Verhaltensmedizin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Verhaltensmedizin ist ein Teilbereich der Verhaltenstherapie und aus dieser hervorgegangen. Sie erforscht das Gesundheitsverhalten im Bereich aller therapeutischen Maßnahmen und entwickelt Erkenntnisse über die damit verbundenen Entwicklungen, Techniken, Behandlungen, Diagnosen und Rehabilitationen, durch die der Erkrankte lernt, mit seiner Krankheit umzugehen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Verhaltensmedizin?

Die Verhaltensmedizin ist ein Teilbereich der Verhaltenstherapie und aus dieser hervorgegangen. Sie erforscht z.B. das Gesundheitsverhalten im Bereich aller therapeutischen Maßnahmen.

Verhaltenstherapeutische Maßnahmen beruhen auf der Erkenntnis, dass gestörtes Verhalten gelernt, aber auch wieder verlernt werden kann. Den Anfang nahm dieses Forschungsgebiet mit der Lerntheorie, die Hypothesen und Modelle aufstellte, um die Komplexität von Lernvorgängen auf psychologischer Basis zu beschreiben und anhand verschiedenster Theorien zu deuten.

Begründer war der amerikanische Psychologe John B. Watson mit seiner Schule des Behaviorismus. Daraus formten sich verhaltensmedizinische Konzepte, die auf biomedizinischen Grundlagen aufbauten und sich speziell durch lerntheoretische Methoden der Krankheitsentstehung näherten.

Zunächst wurde die Ansicht vertreten, dass innere Vorgänge für einen Außenstehenden nicht zu durchschauen wären und daher auch nicht analysiert werden sollten. Der Tiefenpsychologie stellte sich bald die Verhaltenstherapie entgegen, die nicht die erste Person des Ichs, sondern die Perspektive aus dritter Person voraussetzte als ein gemeinsamer Schritt, eine Situation zu betrachten und zu deuten.

Dabei war der Grundgedanke, dass gesundheitsschädigendes Verhalten erlernt wird, einer der wichtigsten, weil damit einhergeht, dass diesem auch durch verhaltensmedizinische Maßnahmen und Therapien entgegengewirkt werden kann. Die Verhaltensmedizin stellt damit einen experimentellen, naturwissenschaftlichen Bereich dar, die Verhalten über Beobachtungen und Vergleiche bestimmt, voraussagt und kontrolliert. Auf diesem Weg sollen gezielt Symptome von psychischen Störungen erkannt und behandelt werden, gleichzeitig aber auch die Handlungsfähigkeit des Patienten erweitert werden.

Rücksicht wird dabei nicht so sehr auf die seelischen Vorgänge gelegt, sondern vielmehr werden verhaltensmedizinische Techniken entwickelt, die dem Betroffenen dabei helfen sollen, sich selbst zu begreifen und selbst zu kontrollieren. Dabei spielen die gegenwärtigen Verhältnisse eine größere Rolle als Ereignisse der Vergangenheit.

Die Basis bilden Interventionsprogramme zur Behandlung der Störungen bzw. Erkrankungen, während unter diesen Bedingungen erforscht wird, welcher Zusammenhang zwischen psychologischen und somatischen Vorgängen besteht und welches Krankheitsbild sich daraus ergibt. Problematisches Verhalten basiert in erster Linie auf Lernprozesse und wird durch eben solche wieder rückgängig gemacht oder verändert. Die Interventionsprogramme werden an die individuellen Probleme eines Menschen angepasst, ohne nach den Ursachen oder dem eigentlichen Ursprung zu forschen, der für eine mögliche psychologische Störung verantwortlich ist. Derartige verhaltensmedizinische Maßnahmen zeigen besonders in weniger komplexen psychischen Störungen Erfolge.

Behandlungen & Therapien

In der Verhaltensmedizin gibt es daher auch keine speziellen Standardprogramme, jedoch sind einige Modelle und Verfahren hervorzuheben. Dazu gehört das multikausale Bedingungsmodell.

