Psychophysiologie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Psychische Probleme haben in den meisten Fällen Einfluss auf körperliche Vorgänge und können sich als körperliche Beschwerden äußern. Mit diesen Zusammenhängen befasst sich die Psychophysiologie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Psychophysiologie?

Die Psychophysiologie ist ein Arbeitsgebiet, das die Auswirkungen von mentalen, psychischen Prozessen auf Körperfunktionen erforscht.

Die Psychophysiologie ist ein Arbeitsgebiet, das die Auswirkungen von mentalen, psychischen Prozessen auf Körperfunktionen erforscht. Die Psychophysiologie legt dabei Wert darauf, dass beide Vorgänge gleichberechtigt nebeneinander betracht werden. Die Anfänge ergaben sich vor etwa 150 Jahren, als es möglich wurde, den Einfluss von psychischen Prozessen auf körperliche Vorgänge zu messen, z. B. Atmung, Blutdruck, die Herztätigkeit im EKG (Elektrokardiogramm), Gehirnströme im EEG (Elektroenzephalogramm), etc.

Durch diese Aufzeichnungen war es möglich, körperliche Reaktionen auf Gedankenvorgänge zu beobachten. Zwei zentrale Begriffe der Psychophysiologie sind Aktivität und (individuelle) Reaktivität. Sie gilt als Teilgebiet der Neurowissenschaften und bildet eine der Grundlagendisziplinen für die Verhaltensmedizin und Verhaltenstherapie und neben weiteren Arbeitsfeldern auch der Arbeits- und Organisationspsychologie.

Behandlungen & Therapien

Ein besonderes Anwendungsspektrum der Psychophysiologie ist die Untersuchung geistiger und emotionaler Überbeanspruchung am Arbeitsplatz, damit Arbeitsabläufe optimiert werden können, die Arbeitsgestaltung verbessert werden kann, sinnvolle Pausenregelungen geschaffen werden können. Es ist lange bekannt, dass eine chronische Überlastung den Blutdruck erhöhen und zahlreiche anderen Krankheitsbilder begünstigen kann.

Studien der Psychophysiologie können dabei wichtige Erkenntnisse zur Entstehung von Krankheitsbildern liefern. Bei Risikopatienten können ambulante Feldstudien über portables Monitoring helfen, die medikamentöse Einstellung von Patienten zu verbessern und durch die Aufzeichnungen Behandlungsfortschritte zu messen. Im Bereich der klinischen Psychologie und Psychiatrie helfen psychophysiologische Forschungen, Erklärungsmodelle für Angststörungen, psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörungen wie Borderline und weitere psychiatrische Erkrankungen zu finden. In der Verhaltenstherapie werden Methoden der Psychophysiologie dazu genutzt, Behandlungsfortschritte zu erkennen.

Ein ebenfalls wichtiger Bereich der psychophysiologischen Forschung ist die Untersuchung von Schlafstörungen, z. B. im Schlaflabor, wo während des Schlafes die verschiedenen Körpervorgänge aufgezeichnet werden und so wichtige Erkenntnisse über die Ursachen der Schlafstörungen gewonnen werden können. In der Therapie konnten sich Entspannungsverfahren bewähren, die auf psychophysiologischen Erkenntnissen aufbauen, wo bei den Übungen durch Aufzeichnungen eine Verringerung der Atmung oder Muskelspannung angezeigt wird. Einer der Hauptanwendungsgebiete ist das ambulante Monitoring zu diagnostischen Zwecken und zur Überwachung von Körperfunktionen und körperlichen Symptomen im alltäglichen Bereich, damit bei Risikopatienten Veränderungen schneller erkennbar sind und ggf. die Medikamentendosis optimal angepasst werden kann.

Zu den gängigen Methoden gehören das 24-Stunden-EKG und die 24-Stunden-Blutdruckmessung. Sie geben wichtigen Aufschluss darüber, wo sich die Werte im Alltag des Patienten nachteilig verändern, und ermöglichen dadurch eine ganzheitlichere Behandlung. Über das Monitoring lassen sich auch Behandlungsfortschritte messen, Verschlechterungen erkennen, so dass Ärzte entsprechend gegensteuern können.

