Typ-II-Allergie

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Einteilung der Allergietypen, wie der Typ-II-Allergie, nach Coombs und Gell rührt aus dem Jahre 1963 und ist nach heutigem immunologischen Forschungsstand eigentlich überholt.
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Was ist Typ-II-Allergie?

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Aus didaktischen Gründen wird sie aber immer noch gerne verwendet und ist ein fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung. Zum Verständnis der Ursachen von Allergien jedenfalls ist sie auch heute noch hilfreich.
Bei der Typ-II-Allergie handelt es sich nach dieser Klassifikation um eine Reaktion vom sogenannten "zytotoxischen Typ", bei der im Blut zirkulierende Antikörper zellständige Antigene erkennen und zu einer oft biologisch unnötigen oder überschießenden Abwehrreaktion des Organismus führen. Klassisches Beispiel hierfür ist die Blutgruppenunverträglichkeit bei Bluttransfusionen.
Ursachen
Grundsätzlich ist aber die Antigen-Antikörper-Reaktion ein sinnvoller Bestandteil unseres Immunsystems: Dieses kennt die Oberflächenstruktur der eigenen Körperzellen bis ins letzte Detail und ist gleichzeitig auf der Suche nach allem, was es nicht als "Selbst" erkennt. Die im Blut zirkulierenden Antikörper sind hierfür von wichtiger Bedeutung, da sie sich gegen viele bekannte Strukturen von beispielsweise Bakterien oder Viren richten, an die sie binden und die sie dann zusammen mit anderen Abwehrzellen verklumpen und abtöten können.
Dasselbe funktioniert auch mit Blutgruppen: Es gibt im Körper über 200 verschiedene Blutgruppensysteme, wichtig in der Medizin sind aber vor allem das AB0 (sprich: A-B-Null) -System und der sogenannte Rhesusfaktor. Bekommt man als Patient mit der Blutgruppe A im Krankenhaus versehentlich eine Blutspende mit der Blutgruppe B übertragen, so sorgen die im eigenen Körper zirkulierenden Antikörper gegen das Blutgruppenantigen B, welches sich auf jedem transfundierten roten Blutkörperchen befindet, dafür, dass das Blut verklumpt und eine lebensgefährliche Abwehrreaktion des eigenen Körpers gegen den "Fremdkörper" B einsetzt.
Dies wäre ein klassisches Beispiel für eine Typ-II-Reaktion und nebenbei ein schwerer ärztlicher Fehler der den behandelnden Arzt seine Approbation kosten würde.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die ersten Symptome der Typ-II-Allergie stellen sich nach sechs bis zwölf Stunden ein. Sie fallen nicht einheitlich aus. Die Unverträglichkeit resultiert aus der Blutgruppe und aus Medikamenten. Vor allem das körpereigene Blut und die Schilddrüse werden in Mitleidenschaft gezogen.
Der zytotoxische Typ wird auch unter der Bezeichnung Blutgruppen-Unverträglichkeit geführt. Ein Mangel an Blutplättchen bringt eine Blutungsneigung mit sich. Patienten klagen über häufiges Nasenbluten. Blaue Flecke bilden sich an unterschiedlichen Körperpartien. Auch so genannte Petechien, also punktförmige Hauteinblutungen, treten zutage. In extremer Ausprägung sind Blutungen am Hirn und im Magen-Darm-Trakt möglich.
In anderen Fällen arbeiten die Antikörper gegen die Schilddrüse. Eine Schilddrüsenüberfunktion führt zu unkontrollierbarem Schwitzen und Nervosität. Betroffene können nachts schlecht schlafen. Auch klagen sie regelmäßig über Durchfall. Ständige Heiserkeit begleitet den Alltag. Darüber hinaus treten manchmal weitere Begleiterscheinungen auf, die scheinbar nicht unmittelbar mit der Typ-II-Allergie in Verbindung stehen.
Betroffene können keine geistigen Arbeiten mehr ausführen. Ihre Konzentrationsfähigkeit ist getrübt. Auch die Leistung bei der Bewältigung alltäglicher Arbeiten lässt nach. Wird die Typ-II-Allergie auf lange Sicht nicht behandelt, können Geschwüre entstehen. Besonders die Schilddrüse ist davon betroffen. Einige Betroffene verweilen oft antriebslos und leiden an einer erhöhten Kälteempfindlichkeit.