Dieses setzt voraus, dass Körper und Geist nicht als getrennt voneinander betrachtet werden, sondern alle psychischen Vorgänge über den elektrochemischen Prozess im Hirn gemessen und erklärt werden können. Jeder psychische Vorgang bewirkt demnach neurophysiologische Veränderungen.

Die so gewonnenen Erkenntnisse basieren auf Befunde aus dem Bereich der Psychophysiologie, in der Erforschung von Stress und Emotionen. Da eine offensichtliche Verbindung aus neuroendokriner Aktivität, kognitiven Operationen, kortikaler und subkortikaler Aktivitäten und subjektivem Erleben besteht, kann sich die Verhaltensmedizin an diesen orientieren, um so eine Wechselwirkung zwischen den Ebenen zu erklären und zu untersuchen. So wurden darüber neue Therapiekonzepte entwickelt, die nicht nur bei psychischen Störungen, sondern auch bei körperlichen Beschwerden oder chronischen Schmerzen Anwendung fanden.

Bevor die psychosoziale und körperliche Form der Erkrankung untersucht wird, stellt auch die Verhaltensmedizin eine Diagnose und Verhaltensanalyse des Patienten auf, um individuell auf diesen eingehen zu können. Eine Form davon ist das SORKC-Modell.

Dieses ist ein Verhaltensmodell nach dem Psychologen B. F. Skinner, der das programmierte Lernen erfand, und wurde von Frederick Kanfer erweitert. Es beschreibt die Grundlage von fünf Bestimmungsstücken beim Lernvorgang und dient damit einer objektiven Überprüfung der therapeutischen Wirkungsweisen. Das Modell beinhaltet, dass ein Reiz sich auf einen Organismus auswirkt, wodurch eine emotionale Reaktion erfolgt. Aus dieser wiederum ergibt sich eine Handlung, die z. B. als Gegenmaßnahme oder Verdrängung erfolgt. Tritt die Situation häufiger auf, bilden sich so Verhaltensweisen heraus, aus denen wiederum Verhaltensstörungen und Erkrankungen hervorgehen, die durch Gegenverhaltensweisen oder Veränderungen des Reizes bekämpft werden sollen.

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Diagnose & Untersuchungsmethoden

Ein wesentlicher Aspekt in der Verhaltensmedizin ist die eigene Umsetzung der Konzepte durch den Patienten selbst. Dafür wird die subjektive Wahrnehmung der Symptome gestärkt und die Verarbeitung der Erkrankung durch psychometrische Tests und Befragungen überprüft. Auf diese Weise wird Eigenwahrnehmung des Betroffenen geschult, so dass z. B. das Führen eines Tagebuchs einen wichtigen Verarbeitungsprozess während der Therapie darstellt. Der Patient soll lernen, sein eigenes Verhalten und die Störung subjektiv selbst zu deuten und einzuschätzen.

Ein spezielles Verfahren der Verhaltensmedizin ist die Konfrontationstherapie, die auf den Erkenntnissen aus der klassischen Konditionierung aufbaut. Gerade bei Panik- und Zwangsstörungen oder Angstzuständen und Phobien findet diese Methode unterschiedliche Anwendung, durch die der Betroffene sich selbst mit seinen Ängsten konfrontiert. Dazu gehören Verfahren wie die systematische Desensibilisierung, ein Angstbewältigungstraining, das Flooding, eine Form der Reizüberflutung und unmittelbaren Konfrontation, und die Screen-Technik.

Die Verhaltensmedizin setzt an drei Punkten des Krankheitsgeschehens an. Sie betrachtet die Reize, die darauf erfolgte Reaktion und die daraus resultierende Störung. Wenn die Reize zu einer verstärkten Symptomatik führen, ist es dem Patienten möglich, das Auftreten der Reize zu kontrollieren und schließlich zu umgehen.

Quellen

  • Hautzinger, M. (Hrsg.): Kognitive Verhaltenstherapie: Behandlung psychischer Störungen im Erwachsenenalter. Beltz PVU, München 2013
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006

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