektivsten. Die Aktivität des wärmeproduzierenden Proteins Thermogenin wird im braunen Fettgewebe durch starke Kältereize eingeleitet.

Von dieser Art der Wärmeproduktion ist die postprandiale Thermogenese zu unterscheiden, wie sie bei de Verdauung stattfindet. Zur Nahrungsaufnahme, zur Aufspaltung, zum Transport und zur Speicherung von Nährstoffen wird mit Energie gearbeitet. Der Grundumsatz an Wärme wird zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme gesteigert.

Alle Arten der Thermogenese sind ein wichtiges Mittel zur Anpassung an veränderte Außentemperaturen. Das Kältezittern und damit die muskuläre Thermogenese wird nach einem Abfall der Temperatur am schnellsten initiiert. Biochemische Prozesse brauchen zur Anpassung an fallende Temperaturen eine längere Umstellungszeit.


Krankheiten & Beschwerden

Eine verminderte Thermogenese-Aktivität kann Adipositas begünstigen. Ein erniedrigter Grundumsatz kennzeichnet in der Regel den Energieverbrauch von übergewichtigen Menschen. Dieser niedrige Umsatz ist größtenteils genetisch determiniert. Reduzierte Thermogenese aufgrund von mangelnder Körperbewegung ist jedoch ein ebenso entscheidender Parameter.

Der Grundumsatz des menschlichen Körpers steht in enger Relation zur Muskelmasse, die auch als fettfreie Masse bezeichnet wird. Je mehr Muskelmasse im Körper vorliegt, desto höher ist durch die Thermogenese, auch in Ruhephasen, der Grundumsatz an Energie. Der Aufbau von Muskelmasse hilft insofern immer dabei, Fett zu verbrennen.

Analog dazu begünstigt Bewegungsmangel, sogar in Ruhephasen, einen verminderten Grundumsatz mit geringer Thermogenese. In welchem Umfang bei Menschen mit pathologischer Adipositas eine verminderte Wärmebildung aufgrund von Ernährungsfaktoren vorliegt, ist bislang nicht abschließend geklärt.

Kalte Thermogenese wurde mittlerweile als Mittel der Abnehm-Industrie entdeckt. Neben einer Erhöhung der Fettverbrennung kann zielgerichtete Kälteexposition und die damit induzierte Thermogenese das Immunsystem verbessern, den Hormonhaushalt erhöhen, den Blutzucker senken und Heißhunger-Attacken reduzieren. Mit kalten Duschen, kalten Bädern und sogar Eisbädern wurde in diesem Zusammenhang bereits experimentiert. Auch bei Diäten spielt die Thermogenese eine Rolle. So können falsche Diäten zum Beispiel die Thermogenese-Aktivität senken.

Störungen der thermogenetischen Prozesse sind außerdem im Rahmen vieler Stoffwechselstörungen oder bei Schilddrüsenerkrankungen nachzuweisen. Erhöhte Thermogenese liegt so zum Beispiel im Rahmen der Hyperthyreose vor. Neben einer Steigerung des Grundumsatzes tritt bei dieser Erkrankung ein Anstieg der Körpertemperatur ein. Schwitzen und Hitzeüberempfindlichkeit kennzeichnen das Krankheitsbild. Analog dazu liegt bei einer Hypothyreose eine Reduktion der Thermogenese vor. Der Grundumsatz und die Körpertemperatur sind erniedrigt. Kälteempfindlichkeit und eine verschlechterte Adaptionsfähigkeit an Temperaturschwankungen können bei Patienten mit Hypothyreose begleitsymptomatisch auftreten.

Quellen

  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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