Diagnose & Verlauf
Daneben gibt es weitere völlig verschiedene Beispiele für Typ-II-Allergien: Bei der immunhämolytischen Anämie kommt es ebenfalls zu einer Zerstörung der roten Blutkörperchen - dies ist allerdings eine Autoimmunkrankheit, bei der der Körper aus letztlich unklarer Ursache Antikörper gegen seine eigenen Blutzellen bildet.
Sogenannte Kälteantikörper binden zum Beispiel immer dann an die Blutzellen und lösen ihre Zerstörung aus, wenn sie in kalte Körperregionen kommen. Menschen mit solch einer immunhämolytischen Anämie haben daher oft starke Schmerzen an Händen und Füßen.
Eine andere Variante einer Typ-II-Reaktion ist das sogenannte Goodpasture-Syndrom, eine sehr seltene aber schwere Autoimmunerkrankung, bei der unter anderem Blutgefäßzellwände in der Niere durch eigene Antikörper angegriffen und zerstört werden. Es kommt dann zu Blut im Urin, Wassersucht (Ödemen) und einer teils sehr schnell fortschreitenden Zerstörung der Nierenfunktion bis hin zur Dialysepflicht.
Nicht immer führt die Reaktion von Antigen und Antikörper übrigens zur Zerstörung der Zielzellen: Bei einer der häufigsten Schilddrüsenerkrankungen, dem Morbus Basedow, kommt es ebenfalls zu einer Art Typ-II-Reaktion, bei der das Zielantigen jedoch durch den Antikörper aktiviert wird und zu einer Überfunktion der Schilddrüse führt. Herzrasen, Hitzegefühl, Haarausfall und Gewichtsabnahme trotz Heißhunger sind mögliche Ausdrücke dieser Überfunktion.
Komplikationen
Die Typ-II-Allergie kommt zwar viel seltener als die Typ-I-Allergie vor. Sie entwickelt aber häufig schwere Komplikationen, die unter Umständen auch tödlich verlaufen können. Wie bereits erwähnt, sind die Auslöser oft Medikamente oder Bluttransfusionen. Nach Kontakt mit dem Allergen kommt es nach einigen Stunden zur Zerstörung von körpereigenen Zellen des blutbildenden Systems wie Erythrozyten, Thrombozyten und Granulozyten.
Dieser Allergietyp führt daher häufig zu hämolytischer Anämie, Transfusionszwischenfällen, Thrombozytopenie oder Agranulozytose. Jede dieser Erkrankungen birgt das Risiko für eine lebensgefährliche Komplikation. Bei der hämolytischen Anämie werden die roten Blutkörperchen zerstört. Die Folge ist eine Blutarmut, die in sehr schweren Fällen sogar eine Bluttransfusion notwendig machen kann.
Die Blutabbauprodukte rufen eine Gelbsucht hervor. Dabei ist die Erkrankung durch eine zunehmende Müdigkeit sowie Abbau körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit gekennzeichnet. Die hämolytische Anämie kann neben der Gabe von bestimmten Medikamenten und Antibiotika auch bei einer Bluttransfusion auftreten. Dann wird von Transfusionszwischenfall gesprochen. In einigen Fällen verläuft die hämolytische Anämie auch tödlich.
Bei der Thrombozytopenie werden die für die Blutgerinnung verantwortlichen Thrombozyten (Blutplättchen) zerstört. Da deshalb die Blutgerinnung gestört ist, können ständig Blutungen auftreten, die in schweren Fällen auch zu lebensgefährlichen Blutverlusten führen. Die Agranulozytose wiederum tritt durch die Zerstörung der weißen Blutkörperchen mit Fieber, Schleimhautgeschwüren, Hautnekrosen, Angina tonsillaris, Mundfäule oder örtlich begrenzten Lymphomen in Erscheinung.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Typ-II-Allergie sollte in der Regel immer eine Behandlung und eine Untersuchung durch einen Arzt erfolgen. Es kann bei dieser Krankheit nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Patient dabei immer auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen ist, um weitere Komplikationen oder eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Je früher die Allergie erkannt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf der Erkrankung.
Der Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene nach der Einnahme von Medikamenten an Nasenbluten oder an blauen Flecken auf der Haut leidet. Dabei können auch Einblutungen auf der Haut auf die Typ-II-Allergie hindeuten und sollten durch einen Arzt kontrolliert werden. Einige Patienten leiden weiterhin auch an Durchfall oder an einer Störung der Konzentration. Auch Schlafbeschwerden können auf die Typ-II-Allergie hindeuten. Vor allem nach der Einnahme von bestimmten Medikamenten können diese Beschwerden eintreten und sich negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken. In den meisten Fällen kann die Typ-II-Allergie durch einen Allgemeinarzt gut erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich nach dem Ausmaß der Beschwerden, sodass dabei keine allgemeine Voraussage erfolgen kann.