Beim Biofeedback, das eine Störung der Körperfunktion akustisch oder visuell rückmeldet, um eine Symptomreduktion zu lernen, hat die Erfahrung gezeigt, dass der Nutzen in den meisten Fällen überschätzt wurde. Als problematisch und umstritten gilt nach wie vor die Verwendung eines Lügendetektors zur Messung des Hautwiderstandes zur Entlarvung von Lügen.


Diagnose & Untersuchungsmethoden

Die Disziplin der Psychophysiologie kann aufgeteilt werden in Erforschung der Grundlagen, Anwendungsgebiete und zentralen physiologischen Funktionsbereichen. Hauptsächliche Forschungsbereiche sind die Psychophysiologie von Gefühlen, Stressreaktionen und weiterer Erregungsformen, die unter dem Begriff Aktivierungsprozesse zusammengefasst werden. Die Psychophysiologie untersucht auch Schlaf, Erholung und Entspannung.

Die kognitive Psychophysiologie erforscht dabei die Verarbeitung von Informationen bei Stimulationen der Sinne und bei Denkprozessen, so weit es möglich ist, diese durch psychophysiologische Methoden zu untersuchen. Solche Messungen waren früher in der Regel nur in stark abgeschirmten Labors möglich, durch den technischen Fortschritt wurden die Geräte kleiner und sind besser isoliert und dadurch Untersuchungen leichter auch bei normalen Bedingungen über ein ambulantes Monitoring praktikabel. Auch Zusammenhänge zwischen psychophysiologischen Vorgängen und Persönlichkeitseigenschaften wurden schon seit Beginn der Psychophysiologie untersucht und greifen ältere Theorien über Konstitution und Temperament auf.

Schon in der Antike wurde nach dem biologischen Ursprung für persönliche Eigenschaften und fand ihren Ausdruck in der Lehre der vier Säfte. Später wurden Zusammenhänge zwischen Körperbau, Blutgruppen und Hormonen in Erwägung gezogen, konnten aber nicht klar nachgewiesen werden. Trotzdem wird auf diesem Gebiet weiter geforscht, um vielleicht irgendwann einen Zusammenhang zu finden, der derzeitig noch nicht messbar ist. So wurde z. B. die Hypothese eine Typ-A-Verhaltens aufgestellt, das gekennzeichnet ist durch Leistungsmotivation, Durchsetzungsfähigkeit und aggressive Tendenzen, gepaart mit eine Neigung, sich oft zu ärgern, diesen Ärger aber nicht offen zu zeigen.

In der überdurchschnittlichen Leistungsfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit wurde ein Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) und einen Herzinfarkt vermutet, in der latenten Aggression ein Risiko für einen Bluthochdruck. Unersuchungsergebnisse zahlreicher Forschungen konnten aber nur Zusammenhänge erkennen, die nicht von Bedeutung sind. Die Untersuchungsmethoden der Psychophysiologie sind allesamt schonend und unblutig. Zu ihnen gehören:

  • Untersuchung und Messung der Gehirnströme im EEG, um Aufschluss über die Gehirnaktivität zu erhalten
  • die Aufzeichnung der Herztätigkeit über ein EKG
  • Messung von Blutdruck und Atmung
  • Messung der Temperatur, Schweißabsonderung und elektrischen Leitfähigkeit der Haut
  • Messung des Kortisolwertes über Speichelproben

Hormonelle und immunologische Untersuchungen können allerdings nach wie vor nur über eine Blutentnahme gemacht werden.

Quellen

  • Morschitzky, H.: Somatoforme Störungen – Diagnostik, Konzepte und Therapie bei Körpersymptomen ohne Organbefund. Springer, Wien 2007
  • Schandry, R.: Biologische Psychologie. Ein Lehrbuch. 2., überarbeitete Auflage. Beltz-PVU, Weinheim 2006
  • Vossel, G., Zimmer, H.: Psychophysiologie. Kohlhammer, Stuttgart 1998

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