Behandlung & Therapie
Es gibt noch viele weitere, teils sehr spezielle Beispiele für Typ-II-Allergie-Reaktionen. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Behandlungsmöglichkeiten. In vielen Fällen bleibt dem Arzt nur eine medikamentöse Unterdrückung des Immunsystems mit Cortisolpräparaten oder anderen immunsuppressiven Medikamenten.
Im Falle der fehlerhaften Blutübertragung, welche das klassische Beispiel der Typ-II-Allergie ist, hilft nur das sofortige Unterbinden der Transfusion, eine symptomatische Therapie des Kreislaufschocks und eine intensivmedizinische Überwachung des betroffenen Patienten.
Vorbeugung
Da es sich bei Typ-II-Allergien somit durchweg um sehr komplizierte Zusammenhänge aus der Medizin handelt, kann man als Einzelner im Prinzip zu deren Vorbeugung auch nichts Allgemeines unternehmen. Für medizinisches Personal hingegen ist dies Alltag.
Die Vorbeugung von Transfusionsreaktionen zum Beispiel ist eine der am strengsten überwachten Bereiche der Medizin und umfasst mehrfache Blutproben und die mehrfache Abfrage der Patientendaten, um auch wirklich nicht dem falschen Menschen das richtige Blut zu übertragen oder andersherum.
Nachsorge
Die Nachsorge bei einer Typ-II-Allergie umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die vom Allergietyp und der Schwere der Allergie abhängig sind. Nachdem die Allergie diagnostiziert wurde, muss zunächst ein Facharzt konsultiert werden, damit andere Erkrankungen ausgeschlossen und eine Hyposensibilisierung oder andere Behandlungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Wichtig ist eine frühzeitige Aufklärung über die notwendigen Diagnose- und Behandlungsoptionen.
Patienten mit einer Typ-II-Allergie sollten sich nach Möglichkeit zeitnah behandeln lassen. Nachdem die Typ-II-Allergie festgestellt und behandelt wurde, sind keine weiteren Arztbesuche erforderlich, insofern keine Komplikationen auftreten. Sollten die allergischen Beschwerden zunehmen oder neue Symptome hinzukommen, muss der zuständige Allergologe darüber informiert werden.
Patienten, die an einer Allergie leiden, sollten zudem in regelmäßigen Abständen den Hausarzt aufsuchen. Notwendig ist dies insbesondere, wenn weitere Allergie-Typen oder Unverträglichkeiten vorliegen. Eine regelmäßige Aufklärung über neue Therapieverfahren kann die Lebensqualität der Patienten langfristig verbessern.
Das können Sie selbst tun
Eine Typ-II-Allergie kann ernste Beschwerden und Komplikationen hervorrufen. Umso wichtiger sind Vorbeugung und eine zügige Selbsthilfe im Falle einer allergischen Reaktion.
Bei Anzeichen eines toxischen Schocks muss zunächst der Notarzt gerufen werden. Der Betroffene muss sich ruhig hinlegen und nach Möglichkeit viel trinken. Falls vorhanden, kann ein Notfallmedikament verabreicht werden. Im besten Fall trägt der Patient einen Allergieausweis, aus welchem Art und Behandlung der Allergie hervorgehen. Der eintreffende Notarzt muss umgehend über die Beschwerden informiert werden, damit die allergische Reaktion gezielt behandelt werden kann. Die wichtigste Maßnahme besteht bei einer Allergie allerdings darin, allergische Reaktionen zu vermeiden.
Insbesondere die Typ-II-Allergien, welche Komplikationen wie Thrombosen und Herz-Kreislauf-Beschwerden hervorrufen können, müssen in erster Linie vorbeugend behandelt werden. Der Allergiker muss die auslösenden Stoffe meiden und hierfür gegebenenfalls die Ernährung und andere Lebensgewohnheiten an die Allergie anpassen. Ein Ernährungsberater oder Allergologe kann Maßnahmen zur Selbsthilfe nennen und den Betroffenen bei der gezielten Vorbeugung unterstützen. Die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V. und der Deutsche Allergie- und Asthmabund e. V. bieten Betroffenen weitere Möglichkeiten und Anlaufstellen.
Quellen
- Saloga, J. et al.: Allergologie-Handbuch. Schattauer, Stuttgart 2011
- Störiko, A.: Allergien. Falken, Niedernhausen 2001
- Trautmann, A., Kleine-Trebbe, J.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013